Entschließungsantrag - B7-0628/2010Entschließungsantrag
B7-0628/2010

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum 10. Jahrestag der Resolution 1325 (2000) des UN-Sicherheitsrates zu Frauen, Frieden und Sicherheit

22.11.2010

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Ilda Figueiredo, Eva-Britt Svensson, Sabine Lösing, Cornelia Ernst, Bairbre de Brún, Helmut Scholz im Namen der GUE/NGL-Fraktion

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B7-0628/2010
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B7‑0628/2010

Entschließung des Europäischen Parlaments zum 10. Jahrestag der Resolution 1325 (2000) des UN-Sicherheitsrates zu Frauen, Frieden und Sicherheit

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Resolutionen 1325 (2000) und 1820 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Frauen, Frieden und Sicherheit und die Resolution 1888 (2009) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen in bewaffneten Konflikten, in der die Verantwortung aller Staaten dafür betont wird, dass der Straflosigkeit ein Ende gesetzt wird und die Urheber von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, auch im Zusammenhang mit sexueller und sonstiger Gewalt gegen Frauen und Mädchen, strafrechtlich verfolgt werden,

–   unter Hinweis auf den Aktionsplan des Rates der EU zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, mit dem dafür gesorgt werden soll, dass die Gleichstellung der Geschlechter bei der Zusammenarbeit der EU mit Partnerländern auf allen Ebenen berücksichtigt wird,

–   unter Hinweis auf die Studie von UNIFEM (2009),

–   unter Hinweis auf die Ernennung einer Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs zum Thema sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten im März 2010,

–   unter Hinweis auf die EU-Leitlinien betreffend Gewalt gegen Frauen und Mädchen und die Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen sowie die EU-Leitlinien zu Kindern in bewaffneten Konflikten,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Oktober 2010 zum Versagen bei der Verteidigung der Menschenrechte und der Gerechtigkeit in der Demokratischen Republik Kongo,

–   unter Hinweis auf die neue VN-Einrichtung für Gleichstellungsfragen („UN Women“),

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass 2010 der 10. Jahrestag der einstimmig angenommenen Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates begangen wird, die ein großer Erfolg der Friedensaktivisten weltweit und ein wichtiger international rechtsverbindlicher Schritt war, durch den Frauen gleichberechtigt in Friedensprozesse einbezogen werden und der Gleichstellungsaspekt berücksichtigt wird,

B.  in der Erwägung, dass in der Resolution 1325 erstmals auf die unverhältnismäßigen und sehr spezifischen Konsequenzen bewaffneter Konflikte für Frauen eingegangen wurde, und in der Erwägung, dass durch Mitwirkung, Prävention und Schutz die Rolle von Frauen bei der Friedensschaffung und Konfliktverhütung gestärkt, Kriege und Konflikte verhindert und ein besserer Schutz von Frauen und Kindern in Kriegs- und Konfliktregionen gewährleistet werden sollen,

C. in der Erwägung, dass die drei Resolutionen 1820, 1888 und 1889 des UN-Sicherheitsrates die Resolution 1325 verstärken und ergänzen und dass die vier Resolutionen als die maßgeblichen Verpflichtungen in Bezug auf Frauen, Frieden und Sicherheit betrachtet werden müssen,

D. in der Erwägung, dass die Umsetzung der Verpflichtungen der Resolutionen 1820, 1888, 1889 und 1325 des UN-Sicherheitsrates ein gemeinsames Anliegen und die Verantwortung jedes UN-Mitgliedstaates ist, gleichgültig, ob er von Konflikten betroffen ist, als Geber fungiert oder es sich um einen anderen Staat handelt, sowie unter besonderem Hinweis darauf, dass diesbezüglich im Dezember 2008 die EU-Leitlinien betreffend Gewalt gegen Frauen und Mädchen und die EU-Leitlinien zu Kindern in bewaffneten Konflikten und zur Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung gegen sie angenommen wurden, die ein nachdrückliches politisches Signal senden, dass es sich hier um eine Priorität der Union handelt,

E.  in der Erwägung, dass die Rechte von Frauen und damit die Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates zunehmend dazu dienen, militärische Operationen zu legitimieren,

F.  in der Erwägung, dass militärische Interventionen nicht dazu beitragen, die Rechte von Frauen zu garantieren, sondern eher die Verstöße gegen die Rechte von Frauen ausweiten,

G. in der Erwägung, dass Frauen in Krisen- und Konfliktregionen zunehmend unter den Auswirkungen der Gewalt leiden, gleichzeitig jedoch die Chancen für Frauen, an Friedensverhandlungen teilzunehmen, stetig zurückgehen, da bei 21 geprüften Friedensverhandlungen seit 1992 nur 2,4 % der Mitunterzeichner weiblich waren (UNIFEM 2009),

H. in der Erwägung, dass nur durch Konfliktverhütung und Umsetzung von zivilen Maßnahmen in Konfliktsituationen die Zusagen der Resolution 1325 eingehalten werden können,

I.   in der Erwägung, dass die Umsetzung der Resolutionen 1820 und 1325 des UN-Sicherheitsrates im Rahmen der außenpolitischen Maßnahmen der EU für eine adäquate Unterstützung von Organisationen der Zivilgesellschaft, die in Ländern und Regionen tätig sind, in denen bewaffnete oder sonstige Konflikte verzeichnet werden, Vorrang genießen sollte,

J.   in der Erwägung, dass das Europäische Parlament die Umsetzung des weitreichenden Konzepts und des künftigen Aktionsplans zur Förderung der Gleichstellung und zur Teilhabe der Frauen an den außenpolitischen Maßnahmen der EU sowie die Umsetzung der Leitlinien betreffend Gewalt gegen Frauen und Kinder überwachen sollte,

K. in der Erwägung, dass die EU eine gleichberechtigte Mitwirkung von Frauen an der Konfliktverhütung, Friedensgesprächen und Maßnahmen in Zeiten nach Konflikten wie der Planung von Wiederaufbaumaßnahmen nach einem Krieg sicherstellen sollte,

L.  in der Erwägung, dass Vergewaltigung und sexuelle Versklavung, wenn sie Teil einer weitverbreiteten und systematischen Praxis sind, gemäß der Genfer Konvention als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und als Kriegsverbrechen gelten und dass Vergewaltigung inzwischen auch als ein Element des Völkermords gilt, wenn sie mit der Absicht verübt wird, eine gezielte Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten, und in der Erwägung, dass die EU Maßnahmen unterstützen sollte, mit denen der Straflosigkeit der für sexuelle Gewalt gegen Frauen und Kinder Verantwortlichen ein Ende gemacht werden soll,

M. in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten mehrere wichtige Dokumente dahingehend verabschiedet haben, wie die Resolutionen 1820 und 1325 des UN-Sicherheitsrates umgesetzt werden sollen, jedoch nur sehr begrenztes Interesse daran gezeigt haben, die betreffenden Leitlinien systematisch und kohärent in die Praxis umzusetzen,

N. in der Erwägung, dass nur eine Minderheit von EU-Mitgliedstaaten einen nationalen Aktionsplan zur Umsetzung von Resolution 1325 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ausgearbeitet hat und dass Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, die Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden und das Vereinigte Königreich nationale Aktionspläne verabschiedet haben,

O. in der Erwägung, dass der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November begangen wird,

1.  betont, dass der 10. Jahrestag der Resolution 1325 des Sicherheitsrates den Beginn einer neu belebten Agenda für die Umsetzung von Resolution 1325 markieren sollte, was ohne politische Führung auf höchster Ebene und mehr Ressourcen nicht vorangetrieben werden kann; empfiehlt nachdrücklich, dass dieses Thema bei der Bewertung der EU-Leitlinien betreffend Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie der EU-Leitlinien zu Kindern in bewaffneten Konflikten und zur Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung gegen sie gebührende Beachtung findet;

2.  fordert die Zuweisung spezifischer und umfangreicher finanzieller, personeller und organisatorischer Ressourcen für die Beteiligung von Frauen und für Gleichstellung im Rahmen der zivilen Maßnahmen der Außen- und Sicherheitspolitik; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, eine Mitwirkung von Frauen im Rahmen ihrer bilateralen und multilateralen Beziehungen zu Staaten und Organisationen außerhalb der EU aktiv zu fördern;

3.  befürwortet nachdrücklich eine Verstärkung der EU-Task Force für Frauen, Frieden und Sicherheit, die unter dem Vorsitz des neuen EU-Sonderbeauftragten stehen und die Annahme und Umsetzung der nationalen Aktionspläne zu den Resolutionen 1325 und 1820 vergleichend überwachen, eine systematische geschlechterspezifische Analyse von zivilen Konfliktbeilegungsmissionen durchführen sowie EU-Delegationen in von Konflikten betroffenen Ländern und Regionen überwachen und beraten sollte;

4.  fordert die sofortige stärkere Beteiligung von Frauen an allen Initiativen zur Herbeiführung von friedlichen und zivilen Lösungen für Konflikte, unter anderem auch als Vermittlerinnen, Verhandlungsführerinnen und Beteiligte an der Umsetzung von Konfliktlösungsmaßnahmen;

5.  fordert die EU auf, auf den Einsatz militärischer Gewalt in internationalen Konflikten und Kriegen zu verzichten, und fordert eine unverzügliche Einstellung der zivilen militärischen Zusammenarbeit;

6.  fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, in jeden Ratsbeschluss und jedes Mandat für eine zivile Mission immer einen Verweis auf die Resolutionen 1820 und 1325 aufzunehmen und beständig sicherzustellen, dass für alle zivilen Missionen zumindest ein Berater für Gleichstellungsfragen und ein Aktionsplan dahingehend, wie Aspekte betreffend Frauen, Frieden und Sicherheit zu verwirklichen sind, existieren; fordert die Mitgliedstaaten und die Missionschefs auf, die Zusammenarbeit und Konsultation mit Frauenorganisationen vor Ort zu einem Standardelement jeder zivilen Mission zu machen;

7.  fordert alle EU-Regierungen, die noch keinen nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der Resolution 1325 entwickelt haben, auf, dies innerhalb eines Jahres in Zusammenarbeit mit Friedens- und Frauenorganisationen zu tun, wobei der betreffende nationale Aktionsplan im Rahmen sämtlicher außen-, entwicklungs- und verteidigungspolitischen Maßnahmen sowie im nationalen und europäischen Kontext adäquat umgesetzt und finanziert werden und auf folgenden wesentlichen Aspekten basieren sollte:

a) Frauen müssen gleichberechtigt an allen Phasen offizieller Friedensprozesse und ‑verhandlungen ebenso wie an allen lokalen und informellen Beschlussfassungsverfahren beteiligt werden,

b) eine politische und wirtschaftliche Mitwirkung und Einflussnahme von Frauen in Bezug auf alle Aktivitäten nach einem Konflikt mit Bezug auf Friedensverhandlungen und Vermittlung, Wiederaufbau und Rehabilitation muss sichergestellt werden, für alle Programme und Projekte muss ein geschlechtsneutrales Konzept und eine ebensolche Umsetzung gelten,

c) alle zivilen Maßnahmen müssen ergriffen werden, um Menschenrechtsverletzungen in bewaffneten Konflikten zu vermeiden, insbesondere sexuelle Gewalt und geschlechterspezifische Aggression gegen Frauen und Kinder, und Konflikte zu beenden,

d) es muss eine Bewertung der Wirkung und Umsetzung nationaler Aktionspläne erfolgen, die dem Europäischen Parlament und den Vereinten Nationen unterbreitet wird;

8.  fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, aktiv und nachhaltig – sowohl moralisch als auch finanziell – die Einrichtung von Institutionen und Mechanismen zur Kontrolle der Umsetzung von Resolution 1325 auf europäischer Ebene und auf Ebene der Vereinten Nationen zu fördern, um die Umsetzung der Resolution weltweit sicherzustellen;

9.  fordert die Begründung adäquater öffentlicher Beschwerdeverfahren, was insbesondere dazu beitragen würde, dass über sexuelle und geschlechterspezifische Gewalt berichtet würde; fordert den Rat und die Kommission auf, eine detaillierte Berichterstattung über Frauen, Frieden und Sicherheit in die alle sechs Monate vorzulegende Bewertung ziviler Missionen aufzunehmen;

10. verweist auf die Massenvergewaltigung vom 30. Juli 2010 bis 4. August 2010 in der Bergbauregion im Osten des Kongo sowie darauf, dass im Osten des Kongo 2009 mindestens 8300 Vergewaltigungen und im ersten Vierteljahr 2010 mindestens 1244 Vergewaltigungen von Frauen gemeldet wurden, was durchschnittlich 14 Vergewaltigungen pro Tag entspricht; fordert eine Einstellung der EUPOL-Mission in der Demokratischen Republik Kongo, die ebenso wie die EUSEC in der Demokratischen Republik Kongo anerkanntermaßen einen negativen Beitrag zur Eskalation der Gewalt und zur Situation im Land erbracht hat, indem Soldaten und Polizeibeamte ausgebildet wurden, die Verbrechen gegen ihre eigene Zivilbevölkerung und insbesondere gegen Frauen und Kinder verübten;

11. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, jegliche Unterstützung – auch durch Material und Ausbildung – insbesondere für Regime und Streitkräfte einzustellen, die Minderjährige als Soldaten in bewaffnete Konflikte senden, systematische Menschenrechtsverletzungen oder systematische sexuelle Gewalttaten verüben;

12. fordert den Entwicklungskommissar auf, der Unterstützung der Tätigkeit von Frauenorganisationen in von Konflikten betroffenen Regionen Vorrang einzuräumen, Finanzmittel für die Unterstützung einer Mitwirkung von Frauen an Frieden, Sicherheit und Aussöhnung anstrebenden Prozessen bereitzustellen und systematisch Mittel für Frauen, Frieden und Sicherheit bei allen kurzfristigen Maßnahmen zuzuweisen;

13. vertritt die Auffassung, dass die EU-Delegationen die Organisationen der Zivilgesellschaft wie Frauenorganisationen vor Ort über ihr Engagement in Konfliktregionen informieren und Organisationen der Zivilgesellschaft in die Politikplanung einbeziehen sollten;

14. fordert den Rat und die Kommission auf, eine jährliche Woche zu initiieren, in der Frauen in Führungspositionen konsultiert werden und die den „Global Open Day“ der Vereinten Nationen für Frauen und Frieden ergänzen könnte, anschließen sollten sich Berichte und Folgemaßnahmen von EU-Delegationen;

15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten und der neu ernannten Leiterin der VN-Einrichtung für Gleichstellungsfragen (UN Women) zu übermitteln.