Entschließungsantrag - B7-0678/2010Entschließungsantrag
B7-0678/2010

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Westsahara

23.11.2010

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Fiorello Provera, Francesco Enrico Speroni im Namen der EFD-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0675/2010

Verfahren : 2010/2954(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0678/2010
Eingereichte Texte :
B7-0678/2010
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

B7‑0678/2010

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Westsahara

Das Europäische Parlament,

- unter Hinweis auf die Resolutionen des VN-Sicherheitsrates zur Westsahara, insbesondere die Resolutionen 1598 (2005) vom 28. April 2005 und 1495 (2003), die die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 11. Oktober 2005 gebilligt hat, und auf die auf Resolution 1871 (2009),

- unter Hinweis auf die unlängst gebilligte Resolution 1920 (2010) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, mit der das bestehende Mandat der Mission der Vereinten Nationen für das Referendum in der Westsahara (MINURSO) verlängert wurde,

- unter Hinweis auf den vom Generalsekretär für den Sicherheitsrat verfassten jüngsten Bericht über die Westsahara vom 14. April 2008,

- unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Berichts seiner Ad-hoc-Delegation von März 2009, insbesondere auf ihre Empfehlungen zur Einhaltung der Menschenrechte und deren Überwachung in der Westsahara,

- unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zur Westsahara und insbesondere auf seine Entschließung vom 27. Oktober 2005,

- unter Hinweis auf die Erklärung der EU zur 8. Sitzung des Assoziationsrats EU‑Marokko vom 7. Dezember 2009 und die Gemeinsame Erklärung des ersten Gipfeltreffens EU‑Marokko vom 7. März 2010,

- unter Hinweis auf das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits, insbesondere auf Artikel 2,

- unter Hinweis auf den vom Königreich Marokko unterzeichneten Internationalen Pakt der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte,

- unter Hinweis auf die Erklärung der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. Dezember 1998 über das Recht und die Verpflichtung von Einzelpersonen, Gruppen und Organen der Gesellschaft, die allgemein anerkannten Menschenrechte und Grundfreiheiten zu fördern und zu schützen,

- unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Vertreterin der Union für Außen‑ und Sicherheitspolitik zur Westsahara vom 10. November 2010,

- gestützt auf Artikel 110 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass über 12 000 Saharauis ihre Städte verlassen, Zelte in den Außenbezirken von El Aaiún errichtet und auf diese Weise das Lager Gdaim Izyk begründet haben, um gegen ihre gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation und ihre Lebensbedingungen zu protestieren,

 

B.  in der Erwägung, dass die marokkanischen Streitkräfte am Sonntag, den 24. Oktober Nayem El-Garhi, einen 14‑jährigen saharauischen Teenager getötet und fünf weitere Personen verletzt haben, als diese versuchten, das Lager in den Außenbezirken von El Aaiún zu erreichen,

 

C. in der Erwägung, dass sich marokkanische Sicherheitskräfte am Montag, den 8. November mit unverhältnismäßiger Gewalt Zutritt zum Lager Gdaim Izyk verschafft haben,

 

D. in der Erwägung, dass die marokkanischen Behörden erklärt haben, dass der Einsatz notwendig gewesen sei, um Lagerbewohner zu befreien, die gegen ihren Willen dort festgehalten worden waren, und dass die Sicherheitskräfte dabei auf erheblichen Widerstand gestoßen seien, und in der Erwägung, dass die Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Protestierenden auf die Straßen von El Aaiún übergegriffen haben,

 

E. in der Erwägung, dass von zahlreichen Toten, Verletzten und Vermissten berichtet wird,

 

F.  in der Erwägung, dass die marokkanische Regierung und die Frente Polisario gegenwärtig in New York unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen über die Zukunft der Westsahara diskutieren,

 

G.  in der Erwägung, dass die EU die Bemühungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und seines persönlichen Gesandten um eine gerechte, dauerhafte und für beide Seiten akzeptable politische Lösung, die die Selbstbestimmung der Bevölkerung der Westsahara im Sinne der Resolutionen der Vereinten Nationen ermöglicht, voll und ganz unterstützt,

 

H.  in der Erwägung, dass der Dissident Mostapha Sidi Mouloud von der Frente Polisario am 21. September verhaftet wurde, nachdem er seine Unterstützung für die Autonomieinitiative Marokkos zum Ausdruck gebracht hatte, und dass über seinen Verbleib nichts bekannt ist,

 

I.  in der Erwägung, dass sich die Situation in den Lagern in der Westsahara und in Tindouf zu einer regelrechten humanitären Tragödie mit unvorhersehbaren Konsequenzen entwickeln kann und dass diese Zwischenfälle erneut die dringende Notwendigkeit illustrieren, in das Mandat der Mission der Vereinten Nationen für das Referendum in der Westsahara (MINURSO) eine Komponente zur Überwachung der Achtung der Menschenrechte aufzunehmen,

 

1.  verurteilt die schwerwiegenden Angriffe und den unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt durch die marokkanischen Behörden, zu denen es im Lager Gdaim Izyk und in der Stadt El Aaiún gekommen ist und die viele zivile Opfer gefordert haben;

 

2.  bringt seine Solidarität mit der Familie des jungen Saharaui Nayem El-Garhi zum Ausdruck und fordert die marokkanischen Behörden und die MINURSO auf, eine Untersuchung zur Klärung der Umstände seines Todes zu veranlassen;

 

3.  bringt sein tiefes Bedauern und seine große Besorgnis angesichts der Toten, Verletzten und Vermissten zum Ausdruck, deren Schicksal auf die gewaltsamen Angriffe zurückzuführen ist, und bringt seine Solidarität mit den Familien der Opfer zum Ausdruck;

 

4.  fordert die Kommission und den Rat nachdrücklich auf, das Assoziationsabkommen zwischen der EU und dem Königreich Marokko einzufrieren; fordert die Kommission und den Rat auf, jeden Fortschritt bei der Umsetzung des fortgeschrittenen Status von der Einhaltung der internationalen Verpflichtungen hinsichtlich der Westsahara, insbesondere der Abhaltung eines Referendums über die Selbstbestimmung in der Westsahara, durch das Königreich Marokko abhängig zu machen;

 

5.  fordert eine internationale unabhängige und unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen durchzuführende Untersuchung der jüngsten im Lager Gdaim Izyk und in der Stadt El Aaiún vorgefallenen Ereignisse;

 

6.  begrüßt die Wiederaufnahme informeller Treffen zwischen Marokko und der Frente Polisario unter der Schirmherrschaft des persönlichen Gesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen;

 

7.  fordert das Königreich Marokko und die Frente Polisario auf, auf Gewalt zu verzichten und damit wesentlich zum Abbau von Spannungen beizutragen, um eine Lösung für den Konflikt zu erzielen, die in Übereinstimmung mit den einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen die Selbstbestimmung der Bevölkerung der Westsahara ermöglicht;

 

8.  fordert die Europäische Kommission und die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, auf der Grundlage von Artikel 2 des Assoziationsabkommens EU‑Marokko die Menschenrechtslage in der Westsahara weiterzuverfolgen und regelmäßig Informationsreisen in dieses Gebiet zu unternehmen;

 

9.  ist besorgt über das Schicksal von Mostapha Sidi Mouloud und fordert die Frente Polisario auf, seinen Aufenthaltsort bekannt zu geben, ihm sofortigen Kontakt mit seiner Familie und mit einem Anwalt zu ermöglichen und ihn unverzüglich vor ein unabhängiges Gericht zu bringen, um festzustellen, ob es eine rechtliche Grundlage für seine Verhaftung gibt;

 

10.  fordert die Entsendung einer Delegation des Europäischen Parlaments in die Westsahara und in die Lager in Tindouf, um die Menschenrechtslage vor Ort zu beobachten;

 

11.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der Afrikanischen Union, der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu den Maghreb-Ländern sowie dem Präsidium der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer, dem Parlament und der Regierung Spaniens, Algerien und Marokko und der Frente Polisario zu übermitteln.