Entschließungsantrag - B7-0258/2010Entschließungsantrag
B7-0258/2010

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Kirgisistan

28.4.2010

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Marie-Christine Vergiat im Namen der GUE/NGL-Fraktion

Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0258/2010
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B7-0258/2010
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B7‑0258/2010

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Kirgisistan

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Kirgisistan und Zentralasien,

–   unter Hinweis auf das 1999 in Kraft getretene Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Kirgisistan,

–   unter Hinweis auf das regionale Strategiepapier der Europäischen Gemeinschaft betreffend Unterstützung für Zentralasien für den Zeitraum 2007-2013,

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass Kurmanbek Bakijew, der sein Amt erstmals im Juli 2005 antrat, letztes Jahr in einer Wahl, die unabhängigen Beobachtern zufolge von massiven Wahlfälschungen überschattet war, für eine weitere Amtszeit als Präsident bestätigt wurde, in der Erwägung, dass Bakijews Herrschaft sich nach seinen anfänglichen demokratischen Verpflichtungserklärungen als autoritär und repressiv erwies und sein Regime weitgehend als korrupt und von Machtmissbrauch gekennzeichnet wahrgenommen wurde,

B.  in der Erwägung, dass die Regierung die Zahlung von Gehältern und Renten um Monate verzögert hat, in der Erwägung, dass der Bakijew-Klan gleichzeitig Millionen von Dollar auf ausländische Bankkonten überwiesen hat,

C. in der Erwägung, dass nichtstaatliche Organisationen aus der Region berichten, dass die Regierung Bakijew begonnen hat, Oppositionsführer zu verhaften, Journalisten von Geheimdiensten beseitigen zu lassen und die öffentlichen Medien zu unterdrücken,

D. in der Erwägung, dass infolge des Einsatzes kirgisischer Einheiten am 7. April bei den Protesten gegen den starken Anstieg der Strom- und Heizkosten 84 Menschen ums Leben kamen und mehr als 500 Menschen verletzt wurden,

E.  in der Erwägung, dass Präsident Bakijew aus der Hauptstadt geflohen ist und sein Amt jetzt von einer Übergangsregierung unter dem Vorsitz der ehemaligen Außenministerin und Oppositionsführerin Rosa Otunbajewa ausgeübt wird, die ein Dekret zur Machtnachfolge und eine Anordnung erlassen hat, dass die kirgisische Verfassung einzuhalten ist, und das Parlament aufgelöst hat,

F.  in der Erwägung, dass die Übergangsregierung angekündigt hat, zur Überarbeitung der Reform, mit der Bakijew eine unverhältnismäßige Machtkonzentration in den Händen des Präsidenten durchgesetzt hatte, eine neue Verfassung auszuarbeiten und erklärt hat, dass in sechs Monaten Parlamentswahlen durchgeführt werden,

G. in der Erwägung, dass Kirgisistan nicht nur politisch, sondern auch sozial und wirtschaftlich instabil ist, in der Erwägung, dass Kirgisistan bedauerlicherweise weitgehend von Armut und zahlreichen ernsthaften Gefahren für die menschliche Sicherheit gekennzeichnet ist,

H. in der Erwägung, dass die EU im Wesentlichen als Hilfeleister in Kirgisistan präsent ist,

I.   in der Erwägung, dass sowohl die Vereinigten Staaten als auch Russland Militärstützpunkte in dem Land unterhalten, in der Erwägung, dass die Regierung der Vereinigten Staaten nach der Entscheidung des Parlaments, den Militärstützpunkt der Vereinigten zu schließen, die Zahlungen beträchtlich erhöht und eine Verlängerung bis zum Sommer 2010 ausgehandelt hat, in der Erwägung, dass die Regierung Bakijew intensive neue Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten über ein langfristiges Abkommen aufgenommen hat, in der Erwägung, dass der Militärstützpunkt in Kirgisistan für die militärischen Lieferungen an die Einheiten in Afghanistan von großer Bedeutung ist,

J.   in der Erwägung, dass die Übergangsregierung zugesagt hat, bestehende Abkommen einzuhalten und die endgültige Entscheidung über die Zukunft der ausländischen Militärstützpunkte zu vertagen, bis eine neue Regierung gewählt worden ist,

K. in der Erwägung, dass die Regierung der Russischen Föderation neben der zugesagten Lieferung von Benzin und Diesel für die Frühjahrsernte ein Paket von 50 Millionen USD zur wirtschaftlichen Unterstützung Kirgisistans verabschiedet hat,

1.  zeigt sich tief beunruhigt über die Lage in Kirgisistan und bezeigt den Familien aller Opfer der tragischen Ereignisse sein Mitgefühl;

2.  unterstützt die Menschen in Kirgisistan bei ihren Bestrebungen um die Verbesserung des Lebensstandards; weist erneut darauf hin, dass unter den steigenden Wohnkosten und der Privatisierung von Schlüsselindustrien zugunsten einer oligarchischen Minderheit in erster Linie die Menschen in Kirgisistan zu leiden haben, verurteilt die repressiven Maßnahmen der früheren Regierung, die Internetseiten sperrte, das Internetportal von Stan TV und Proteste verbot und Oppositionsführer verhaftete;

3.  fordert alle Beteiligten auf, einen echten Dialog zu führen, mit dem Ziel, Stabilität zu erreichen und die Voraussetzungen für eine friedliche Rückkehr zu einer demokratischen Verfassungsordnung zu schaffen, die Gewalt zu beenden und Zurückhaltung zu üben;

4.  fordert eine gründliche Untersuchung der Ereignisse; hebt hervor, wie wichtig es ist, dass sichergestellt wird, dass alle für die Gewalt Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden und dass die Opfer und deren Familien unterstützt und entschädigt werden;

5.  nimmt die Pläne zur Kenntnis, eine neue Verfassung zur Überarbeitung der Reform auszuarbeiten, mit der Bakijew eine unverhältnismäßige Machtkonzentration in den Händen des Präsidenten durchgesetzt hatte; begrüßt, dass die Übergangsregierung für den 27. Juni ein Referendum über die neue Verfassung und für den 10. Oktober neue Parlamentswahlen angekündigt hat;

6.  fordert die Übergangsregierung auf, alles zu unternehmen, um die Voraussetzungen für ein wirksames und transparentes System zu schaffen, mit dem die Macht politischer Klans eingeschränkt und die politische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung gefördert wird; hebt hervor, dass die Bemühungen jetzt vor allem darauf ausgerichtet werden müssen, das Leben der Menschen durch nationale Entwicklung und politische Einbeziehung der Bürger zu verbessern;

7.  hebt hervor, dass Kirgisistan für die Überwindung seiner sozialen und wirtschaftlichen Probleme Unterstützung benötigt; fordert die Kommission auf, Vorschläge auszuarbeiten, damit Haushaltsmittel für das Instrument für Entwicklungszusammenarbeit umgewidmet werden können, um sicherzustellen, dass die EU kurz- und mittelfristig angemessen auf die neue Situation in Kirgisistan reagieren kann; hebt hervor, dass der Lösung von Problemen im Bildungs- und Gesundheitswesen und bei der Wasserversorgung besonderer Vorrang eingeräumt werden sollte;

8.  begrüßt die Bemühungen um die Einberufung einer internationalen Konferenz unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen, in der die humanitären Probleme und die Grundbedürfnisse Kirgisistans angesprochen und die für die nachhaltige Entwicklung dieses Landes notwendige Unterstützung angeboten werden sollten; fordert die Kommission und den Rat auf, ein neues Hilfsprogramm für Kirgisistan zu starten;

9.  fordert alle internationalen Akteure auf, sich zurückzuhalten und etwaige Einmischungen in die inneren Angelegenheiten Kirgisistans zu vermeiden; fordert die Schließung aller ausländischen Militärstützpunkte in der Region;

10. begrüßt das Engagement der OSZE, deren Vorsitz gegenwärtig Kasachstan innehat, in Bezug auf den Prozess der Konfliktbewältigung und die Stabilisierung der Region;

11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, der Hohen Vertreterin der Europäischen Union für die Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Kommission, der OSZE, und den Parlamenten der Russischen Föderation, der Vereinigten Staaten und Kasachstans zu übermitteln.