Entschließungsantrag - B7-0677/2010Entschließungsantrag
B7-0677/2010

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in der Westsahara

23.11.2010

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Adrian Severin, Véronique De Keyser, María Muñiz De Urquiza, Vincent Peillon, Guido Milana im Namen der S&D-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0675/2010

Verfahren : 2010/2954(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0677/2010
Eingereichte Texte :
B7-0677/2010
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

B7‑0677/2010

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in der Westsahara

Das Europäische Parlament,

 

–   unter Hinweis auf seine Entschließungen zur Westsahara und den Bericht der Ad-hoc-Delegation des EP vom März 2009, insbesondere deren Empfehlungen zur Achtung der Menschenrechte,

–   unter Hinweis auf die Resolutionen der Vereinten Nationen 1754 (2007), 1783 (2007), 1813 (2008) und 1871 (2009), in denen eine gerechte, dauerhafte und beiderseits akzeptable politische Lösung gefordert wird, die die Wahrnehmung des Rechts auf Selbstbestimmung der Menschen in der Westsahara im Rahmen von Vereinbarungen gemäß den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen gestattet,

–   unter Hinweis auf den Bericht von Amnesty International auf dem Jahr 2008, insbesondere das Kapitel „Marokko und Westsahara“, und den Bericht von Human Rights Watch“ mit dem Titel „Menschenrechte in der Westsahara und in den Flüchtlingslagern von Tindouf“ vom Dezember 2008,

–   in Kenntnis der am 10. November 2010 abgegebenen Erklärung des Sprechers der Hohen Vertreterin der Union, Catherine Ashton, zur Westsahara,

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass sich mehrere Wochen Tausende sahrauischer Bürger, insbesondere Kinder, Frauen und ältere Menschen, im Lager von Gdeim Izik in Laâyoune versammelten, um gegen ihre Lebensbedingungen zu protestieren, Unterkünfte, Arbeit und soziale Beihilfen zu verlangen, und dass die marokkanische Regierung, nachdem sie Verhandlungen aufgenommen hatte, um auf diese Forderungen zu reagieren, am Montag, 8. November 2010, das Lager von Sicherheitskräften und Gendarmerie räumen ließ;

B.  allerdings in der Erwägung, dass die derzeit verfügbaren Informationen über die Gründe dieser Maßnahme, den Umfang der eingesetzten Gewalt, die Reaktion der Menschen im Lager, die Zahl der Opfer unter den Demonstranten und den Sicherheitskräften vage und widersprüchlich sind,

C. in der Erwägung, dass diese Zwischenfälle an dem Tag verzeichnet wurden, an dem in New York die dritte Runde der informellen Gespräche über den Status der Westsahara begann, woran Marokko, die Polisario-Front und die Nachbarländer, Mauretanien und Algerien, teilnehmen,

D. in Erwägung des „fortgeschrittenen Status“ der Beziehungen EU-Marokko sowie der im Assoziierungsabkommen zwischen Marokko und der Europäischen Union, insbesondere in dessen Artikel 2, enthaltenen Menschenrechtsklauseln,

E.  in der Erwägung, dass laut dem Gutachten des Juristischen Diensts des Europäischen Parlaments vom 13. Juli 2009 zum Partnerschaftsabkommen im Fischereisektor zwischen der EU- und Marokko dieses Abkommen, das de facto die Westsahara einschließt, dem Völkerrecht nur entspricht, wenn die Wirtschaftstätigkeit auf der Grundlage der natürlichen Ressourcen der Westsahara im Interesse des sahrauischen Volkes und seinen Wünschen gemäß erfolgt,

1.  ist schockiert über die gewaltsamen Zwischenfälle im Lager von Gdeim Izik und in Laâyoune sowie den Einsatz von Gewalt am selben Tag, an dem in New York die dritte Runde der informellen Gespräche über den Status der Westsahara eröffnet wurde;

2.  bedauert den Verlust an Menschenleben und bekundet den Familien der Opfer, den Verwundeten und den Vertriebenen seine Solidarität;

3.  fordert nachdrücklich die Einsetzung einer unabhängigen und transparenten Untersuchungskommission unter Leitung der Vereinten Nationen, um die Verantwortlichkeiten der verschiedenen Parteien zu klären, durch die die betreffenden Vorfälle ausgelöst wurden, und diesbezüglich Bilanz zu ziehen; ist erstaunt, dass europäischen Abgeordneten und Journalisten der Zutritt zur Westsahara verweigert wurde, und fordert die marokkanischen Behörden auf, Zutritt und Bewegungsfreiheit in der Region für Presse und nichtstaatliche Organisationen zu gewährleisten;

4.  fordert, dass die marokkanischen Behörden bezüglich der Lage in der Westsahara eine transparente Informationspolitik betreiben;

5.  fordert Marokko in Anbetracht seines Status als privilegierter Partner der Europäischen Union auf, Zutritt, Bewegungsfreiheit und Kontakte in der Westsahara zu erleichtern;

6.  bekräftigt seine Unterstützung für die Wiederaufnahme der informellen Gespräche zwischen den Konfliktparteien, um eine gerechte, dauerhafte und beiderseits akzeptable politische Lösung zu finden, die die Wahrnehmung des Rechts auf Selbstbestimmung der Menschen in der Westsahara gemäß den Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gestattet; würdigt die diesbezüglichen Maßnahmen des Sondergesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Christopher Ross;

7.  fordert außerdem, dass in das Mandat der MINURSO der Auftrag einbezogen wird, die Menschenrechtssituation zu verfolgen, und unterstützt den Beschluss des Sicherheitsrates, diese Mission um ein Jahr zu verlängern;

8.  fordert Marokko, die Polisario-Front und alle Länder, die sich an den Gesprächen beteiligen, auf, sich jeglicher Provokation zu enthalten, eine konstruktive Rolle zu übernehmen und trotz der Spannungen die betreffenden Gespräche fortzusetzen; stellt diesbezüglich mit Befriedigung fest, dass die Parteien vereinbart haben, sich im Dezember erneut zu treffen;

9.  würdigt die Anstrengungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die der Freundesgruppe der Westsahara angehören (Frankreich, Spanien, Großbritannien), den bilateralen Dialog zu erleichtern, und ersucht die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, in den betreffenden Gesprächen eine aktivere Rolle zu übernehmen;

10. ersucht die marokkanischen Behörden, die Bestimmungen der geltenden Abkommen einzuhalten und die von der Kommission geforderten Informationen und Daten zu liefern, um die Verlängerung des Partnerschaftsabkommens im Fischereisektor zu ermöglichen, die für beide Parteien von Vorteil wäre;

11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem UN-Generalsekretär, der Regierung von Marokko und der Führung der Polisario-Front zu übermitteln.