ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur EU-Politik für das Westjordanland und Ostjerusalem
27.6.2012 - (2012/2964(RSP))
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Véronique De Keyser, Pino Arlacchi, Emine Bozkurt, Ricardo Cortés Lastra, Emer Costello, Robert Goebbels, Ana Gomes, Richard Howitt, Wolfgang Kreissl-Dörfler, María Muñiz De Urquiza, Norbert Neuser, Raimon Obiols, Boris Zala im Namen der S&D-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0373/2012
B7‑0374/2012
Entschließung des Europäischen Parlaments zur EU-Politik für das Westjordanland und Ostjerusalem
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen, insbesondere seine Entschließung vom 29. September 2011 zur Lage in Palästina, seine Entschließung vom 16. Februar 2012 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des regionalen Übereinkommens über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln und seine Entschließung vom 10. September 2010 zum Zustand des Jordan unter besonderer Berücksichtigung des Gebiets an seinem Unterlauf,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zum Friedensprozess im Nahen Osten vom 14. Mai 2012, 18. Juli und 23. Mai 2011 und 8. Dezember 2009,
– unter Hinweis auf die Rede der HR/VP Catherine Ashton zu den jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten und Syrien auf der Plenartagung des Europäischen Parlaments vom 12. Juni 2012,
– unter Hinweis auf die Erklärungen der HR/VP Catherine Ashton, insbesondere auf die Erklärung zum Ausbau der Siedlungen vom 8. Juli 2012, die Erklärung zum Beschluss der israelischen Behörden hinsichtlich des Status der Siedlungen von Sansana, Rechelim and Bruchin im besetzten palästinensischen Gebiet vom 25. April 2012 und zu Genehmigungen zur Errichtung israelischer Siedlungen vom 22. Februar 2012,
– unter Hinweis auf den Bericht der EU-Missionsleiter über Ostjerusalem vom Januar 2012,
– unter Hinweis auf den Bericht der EU-Missionsleiter über die Zone C und die Errichtung eines palästinensischen Staates vom Juli 2011,
– unter Hinweis auf das Vierte Genfer Abkommen zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten von 1949,
– unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf die maßgeblichen VN-Resolutionen, insbesondere die Resolutionen der VN-Generalversammlung 181 (1947) sowie die Resolutionen des VN-Sicherheitsrates 242 (1967), 252 (1968), 338 (1973), 476 (1980), 478 (1980), 1397 (2002), 1515 (2003) und 1850 (2008),
– unter Hinweis auf die Erklärungen des Nahost-Quartetts, insbesondere auf dessen Erklärungen vom 11. April 2012 und vom 23. September 2011,
– unter Hinweis auf das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs über die rechtlichen Folgen des Baus einer Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet vom 9. Juli 2004,
– unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 25. Februar 2010 in der Rechtssache C-386/08 Brita GmbH gegen Hauptzollamt Hamburg-Hafen,
– unter Hinweis auf den Zweijahresplan zur Beendigung der Besetzung und zur Staatsgründung „Ending the occupation, establishing a state“ des palästinensischen Premierministers Salam Fayyad vom August 2009,
– unter Hinweis auf das Interimsabkommen über das Westjordanland und den Gazastreifen vom 18. September 1995,
– unter Hinweis auf die Abkommen von Oslo (Grundsatzerklärung über die Übergangsregelungen für die Autonomie) vom 13. September 1993,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament wiederholt seine Unterstützung für eine Zweistaatenlösung mit einem Staat Israel und einem unabhängigen, demokratischen, zusammenhängenden und lebensfähigen Staat Palästina zum Ausdruck gebracht hat, die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit existieren, dass es die Wiederaufnahme direkter Friedensgespräche zwischen den Konfliktparteien gefordert und erklärt hat, dass keine Änderungen der vor 1967 bestehenden Grenzen, auch hinsichtlich Jerusalems, anerkannt werden, die nicht zwischen den beiden Seiten vereinbart wurden;
B. in der Erwägung, dass das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung und einen eigenen Staat ebenso unanfechtbar ist, wie das Recht Israels auf ein Bestehen innerhalb sicherer Grenzen; in der Erwägung, dass in den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2012 deutlich hervorgehoben wurde, dass „in Anbetracht der anhaltenden Veränderungen in der arabischen Welt Fortschritte beim Nahost-Friedensprozess umso dringender geboten sind“ und dass „[d]ie Beachtung der Bestrebungen der Menschen in der Region, darunter das Streben der Palästinenser nach einem eigenen Staat und das Streben der Israelis nach Sicherheit, […] von entscheidender Bedeutung für dauerhaften Frieden, Stabilität und Wohlstand in der Region [ist]“;
C. in der Erwägung, dass die aktuellen Berichte der EU-Missionsleiter – der Bericht über die Zone C und die Errichtung eines palästinensischen Staates und der Bericht über Ostjerusalem –, die der Presse zugespielt wurden, erneut von alarmierenden Entwicklungen in den betreffenden Gebieten zeugen, die im Hinblick auf das Zustandekommen einer tragfähigen Zweistaatenlösung eine ernste Gefahr darstellen;
D. in der Erwägung, dass das Westjordanland, Ostjerusalem und der Gazastreifen besetztes Gebiet sind; in der Erwägung, dass die internationalen Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht, auch das Vierte Genfer Abkommen, in diesen Gebieten uneingeschränkt gelten; in der Erwägung, dass Israel als Besatzungsmacht unter anderem dazu verpflichtet ist, in gutem Glauben dafür zu sorgen, dass die Grundversorgung der unter der Besatzung lebenden palästinensischen Bevölkerung gewährleistet ist, die besetzten Gebiete so verwaltet werden, dass dies der Bevölkerung vor Ort zugute kommt, zivile Einrichtungen geschützt und bewahrt werden und verhindert wird, dass die eigene Bevölkerung in die besetzten Gebiete sowie die Bevölkerung der besetzten Gebiete in die eigenen Gebiete übersiedelt;
E. in der Erwägung, dass das Westjordanland 1993 in den Abkommen von Oslo in drei Zonen unterteilt wurde: die Zonen A, B und C; in der Erwägung, dass es sich bei Zone C, die unter israelischer ziviler Kontrolle und Sicherheitskontrolle steht und 62 % des Westjordanlands ausmacht, sowohl um das einzige zusammenhängende als auch um das fruchtbarste und rohstoffreichste Gebiet des Westjordanlands handelt; in der Erwägung, dass im Interimsabkommen über das Westjordanland und den Gazastreifen von 1995 vorgesehen wurde, dass die Gebiete der Zone C allmählich in palästinensische Kontrolle übergehen, was jedoch nicht geschehen ist;
F. in der Erwägung, dass die Zahl der Palästinenser in den Gebieten der Zone C aufgrund der Politik der israelischen Regierung zurückgegangen ist; in der Erwägung, dass infolge dieser Politik nur 5,8 % der palästinensischen Bevölkerung des Westjordanlands in Gebieten der Zone C leben, während die Zahl der israelischen Siedler, die mit 310 000 veranschlagt wird, sich gegenüber der Zahl der Palästinenser in diesen Gebieten auf mehr als das Doppelte beläuft; in der Erwägung, dass der Schutz der palästinensischen Bevölkerung und die Wahrung ihrer Rechte in den Gebieten der Zone C entscheidend ist, wenn jemals eine tragfähige Zweistaatenlösung zustande kommen soll;
G. in der Erwägung, dass Jerusalem von Israel 1980 mit dem Jerusalemgesetz („Grundgesetz: Jerusalem Hauptstadt Israels“) zur ungeteilten, vereinigten Hauptstadt Israels erklärt wurde; in der Erwägung, dass alle gesetzlichen und administrativen Maßnahmen Israels als Besatzungsmacht, die das Wesen und den Status Jerusalems ändern oder auf eine solche Änderung hinauslaufen – und insbesondere das betreffende Grundgesetz – gemäß der Resolution des VN-Sicherheitsrates 478 (1980) für nichtig erklärt werden und demnach aufzuheben sind; in der Erwägung, dass in den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2012 nochmals hervorgehoben wurde, dass für den Status von Jerusalem als künftiger Hauptstadt zweier Staaten eine Lösung auf dem Verhandlungsweg gefunden werden muss;
H. in der Erwägung, dass sich, wie auch der Bericht der EU-Missionsleiter verdeutlicht, die Wahrscheinlichkeit, dass Jerusalem in der Zukunft die Hauptstadt zweier Staaten wird, aufgrund der aktuellen Entwicklungen in Ostjerusalem zunehmend verringert und dass diese Lösung kaum noch erreichbar ist, wodurch auch die Aussicht auf eine Zweistaatenlösung schwindet; in der Erwägung, dass einerseits Ostjerusalem immer stärker vom Westjordanland, andererseits das historische Becken Jerusalems zunehmend vom übrigen Gebiet Ostjerusalems getrennt wird;
I. in der Erwägung, dass die in Ostjerusalem lebenden Palästinenser 37 % der Bevölkerung Jerusalems ausmachen und 36 % der Steuereinnahmen der Stadt von ihnen stammen, aber nur 10 % der Ausgaben des kommunalen Haushalts nach Ostjerusalem fließen, sodass kommunale Dienste nur unzureichend bereitgestellt werden; in der Erwägung, dass die meisten palästinensischen Einrichtungen, auch das Orient-Haus, von den israelischen Behörden in Ostjerusalem geschlossen wurden, sodass in Bezug auf palästinensische Einrichtungen und Leitungsstrukturen für die palästinensische Bevölkerung vor Ort ein Vakuum entstanden ist, das weiterhin Anlass zur Sorge gibt;
J. in der Erwägung, dass die in Ostjerusalem lebenden Palästinenser den Status von Einwohnern mit ständigem Wohnsitz in Jerusalem haben, dass dieser Status aber nur unter bestimmten Bedingungen auf die Kinder übertragbar ist und bei Heirat nicht automatisch auf den Partner übergeht, sodass die Ehepartner und Kinder vieler Palästinenser mit ständigem Wohnsitz in Ostjerusalem nicht mit ihren Angehörigen zusammenleben können; in der Erwägung, dass andererseits etwa 200 000 israelische Siedler in Ostjerusalem und dessen Umgebung leben;
K. in der Erwägung, dass die Zahl der Palästinenser in den Gebieten der Zone C und in Ostjerusalem aufgrund der Politik der israelischen Regierung zurückgegangen ist; in der Erwägung, dass ein Kernstück dieser Politik im Bau und Ausbau von Siedlungen besteht; in der Erwägung, dass die israelischen Siedlungen nach dem Völkerrecht rechtswidrig sind und die Friedensbemühungen wesentlich behindern, gleichzeitig aber von der israelischen Regierung in Form großzügiger Vergünstigungen in den Bereichen Steuern, Wohnungsbau, Infrastruktur, Straßen, Wasserversorgung, Bildung, Gesundheitsversorgung usw. subventioniert werden; in der Erwägung, dass der Ausbau der Siedlungen im Gebiet Jerusalem 2011 seinen Höhepunkt seit 1967 erreicht hat; in der Erwägung, dass es infolge des gewaltsamen und bedrohlichen Vorgehens der Siedler gegen die palästinensische Zivilbevölkerung zu schweren Zwischenfällen und tödlichen Verletzungen gekommen ist;
L. in der Erwägung, dass Erzeugnisse aus den israelischen Siedlungen weiterhin präferenzbegünstigt auf den europäischen Markt gelangen, da es in der EU keinen wirksamen Kontrollmechanismus gibt, der dies verhindern würde; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament sich in seiner Entschließung vom 16. Februar 2012 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des regionalen Übereinkommens über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln sehr besorgt über die Gepflogenheiten einiger Unternehmen geäußert hat, die die Bestimmungen des Assoziationsabkommens EU-Israel missbrauchen, indem sie unter Ausnutzung der Präferenzregelung Produkte aus dem besetzten Gebiet in die EU einführen; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in dieser Entschließung darauf hingewiesen hat, dass die in diesem Rahmen zwischen der EU und Israel geschlossene technische Vereinbarung hierfür keine befriedigenden Lösungen bietet, dass es die Auffassung vertritt, dass mit Israel ein einfacher, effizienter und zuverlässiger Mechanismus vereinbart werden sollte, der diese Vereinbarung ersetzt, dass es die Mitgliedstaaten jedoch dringend auffordert, dafür zu sorgen, dass ihre Zollbehörden die geltende technische Vereinbarung zur Anwendung bringen, und dass es die Kommission aufgefordert hat, neue Vorschläge zu unterbreiten und mit dem Europäischen Parlament zusammenzuarbeiten, damit eine Lösung gefunden und der Missbrauch des präferenziellen Zugangs zum Binnenmarkt der EU verhindert wird;
M. in der Erwägung, dass die von Israel errichtete Sperrmauer, die nicht dem Verlauf Grünen Linie folgt, große Teile des palästinensischen Gebiets im Westjordanland und in Ostjerusalem abschneidet; in der Erwägung, dass in der gutachterlichen Stellungnahme des Internationalen Gerichtshofs zu den rechtlichen Folgen des Baus der Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet („Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory“) aus dem Jahr 2004 festgestellt wird, dass der Bau der Mauer durch die Besatzungsmacht Israel im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich in und um Ostjerusalem, und das dadurch eingeführte System gegen das Völkerrecht verstoßen;
N. in der Erwägung, dass der fortschreitende Ausbau der Siedlungen und das gewaltsame Vorgehen der Siedler, Bauplanungsbeschränkungen und der dadurch verursachte akute Mangel an Wohnraum, die Zerstörung von Häusern, die Vertreibung und Umsiedlung der Bevölkerung, Landenteignungen, der beschwerliche Zugang zu Wasser und anderen natürlichen Ressourcen, das Fehlen grundlegender Sozialleistungen und Hilfsdienste usw. die Lebensbedingungen der Palästinenser im Westjordanland und vor allem in den Gebieten der Zone C und in Ostjerusalem schwer beeinträchtigen; in der Erwägung, dass die durch die Zugangsbeschränkungen, die eingeschränkte Bewegungsfreiheit und die Planungsbeschränkungen erschwerte wirtschaftliche Lage in diesen Gebieten besorgniserregend bleibt;
O. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament wiederholt seine Unterstützung für die Bemühungen des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und des Premierministers Salam Fayyad um eine Zweistaatenlösung zum Ausdruck gebracht hat und den von Premierminister Salam Fayyad unterbreiteten Zweijahresplan zur Staatsgründung begrüßt und ihm Anerkennung zollt; in der Erwägung, dass die Gebiete der Zone C und Ostjerusalem in den palästinensischen nationalen Entwicklungsplänen weiterhin Vorrang haben sollten, zumal Palästinenser, die in diesen Gebieten leben, oft den Eindruck haben, dass ihre Lage nicht ernst genug genommen wird;
P. in der Erwägung, dass in israelischen Strafvollzugs- und Haftanstalten nach wie vor mehr als 4 500 palästinensische Gefangene festgehalten werden – darunter 27 Mitglieder des Palästinensischen Legislativrates, über 200 Minderjährige von unter 18 Jahren und mehr als 300 Personen, die sich in Verwaltungshaft befinden; in der Erwägung, dass die willkürliche und maßlose Verhängung von Verwaltungshaftstrafen gegen Palästinenser durch die Besatzungsmacht Israel gegen das Vierte Genfer Abkommen verstößt;
Q. in der Erwägung, dass die palästinensische Bevölkerung im Westjordanland, vor allem in den Gebieten der Zone C, und in Ostjerusalem unter Trinkwassermangel leidet; in der Erwägung, dass die palästinensischen Landwirte schwer darunter leiden, dass es kein Wasser zur Bewässerung ihrer Felder gibt, weil Israel und die israelischen Siedler den größten Teil der vorhandenen Wasservorräte aufbrauchen; in der Erwägung, dass ausreichende Wasservorräte ausschlaggebend für das Überleben eines künftigen palästinensischen Staates sind,
R. in der Erwägung, dass die arabischen Beduinen eine autochthone, sesshafte Bevölkerungsgruppe sind, die in ihren angestammten Gebieten ein traditionell geprägtes Lebens führt und nach der förmlichen und dauerhaften Anerkennung ihrer besonderen Lage und ihres Status strebt; in der Erwägung, dass es sich bei den arabischen Beduinen, die durch die Politik Israels bedroht sind, weil ihnen die Lebensgrundlage entzogen wird und sie Zwangsumsiedlungen zum Opfer fallen, um eine besonders gefährdete Bevölkerungsgruppe sowohl im besetzten palästinensischen Gebiet als auch im Negev (Naqab) handelt;
S. in der Erwägung, dass die Europäische Union der größte Geber für die Palästinensische Behörde ist; in der Erwägung, dass die von der internationalen Staatengemeinschaft und vor allem durch die EU und ihre Mitgliedstaaten bereitgestellte humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe Israel als Besatzungsmacht nicht von seinen Verpflichtungen nach dem Völkerrecht entbindet; in der Erwägung, dass seit Januar 2011 mehr als 60 von der EU oder ihren Mitgliedstaaten finanzierte Projekte durch die israelischen Streitkräfte beschädigt oder zerstört wurden und mehr als 100 vergleichbare Projekte Gefahr laufen, noch zerstört zu werden;
T. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament wiederholt sein starkes Engagement für die Sicherheit des Staates Israel zum Ausdruck gebracht hat; in der Erwägung, dass auch in den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2012 das grundlegende Engagement der EU und ihrer Mitgliedstaaten für die Sicherheit Israels nochmals bekräftigt wurde, dass die Gewaltakte, die – wie die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen – absichtlich gegen Zivilisten gerichtet sind, darin auf das Schärfste verurteilt werden und gefordert wird, den Schmuggel von Waffen in den Gazastreifen wirksam zu unterbinden;
U. in der Erwägung, dass ungeachtet zahlreicher Appelle der internationalen Staatengemeinschaft, die Grenzübergänge von und nach Gaza für humanitäre Hilfslieferungen sowie für den Waren- und Personenverkehr unverzüglich, dauerhaft und bedingungslos zu öffnen, wie dies auch in den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2012 gefordert wird, der Gazastreifen nach wie vor abgeriegelt ist und die dortige humanitäre Krise andauert;
1. bekräftigt seine nachdrückliche Unterstützung für eine Zweistaatenlösung auf der Grundlage der Grenzen von 1967 mit Jerusalem als Hauptstadt beider Staaten, wobei der Staat Israel und ein unabhängiger, demokratischer, zusammenhängender und lebensfähiger Staat Palästina friedlich und sicher Seite an Seite bestehen; unterstützt uneingeschränkt die Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2012 zum Friedensprozess im Nahen Osten und bekräftigt, dass die EU keine Änderungen der vor 1967 bestehenden Grenzen, auch hinsichtlich Jerusalems, anerkennen wird, die nicht zwischen den beiden Seiten vereinbart worden sind;
2. bringt seine tiefe Besorgnis über die im Bericht der EU-Missionsleiter vom Juli 2011 über die Zone C und die Errichtung eines palästinensischen Staates und deren Bericht vom Januar 2012 über Ostjerusalem beschriebenen Entwicklungen in den Gebieten der Zone C im Westjordanland und Ostjerusalem zum Ausdruck, die im Hinblick auf das Zustandekommen einer tragfähigen Zweistaatenlösung eine ernste Gefahr darstellen; fordert die Konfliktparteien auf, einseitige Maßnahmen zu vermeiden, die die Aussichten auf eine Verhandlungslösung vor Ort gefährden könnten, und verweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die israelischen Siedlungsaktivitäten; begrüßt die in den Nummern 6 und 7 der Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2012 enthaltenen Erklärungen zur Frage der Siedlungen, zu Ostjerusalem und zu den Gebieten der Zone C und unterstützt diese ohne Einschränkungen;
3. hebt hervor, dass der Schutz der palästinensischen Bevölkerung und die Wahrung ihrer Rechte in den Gebieten der Zone C und Ostjerusalem entscheidende Voraussetzungen sind, wenn jemals eine tragfähige Zweistaatenlösung zustande kommen soll;
4. betont nochmals, dass die israelischen Siedlungen im Westjordanland und Ostjerusalem völkerrechtswidrig sind; fordert die sofortige, uneingeschränkte und dauerhafte Einstellung aller Aktivitäten zum Bau und Ausbau israelischer Siedlungen, da sie im Hinblick auf das Zustandekommen einer tragfähigen Zweistaatenlösung eine ernste Gefahr darstellen, sowie die Auflösung aller seit März 2001 errichteten Siedlungsaußenposten;
5. verurteilt den Extremismus und die gewalttätigen Übergriffe von Siedlern und ihre absichtlichen Provokationen gegen palästinensische Zivilisten und fordert die Regierung und Behörden Israels auf, die Schuldigen vor Gericht zu bringen und für ihre Handlungen zur Rechenschaft zu ziehen, da andernfalls Straffreiheit entsteht;
6. fordert, dass die EU bei der Anwendung der bilateralen Abkommen mit Israel ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen uneingeschränkt Folge leistet und alle geltenden EU-Rechtsvorschriften einhält; fordert in diesem Zusammenhang, dass die Kommission einen entsprechenden, wirksamen EU-Kontrollmechanismus einrichtet, damit verhindert wird, dass Erzeugnisse der israelischen Siedlungen präferenzbegünstigt auf den europäischen Markt gelangen; hebt hervor, dass israelischen Unternehmen, die ihren Sitz, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften im 1967 von Israel besetzten Gebiet haben und/oder dort tätig sind, von der Zusammenarbeit mit der EU ausgeschlossen werden sollten;
7. fordert die Regierung und die Behörden Israels auf, ihren Verpflichtungen als Besatzungsmacht Folge zu leisten, indem sie insbesondere dafür sorgen, dass
– der Zerstörung palästinensischer Häuser sowie der Vertreibung und Zwangsumsiedlung von Palästinensern sofort ein Ende gesetzt wird,
– palästinensische Planungs- und Bautätigkeiten und die Umsetzung palästinensischer Entwicklungsprojekte vonstatten gehen können,
– freier Zugang und Bewegungsfreiheit bestehen,
– die Palästinenser Zugang zu ihren Anbau- und Weideflächen erhalten,
– die Wasservorräte gerecht geteilt werden, damit die palästinensische Bevölkerung entsprechend versorgt ist,
– der Zugang der palästinensischen Bevölkerung zu entsprechenden Sozialleistungen und Hilfsdiensten, vor allem im Bildungs- und Gesundheitswesen, verbessert wird und
– in der Zone C und in Ostjerusalem humanitäre Hilfe geleistet werden kann;
8. fordert, dass die palästinensischen Einrichtungen in Ostjerusalem, darunter vor allem das Orient-Haus, wieder geöffnet werden;
9. fordert ein Ende der willkürlichen und maßlosen Verhängung von Verwaltungshaftstrafen ohne förmliche Anklage oder Verfahren gegen Palästinenser durch die israelischen Behörden, sowie dass alle inhaftierten Palästinenser Zugang zu fairen Gerichtsverfahren haben und die palästinensischen politischen Gefangenen, vor allem Mitglieder des Palästinensischen Legislativrats wie Marwan Barghouti und Personen, die sich in Verwaltungshaft befinden, freigelassen werden; fordert die sofortige Freilassung von Nabil Al-Raee, des künstlerischen Leiters des „Freedom Theatre“ im Flüchtlingslager Dschenin, der am 6. Juni 2012 festgenommen wurde und sich seitdem in Haft befindet;
10. fordert, dass die im besetzten palästinensischen Gebiet und im Negev (Naqab) lebenden arabischen Beduinen geschützt werden; fordert, dass jeglichen Zwangsumsiedlungen sowie der Enteignung oder Zerstörung von Eigentum dieser Bevölkerungsgruppe sofort ein Ende gesetzt wird und dass die Lebensbedingungen der Beduinen verbessert werden, indem ihnen in ihren angestammten Gebieten entsprechende Dienste bereitgestellt werden; fordert die israelische Regierung in diesem Zusammenhang auf, den Prawer-Plan zurückzuziehen;
11. fordert die palästinensische Regierung und die entsprechenden Behörden auf, die Gebiete der Zone C und Ostjerusalem in den palästinensischen nationalen Entwicklungsplänen und –projekten stärker als Schwerpunktthemen zu behandeln, damit sich die Lage und die Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung in diesen Gebieten verbessern;
12. betont erneut, dass ein gerechter und dauerhafter Frieden zwischen Israelis und Palästinensern nur mit friedlichen und gewaltfreien Mitteln erreicht werden kann; fordert nochmals die Wiederaufnahme direkter Friedensgespräche durch die beiden Konfliktparteien; unterstützt in diesem Zusammenhang weiterhin die von Präsident Abbas verfolgte Politik des gewaltfreien Widerstands, die Bemühungen um Aussöhnung zwischen den verschiedenen palästinensischen Gruppen und um die Errichtung eines palästinensischen Staates sowie Präsidentschafts- und Parlamentswahlen, die für eine solche Staatsgründung entscheidende Voraussetzungen sind;
13. bekräftigt sein starkes Engagement für die Sicherheit des Staates Israel; verurteilt unabhängig davon, welche Konfliktpartei verantwortlich ist, jegliche Gewaltakte, die – wie die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen – absichtlich gegen Zivilisten gerichtet sind;
14. fordert den Rat und die Kommission auf, sich zum Schutz und zur Stärkung der palästinensischen Bevölkerung weiter für palästinensische Einrichtungen und Entwicklungsprojekte in den Gebieten der Zone C und in Ostjerusalem einzusetzen und entsprechende Hilfe zu leisten; fordert jedoch, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und den Mitgliedstaaten in diesem Bereich verbessert wird; fordert darüber hinaus, dass Israel für die Zerstörung von durch die EU und ihre Mitgliedstaaten finanzierten Projekten im besetzten palästinensischen Gebiet finanziell zur Verantwortung gezogen wird;
15. fordert den Rat und die Kommission auf, die genannten Fragen weiterhin auf allen Ebenen der bilateralen Beziehungen der EU zu Israel und zur Palästinensischen Behörde zu thematisieren; hebt hervor, dass den Bemühungen Israels um die Einhaltung seiner im Rahmen der internationalen Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts bestehenden Verpflichtungen gegenüber der unter der Besatzung lebenden palästinensischen Bevölkerung bei den bilateralen Beziehungen der EU zu dem Land, auch bei der bevorstehenden Tagung des Assoziationsrates EU-Israel, umfassend Rechnung getragen werden wird und dass die in diesem Zusammenhang geltenden Leistungsindikatoren für alle Instrumente der Partnerschaft übernommen werden;
16. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nochmals dringend auf, in Bezug auf die Bemühungen um einen gerechten und dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern politisch – auch im Nahost-Quartett – aktiver zu werden; hebt erneut die zentrale Rolle des Nahost-Quartetts hervor und sichert der Hohen Vertreterin in ihren Bemühungen um eine glaubwürdige Perspektive für die Wiederbelebung des Friedensprozesses weiterhin seine volle Unterstützung zu;
17. wiederholt erneut seine Forderung nach einer unverzüglichen, dauerhaften und bedingungslosen Aufhebung der Blockade des Gazastreifens sowie nach Schritten, die in diesem Gebiet den Wiederaufbau und die wirtschaftliche Erholung ermöglichen; fordert zudem im Hinblick auf die legitimen Sicherheitserfordernisse Israels, die es uneingeschränkt anerkennt, dass ein wirksamer Kontrollmechanismus eingerichtet wird, um den Schmuggel von Waffen in den Gazastreifen zu unterbinden;
18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für den Nahost-Friedensprozess, dem Sondergesandten des Nahost-Quartetts, der Knesset und der Regierung Israels, dem Präsidenten der Palästinensischen Behörde und dem Palästinensischen Legislativrat zu übermitteln.