ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum Prozess der europäischen Integration des Kosovo (2011/2885(RSP))
20.3.2012
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Ulrike Lunacek im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten
B7‑0187/2012
Entschließung des Europäischen Parlaments zum Prozess der europäischen Integration des Kosovo (2011/2885(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 12. Oktober 2011 mit dem Titel „Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2011–2012“ (COM(2011)666) und den begleitenden Fortschrittsbericht 2011 der Kommission zum Kosovo (SEC(2011)1207),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Tagung des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ vom 7. Dezember 2009, 14. Dezember 2010 und 5. Dezember 2011, in denen betont und bekräftigt wird, dass das Kosovo – unbeschadet des Standpunktes der Mitgliedstaaten zu seinem Status – ebenfalls die Perspektive einer letztendlichen Visaliberalisierung haben sollte, sobald alle Voraussetzungen erfüllt sind, die Absicht der Kommission begrüßt wird, gegen Ende des Jahres in einen Dialog über Visumfragen einzutreten, und die Kommission aufgefordert wird, ein strukturiertes Konzept vorzulegen, mit dem die Bürger des Kosovo näher an die EU herangeführt werden,
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1244/2009 des Rates vom 30. November 2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind, und insbesondere auf deren Anhang I, in dem aus Gründen rechtlicher Klarheit und Sicherheit auf Personen, die im Kosovo ansässig sind, verwiesen wurde[1],
– unter Hinweis auf die Gemeinsame Aktion 2008/124/GASP des Rates vom 4. Februar 2008 über die Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union im Kosovo (EULEX KOSOVO), geändert durch die Gemeinsame Aktion 2009/445/GASP des Rates vom 9. Juni 2009 und durch den Beschluss 2010/322/GASP des Rates vom 8. Juni 2010,
– unter Hinweis auf die Gemeinsame Aktion 2008/123/GASP des Rates vom 4. Februar 2008 zur Ernennung eines Sonderbeauftragten der Europäischen Union im Kosovo und den Beschluss 2011/478/GASP des Rates vom 28. Juli 2011 zur Verlängerung des Mandats des Sonderbeauftragten der Europäischen Union im Kosovo,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission vom 27. Juli 2011 zur Lage im Kosovo,
– unter Hinweis auf die Pressemitteilungen des Rates der Europäischen Union zu dem Dialog unter der Schirmherrschaft der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die gemeinsamen Erklärungen der Interparlamentarischen Treffen EP-Kosovo vom 28.–29. Mai 2008, 6.–7. April 2009, 22.–23. Juni 2010 und 20. Mai 2011,
– in Kenntnis des Abschlussberichts der EU-Wahlexpertenmission im Kosovo vom 25. Januar 2011,
– unter Hinweis auf seine bisherigen Entschließungen,
– unter Hinweis auf die Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf die gemeinsam von Serbien und den 27 EU-Mitgliedstaaten eingebrachte konsensuelle Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 9. September 2010 (A/RES/64/298) zum Dialog zwischen Belgrad und Prishtina, in der es heißt, dass dieser Dialog dazu dienen würde, „die Zusammenarbeit zu fördern, Fortschritte auf dem Weg zur Europäischen Union zu erzielen und die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern“ und dass die Bereitschaft der EU, dabei behilflich zu sein, begrüßt wird,
– unter Hinweis auf den Abschlussbericht des VN-Sondergesandten über den zukünftigen Status des Kosovo und den Umfassenden Vorschlag für die Regelung des Status des Kosovo vom 26. März 2007, insbesondere die darin enthaltenen Bestimmungen über Menschenrechte und Grundfreiheiten von Gemeinschaften und ihren Angehörigen, Religionen und das kulturelle Erbe sowie über Dezentralisierung,
– unter Hinweis auf das Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs vom 22. Juli 2011 zur Vereinbarkeit der einseitigen Erklärung der Unabhängigkeit des Kosovo durch die provisorischen Selbstregierungsorgane des Kosovo mit dem Völkerrecht,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass auf der Tagung des Europäischen Rates vom 19. und 20. Juni 2003 in Thessaloniki allen Staaten des westlichen Balkans der Beitritt zur EU versprochen wurde, und in der Erwägung, dass dieses Versprechen auf der hochrangigen Tagung zum Thema „Westliche Balkanstaaten“, die am 2. Juni 2010 in Sarajewo stattfand, erneuert wurde;
B. in der Erwägung, dass die Europäische Union stets die Tragfähigkeit multiethnischer und plurireligiöser Staaten im westlichen Balkan auf der Grundlage der Werte Demokratie, Toleranz und Multikulturalismus verteidigt hat;
C. in der Erwägung, dass eine regionale Zusammenarbeit und gute nachbarschaftliche Beziehungen für den Prozess der europäischen Integration und die Gewährleistung von Sicherheit und Stabilität in der Region von grundlegender Bedeutung sind;
D. in der Erwägung, dass der Ahtisaari-Plan nach wie vor einen guten Rahmen für die Beilegung des Konflikts im Norden und die Bewahrung der territorialen und politischen Integrität des Kosovo bildet;
E. in der Erwägung, dass die Wirtschaft unter der nach wie vor bestehenden Schwäche der Rechtsstaatlichkeit leidet und der Aufbau der Demokratie dadurch verzögert und die langfristige Entwicklung untergraben wird;
F. in der Erwägung, dass der Kampf gegen die Korruption und das organisierte Verbrechen und die Untersuchung und Verfolgung von Kriegsverbrechen zu den Schlüsselprioritäten der EULEX-Mission gehören;
1. stellt fest, dass die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo von 85 Ländern, darunter 22 EU-Mitgliedsstaaten, anerkannt worden ist; würde es begrüßen, wenn die fünf ausstehenden EU-Mitgliedstaaten diesem Beispiel folgten; würde auch eine aktivere Mitwirkung dieser Staaten an der Vermittlung zwischen Serbien und den Kosovo begrüßen; bekräftigt erneut, wie wichtig es für die EU ist, sich für das Kosovo zu engagieren, und hält dieses Engagement für unerlässlich, um die Stabilität und Sicherheit in der unmittelbaren Nachbarschaft der EU zu erhalten;
2. betont, dass das Kosovo dieselben Aussichten auf einen EU-Beitritt wie die gesamte westliche Balkanregion hat, was einen starken Anreiz für die notwendigen Reformen darstellt; hebt hervor, dass die Strategie der EU, diese Perspektive den Bürgern des Kosovos anschaulich zu vermitteln, bisher nicht erfolgreich war und dass nur wenige Ergebnisse in dieser Hinsicht erzielt wurden; begrüßt die Ernennung eines EU-Sonderbeauftragten, der zugleich Leiters des EU-Verbindungsbüros ist;
3. betont die Notwendigkeit einer besseren Zusammenarbeit zwischen den EU-Missionen und anderen internationalen Missionen im Kosovo, damit die Überlappung von Tätigkeiten vermieden wird und eine effiziente Ressourcenverwaltung gewährleistet ist;
4. bekräftigt den in seinen Entschließungen vom 29. März 2007, 5. Februar 2009 und 8. Juli 2010 zum Ausdruck gebrachten Standpunkt, dass die Möglichkeit einer Teilung des Kosovo zurückgewiesen werden sollte;
5. ist besorgt angesichts schwerwiegender Unregelmäßigkeiten während der Parlamentswahlen im Dezember 2010; fordert eine gründliche Untersuchung der Fälle von Wahlbetrug, die sich auch auf Personen erstreckt, die politische Verantwortung für die Unregelmäßigkeiten tragen, und eine rasche und angemessene Bestrafung aller Personen, die Wahlbetrug begangen haben, darunter für die Durchführung der Wahlen verantwortliche lokale Behördenvertreter, um dadurch der gängigen Praxis der Straflosigkeit ein Ende zu setzen, durch die das Vertrauen der Bürger in die staatlichen Institutionen und ihre Legitimität untergraben wird; fordert, dass der Behandlung der Vorkommnisse bei den Wahlen Vorrang eingeräumt wird, und fordert die staatlichen Institutionen des Kosovo (den Staatsanwalt, den Obersten Gerichtshof und den Richterrat des Kosovo) auf, ihre Tätigkeit besser abzustimmen; betont, dass gute Rahmenbedingungen für Wahlen von wesentlicher Bedeutung für das Funktionieren der demokratischen Institutionen sind;
6. fordert sämtliche Regierungs- und Oppositionsparteien auf, mit den versprochenen Verfassungs- und Wahlreformen, zu denen sie sich gegenüber den Wählern nach der Wahl verpflichtet haben, zügig voranzuschreiten, um das Wahlsystem transparenter zu gestalten und in Einklang mit den internationalen Standards und insbesondere mit den Standards des Europarats zu bringen;
7. stellt fest, dass die Institutionen des Kosovo die Krise um das Amt des Staatspräsidenten Anfang 2011 gut gemeistert haben; hebt lobend hervor, dass im Kosovo zum ersten Mal eine Frau das Amt des Staatsoberhaupts bekleidet, und weist darauf hin, dass Frau Jahjaga zudem das jüngste demokratisch gewählte Staatsoberhaupt in Europa ist;
8. bedauert wiederholte Verzögerungen beim Beginn eines Dialogs über Visumfragen und bekräftigt seine Unterstützung für eine Aufnahme dieses Dialogs; begrüßt die Absicht der Kommission, diesen Prozess nun gegen Ende dieses Jahres zu beginnen, im Einklang mit früheren Zusagen bezüglich der Erfüllung der europäischen Perspektive für die westliche Balkanregion und unbeschadet des Standpunktes der Mitgliedstaaten zum Status des Kosovo, um der wachsenden Isolierung der Bürger des Kosovo entgegenzuwirken, die negative Auswirkungen hat, insbesondere für die am stärksten gefährdeten Gruppen und für junge Menschen; begrüßt, dass der Rat diese Absicht auf seiner Sitzung vom 5. Dezember 2011, in der die Perspektive einer letztendlichen Visaliberalisierung für das Kosovo, sobald alle Voraussetzungen erfüllt sind, bekräftigt wurde, unterstützt hat; betont, dass verbesserte Kontakte zwischen den Menschen einen starken Anreiz für eine Demokratisierung bieten und ein Motor für weitere Reformen in der Region sind;
9. betont, dass die Rückkehr von Flüchtlingen und Binnenflüchtlingen weiterhin eine Herausforderung für das Kosovo darstellt; begrüßt die Anstrengungen der kosovarischen Behörden in diesem Bereich und fordert weitere Bemühungen auf zentraler und lokaler Ebene, um die wirtschaftliche und gesellschaftliche Integration der Rückkehrer unter besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse der Serben, der Roma, der Aschkali und der Mitglieder der ägyptischen Gemeinschaft sicherzustellen;
10. hebt hervor, dass die wirksame Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen allen zuständigen Ministerien sichergestellt und den lokalen Institutionen und Koordinationsstrukturen in Zusammenarbeit mit den internationalen Akteuren weitere Unterstützung in Form von Schulungen, Kapazitätsaufbau und technischer Hilfe gewährt werden muss; betont, dass es wichtig ist, Fragen der Rückgabe des Eigentums der Rückkehrer zu klären und die Eigentumsrechte der serbischen Bürger des Kosovo wiederherzustellen;
11. betont die Notwendigkeit substanzieller Fortschritte auf dem Weg zu einem Übereinkommen zwischen dem Kosovo und den Nachbarländern zur Frage der Rechtsnachfolge und der Eigentumsrechte;
12. betont, wie wichtig der nach der Einigung zwischen Serbien und dem Kosovo in der UN-Generalversammlung im September 2010 und unter der Schirmherrschaft der EU durchgeführte Dialog mit Belgrad für die regionale Zusammenarbeit und die europäische Perspektive der beiden Länder ist; begrüßt, dass bereits acht Gesprächsrunden stattgefunden haben, die zu einer Reihe vorläufiger Einigungen geführt haben, zuletzt am 2. Dezember über die integrierte Verwaltung von Grenzübergängen (IBM) in nördlichen Teil des Landes, wodurch die Einführung von Übereinkommen über einheitliche gemeinsame integrierte Kontrollen vorgesehen wird;
13. ist jedoch besorgt darüber, dass frühere Einigungen, wie etwa die Einigung über Zollstempel, die einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Alltagslebens der Bürger auf beiden Seiten leisten, von serbischer Seite bislang nicht umgesetzt worden sind, was die kosovarische Regierung im Juli 2011 bewogen hat, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen; fordert die serbische Regierung auf, ihre Bereitschaft zur Verwirklichung der Ziele des Dialogs und zur Aushandlung und raschen und wirksamen Umsetzung von Vereinbarungen erkennen zu lassen; insbesondere, um Lösungen für die uneingeschränkte Teilnahme des Kosovo an der regionalen Zusammenarbeit zu finden;
14. betont, dass man von beiden Seiten erwartet, dass sie sich einer pragmatischen Herangehensweise befleißigen, die Engagement, Ausdauer und Verantwortungsbewusstsein bei der Suche nach Lösungen erfordert; hofft, dass Vereinbarungen über alle ausstehenden Fragen bald getroffen werden, damit der Weg für wirkliche Stabilität in der Region und für gutnachbarliche Beziehungen frei wird und das Kosovo in die Lage versetzt wird, vertragliche Vereinbarungen mit der EU einzugehen;
15. betont, dass es wichtig ist, dafür Sorge zu tragen, dass die Parlamente und Gesellschaften beider Staaten angemessen über die Ergebnisse des Dialogs unterrichtet werden, sodass die Transparenz und die Legitimität des Prozesses sichergestellt sind; weist darauf hin, dass die EU bei dieser Kommunikation sowie bei der Annäherung beider Seiten und der Förderung direkter persönlicher Kontakte ebenfalls eine Rolle spielen sollte;
16. fordert den Rat und die Kommission der Europäischen Union auf, so bald wie möglich mit dem Kosovo über ein Handelsabkommen zu verhandeln, da dies für die Entwicklung des Landes und eine erfolgreiche Bekämpfung der Arbeitslosigkeit von grundlegender Bedeutung ist;
17. betrachtet die instabile und angespannte Lage im Norden des Kosovo mit großer Sorge und verurteilt entschieden die inakzeptablen Gewaltakte gegen die KFOR und die Behörden des Kosovo in dem Gebiet, bei denen Menschen ums Leben gekommen sind oder verletzt wurden; fordert Bemühungen um eine Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit in diesem Gebiet, indem das Vorgehen gegen das organisierte Verbrechen und die kriminellen Strukturen, die dieses Gebiet als Zufluchtsort außerhalb jeglicher Kontrolle durch Behörden nutzen, intensiviert wird; fordert, dass sämtliche Straßensperren unverzüglich und vollständig entfernt werden und man den freien Personen- und Warenverkehr sicherstellt, darunter auch den freien Zugang zu den Grenzübergängen für die internationale Gemeinschaft und die kosovarischen Zollbediensteten, und begrüßt die diesbezügliche Erklärung des serbischen Präsidenten; fordert die serbische Regierung auf, auf dem Hoheitsgebiet des Kosovo tätige parallele Strukturen aufzulösen;
18. betont, dass eine Umsetzung des Ahtisaari-Plans im Norden den Serben im Kosovo eine weitreichende Autonomie einräumen würde, durch die ihre Rechte und Grundfreiheiten garantiert würden; bekräftigt, dass nur ein durch Verhandlungen und Dialog erzieltes Ergebnis zu tragfähigen Lösungen führen kann, und fordert die kosovarische Regierung auf, sich im Interesse dessen nach Kräften darum zu bemühen, eine wirksame Strategie zu entwickeln und umzusetzen, um dies den Bürgern im Norden zu vermitteln; fordert die internationale Gemeinschaft auf, die kosovarische Regierung bei der Suche nach dauerhaften Friedenslösungen für die Lage im Norden weiterhin zu unterstützen;
19. betont, dass die kosovarischen Behörden weitere Maßnahmen ergreifen müssen, um auf die serbische Minderheit im Norden zuzugehen, damit sie vollständig in die Gesellschaft des Kosovo integriert wird; fordert, dass zu diesem Zweck die kosovarischen Serben in der lokalen und nationalen Verwaltung stärker repräsentiert sind, was notwendig ist, um die Sichtbarkeit der Interessen der serbischen Minderheit sicherzustellen und ihre Fähigkeit zu verbessern, an Entscheidungsprozessen teilzuhaben, was zur Einheit des Kosovo beitragen würde;
20. begrüßt das zunehmende Engagement der serbischen Volksgruppe südlich des Flusses Ibar im institutionellen Rahmen des Kosovo, was an einer steigenden Beteiligung an den Wahlen und der Volkszählung deutlich geworden ist; betont die grundlegende Bedeutung des Dezentralisierungsprozesses in dieser Hinsicht und fordert weitere Anstrengungen, um ihn zum Erfolg zu führen und um insbesondere eine gute Zusammenarbeit zwischen allen Verwaltungsebenen sicherzustellen; fordert mehr Kapazitäten und Finanzmittel für die lokalen Verwaltungen; hofft, dass dieses Kooperationsmodell möglichst rasch auch auf den Norden ausgeweitet werden kann, wie es der Ahtisaari-Plan vorsieht, und fordert außerdem, dass auch in diesem Gebiet ein wirksamer Dezentralisierungsprozess vollzogen wird, um ethnische Spannungen abzubauen und Stabilität zu befördern;
21. hebt die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX hervor, die das Engagement der gesamten EU und ihrer 27 Mitgliedstaaten für die Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit im Kosovo anschaulich verdeutlicht, und fordert Initiativen der Europäischen Union zur Stärkung der Wirksamkeit und der Akzeptanz dieser wichtigen Mission auf dem gesamten Territorium des Kosovo; fordert die kosovarischen Stellen auf, mit EULEX verstärkt zusammenzuarbeiten und für die Unterstützung der Arbeit von EULEX in allen Aufgabenbereichen der Mission zu sorgen; nimmt die Aktivitäten der EULEX im Norden zur Kenntnis und fordert die Mission auf, ihre Anstrengungen zur vollständigen Erfüllung ihres Mandats in diesem Gebiet zu verstärken; weist darauf hin, dass das Mandat der Mission insbesondere in Bezug auf Planung, Tätigkeiten, Verwaltung und Kontrolle gegenwärtig überprüft wird, um es an die sich wandelnde Situation vor Ort anzupassen;
22. erkennt an, dass in manchen Bereichen, wie Polizei und Zoll, gute Fortschritte erzielt worden sind, und ist der Auffassung, dass die Tätigkeit im Bereich der Kernaufgaben in diesen Bereichen zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität sowie Kriegsverbrechen intensiviert werden sollte, damit die Mission zu konkreteren Ergebnissen führen kann; ist in diesem Zusammenhang besorgt angesichts des großen Arbeitsrückstands, der durch die hohe Zahl von Fällen verursacht wurde, die die Übergangsverwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo an die EULEX übertragen hat; betont die Verantwortung der EULEX, sowohl im Hinblick auf ihre Durchführungsbefugnisse als auch auf ihr Mandat, das darin besteht, zu beobachten, anzuleiten und zu beraten; ermutigt die EULEX in diesem Zusammenhang, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um das Vorgehen gegen Korruptionsfälle auf hoher Ebene zu beschleunigen; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, wie außerordentlich wichtig die Arbeit der Staatsanwälte und Richter ist, und fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, für deren ausreichende Zahl zu sorgen, indem geeignetes Personal abgestellt wird und man bei Bedarf auf Vertragskräfte zurückgreift, um Lücken zu schließen;
23. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, für ausreichende logistische Vorkehrungen zu sorgen, damit die EULEX-Mitarbeiter das Mandat ihrer Mission auch in einer Krisensituation erfüllen können, wie sie derzeit an den nördlichen Grenzübergängen der Region Mitrovica zu beobachten ist; weist darauf hin, wie wichtig es ist, die Kontinuität der Tätigkeit der Mission sicherzustellen; ist angesichts der Ankündigung mehrerer EU-Mitgliedstaaten besorgt, ihre Kontingente formierter Polizeieinheiten abzuziehen, und fordert die betreffenden Mitgliedstaaten auf, ihre Entscheidung zu überdenken, da diese Polizisten vor Ort nach wie vor gebraucht werden;
24. betont die Notwendigkeit einer wirksamen internen Verwaltung, Koordinierung und Zusammenarbeit innerhalb von EULEX; betont, dass bei der Arbeit der EULEX Transparenz und Rechenschaftspflicht notwendig sind sowie Einfühlungsvermögen in Bezug auf den politischen Kontext ihrer Tätigkeiten, damit die Legitimierung der Mission in den Augen der Bürger gestärkt wird; betont ferner, wie wichtig es ist, eine intensive Kommunikation mit der Regierung sowie den Bürgern und Medien des Kosovo aufrechtzuerhalten; fordert die EULEX auf, die Bürger des Kosovo darüber zu informieren, was die Mission bisher erreicht hat, daran zu arbeiten, das Vertrauen in die Mission zu stärken, und sich der Erwartungen der Bürger bewusst zu sein;
25. vertritt die Auffassung, dass die EULEX bestimmte strukturelle Mängel, wie zum Beispiel eine wenig ausgeprägte interne Rechenschaftspflicht und eine schwache externe Kontrolle, dringend beheben sollte;
26. begrüßt die schrittweise Übertragung der Verantwortung für den Schutz kultureller und religiöser Stätten an die lokale Polizei, was ein Beleg dafür ist, dass die lokalen Behörden funktionsfähig sind;
27. fordert die Versammlung des Kosovo auf, eine stärkere Rolle beim Demokratisierungs- und Rechtssetzungsprozess im Kosovo einzunehmen; betont, dass die Funktion der Kontrolle der Versammlung über die Tätigkeit der Regierung, insbesondere bei der Kontrolle von Haushaltsausgaben, gestärkt werden muss; ist besorgt über den Grad an Klarheit in der Geschäftsordnung der Versammlung und über ihre Einhaltung; betont, dass die Institutionen sich bei ihrer Tätigkeit an klare Verfahrensregeln halten und mit ausreichenden Kapazitäten ausgestattet sein müssen, damit sie ihre Aufgaben wirksam erfüllen können; begrüßt das geplante Städtepartnerschaftsprogramm und fordert mehr Unterstützung bei der Entwicklung der operativen Fähigkeiten und der Fachkompetenz der Versammlung;
28. betont die wichtige Rolle des Ausschusses für europäische Integration und des Ministeriums für europäische Integration und begrüßt die verbesserten Beziehungen zwischen den beiden Institutionen; fordert die kosovarische Regierung gleichwohl auf, die beiden Einrichtungen weiter zu stärken und ihre Zusammenarbeit zu verbessern;
29. begrüßt die Einrichtung einer Sonderermittlungseinheit der EULEX in Bezug auf die mutmaßliche unmenschliche Behandlung von Personen und den illegalen Organhandel, wie es in der Entschließung des Europarats vom 25. Januar 2011 gefordert wurde; fordert eine gründliche Untersuchung dieser Angelegenheiten; fordert alle Beteiligten einschließlich der kosovarischen und der albanischen Behörden auf, bei den Ermittlungen in vollem Umfang zu kooperieren, und appelliert an alle Nachbarstaaten, die Ermittlungseinheit uneingeschränkt zu unterstützen;
30. betont die Notwendigkeit weitergehender Maßnahmen bei der Suche nach Vermissten aus der Zeit des Konflikts von 1998 und 1999 sowie den später Verschwundenen; hebt hervor, dass es ein grundlegendes Menschenrecht ist, dass die Familien erfahren, was mit ihren Familienangehörigen geschehen ist, und dass dies eine wesentliche Voraussetzung für eine Versöhnung zwischen den Volksgruppen und eine Zukunft der Region in Frieden ist; unterstützt daher in vollem Maße die Bemühungen der Arbeitsgruppe zu vermissten Personen sowie von EULEX zur Modernisierung der Gerichtsmedizin im Kosovo; fordert verstärkte Anstrengungen bei der Befassung mit den Fällen, die mit den Ereignissen vom März 2004 in Zusammenhang stehen, da die Behandlung diesbezüglicher Strafsachen weiterhin durch fehlenden Willen und Ineffizienz blockiert wird;
31. weist mit Nachdruck darauf hin, dass weitverbreitete und systemische Korruption nach wie vor ein schwerwiegendes Problem im Kosovo und in der übrigen westlichen Balkanregion darstellt, was das Vertrauen der Bürger in rechtsstaatliche Strukturen untergräbt und den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen behindert; begrüßt die angekündigten Verbesserungen im Rechtsrahmen und fordert ihre rasche und gründliche Umsetzung und Bemühungen, dieses Problem aktiver anzugehen, insbesondere, indem die diesbezüglichen Kapazitäten der Strafverfolgungsbehörden und der Justiz gestärkt werden und die Transparenz bei öffentlichen Vergabeverfahren und Ausschreibungen sichergestellt wird; betont die Notwendigkeit einer aktiven Herangehensweise und besserer Zusammenarbeit zwischen der Anti-Korruptions-Behörde, der Polizei und der Anklagebehörde; betont, dass die herrschende Straflosigkeit und das Fehlen angemessener Sanktionen gegen Korruption im Kosovo zu den größten Problemen gehören, und fordert die kosovarischen Behörden nachdrücklich auf, eine Bilanz erfolgreich abgeschlossener Korruptionsfälle, darunter auch solche auf höchster Führungsebene in Politik und Wirtschaft, zu erstellen;
32. ist der Auffassung, dass die Frage der Rechtsstaatlichkeit im Kosovo nach wie vor Anlass zu großer Sorge gibt und dringend angegangen werden muss; fordert die Behörden auf, die Reformen rasch durchzuführen, die erforderlich sind, damit bei der europäischen Perspektive des Kosovo Fortschritte erzielt werden und die Bevölkerung am Ende davon profitiert;
33. ist über die Rolle der kosovarischen organisierten Kriminalität bei einer Reihe krimineller Aktivitäten in Zusammenhang mit Drogen und Menschenhandel in der Region äußerst besorgt; weist darauf hin, dass sich die Kapazitäten der Polizei und der Justiz für den Kampf gegen organisierte Kriminalität noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden, und fordert die kosovarischen Stellen auf, unverzüglich Maßnahmen zum Ausbau dieser Kapazitäten zu ergreifen; fordert die kosovarischen Behörden außerdem auf, die Qualität und Transparenz des Rechtssetzungsprozesses zu erhöhen, damit das Kosovo über eine solide Rechtsgrundlage verfügt und das Vertrauen in das Rechtssystem gestärkt wird;
34. betont, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit für ein wirksames Vorgehen gegen die organisierte Kriminalität ist; bedauert, dass das Kosovo infolge des fehlenden Willens einiger Mitglieder der internationalen Gemeinschaft, es als Staat anzuerkennen, keine direkte Kooperation mit Europol und Interpol eingehen kann; und bedauert außerdem, dass der Informationsaustausch über EULEX bzw. UNMIK bislang nicht ordentlich funktioniert; fordert Europol und Interpol auf, für einen wirksamen Informationsfluss mit dem Kosovo zu sorgen, indem entweder Kooperationsabkommen geschlossen werden oder das Kosovo einen Beobachterstatus erhält; betont die Bedeutung des Informationsaustauschs zwischen FRONTEX und dem Kosovo;
35. begrüßt Fortschritte bei der Justizreform, fordert aber verstärkte Anstrengungen, um die Professionalität von Richtern und Staatsanwälten sowie ihre Unabhängigkeit von jeglicher politischer Einflussnahme zu gewährleisten und gegen Korruption in den eigenen Reihen vorzugehen; begrüßt in diesem Zusammenhang die aktive Rolle des Verfassungsgerichts bei der Sicherstellung der Verfassungsmäßigkeit der parlamentarischen Prozesse sowie bei der Klarstellung in der Frage der Immunität von Amtsträgern; stellt fest, dass das Justizsystem im Kosovo trotz gewisser Fortschritte in einigen Bereichen nach wie vor labil ist und es immer noch eine beträchtliche Zahl unerledigter Verfahren gibt; hebt in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit von Reformen hervor; betont, wie außerordentlich wichtig uneingeschränkt funktionsfähige und wirksame Zeugenschutz- und Zeugenumsiedlungsprogramme für eine ordentlich funktionierende Justiz sind, und fordert, dass umgehend Maßnahmen zur Umsetzung des Zeugenschutzgesetzes und zur Einrichtung von Zeugenschutzabteilungen in Polizei und Justiz ergriffen werden; fordert die EU-Mitgliedstaaten und andere an der EULEX beteiligte Länder außerdem auf, sich an Zeugenumsiedlungsprogrammen aktiv zu beteiligen; bedauert die Tatsache, dass das Gericht in Mitrovica immer noch nicht in vollem Maße funktionsfähig ist, und fordert die kosovarischen und serbischen Behörden auf, dieses Problem zu lösen, damit die Bürger im Norden verbesserten Zugang zur Justiz bekommen;
36. betont, wie wichtig ein professioneller, unabhängiger, rechenschaftspflichtiger und zugänglicher öffentlicher Dienst für ordentlich funktionierende staatliche Institutionen ist; fordert, dass zu diesem Zweck umgehend ein Aktionsplan zur Umsetzung der im Rahmen der Strategie für die öffentliche Verwaltung vorgesehenen Reformen angenommen wird; betont die Notwendigkeit, dass sich in der Verwaltung die Zusammensetzung der kosovarischen Gesellschaft in Bezug auf die Geschlechter und die Volksgruppen widerspiegelt und dass die Besetzung von Stellen auf der Grundlage der beruflichen Verdienste einer Person und unabhängig von politischer Einflussnahme erfolgt;
37. betont, dass freie, unvoreingenommene, starke und unabhängige Medien, die internationalen Medienstandards entsprechen und Redefreiheit und den Zugang zu Informationen gewährleisten, ein Grundpfeiler der Demokratie sind; fordert die Regierung deshalb auf, dafür einen entsprechenden Rechtsrahmen zu schaffen und für seine wirksame Umsetzung Sorge zu tragen, wozu auch die Entkriminalisierung der Ehrverletzung gehört; betrachtet die anhaltende politische Einmischung in die Arbeit der Medien mit Sorge und fordert die Behörden nachdrücklich auf, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um Journalisten vor Drohungen und anderen Arten von Druckausübung bei ihrer beruflichen Tätigkeit zu schützen, wozu auch ein selektives Vorgehen bei der Vergabe staatlicher Werbeaufträge gehört, um unabhängige und pluralistische Medien zu fördern und den Bürgern des Kosovo dadurch den Zugang zu Informationen zu ermöglichen; fordert den Schutz von Journalisten und die Einführung von Mindeststandards bei den Arbeitnehmerrechten und Arbeitsbedingungen von Journalisten; fordert Maßnahmen zur Sicherstellung der Transparenz bei den Eigentumsverhältnissen im Bereich der Medien und zur Gewährleistung der finanziellen und redaktionellen Unabhängigkeit der öffentlichen Sendeanstalten, indem unter anderem ein angemessener Anteil in Höhe von etwa 20 % der politischen und anderen Bestandteile ihres Programms von unabhängigen Produzenten erstellt wird;
38. betrachtet mit Sorge, dass Diskriminierung im Kosovo nach wie vor ein schwerwiegendes Problem darstellt, und fordert die Regierung auf, eine umfassende Antidiskriminierungsstrategie im Einklang mit internationalen Menschenrechtsnormen umzusetzen, mit der die Gleichbehandlung aller Menschen ungeachtet von ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, Alter, Religion, sexueller Orientierung oder Behinderung gewährleistet wird, damit Toleranz sowie der gegenseitige Respekt und das gegenseitige Verständnis gefördert werden und dadurch das Bewusstsein für die Menschenrechte auf zentraler und lokaler Ebene geschärft wird; betont, dass weitere Schritte unternommen werden müssen, um die Rechtsmittel und administrativen Maßnahmen gegen Menschenrechtsverletzungen besser durchzusetzen; weist dabei insbesondere auf die Lage der Frauen sowie der Roma, der Aschkali und der Angehörigen ägyptischen Gemeinschaft hin und macht darauf aufmerksam, dass für die Integration aller Schulkinder durch Unterricht in der Muttersprache Sorge getragen werden muss; fordert die Behörden nachdrücklich auf, angesichts der ethnischen Vielfalt des Kosovo und im Einklang mit internationalen und europäischen Rechtsnormen den Zugang zu wirksamen mehrsprachigen öffentlichen Dienstleistungen sicherzustellen;
39. hebt die Bedeutung des Amtes des Bürgerbeauftragten für den Schutz der Rechte und Freiheiten der Bürger hervor und fordert die Regierung und die Versammlung des Kosovo auf, ihre Bemühungen zur Umsetzung der Empfehlungen des Bürgerbeauftragten zu intensivieren; fordert mehr politische, administrative und finanzielle Unterstützung für diese Institution, da ihr als Garant der Menschenrechte eine Schlüsselrolle zukommen sollte; stellt in diesem Zusammenhang fest, dass unzureichende personelle und finanzielle Ressourcen sowie fehlende angemessene Arbeitsräume nach wie vor ein Hindernis für das ordnungsgemäße Funktionieren der Institution darstellen;
40. fordert die Regierung des Kosovo auf, dafür Sorge zu tragen, dass die verfassungsrechtlichen Bestimmungen zur Achtung und dem Schutz von Minderheiten in der Praxis gewährleistet werden;
41. weist darauf hin, dass der Rechtsrahmen des Kosovo eine Grundlage für die Institutionalisierung der Gleichstellung der Geschlechter und die Umsetzung der Entschließung 1325 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu Frauen, Frieden und Sicherheit bietet; hebt jedoch hervor, dass soziale Normen, Traditionen, schlechte wirtschaftliche Bedingungen und labile Institutionen, insbesondere, was das Justizwesen angeht, weiterhin systematische Ausnahmen bei der Anwendung der geltenden Rechtsvorschriften ermöglichen, was in Bezug auf Frauen durch den beschränkten Zugang zu Grundbesitz, das seltene Einklagen von Rechten in Erbrechtsfällen und die Vorenthaltung des Sorgerechts für Kinder beispielhaft verdeutlicht wird; weist darauf hin, dass außerdem durch den unzureichenden Schutz vor häuslicher Gewalt, den fehlenden Zugang zur Justiz bei Verbrechen, den schlechteren Zugang zu Bildung für Mädchen, die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen im Wirtschaftsleben sowie die anhaltende Unterrepräsentation von Frauen bei politischen Entscheidungen auf allen Ebenen deutlich wird, dass die Entschließung 1325 nicht respektiert wird; fordert daher die Behörden des Kosovo auf, sich nach Kräften dafür einzusetzen, dass diese Resolution umgesetzt wird;
42. begrüßt die auf dem Gebiet der Frauenrechte und der Gleichstellung der Geschlechter zum Beispiel durch die Einführung eines bezahlten neunmonatigen Mutterschaftsurlaubs erzielten Fortschritte; ist jedoch besorgt wegen der hohen Schulabbrecherquote bei Mädchen und den vergleichsweise geringen Anteil von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, darunter auch in wesentlichen Bereichen der Gesellschaft; fordert die Behörden des Kosovo auf, die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt aktiver zu fördern und ihre Stellung stärker zu verbessern;
43. erinnert an die herausragende Bedeutung des interkulturellen Lernens im Kosovo, mit dem ein Geist der Achtung, Akzeptanz und Toleranz zwischen den Völkern, Volksgruppen und Religionsgemeinschaften gefördert wird, wobei die Identität jeder einzelnen Gruppe bewahrt und die Identität der anderen Gruppen anerkannt wird; fordert die Behörden des Kosovo außerdem auf, einen Lehrplan aufzustellen, der die Geschichte, Kultur sowie andere Wesensmerkmale aller traditionell im Kosovo beheimateten Gemeinschaften umfasst und somit einen Geist der Toleranz fördert;
44. fordert die Regierung und das Parlament des Kosovo auf, ein aus öffentlichen und Privatschulen bestehendes modernes Bildungssystem aufzubauen, in dem die Trennung zwischen den Religionsgemeinschaften und dem Staat geachtet wird und das sich auf kulturelle und religiöse Vielfalt sowie die alte Tradition der Toleranz in der kosovarischen Gesellschaft gründet;
45. fordert verstärkte Anstrengungen zum Schutz des kulturellen und religiösen Erbes des Kosovo, insbesondere seiner serbisch-orthodoxen Kirchen und Klöster sowie aller anderen Denkmäler, die Teil des universellen und des europäischen Kulturerbes sind; fordert deshalb eine wirksame Einrichtung von Sonderschutzzonen, indem unter anderem auf solchen Stätten und in ihrer Umgebung illegale Bautätigkeit gestoppt und dafür Sorge getragen wird, dass die Stätten nachhaltig in die Kommunen integriert werden; weist darauf hin, dass die Gesetze über den Schutz serbisch-orthodoxer mittelalterlicher Klöster, die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden, sowie über die historischen Ortskerne von Prizren und Velika Hoča/Hoça e Madhe erlassen werden müssen; fordert die Annahme der umfassenden Liste von schutzwürdigen Kulturerbestätten, um dadurch für Rechtsklarheit zu sorgen und Mehrdeutigkeiten zu vermeiden;
46. fordert weitere Maßnahmen, um die derzeit gespaltene Universität von Prishtina wieder zu vereinen, und fordert die Kommission auf, Vorschläge zu unterbreiten, welche Initiativen die Europäische Union ergreifen könnte, um die Fakultäten von Mitrovica und von Prishtina wieder zusammenzuführen;
47. fordert den Rat auf, die Kommission umgehend zu bevollmächtigen, Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit dem Kosovo bezüglich dessen Beteiligung an Gemeinschaftsprogrammen aufzunehmen; nimmt dabei die Empfehlung der Kommission zur Kenntnis, mit den Programmen „Kultur” und „Europa für Bürgerinnen und Bürger” zu beginnen, betont jedoch, dass es wichtig ist, die Beteiligung des Kosovo so bald wie möglich auch auf andere Programme auszuweiten;
48. bekräftigt erneut seine Unterstützung der zivilgesellschaftlichen Aktivitäten und fordert die Regierung und die Versammlung auf, Strukturen und Plattformen für einen Dialog mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zu entwickeln, fordert die Institutionen gleichzeitig auf, bei der Ausarbeitung der Sozial- und Wirtschaftspolitik die Anregungen von Akteuren der Zivilgesellschaft zu berücksichtigen; betont die Bedeutung von nichtstaatlichen Organisationen bei der Kontrolle der Regierungstätigkeit, insbesondere im Bereich der Korruptionsbekämpfung, und bei vertrauensbildenden Maßnahmen zwischen den unterschiedlichen Volksgruppen; befürwortet den Dialog zwischen den Vertretern der Zivilgesellschaft, der dazu dient, gemeinsame Prioritäten zu bestimmen und die jeweiligen Bemühungen der politischen Einflussnahme zu bündeln;
49. stellt fest, dass die gewerkschaftliche Vereinigungsfreiheit zwar durch das Recht garantiert ist, jedoch bei grundlegenden Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechten weiterhin Verbesserungsbedarf besteht; fordert das Kosovo auf, den sozialen Dialog im Rahmen des Entscheidungsprozesses, bei der Gestaltung politischer Maßnahmen und beim Aufbau von Kapazitäten der Sozialpartner zu stärken;
50. ist angesichts der Wirtschaftslage im Kosovo besorgt; betont die Bedeutung von Haushaltdisziplin und nachhaltigen makroökonomischen politischen Maßnahmen für die Entwicklung des Landes und unterstreicht, dass der Privatisierungsprozess völlig transparent vollzogen werden muss; begrüßt die Maßnahmen zur Vereinfachung der Verfahrensregeln für Unternehmensgründungen als ein Mittel, mit dem die Steuereinnahmen erhöht und gleichzeitig die hohe Arbeitslosigkeit im Lande, insbesondere bei jungen Menschen, abgebaut werden soll; bedauert in diesem Zusammenhang die Verzögerungen bei der Verlängerung der autonomen Handelsmaßnahmen;
51. begrüßt die Annahme der Strategie zur KMU-Entwicklung für den Zeitraum von 2012 bis 2016 und fordert die Agentur für KMU-Förderung des Ministeriums für Handel und Industrie auf, diese Strategie umzusetzen; fordert die Agentur nachdrücklich auf, ihre Bemühungen zur Förderung der Verbreitung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu intensivieren, indem sie den Zugang zu Finanzmitteln ermöglicht, den Verwaltungsaufwand reduziert und die Zusammenarbeit von KMU im Kosovo sowie in der Region und der EU fördert;
52. fordert den Rat und die Kommission der Europäischen Union auf, in enger Zusammenarbeit mit den lokalen, regionalen und nationalen Behörden im Kosovo den Aufbau einer modernen, ökologischen und nachhaltigen Landwirtschaft sowie KMU auf dem Gebiet erneuerbarer Energien zu unterstützen;
53. erinnert daran, dass das Kosovo nur mittels eines Handelabkommens zwischen der Europäischen Union und dem Kosovo tragfähige Perspektiven für eine langfristige wirtschaftliche Entwicklung haben kann; begrüßt, dass der Rat die Kommission ersucht hat, Vorschläge für den Weg hin zu einem Handelsabkommen zu unterbreiten, sobald genügend Fortschritte erzielt worden sind, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, in naher Zukunft eine erste Expertenmission in das Kosovo zu entsenden, um die Fortschritte des Landes auf diesem Gebiet zu begutachten;
54. begrüßt eine Reihe von Schritten im Bereich des Umweltschutzes; bedauert, dass die kosovarischen Behörden mögliche Alternativen zum Bau eines neuen Kohlekraftwerks als Energieproduzent anstelle der Kraftwerke Kosovo A und B nicht ausreichend geprüft haben; erkennt einerseits an, dass der steigende Energiebedarf des Kosovo kurzfristig mit der anhaltenden Nutzung von Kohle als wichtigster Energiequelle gedeckt werden muss, fordert aber anderseits mehr Investitionen in alternative, sauberere Technologien und in eine Erhöhung der Energieeffizienz des Stromsystems im Einklang mit den EU-Zielen; fordert angesichts der Tatsache, dass die Kraftwerke Kosovo A und B so bald wie möglich abgeschaltet werden sollen, einen höheren Anteil der Energie aus erneuerbaren Quellen;
55. betont angesichts der Tatsache, dass eine solide Infrastruktur eine Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung ist, wie wichtig es ist, das Verkehrsnetz zu verbessern und mit den Nachbarstaaten zu verbinden, um dadurch den freien Personen- und Warenverkehr zu vereinfachen; betrachtet den öffentlichen Verkehr und insbesondere die Eisenbahn als eine kostengünstige und nachhaltige Alternative zum Straßenverkehr und fordert die Regierung sowie internationale Geber auf, der Entwicklung und Modernisierung des Schienenverkehrs in ihren Investitionsplänen Vorrang einzuräumen;
56. begrüßt die Stärkung der Beziehungen des Kosovo mit den meisten Nachbarstaaten und fordert eine vollständige Einbeziehung des Kosovo in die regionale Zusammenarbeit; weist darauf hin, dass der Vorsitz des Kosovo im Mitteleuropäischen Freihandelsabkommen (CEFTA) im Jahre 2011 reibungslos vonstattenging; ist jedoch darüber besorgt, dass die Spannungen mit Serbien den freien Personen- und Warenverkehr und die allgemeine Zusammenarbeit im Rahmen des CEFTA beeinträchtigen;
57. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Regierung, dem Präsidenten und dem Parlament des Kosovo zu übermitteln.
- [1] ABl. L 336 vom 18.12.2009, S. 1.