Entschließungsantrag - B7-0390/2011Entschließungsantrag
B7-0390/2011

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu Syrien, Jemen und Bahrain im Zusammenhang mit der Lage in der arabischen Welt und Nordafrika

4.7.2011

eingereicht im Anschluss an die Erklärung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Fiorello Provera, Rolandas Paksas, Lorenzo Fontana, Nikolaos Salavrakos, Mara Bizzotto, Jaroslav Paška, Bastiaan Belder, Juozas Imbrasas im Namen der EFD-Fraktion

Verfahren : 2011/2756(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0390/2011
Eingereichte Texte :
B7-0390/2011
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

B7‑0390/2011

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Syrien, Jemen und Bahrain im Zusammenhang mit der Lage in der arabischen Welt und Nordafrika

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den Krisen im Nahen Osten, Syrien, Bahrain und Jemen,

–   unter Hinweis auf die Rede des amerikanischen Präsidenten vom 19. Mai 2011 in der er sich zu den Demokratiebewegungen in der arabischen Welt – insbesondere in Syrien und Jemen – äußerte,

–   unter Hinweis auf die Erklärungen der Hohen Vertreterin/Vizepräsidentin der Kommission zu Syrien vom 20., 11. und 6. Juni 2011 und zu Jemen vom 3. und 30. Juni 2011,

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu Jemen vom 20. Juni 2011, zu Syrien vom 20. Juni 2011 und zu Bahrain vom 23. Mai 2011,

–   unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahre 1948,

–   unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) von 1966, zu dessen Vertragsparteien Syrien, Jemen und Bahrain gehören,

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1975 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, zu dessen Vertragsparteien Syrien und Jemen gehören,

–   unter Hinweis auf die Erklärungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 22. Juni 2011 zu den Menschrechtsverletzungen in Syrien,

–   unter Hinweis auf die Erklärung der amerikanischen Außenministerin zu Truppenbewegungen Syriens nahe an der türkischen Grenze,

–   unter Hinweis auf die Rede des amerikanischen Präsidenten Barack Obama vom 19. Mai 2011 zum Jemen und zu der Entschlossenheit, einen Machtwechsel herbeizuführen,

–   unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) von 1966, zu dessen Vertragsparteien Jemen und Syrien gehören,

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die politische Dynamik in der arabischen Welt und in Nordafrika weiterhin ungewiss ist und der Prozess des politischen Übergangs sehr anfällig ist, weil er von Gruppen ausgenutzt werden könnte, deren Ziele religiöser Extremismus und Intoleranz sind,

B.  in der Erwägung, dass die politische Instabilität in der Region ein starker Motor für unkontrollierte Wanderungsströme in die Europäische Union ist; unter Hinweis darauf, dass diese Wanderungsströme umso besorgniserregender sind, da sie Spannungen nicht nur zwischen Herkunfts- und Aufnahmeländern, sondern auch zwischen Herkunfts- und Transitländern schaffen oder verschärfen können.

C. in der Erwägung, dass seit dem Ausbruch der Proteste gegen die Regierung im März in der südsyrischen Stadt Deraa – im Kern der Proteste stand die Forderung nach der Entfernung von Präsident Bashar al-Assad aus seinem Amt – über 1 300 Syrer getötet und weitere 10 000 inhaftiert worden sein sollen,

D. in der Erwägung, dass 11 000 Flüchtlinge aus nordsyrischen Städten und Dörfern wie Jisr al-Shughour und Khirbet al-jouz über die Grenze in die Türkei geflohen sind, nachdem sie von Sicherheitskräften, die loyal zu Präsident Bashar al-Assad stehen, unter Beschuss genommen worden waren,

E.  in der Erwägung, dass die syrischen Sicherheitskräfte eine führende Rolle bei der Unterdrückung der syrischen Zivilbevölkerung spielten, indem sie Demonstranten töteten, gegen die Regierung demonstrierende Aktivisten verhafteten und Zivilpersonen aus ihren Häusern vertrieben, was Tausende von Menschen veranlasste, über die Grenze in die Türkei zu fliehen,

F.  in der Erwägung, dass Berichten von Menschenrechtsaktivisten zufolge am 24. Juni 2011 mindestens 15 Menschen in der syrischen Hauptstadt Damaskus, in Homs und Kiswah bei Zusammenstößen, die das gesamte Land erfassten, zwischen regierungsfeindlichen Demonstranten und Sicherheitskräften getötet wurden,

G. in der Erwägung, dass immer wieder berichtet wird, dass die Islamische Republik Iran der syrischen Regierung dabei hilft, gewaltsam gegen Demonstranten vorzugehen, indem sie das Regime von al-Assad mit Ausrüstung und anderer logistischer Unterstützung versorgt,

H. in der Erwägung, dass in dem Bemühen, die Aufmerksamkeit von dem gewaltsamen Vorgehen der syrischen Regierung gegen die Demonstranten abzulenken, am 5. Juni Zivilpersonen an die Grenze mit Israel auf den Golan-Höhen geschickt wurden, um die israelischen Streitkräfte dazu zu provozieren, Strafmaßnahmen zu unternehmen, um die Versuche ziviler Aktivisten zum Durchbrechen der Grenze abzuwehren,

I.   in der Erwägung, dass Präsident Bashar al-Assad am 20. Juni einen Fahrplan für Reformen verkündet hat, in dem eine Überarbeitung der syrischen Verfassung und die Ausarbeitung eines neuen Wahlgesetzes gefordert werden,

J.   in der Erwägung, dass am 27. Juni 150 syrische Intellektuelle und Aktivisten – darunter einige der prominentesten Vertreter der Opposition – in Damaskus zusammentrafen, um Pläne für einen friedlichen Übergang zur Demokratie zu erörtern,

K. in der Erwägung, dass die Europäische Union am 23. Juni 2011 die restriktiven Maßnahmen gegen Syrien in Verbindung mit dem Beschluss 2011/273/GASP ausweitete; in der Erwägung, dass mit diesem am 9. Mai angenommenen Beschluss restriktive Maßnahmen gegen 13 Beamte und Verbündete des syrischen Regimes verhängt wurden, die als die Verantwortlichen für die gewaltsame Unterdrückung der Zivilbevölkerung ermittelt worden waren,

L.  in der Erwägung, dass das Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Arabischen Republik Syrien andererseits noch unterzeichnet werden muss; in der Erwägung, dass die Unterzeichnung dieses Abkommens auf Antrag Syriens seit Oktober 2009 verschoben worden ist; in der Erwägung, dass die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten einen wesentlichen Teil dieses Abkommens ausmacht,

M. in der Erwägung, dass sich der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh gegenwärtig zur medizinischen Behandlung in der saudischen Hauptstadt Riyadh aufhält, nachdem er in Folge eines Angriffs am 3. Juni 2011 auf dem Gelände der Moschee in seinem Palast in der Hauptstadt Sana’a ernsthafte Verletzungen davongetragen hatte, und seit diesem Datum nicht in der Öffentlichkeit erschienen ist,

N. in der Erwägung, dass sich Hunderttausende von regierungsfeindlichen Demonstranten in ganz Jemen versammelt und die Forderung bekundet haben, dass die Familie von Präsident Ali Abdullah Saleh und die Mitglieder seines inneren Machtzirkels das Land verlassen,

O. unter Hinweis darauf, dass am 31. Mai in der Stadt Taiz im Süden Syriens fünfzig Demonstranten getötet wurden,

P.  in der Erwägung, dass am 21. Mai das gemeinsame parlamentarische Parteienbündnis JMP (Joint Meetings Parties) eine vom Golf-Kooperationsrat (GCC) vermittelte Übergangvereinbarung unterzeichnete, derzufolge Präsident Saleh nach 30 Tagen sein Amt verlassen soll und nach 60 Tagen Wahlen zur Wahl eines neuen Präsidenten stattfinden sollen,

Q. unter Hinweis darauf, dass Präsident Saleh am 22. Mai von seinem Versprechen abgerückt ist, die Vereinbarung zu unterzeichnen, was die EU veranlasste, ihre Politik gegenüber dem Jemen zu überdenken und für den Golf-Kooperationsrat Anlass war, seine Vermittlungsbemühungen einzustellen,

R.  in der Erwägung, dass die Lage aufgrund eines „Chaos-Zustands“, der durch die Instabilität seitens der mehrheitlich schiitischen Bevölkerung des Landes und durch die Einmischung der islamischen Republik Irans in die inneren Angelegenheiten des Königreichs am Golf verursacht wurde, angespannt ist,

S.  unter Hinweis darauf, dass König Hamd bin Isa Al Khalifa seine Absicht erklärt hat, ein Reformprogramm und unabhängige Ermittlungen im Anschluss an mehrere Wochen von Protesten einzuleiten, die das Land erschüttert haben,

Syrien

 

1.  fordert die unverzügliche Freilassung aller politischen Häftlinge in Syrien, die aufgrund ihrer Beteiligung an regierungsfeindlichen Demonstrationen inhaftiert sind, ein Ende des Einsatzes der Folter und ein Ende aller Misshandlungen durch die syrischen Sicherheitskräfte sowie die Aufhebung der Beschränkungen für die Rede- und Pressefreiheit;

2.  fordert die syrische Regierung auf, die sichere Rückkehr aller Flüchtlinge zu gestatten, die aufgrund einer weitverbreiteten Niederschlagung von regierungsfeindlichen Demonstranten ihre Städte und Dörfer verlassen haben; fordert ferner die Einstellung der Operationen der syrischen Sicherheitskräfte, die darauf abzielen, die Zivilbevölkerung des Landes einzuschüchtern und zu schikanieren;

3.  fordert Drittländer wie die islamische Republik Iran auf, die militärische, personelle und logistische Unterstützung des syrischen Regimes einzustellen, die darauf gerichtet ist, die Zivilbevölkerung des Landes zu unterdrücken;

4.  begrüßt die Initiative von Präsident Bashar al-Assad, in einen „nationalen Dialog“ einzutreten, der effektiv, unverzüglich und ergebnisorientiert sein sollte; ist der Auffassung, dass dieser Prozess die Ausarbeitung einer Verfassung mit einem breiten Rückhalt sowie die Vervollständigung neuer Gesetze über politische Parteien, die Aussetzung der Garantie, dass der Baath-Partei und ihren Verbündeten zwei Drittel der Sitze im Parlament eingeräumt werden, und die Umsetzung eines konkreten und greifbaren Zeitplans für Reformen beinhalten sollte;

5.  fordert die syrische Regierung nachdrücklich auf, den unverzüglichen Zugang für Journalisten, humanitäre Organisationen, internationale Beobachter und den Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte zu gestatten, um die interne humanitäre Lage in Syrien zu bewerten, einschließlich der Möglichkeit von UN-Ermittlungen, insbesondere in den am schlimmsten betroffenen Gebieten wie Deraa, Banias und Homs;

6.  fordert mit Nachdruck, dass sich die syrische Regierung aller provokativen Maßnahmen gegen den Staat Israel enthält, die die Spannungen zwischen den beiden Ländern verschärfen und zu einem grenzüberschreitenden Konflikt führen könnten;

7.  fordert die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten auf, die friedlichen demokratischen Bestrebungen der Menschen in Syrien zu unterstützen, ihre Politik gegenüber diesen Ländern zu überprüfen, den Verhaltenskodex der EU für Waffenexporte einzuhalten und sich bereitzuhalten, um – im Falle ernsthafter Zusagen der Regierungen dieser Länder – die Durchführung konkreter politischer, wirtschaftlicher und sozialer Reformpläne in diesen Ländern zu unterstützen;

Jemen

 

8.  fordert Präsident Ali Abdullah Saleh auf, den unter der Schirmherrschaft des Golf-Kooperationsrates ausgearbeiteten 30–60-Plan zu unterzeichnen, nach dem er seinem Rücktritt innerhalb von dreißig Tagen formell zustimmen würde und nach sechzig Tagen Wahlen abgehalten würden;

9.  fordert, dass sich die jemenitischen Oppositionsparteien gemeinsam um Lösungen zur Überwindung des gegenwärtigen Stillstands bemühen, indem sie eine Regierung der nationalen Einheit bilden und einen geordneten Übergang entsprechend der Initiative des Golf-Kooperationsrates in die Wege leiten, um den legitimen Interessen des gesamten jemenitischen Volkes zu entsprechen; fordert außerdem seitens der jemenitischen Regierung die Erlaubnis, dass die Mission des Hochkommissars für Menschenrechte uneingeschränkten Zugang zum Land erhält;

10. fordert die internationale Gemeinschaft, die EU, die Vereinten Nationen und den Golf-Kooperationsrat auf, gemeinsame Bemühungen zu unternehmen, um eine friedliche Machtübergabe zu unterstützen und die unerlässlichen Infrastrukturen des Landes wie die Ölanlagen zu schützen, damit sie nicht in die Hände von islamistischen Extremisten und/oder Verbündeten von Al-Quaida fallen;

11. bekundet seine Besorgnis über die endemische Armut im Jemen, die Erschöpfung seiner Wasserressourcen, die schlechten Infrastrukturen, den Anstieg der Nahrungsmittelpreise und andere sozioökonomische Probleme, fordert mit Nachdruck, dass die EU Hilfestellung bei der Bewältigung dieser Probleme leistet, um die Appelle islamistischer Gruppen wie Al-Quaida ungehört verhallen zu lassen;

Bahrain

 

12. begrüßt die Initiative von König Hamad bin Isa Al Khalifa, einen Reformprozess und einen nationalen Dialog mit den Oppositionskräften einzuleiten; begrüßt die vorgeschlagene Einsetzung einer unabhängigen Sondierungsmission, die sich mit den jüngsten Unruhen befassen soll;

13. ist weiterhin besorgt über die Einmischung von Elementen, die mit der Islamischen Republik Iran in Verbindung stehen, in die internen politischen Angelegenheiten Bahrains;

14. fordert die Europäische Union auf, den von den lokalen Behörden vorgeschlagenen nationalen Dialog zu unterstützen, damit er sinnvoll, ergebnisorientiert und an einen konkreten Zeitplan und konkrete Beurteilungskriterien gebunden ist;

15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament des Königreichs Bahrain, der Regierung und dem Parlament der Arabischen Republik Syrien und der Regierung und dem Parlament der Republik Jemen zu übermitteln.