Entschließungsantrag - B7-0213/2012Entschließungsantrag
B7-0213/2012

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Mali

17.4.2012

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung
(2012/2603(RSP))

Véronique De Keyser, Patrice Tirolien, Pino Arlacchi, Maria Eleni Koppa, Thijs Berman, Ana Gomes im Namen der S&D-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0201/2012

Verfahren : 2012/2603(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0213/2012
Eingereichte Texte :
B7-0213/2012
Aussprachen :
Angenommene Texte :

B7‑0213/2012

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Mali

(2012/2603(RSP))

Das Europäische Parlament,

–       unter Hinweis auf die Strategie der Europäischen Union für die Sahelzone,

–       gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.     in der Erwägung, dass die militärischen Siege der bewaffneten unabhängigen Gruppen und Dschihadisten im Norden Malis im März mit Plünderungen, Vergewaltigungen, Entführungen und Übergriffen einhergingen;

B.     in der Erwägung, dass am 22. März dieses Jahres ein Militärputsch stattgefunden hat;

C.     in der Erwägung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in seiner Erklärung vom 4. April dieses Jahres seiner Unterstützung der Bemühungen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung und seiner Besorgnis in Bezug auf die Präsenz von Al‑Qaida des Islamischen Maghreb (AQMI) Ausdruck verliehen hat;

D.     in der Erwägung, dass am 6. April dieses Jahres unter der Schirmherrschaft der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ein Abkommen über die Rückkehr zur verfassungsgemäßen Ordnung geschlossen wurde;

E.     in der Erwägung, dass der Präsident der Nationalversammlung im Einklang mit der Verfassung aus dem Jahr 1992 als Übergangspräsident eingesetzt worden ist;

F.     in der Erwägung, dass der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahl für den 29. April dieses Jahres vorgesehen war und dass der Übergangszeitraum verfassungsgemäß höchstens 40 Tage betragen darf, woraufhin Wahlen durchgeführt werden müssen;

G.     in der Erwägung, dass es angesichts der Besetzung eines Teils des Landes durch illegale bewaffnete Gruppen nicht möglich ist, Präsidentschaftswahlen abzuhalten;

H.     in der Erwägung, dass die Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik zugesagt hat, die Bemühungen der Westafrikanischen Wirtschaftsunion würden die volle Unterstützung der Europäischen Union genießen;

I.      in der Erwägung, dass die Lage im Norden Malis weiterhin eine Bedrohung für die Stabilität der gesamten Subregion darstellt;

J.      in der Erwägung, dass die Sahelzone ein Bindeglied zwischen den Ländern südlich der Sahara und Europa darstellt, das für Afrika wie für Europa ein Sicherheitsrisiko darstellt;

K.     in der Erwägung, dass die Europäische Union ein grundlegendes Interesse an Stabilität und Entwicklung in der Sahel‑Sahara‑Region hat;

L.     in der Erwägung, dass die Verbreitung von Waffen und bewaffneter Gaddafi‑Söldnergruppen aus Libyen zu einer Stärkung der illegalen bewaffneten Gruppen im Norden Malis geführt haben;

M.    in der Erwägung, dass nachweislich Verbindungen zwischen den terroristischen Gruppen, die sich in der Sahelzone aufhalten, und Drogen-, Waffen-, Zigaretten- und Menschenhändlern bestehen, die insbesondere Geiselnahmen gegen Lösegeld betreiben;

N.     in der Erwägung, dass derzeit 13 Menschen als Geiseln gehalten werden;

O.     in der Erwägung, dass im Norden Malis die verbündeten islamistischen Terrorgruppen „Boko Haram“, „MUJAO“ („Bewegung Einheit und Dschihad in Westafrika“), „Ansar Dine“ und AQMI“ präsent sind, denen viele nicht malische Kämpfer angehören;

P.     in der Erwägung, dass diese Gruppen nachweislich das Ziel verfolgen, in ganz Mali die Scharia zu etablieren;

Q.     in der Erwägung, dass die Tuareg der MNLA am 6. April die Unabhängigkeit des Azawad ausgerufen haben, ohne das Volk zu befragen;

R.     in der Erwägung, dass die politischen Parteien des Landes, die ECOWAS, die Afrikanische Union und die Europäische Union diese Ausrufung für null und nichtig erklärt haben;

S.     in der Erwägung, dass die Gründung neuer afrikanischer Staaten in keiner Weise dazu beitragen würde, ihre Entwicklung zu fördern;

T.     in der Erwägung, dass die gegenüber den Tuareg gegebenen Versprechen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Nationalpakt aus dem Jahr 1992, nicht eingehalten wurden und somit zu Frustrationen geführt haben;

U.     in der Erwägung, dass sich die Terroristen bei der Anwerbung von Kämpfern des Entwicklungsdefizits bedienen, ebenso wie der prekären Lage im Land, der sozialen Unzufriedenheit und der Untätigkeit vieler Jugendlicher, die ohne Zukunftsperspektive sind, und ihnen dazu ein zwar illegales, sehr wohl aber hohes Einkommen anbieten;

V.     in der Erwägung, dass es zunächst der malischen Armee – gegebenenfalls mit Unterstützung aus dem Ausland – obliegt, die dschihadistischen separatistischen Gruppen zu bekämpfen;

W.    in der Erwägung, dass es sich um ein sehr großes Gebiet mit geringer Bevölkerungsdichte und langen, ungenau bezeichneten Grenzen handelt und dass Informationen und Maßnahmen daher auf internationaler Ebene in geeigneter Weise koordiniert werden müssen und hochentwickelte Erkennungs‑, Schutz‑ und Neutralisierungsmittel erforderlich sind;

X.     in der Erwägung, dass alle Länder der Sahel‑Sahara‑Zone zusammenarbeiten müssen, um den Terrorismus und die unterschiedlichen Formen des illegalen Handels zu bekämpfen;

Y.     in der Erwägung, dass es im Interesse der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten liegt, den Terrorismus und die unterschiedlichen Formen des illegalen Handels zu bekämpfen, da Instabilität und illegaler Handel in der Subregion sich auf die Sicherheit der Europäischen Union auswirken;

Z.     in der Erwägung, dass der Kampf gegen den Terrorismus im Sahel auch im Wege einer aktiven Entwicklungspolitik, der Schaffung sozialer Gerechtigkeit, der Stärkung des Rechtsstaats und der Integration geführt werden muss;

AA.  in der Erwägung, dass der einheimischen Bevölkerung wirtschaftliche Perspektiven geboten werden müssen, die nicht krimineller Natur sind;

AB.  in der Erwägung, dass in der Subregion, die stark von Dürre betroffen ist, 16 Millionen Menschen einer schwerwiegenden Lebensmittelknappheit ausgesetzt sind;

AC.  in der Erwägung, dass Mali eigentlich der größte landwirtschaftliche Erzeuger der Sahelzone ist;

AD.  in der Erwägung, dass sich die Nahrungsmittelkrise durch die unsichere Lage in Mali aufgrund der Auswirkungen auf die Nahrungsmittelversorgung weiter verschlimmert, wovon alle Grenzgebiete betroffen sind;

AE.   in der Erwägung, dass es durch die Störungen im Norden Malis zu einem beträchtlichen Viehtrieb in Richtung Süden gekommen ist, wo eine ernsthafte Futter‑, Wasser‑ und Verpflegungsknappheit herrscht;

AF.   in der Erwägung, dass über 200 000 Menschen aus dem Norden Malis vertrieben wurden, wobei mehr als die Hälfte in die Nachbarländer geflüchtet sind;

AG.  in der Erwägung, dass der Kurs für Baumwolle aus Mali im vergangenen Jahr um die Hälfte gesunken ist;

1.      verurteilt die von den bewaffneten Gruppen begangenen Gewalttaten; verurteilt insbesondere die an der Zivilbevölkerung und an Frauen verübten Gewalttaten;

2.      spricht der ECOWAS seine Anerkennung für ihre entschlossenen politischen Maßnahmen aus, mit denen in Mali und in Guinea‑Bissau die verfassungsgemäße Ordnung wiederhergestellt werden soll, und hofft, dass es mit dieser Handhabung der Methoden zur Konfliktlösung gelingt zu verhindern, dass es in Zukunft zu Staatsstreichen kommt;

3.      unterstützt die Wiederherstellung der territorialen Integrität von Mali;

4.      fordert die Schaffung eines Raums für humanitäre Hilfe, um die Versorgung der Bevölkerung im Norden Malis sowie der Flüchtlinge mit Nahrungsmitteln und Medikamenten zu ermöglichen;

5.      fordert die Europäische Kommission auf, die für die humanitäre Hilfe benötigten Finanzmittel rasch bereitzustellen;

6.      fordert die Europäische Union auf, ihre Maßnahmen zur Unterstützung der Bevölkerung der betroffenen Region durch die Gewährleistung eines besseren Zugangs zu Wasser und zum öffentlichen Bildungs‑ und Gesundheitssystem zu intensivieren und für eine bessere Infrastruktur in der Region zu sorgen, um sie besser zugänglich zu machen;

7.      fordert die malischen Behörden auf, entschlossen gegen alle Formen des mafiaartigen Handels vorzugehen;

8.      fordert alle Staaten der Subregion auf, die regionale Zusammenarbeit zu intensivieren und in diesem Sinne gegen Terrorismus und alle Formen des illegalen Handels vorzugehen; fordert die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten auf, ihren Beitrag zur Koordinierung als Priorität zu behandeln;

9.      fordert die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten auf, den Aufbau von Kapazitäten in den Staaten dieser Region zu unterstützen und in Zusammenarbeit mit den Staaten dieser Region und den zwischenstaatlichen Organisationen alle vorhandenen Mittel für den Schutz der Bevölkerung und die Förderung von Sicherheit und Entwicklung in der Region einzusetzen;

10.    fordert die Bewertung der Möglichkeit einer europäischen Mission im Rahmen der ESVP unter dem Mandat des Sicherheitsrates der VN, um die malische Armee in logistischen Fragen zu unterstützen, sowie von eventuellen Einsatzkräften der ECOWAS oder gemeinsamen Einsatzkräften der ECOWAS/Westafrikanischen Union/Vereinten Nationen zur Sicherung der Regionen in Mali, die nicht von illegalen bewaffneten Gruppen besetzt sind;

11.    fordert, dass die ESVP‑Mission die Grenzkontrollen der Länder der Subregion insbesondere im Hinblick auf die Bekämpfung des Waffen‑ und Drogenhandels stärkt;

12.    beauftrag seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Organen der ECOWAS und der Afrikanischen Union sowie dem Interimspräsidenten von Mali zu übermitteln.