Entschließungsantrag - B7-0435/2012Entschließungsantrag
B7-0435/2012

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Syrien

10.9.2012 - (2012/2788(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Ioannis Kasoulides, Elmar Brok, Cristian Dan Preda, Arnaud Danjean, Mario Mauro, Mário David, Andrzej Grzyb, Ria Oomen-Ruijten, Hans-Gert Pöttering, Laima Liucija Andrikienė, Rodi Kratsa-Tsagaropoulou, Tokia Saïfi, Michael Gahler, Monica Luisa Macovei, Peter Šťastný, Roberta Angelilli, Nadezhda Neynsky, Alojz Peterle, Vytautas Landsbergis, Elena Băsescu im Namen der PPE-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0425/2012

Verfahren : 2012/2788(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0435/2012
Eingereichte Texte :
B7-0435/2012
Aussprachen :
Angenommene Texte :

B7‑0435/2012

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Syrien

(2012/2788(RSP))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Syrien,

–   in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 23. Juli 2012 zu Syrien,

–   in Kenntnis der Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu Syrien vom 18. Juli und 20. Juli sowie vom 2. August und 18. August 2012;

–   in Kenntnis der Erklärungen des für internationale Zusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Krisenreaktion zuständigen Mitglieds der Europäischen Kommission zur Lage in Syrien vom 31. Juli und 29. August 2012,

–   unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 6. Juli 2012 zur Menschenrechtslage in Syrien,

–   in Kenntnis der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 3. August 2012 zur Lage in der Arabischen Republik Syrien,

–   unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948,

–   unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, das VN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes und das Fakultativprotokoll betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten sowie das Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords, zu deren Vertragsparteien Syrien in allen Fällen gehört,

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass seit Beginn des gewalttätigen Vorgehens gegen friedliche Demonstranten in Syrien im März 2011 systematische Tötungen, Gewalt und Folter in dramatischem Ausmaß eskaliert sind und die syrische Armee und die syrischen Sicherheitskräfte weiterhin mit gezielten Tötungen, Folter und Massenverhaftungen reagieren; in der Erwägung, dass derzeit überall in Syrien Städte von Streitkräften unter Führung der Regierung belagert und bombardiert werden; in der Erwägung, dass der Zugang zu Lebens- und Arzneimitteln in letzter Zeit äußerst schwierig ist; in der Erwägung, dass sich für viele Syrer die Menschenrechtslage aufgrund von Gewalt und Vertreibungen verschlechtert;

B.  in der Erwägung, dass seit März 2011 zehntausende Syrer in der Türkei Zuflucht gesucht haben; in der Erwägung, dass die Türkei im Widerstand gegen die Gewalt in Syrien international eine immer wichtigere Rolle spielt;

C. in der Erwägung, dass die bedrohliche Lage in Syrien bereits negative Auswirkungen auf die Lage in Jordanien und die politische und soziale Situation im Libanon hat und sich letztlich mit nicht absehbaren Folgen auf die gesamte Region auswirken wird;

D. in der Erwägung, dass die EU und die Mitgliedstaaten bereits über 200 Mio. EUR für humanitäre Hilfe bereitgestellt haben, davon 119 Mio. EUR aus dem Haushalt der EU und über 81 Mio. EUR von den Mitgliedstaaten; in der Erwägung, dass die humanitäre Hilfe in Syrien medizinische Notversorgung, Schutz, Nahrungsmittel, Wasser, sanitäre Einrichtungen, Unterkünfte und psychologische Betreuung umfasst, den Bedürfnissen der besonders schutzbedürftigen palästinensischen Flüchtlinge entspricht und außerhalb Syriens für Unterkünfte, Lebensmittel, Hygiene-Sets, sofortige medizinische Rehabilitation und Rechtshilfe sorgt;

E.  in der Erwägung, dass die Nachbarstaaten insbesondere in den vergangenen Wochen aufgrund der Gewaltzunahme und der unsicheren Bedingungen im Land einer dramatisch steigenden Zahl syrischer Flüchtlinge Hilfe leisten, insbesondere in der Türkei, in Jordanien und im Libanon;

1.  verurteilt entschieden das brutale Vorgehen vornehmlich des syrischen Regimes gegen die dortige Bevölkerung ohne Rücksicht auf Kinder, Frauen oder Eigentum; ist zutiefst besorgt über die schwerwiegenden Menschrechtsverletzungen, die von den syrischen Staatsorganen begangen werden, darunter Massenverhaftungen, außergerichtliche Tötungen, willkürliche Verhaftungen, Entführungen sowie Folter und Misshandlung von Gefangenen, darunter auch Kindern; betont, dass den bei den Gewaltanwendungen Verletzten medizinische Versorgung nicht vorenthalten werden darf; verurteilt die außergerichtlichen Hinrichtungen und anderen durch die syrischen Oppositionskräfte begangenen Menschenrechtsverletzungen; fordert alle an dem Konflikt beteiligten Parteien auf, die Zivilbevölkerung zu schützen und ihren Zugang zu Lebensmitteln, Wasser, Elektrizität und medizinischer Versorgung nicht zu behindern;

2.  äußert sein Bedauern darüber, dass die Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen nicht über eine Resolution übereinkommen konnten, damit ein stärkerer und wirksamerer Druck ausgeübt wird, um die Gewalt in Syrien zu beenden; wiederholt seinen Aufruf an die Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, insbesondere Russland und China, ihrer Verantwortung nachzukommen und dafür zu sorgen, dass die gewaltsame Unterdrückung des syrischen Volkes unverzüglich beendet wird, und ihre moralische und materielle Verantwortung für die Zerstörung der syrischen Städte und Dörfer zu übernehmen; unterstützt weiterhin die Anstrengungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten in diesem Bereich; fordert die VP/HR auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um in Zusammenarbeit sowohl mit Russland als auch mit China die Annahme einer Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu bewirken;

3.  unterstützt die Bemühungen des Sondergesandten der Vereinten Nationen und der Liga der arabischen Staaten für Syrien, Lakhdar Brahimi, der Gewalt in Syrien ein Ende zu bereiten und auf eine politische Lösung hinzuwirken; fordert sämtliche Akteure auf, diese Bemühungen zu unterstützen;

4.  spricht den Familien der Opfer sein aufrichtiges Mitgefühl aus; würdigt den Mut und die Entschlossenheit des syrischen Volkes und unterstützt nachdrücklich dessen Bestrebungen, die uneingeschränkte Achtung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten sowie die Sicherstellung besserer wirtschaftlicher und sozialer Bedingungen zu erreichen;

5.  fordert Präsident Bashar al-Assad und sein Regime erneut auf, unverzüglich zurückzutreten, damit in Syrien ein friedlicher, integrativer und demokratischer Übergang stattfinden kann;

6.  fordert das syrische Regime auf, der kriminellen Gewalt gegenüber der syrischen Bevölkerung unverzüglich ein Ende zu bereiten, die Truppen und Panzer aus den Städten abzuziehen und alle inhaftierten Demonstranten, politischen Häftlinge, Menschenrechtsverteidiger, Blogger und Journalisten freizulassen; unterstützt die Politik der EU, zusätzliche gegen das Regime gerichtete Maßnahmen zu verhängen, solange die Repression anhält;

7.  fordert die internationale Gemeinschaft auf, restriktive Maßnahmen gegen das syrische Regime und dessen Anhänger anzuwenden und durchzusetzen;

8.  weist darauf hin, dass die EU vor einer weiteren Militarisierung des Konflikts und vor religiös motivierten Gewalthandlungen warnt und ihre Besorgnis über den Schutz der Zivilbevölkerung, insbesondere schutzbedürftiger Gruppen und religiöser Gemeinschaften, äußert; unterstützt daher die Aufforderung der EU an alle Staaten, von Waffenlieferungen an Syrien Abstand zu nehmen; äußert sein Bedauern über die aus dem Iran stammenden Waffenlieferungen an die syrischen Behörden; äußert seine Besorgnis darüber, dass der Konflikt in Syrien auf die Nachbarländer übergreifen und dort die Sicherheit und Stabilität gefährden könnte;

9.  fordert sämtliche Parteien auf, den uneingeschränkten und sicheren Zugang der humanitären Kräfte zu gestatten, das internationale humanitäre Recht zu achten, was die Achtung und den Schutz der Zivilbevölkerung einschließt, und die Verwirklichung einer Waffenruhe aus humanitären Gründen zu erleichtern, um die sichere Leistung humanitärer Hilfe zu ermöglichen; begrüßt die Bereitschaft der EU, zusätzliche Hilfe anzubieten, auch finanzieller Art, um den Nachbarländern, einschließlich der Türkei, dem Libanon und Jordanien, dabei zu helfen, die steigende Zahl syrischer Flüchtlinge aufzunehmen, und ihre Entschlossenheit, die humanitäre Hilfe für Syrien zu verstärken; unterstützt nachdrücklich die Bemühungen dieser Länder, den syrischen Bürgern, die in ihren Ländern Schutz suchen, humanitäre Hilfe zu gewähren; unterstützt die Aufforderung der EU an alle Länder, dies ebenfalls zu tun; fordert die EU auf, mit Blick auf den möglichen Zustrom von Flüchtlingen in ihre Mitgliedstaaten angemessene Maßnahmen zu ergreifen; betont die notwendige Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz;

10. bekräftigt seine Forderung, dass die weit verbreiteten, systematischen und groben Verstöße gegen die Menschenrechte und Grundfreiheiten durch die syrischen Staatsorgane und Militär- und Sicherheitskräfte sowie durch alle weiteren Kräfte, die für die Verstöße verantwortlich sind, unverzüglich unabhängig und auf transparente Weise untersucht werden, damit alle Verantwortlichen für diese Taten, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen können, von der internationalen Gemeinschaft zur Rechenschaft gezogen werden;

11. begrüßt den Beschluss der Islamischen Konferenz vom 14./15. August 2012, die Mitgliedschaft der Arabischen Republik Syrien in der Organisation für Islamische Zusammenarbeit und in all ihren Nebenorganen sowie spezialisierten und angeschlossenen Institutionen auszusetzen;

12. fordert einen friedlichen und authentischen Übergang zur Demokratie, der die legitimen Forderungen des syrischen Volkes erfüllt und auf einem integrativen Dialog basiert, der alle demokratischen Kräfte und Elemente der syrischen Gesellschaft einbezieht, darunter ethnische und religiöse Minderheiten, um einen Prozess tiefgreifender demokratischer Reformen einzuleiten, der der Notwendigkeit einer nationalen Versöhnung Rechnung trägt und daher der Achtung der Rechte von Minderheiten verpflichtet ist; betont die Notwendigkeit eines integrativen Forums, an dem sämtliche Oppositionskräfte und der Syrische Nationalrat beteiligt sind, und fordert die Türkei, Saudi-Arabien und Katar auf, Unterstützung dabei zu leisten, solch einen Plan zur Einbeziehung der Opposition tatsächlich umzusetzen;

13. begrüßt die nachdrückliche Unterstützung der syrischen Bevölkerung durch die Türkei, den Libanon und Jordanien; fordert die VP/HR auf, alles zu unternehmen, um mit Blick auf die Vorbereitung eines friedlichen Übergangs in Syrien nach der Zeit von Präsident Baschar al-Assad Gespräche mit den Behörden der Türkei, des Libanon und Jordaniens sowie mit der Arabischen Liga und der syrischen Opposition aufzunehmen;

14. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation, der Regierung und dem Parlament der Volksrepublik China, der Regierung und dem Parlament der Republik Türkei, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der Liga der Arabischen Staaten und der Regierung und dem Parlament der Arabischen Republik Syrien zu übermitteln.