ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Syrien, Bahrain und Jemen
4.4.2011
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Kyriacos Triantaphyllides, Willy Meyer, Nikolaos Chountis, Patrick Le Hyaric, Marisa Matias, Jacky Hénin, Takis Hadjigeorgiou im Namen der GUE/NGL-Fraktion
B7‑0255/2011
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Syrien, Bahrain und Jemen
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich die Lage in jedem Land unterschiedlich darstellt, jedes Land seine eigenen Besonderheiten aufweist und daher gesondert behandelt werden sollte,
B. in der Erwägung, dass in den letzten Wochen und Monaten in einer Reihe von Ländern in Nordafrika und im Nahen Osten Proteste unter der Bevölkerung ausgebrochen sind, in denen es um Arbeitsplätze, einen besseren Lebensstandard, soziale und Arbeitsrechte, Demokratie und die Achtung der Menschenrechte sowie Verfassungsänderungen ging,
C. in der Erwägung, dass nur ausländische Unternehmen und die herrschenden Kreise von den reichen Ölvorkommen profitieren und es der breiten Masse schwer fällt, ein Leben in Würde führen zu können,
D. in der Erwägung, dass die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise die in diesen Ländern bereits bestehenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen noch verschärft haben,
E. in der Erwägung, dass die Ereignisse in Bahrain mit der Massendemonstration auf dem Pearl-Kreisverkehr in Manama am 14. Februar 2011 ihren Ausgang nahmen, bei der es zu Zusammenstößen mit der Bereitschaftspolizei kam und es Tote und Verletzte gab; ferner in der Erwägung, dass bei den darauf folgenden Demonstrationen auf ähnliche Weise vorgegangen wurde,
F. in der Erwägung, dass die Demonstranten den Rücktritt von König Hamad Ben Issa Al-Khalifa fordern,
G. unter dem Hinweis darauf, dass der Konflikt – in dem Versuch, von den tatsächlichen Gründen abzulenken, – als Auseinandersetzung zwischen Schiiten und Sunniten dargestellt wurde,
H. in der Erwägung, dass die 5. Flotte der USA – mit Blickrichtung Iran – in Bahrain stationiert ist; in der Erwägung, dass die Bereitschaftspolizei von Bahrain von britischen Ausbildnern ausgebildet wird und britische Waffen verwendet,
I. in der Erwägung, dass – im Anschluss an einen Beschluss des Golf- Kooperationsrates auf Ersuchen der Regierung von Bahrain – am 14. März saudi-arabische Truppen mit einer Stärke von etwa 1000 Mann in Bahrain einmarschiert sind, gefolgt von 500 Polizisten der Vereinigten Arabischen Emirate, um wichtige Einrichtungen, wie Öl- und Gasanlagen und Finanzinstitutionen zu schützen; in der Erwägung, dass dies von der Bevölkerung in Bahrain als Besatzung gesehen wird; in der Erwägung, dass der König einen dreimonatigen Ausnahmezustand ausgerufen hat,
J. in der Erwägung, dass nach einer um sich greifenden Protestwelle in Jemen, die von Studenten an der Universität in Sanaa ausging, am 18. März Scharfschützen in Zivilkleidung, die Präsident Ali Abdullah Saleh weiterhin treu ergeben waren, in eine Kundgebung gegen die Regierung schossen und dabei 52 Menschen töteten, wodurch weitere Demonstrationen und Proteste ausgelöst wurden,
K. in der Erwägung, dass Präsident Saleh ein erklärter Verbündeter der USA ist und Millionen Dollar an Unterstützung zur Terrorismusbekämpfung erhalten hat, um seine Armee auszubilden, sowie Waffen erhalten hat, die nicht gegen sein Volk eingesetzt werden,
L. in der Erwägung, dass die geografische Lage von Jemen an der Zufahrt zum Roten Meer, an dessen Ende der Suezkanal liegt und das in den Golf von Aden übergeht, eine strategische Bedeutung inne hat, die mit wichtigen Schiffsrouten und Energieressourcen in Verbindung steht,
M. in der Erwägung, dass die Armee am 23. März in der syrischen Stadt Daraa das Feuer auf Zivilisten, die die Aufhebung des Ausnahmezustands und die Durchführung von Reformen forderten, eröffnete und etwa 50 Menschen tötete; ferner in der Erwägung, dass sich die Proteste auf andere syrische Städte ausweiteten und es Berichten zufolge zu weiteren Todesopfern und Verhaftungen kam,
N. in der Erwägung, dass Präsident Bashar Al Assad Lohnerhöhungen angekündigt, die Regierung entlassen und in der Folge einen neuen Premierminister ernannt hat und dass er zugesagt hat, die Aufhebung des Ausnahmezustands zu prüfen, die Ereignisse in Daraa und in anderen Städten zu untersuchen und den Lebensstandard des syrischen Volkes zu verbessern,
1. vertritt die Ansicht, dass jedes Volk das Recht hat, seine künftige Ausrichtung ohne jegliche ausländische – politische oder militärische – Einflussnahme zu wählen; verurteilt jede Einmischung von Außen in den genannten Ländern und in der Region; fordert alle Länder und internationalen Organisationen auf, die Souveränität und territoriale Unversehrtheit jedes Staates in vollem Umfang zu achten;
2. lehnt jegliche ausländische Militärintervention zur Lösung der Krise in diesen Ländern ab; verurteilt den Einmarsch saudi-arabischer Truppen und Truppen der Vereinigten Arabischen Emirate in Bahrain und fordert ihren unverzüglichen Abzug;
3. bekundet seine Solidarität mit den Menschen in der Region und unterstützt ihre legitimen demokratischen Bestrebungen und ihre Forderungen im Wirtschafts- und Sozialbereich;
4. verurteilt auf das Schärfste die Anwendung von Gewalt gegen Demonstranten und bedauert die große Zahl getöteter und verletzter Personen; spricht den Familien der Todesopfer und der Verletzten sein Mitgefühl aus;
5. fordert ein sofortiges Ende des Blutvergießens und die Freilassung aller festgenommenen Personen; ersucht um die Untersuchung der Todesfälle, Verhaftungen und angeblichen Fälle von Folter;
6. betont, dass eine Verhandlungslösung auf politischem Wege für die Probleme gefunden werden muss;
7. verurteilt, dass religiöse Unterschiede herangezogen werden, um eine politische Krise herbeizuführen;
8. verurteilt die stillschweigende Duldung der Diktaturen in der Region sowie die Mittäterschaft der Europäischen Union;
9. kritisiert scharf den umfassenden Waffenhandel von Mitgliedstaaten der EU mit diversen Ländern in der Region;
10. fordert den Rat in diesem Zusammenhang auf zu prüfen, ob gegen den Verhaltenskodex der EU für Waffenausfuhren verstoßen wurde, und strenge Maßnahmen zu ergreifen, damit dieser Kodex von allen Mitgliedstaaten in vollem Umfang eingehalten wird;
11. fordert die EU auf, in ihrer Außenpolitik nicht länger mit zweierlei Maß zu messen, in allen Fällen auf der Durchführung von Artikel 2 der Assoziierungsabkommen zu bestehen und ausgewogene Beziehungen mit den genannten Ländern aufzubauen, die sich auf die Achtung der Besonderheiten dieser Länder und ihrer Souveränität stützen;
12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und den Regierungen von Syrien, Bahrain und Jemen zu übermitteln.