Entschließungsantrag - B7-0277/2012Entschließungsantrag
B7-0277/2012

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Guinea-Bissau

6.6.2012 - (2012/2660(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Charles Tannock im Namen der ECR-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0277/2012

Verfahren : 2012/2660(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0277/2012
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B7-0277/2012
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B7‑0277/2012

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Guinea-Bissau

(2012/2660(RSP))

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis der Erklärung der Hohen Vertreterin vom 31. Mai 2012 zur Verstärkung der Sanktionen des Rates gegen die Militärjunta in Guinea-Bissau,

–   unter Hinweis auf die vorzeitigen Präsidentschaftswahlen in Guinea-Bissau vom 18. März 2012 nach dem Tod des Präsidenten Malam Bacai Sanha am 9. Januar,

–   unter Hinweis auf die Erklärung des Präsidenten des VN-Sicherheitsrats vom 21. April 2012, die den Militärputsch in Guinea-Bissau verurteilt,

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass seit seiner Unabhängigkeit von Portugal in den 1970er Jahren ein blutiger Unabhängigkeitskrieg Guinea-Bissau in Armut und in einem Zustand beinahe ständigen Konflikts zwischen den zivilen und militärischen Behörden mit einer Serie von politischen Anschlägen gehalten hat; in der Erwägung, dass seit der Unabhängigkeit im Jahr 1973 keine politische Führungsfigur eine vollständige Amtszeit im Amt war;

B.  in der Erwägung, dass die seit Jahrzehnten andauernde politische Instabilität in Guinea-Bissau das Land in eine tiefe Krise gestürzt hat, die gekennzeichnet ist von einem fehlenden Zugang zu sauberem Trinkwasser, zu Gesundheitsdiensten und Bildungseinrichtungen, sowie dadurch, dass in zahlreichen Ministerien die Angestellten seit Monaten auf ihre Löhne warten, sowie in der Erwägung, dass dieses Land zu jenen wenigen Staaten gehört, die sich auf der Agenda der Kommission der Vereinten Nationen für Friedenskonsolidierung befinden, die darauf hinarbeitet, arme Länder in ihren Bemühungen zu unterstützen, zu vermeiden, in Krieg oder Chaos zurückzuverfallen;

C. in der Erwägung, dass Streitkräfte am 12. April 2012 gewaltsam die Macht in Guinea-Bissau an sich rissen und den Interimspräsidenten Raimundo Pereira und den ehemaligen Ministerpräsidenten und Präsidentschaftskandidaten Carlos Gomes Júnior sowie weitere hochrangige Amtsträger festnahmen, und so die Vorbereitungen der für den 22. April vorgesehenen zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen abbrachen;

D. in der Erwägung, dass die Putschisten die Kontrolle über die Büros der amtierenden PAIGC und über Radiostationen an sich rissen sowie der Regierung gegenüber loyale Polizeibeamte bekämpften, die - nachdem sie unter Feuer der RPG gerieten - gezwungen wurden, sich zurückzuziehen; in der Erwägung, dass die Straßen in und aus der Hauptstadt blockiert und die nationalen Radio‑ und Fernsehstationen abgeschaltet wurden;

E.  in der Erwägung, dass Guinea-Bissau nach dem Militärputsch vom April 2012 bis zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung vorläufig aus der Afrikanischen Union ausgeschlossen wurde;

F.  in der Erwägung, dass die Weltbank und die Afrikanische Entwicklungsbank Finanzhilfen an das Land ausgesetzt haben;

G. in der Erwägung, dass Entwicklungshilfe an Guinea-Bissau seit dem Militärputsch vom 1. April 2010 und die nachfolgende Ernennung seiner Rädelsführer zum Generalstabschef der Armee und der Marine ausgesetzt ist; in der Erwägung, dass humanitäre Hilfe und die unmittelbare Unterstützung für die Bevölkerung von diesem Einfrieren nicht betroffen sind;

H. in der Erwägung, dass der Rat der Europäischen Union weitere 15 Personen in die Liste der Personen, denen die Einreise in die EU untersagt ist, aufgenommen hat und deren Vermögenswerte in der EU eingefroren worden sind;

I.   in der Erwägung, dass das Engagement der Wirtschaftsgemeinschaft der Westafrikanischen Staaten (ECCOWAS) sicherheitsbildende Maßnahmen – unter Beteiligung einer 629 Personen umfassenden regionalen Friedenstruppe – und äußerst kritische pragmatische Verhandlungen mit der Androhung wirtschaftlicher Sanktionen verbunden hat;

J.   in der Erwägung, dass Kokain von Südamerika über den Atlantik in Booten und Flugzeugen, die in der unberührten Inselgruppe vor der Küste Guinea-Bissau's landen, geschmuggelt wird und die Drogen Richtung Norden nach Europa transportiert werden;

K. in der Erwägung, dass am 30. September 2010 die im Juni 2008 begonnene Mission der EU zur Reform des Sicherheitssektors in Guinea-Bissau ihr Mandat beendete;

1.  verurteilt die jüngsten illegalen und verfassungswidrigen Handlungen des Militärs, als ein Staatsstreich die die Präsidentenwahlen verhinderte und eine Militärjunta installierte;

2.  bedauert, dass diese Ereignisse genau vor dem Beginn des Wahlkampfes für die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen eintraten;

3.  beglückwünscht die ECOWAS für ihr robustes Führungsverhalten im Umgang mit dieser Krise;

4.  fordert alle Parteien nachdrücklich zu einem Höchstmaß an Zurückhaltung, zum Verzicht auf Gewalt, zur Bewahrung der Ruhe und zu größtmöglichen Anstrengungen zur Stabilisierung des Landes auf;

5.  begrüßt die Ablehnung der Ankündigung des Militärkommandos durch UN und PAIGC (die wichtigste politische Partei, die in der früheren Regierung über eine 2/3- Mehrheit verfügte), die Schaffung eines Nationalen Übergangsrates vorzuschlagen und in zwei Jahren gleichzeitig politische und Parlamentswahlen abzuhalten;

6.  lehnt die Rechtmäßigkeit der Übergangsregierung ab, da sie nicht Ergebnis eines demokratischen Prozesses ist und unter der unmittelbaren Kontrolle der Streitkräfte verbleibt;

7.  fordert die Rückkehr der demokratisch gewählten Vertreter an die Macht und die sofortige Wiederherstellung der Macht der zivilen über die militärischen Behörden;

8.  betont, dass die Gefahr besteht, dass Guinea-Bissau instabil bleiben und sich außerstande sehen wird, die mehr und mehr um sich greifende Korruption einzudämmen oder seinen Status als bedeutender Drogenumschlagplatz zu verändern, solange seine Institutionen in struktureller Hinsicht schwach sind;

9.  fordert die Hohe Vertreterin, die Kommission, die Mitgliedstaaten, die Vereinten Nationen, die Afrikanische Union, die Wirtschaftsgemeinschaft der Westafrikanischen Staaten (ECOWAS), die Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder (CPLP) und die übrigen Mitglieder der internationalen Gemeinschaft auf, die Entwicklungen in Guinea-Bissau zu beobachten, das Land bei der Aufrechterhaltung seiner verfassungsmäßigen Ordnung zu unterstützen und die friedensstiftenden Bemühungen im Lande weiter zu unterstützen;

10. ist wegen der Gefahr besorgt, die der Drogenumschlag aus so entfernten Ländern wie Kolumbien und Afghanistan und auch der Menschenhandel für die Konsolidierung des Friedensprozesses in Guinea-Bissau und für die Stabilität in der Region Westafrika bedeuten, und fordert die Agenturen der Vereinten Nationen auf, mit der entsprechenden Unterstützung der ECOWAS einen regionalen Aktionsplan auszuarbeiten, um dieser Herausforderung zu begegnen;

11. betont, dass ein demokratisches Guinea-Bissau sehr im Interesse des Westens liegt, während das Land ein wesentlicher Zwischenhändler für den Drogenhandel zwischen Südamerika und Europa ist;

12. fordert die Afrikanische Union, die Vereinten Nationen und die EU auf, das Land zu unterstützen, entschlossen voranzuschreiten, um demokratische und bürgerliche Rechte für alle Bürger zu sichern;

13. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der ECOWAS, den Institutionen der Afrikanischen Union, der Gemeinsamen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU, dem Sekretariat der CPLP sowie der Regierung und dem Parlament von Guinea-Bissau zu übermitteln.