Entschließungsantrag - B7-0533/2012Entschließungsantrag
B7-0533/2012

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu dem Fortschrittsbericht 2012 über Albanien

5.12.2012 - (2012/2814(RSP))

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Nikolaos Chountis im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten


Verfahren : 2012/2814(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0533/2012

B7‑0533/2012

Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Fortschrittsbericht 2012 über Albanien

(2012/2814(RSP))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Ratsvorsitzes auf der Tagung des Europäischen Rates in Thessaloniki vom 19. und 20. Juni 2003 in Bezug auf die Aussichten der westlichen Balkanländer hinsichtlich eines Beitritts zur Europäischen Union,

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 10. Oktober 2012 mit dem Titel „Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2012–2013“ (COM(2012)0600) sowie des dazu vorgelegten Fortschrittsberichts 2012 zu Albanien (SWD(2012)0334),

–   unter Hinweis auf den Beschluss des Rates 2008/210/EG vom 18. Februar 2008 über die Grundsätze, Prioritäten und Bedingungen der Europäischen Partnerschaft mit Albanien und zur Aufhebung des Beschlusses 2006/54/EG[1],

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der 4. Tagung des Stabilitäts- und Assoziationsrats Albanien-EU vom 15. Mai 2012,

–   unter Hinweis auf die vom Parlamentarischen Stabilitäts- und Assoziationsausschuss EU-Albanien auf seiner fünften Tagung vom 11./12. Juli 2012 angenommenen Empfehlungen,

–   unter Hinweis auf die politische Vereinbarung zwischen Regierung und Opposition auf der Konferenz der Vorsitze vom 14. November 2011 und den revidierten Aktionsplan der albanischen Regierung vom März 2012 über die 12 wichtigsten Prioritäten der Stellungnahme der Kommission zum Antrag Albaniens auf Beitritt zur Europäischen Union vom November 2010 (COM(2010)0680),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juli 2010 zu Albanien[2],

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die Zukunft Albaniens und der anderen Länder des westlichen Balkans mit der Europäischen Union verbunden ist, sowie in der Erwägung, dass Albanien geografisch, historisch und kulturell einen Teil Europas darstellt;

B.  in der Erwägung, dass der Beitritt des Landes zur EU nicht nur das Ziel der Regierung und der Opposition sein sollte, sondern der Beitritt auch als im allgemeinen Interesse aller Albaner betrachtet werden sollte;

C. in der Erwägung, dass Länder, die den Beitritt zur Union anstreben, ihre Fähigkeit, die praktische Umsetzung der Werte, auf die sich die Union gründet, zu stärken, in allen Phasen des Beitrittsprozesses nachweisen müssen; in der Erwägung, dass sie ab einer frühen Phase das ordnungsgemäße Funktionieren der wichtigsten Institutionen, die für die demokratische Staatsführung und die Rechtsstaatlichkeit erforderlich sind, etablieren und fördern müssen, vom nationalen Parlament bis zur Regierung und zum Justizwesen, einschließlich der Gerichte, der Staatsanwaltschaft und der Strafverfolgungsbehörden;

D. in der Erwägung, dass der Prozess des Beitritts zur EU eine treibende Kraft für anhaltende Reformen werden sollte und der wichtigste Faktor, der eine konstruktive und verantwortungsvolle Zusammenarbeit des politischen Establishments des Landes gewährleistet;

E.  in der Erwägung, dass bei der Reformagenda seit der im November 2011 von Regierungspartei und Opposition getroffenen Vereinbarung sichtbare Fortschritte erzielt wurden; in der Erwägung, dass Herausforderungen nach wie vor bestehen und angegangen werden müssen, damit Fortschritte auf dem Weg zum EU-Beitritt erzielt werden;

F.  in der Erwägung, dass die Reformen im sozialen Sektor und deren effektive Umsetzung ebenso wichtig sind wie die Reformen zur Anwendung der Gesetze und die Entwicklung der Infrastruktur, um Stabilität und sozialen Zusammenhalt zu verwirklichen, und dass dies auch in der Finanzierung durch die EU zum Ausdruck kommen sollte; in der Erwägung, dass die Kommission dies bei der Ausarbeitung der Strategie für Albanien für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigen sollte;

G. in der Erwägung, dass Albanien nach wie vor eine stabilisierende Rolle auf dem westlichen Balkan spielt;

H. in der Erwägung, dass Albanien dank seiner Reformbemühungen, und insofern dies durch das albanische Volk gewünscht wird, 2012 als Beitrittskandidat zur nächsten Stufe des Beitrittsprozesses übergehen kann, wenn es denn genug konkrete Ergebnisse in den relevanten Bereichen erzielt, in denen noch grundlegende Reformen durchgeführt werden müssen;

I.   in der Erwägung, dass die EU die Rechtsstaatlichkeit ins Zentrum des Erweiterungsprozesses gestellt hat;

Allgemeine Erwägungen

1.  bekräftigt, dass es den künftigen Beitritt Albanien zur Europäischen Union uneingeschränkt unterstützt; teilt die Einschätzung der Kommission, dass dem Land der Kandidatenstatus verliehen werden sollte, sofern entscheidende Reformen in Justiz und öffentlicher Verwaltung sowie eine Überarbeitung der Geschäftsordnung des Parlaments vollendet und angenommen wurden; gratuliert Albanien zu diesen wichtigen Fortschritten und fordert die Regierung des Landes auf, alle erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung von bereits eingegangenen Verpflichtungen zu ergreifen; fordert den Rat auf, Albanien umgehend den EU-Kandidatenstatus zu verleihen, sofern diese wichtigen Reformen abgeschlossen sind;

2.  lobt die entschiedenen Bemühungen der Regierung und der Opposition, bei den Reformen zusammenzuarbeiten, und erkennt die Bedeutung der im November 2011 getroffenen politischen Vereinbarung an, die eine lang anhaltende Phase des Stillstands beendete und den Weg für Fortschritte bezüglich der zwölf Prioritäten ebnete; fordert sowohl die Regierungsmehrheit als auch die Opposition auf, die Zusammenarbeit zwischen den Parteien aufrechtzuerhalten und zur erfolgreichen Verabschiedung und konsequenten Durchführung der wichtigsten Reformen beizutragen, die notwendig sind, damit die Beritrittsverhandlungen offiziell eröffnet werden; betont, dass alle politischen Parteien und Akteure in Albanien, einschließlich der Medien und der Bürgergesellschaft, danach streben sollten, das politische Klima dort zu verbessern, damit ein Dialog und gegenseitiges Verständnis möglich werden; ruft daher alle Parteien dazu auf, sich tatkräftig dafür einzusetzen, das politische Klima im Land zu verbessern; fordert die politischen Kräfte in Albanien auf, nicht zuzulassen, dass das Land während des Wahlkampfs im nächsten Jahr nicht vom Weg hin zum EU-Beitritt abgebracht wird;

3.  unterstreicht die Bedeutung freier und gerechter Wahlen, die demokratische Institutionen legitimieren und ihre ordnungsgemäße Funktionsweise ermöglichen; fordert alle politischen Kräfte auf, den Wahlkampf im nächsten Jahr und die Parlamentswahlen 2013 frei und fair durchzuführen; ist fest davon überzeugt, dass die Wahlen als wichtiger Test für die Reife der albanischen Demokratie und für die Fähigkeit aller politischen Kräfte, eine gemeinsame europäische Agenda für das Land zu verfolgen, betrachtet werden und als entscheidend für weitere Fortschritte beim EU-Beitritt; weist darauf hin, dass die demokratische Konsolidierung ein freies und gerechtes Wahlverfahren voraussetzt, dessen Ergebnisse von allen relevanten politischen Parteien als rechtmäßig angesehen werden; begrüßt den politischen Konsens zu den Änderungen an den rechtlichen Rahmenbedingungen für Wahlen, die den Empfehlungen von OSZE/BDIMR Rechnung tragen;

4.  fordert alle politischen Kräfte auf, weiterhin konkrete Reformen zu verabschieden, die zu greifbaren Ergebnissen zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger führen; hält es für wichtig, dass die albanische Bürgergesellschaft, die Medien und die Bürger ihre Spitzenpolitiker für spezifische politische Ergebnisse zur Rechenschaft ziehen;

Konsolidierung der Demokratie und Stärkung der Menschenrechte

5.  ist überzeugt, dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit die besten Hüter der Menschenrechte und Grundfreiheiten sind;

6.  unterstützt nachdrücklich einen konstruktiven politischen Dialog, der nicht nur ein wesentliches Element der zwölf wichtigen Prioritäten ist, sondern auch eine grundlegende Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie; fordert die politische Elite mit Nachdruck auf, den parteiübergreifenden Dialog und den Konsens über Reformen aufrechtzuerhalten, damit das Land Fortschritte in Bezug auf den Beitritt erzielen kann;

7.  begrüßt Albaniens Fortschritt bei der Erfüllung der politischen Kriterien für die Mitgliedschaft in der EU; stellt fest, dass der konstruktive politische Dialog ein bedeutendes Element für das Erreichen konkreter Ziele bei der Umsetzung der zwölf wichtigsten Prioritäten gewesen ist, namentlich derjenigen, die das ordnungsgemäße Funktionieren des Parlaments, die Verabschiedung anstehender Gesetze, die eine verstärkte Mehrheit erfordern, die Ernennung des Bürgerbeauftragten, die Anhörungs- und Abstimmungsverfahren für wichtige Institutionen sowie die Änderung des rechtlichen Rahmens für Wahlen betreffen;

8.  begrüßt die Wahl des neuen Präsidenten; nimmt zur Kenntnis, dass der Wahlprozess verfassungskonform abgelaufen ist; hält es jedoch für bedauerlich, dass dem politischen Prozess rund um die Wahl kein parteiübergreifender Dialog zugrunde lag; betont, dass die Rolle des Präsidenten für die Einigkeit des Landes und die Gewährleistung der Stabilität und der Unabhängigkeit der staatlichen Institutionen von entscheidender Bedeutung ist;

9.  begrüßt den sich entwickelnden Dialog zwischen der Bürgergesellschaft und der albanischen Regierung; hebt die Notwendigkeit hervor, die Dynamik dieser Beziehung aufrechtzuerhalten und ihre Erfolge zu festigen;

10. betont die Bedeutung von voll funktionsfähigen repräsentativen Institutionen, die das Rückgrat eines gefestigten demokratischen Systems und ein entscheidendes politisches Kriterium für die EU-Integration bilden; betont in diesem Zusammenhang die entscheidende Rolle des Parlaments und fordert die politischen Kräfte des Landes außerdem mit Nachdruck auf, seine Funktionsweise zu verbessern, die bevorstehende Reform der Geschäftsordnung des Parlaments zu verabschieden und durchzuführen, die Kontrollfunktion des Parlaments weiter zu stärken, auch indem sie verstärkt von der Möglichkeit Gebrauch machen, Fragen an die Mitglieder der Regierung zu stellen, die Abfassung von Rechtsakten zu verbessern und die Konsultation mit der Bürgergesellschaft, den Gewerkschaften und den sozialen Organisationen zu intensivieren;

11. stellt fest, dass bei der Reform der Justiz geringe Fortschritte erzielt wurden; fordert die staatlichen Stellen mit Nachdruck auf, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die echte Unabhängigkeit, Integrität, Transparenz, Rechenschaftspflicht und Effizienz der Justiz zu gewährleisten, die frei von politischer Einmischung und Korruption sein soll, den gleichberechtigten Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu den Gerichten sicherzustellen, dafür zu sorgen, dass die Verfahren innerhalb einer vernünftigen Frist stattfinden, und die Fortschritte bei der Umsetzung der justiziellen Reformstrategie voranzutreiben, einschließlich der Reform des Obersten Gerichts; hält es für wichtig, dass die Justizreform in Schritten und unumkehrbar durchgeführt wird, dass in diesem Zusammenhang solide Konsultationsmechanismen eingeführt werden und das System effizienter gestaltet wird, und dass die Justiz mit ausreichenden Mitteln ausgestattet wird, damit sie landesweit effizient funktionieren kann;

12. weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Durchsetzung des Gesetzes gegen den Menschenhandel und die Bemühungen zum Schutz von Opfern verstärkt werden müssen; fordert die Verabschiedung der Strategie für Gerechtigkeit für Kinder und die Vollstreckung von Urteilen, was eine Voraussetzung für eine funktionierende und effektive Justiz darstellt;

13. begrüßt den neuen Ansatz und das Engagement der Kommission, die Rechtsstaatlichkeit in den Mittelpunkt der Erweiterungspolitik zu stellen; ist der Ansicht, dass dieser Ansatz ein weiterer Anreiz für wichtige Reformen im albanischen Justizwesen sein und Albaniens Fortschritte in diesen Bereichen weiter erleichtern dürfte, sodass konkrete Ergebnisse erzielt werden können und die Erstellung einer glaubwürdigen Umsetzungsbilanz möglich wird;

14. hält es für unbedingt notwendig, die Risiken einer Politisierung der öffentlichen Verwaltung zu beseitigen und eine unabhängige, auf Leistung basierende und professionelle öffentliche Verwaltung zu schaffen, welche transparent arbeitet und Gesetze zu erlassen und umzusetzen in der Lage ist; begrüßt das Verfahren zur Einrichtung einer albanischen Fachhochschule für öffentliche Verwaltung; äußert seine Genugtuung über die Ernennung des Bürgerbeauftragten, die auf offene und transparente Weise durchgeführt wurde, und fordert ausreichende politische Unterstützung für diese Institution;

15. begrüßt die Ernennung des Bürgerbeauftragten im Dezember 2011; fordert die albanischen Behörden auf, angemessene politische Unterstützung und Mittel für das Büro des Bürgerbeauftragten bereitzustellen; ermutigt die albanische Bürgergesellschaft und die breite Öffentlichkeit, die Einrichtung ausgiebig zu nutzen, um die Menschenrechtslage zu verbessern;

16. zeigt sich besorgt darüber, dass die Korruption nach wie vor eine vorherrschende Rolle im Leben der Bürger spielt; empfiehlt nachdrücklich, in Sachen Korruption und Missbrauch öffentlicher Gelder weiterhin eine Null-Toleranz-Politik zu verfolgen, während jedem Tatverdächtigen gleichzeitig ein freies und gerechtes Gerichtsverfahren sowie Rechtssicherheit garantiert werden soll; fordert die rasche Umsetzung der Empfehlungen der Gruppe von Staaten gegen die Korruption, insbesondere der Empfehlungen, die sich auf Beschuldigung und Parteienfinanzierung beziehen; stellt fest, dass eine weitere Umsetzung von politischen Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung notwendig ist; stellt fest, dass die Umsetzung der Strategie zur Korruptionsbekämpfung zu langsam verläuft;

17. betont, dass die Ereignisse vom Januar 2011 ohne weitere Verzögerungen oder Behinderungen im Rahmen umfassender und unabhängiger strafrechtlicher Ermittlungen und glaubwürdiger gerichtlicher Verfahren weiterverfolgt werden müssen;

18. begrüßt, dass alle Parteien zugesagt haben, die Straffreiheit zu bekämpfen, und dass im Parlament im Konsensverfahren die Reform der Immunitätsregelung beschlossen wurde, welche die Ermittlungen, auch in Fällen von Korruption bei hochrangigen Beamten, Richtern und Staatsanwälten erlaubt; fordert alle Beteiligten auf, eine konsequente Durchführung dieser Reform sicherzustellen; fordert die albanischen Behörden auf, die Umsetzung und institutionelle Koordination der Strategie der Regierung für den Zeitraum 2007-2013, die Korruption zu bekämpfen, zu stärken; unterstreicht die Notwendigkeit eines politischen Engagements, um stetige Fortschritte bei Ermittlungen und Verurteilungen zu garantieren, auch in Fällen von Korruption auf höchster Ebene;

19. begrüßt die Bemühungen, die organisierte Kriminalität einzudämmen, insbesondere bei der Umsetzung des Anti-Mafia-Gesetzes, einschließlich der vermehrten Einziehung von Erträgen aus kriminellen Geschäften; fordert die staatlichen Stellen auf, die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Albanien und mit den Nachbarländern weiter auszubauen;

20. nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die im Kampf gegen das organisierte Verbrechen und beim Grenzschutz erzielt wurden; betont die Notwendigkeit, die Reformen in diesen Bereichen fortzuführen, insbesondere durch eine intensivere Koordinierung der Strafverfolgungsbehörden;

21. weist mit Nachdruck darauf hin, dass weiterhin Anstrengungen unternommen werden müssen, um zu gewährleisten, dass die Menschenrechte im Rahmen der Polizeiarbeit uneingeschränkt beachtet werden, und dass die Arbeit der Polizei ergebnisorientiert sein muss; fordert mehr pro-aktive und wirksame Maßnahmen bei der Verfolgung der Straftäter und beim Schutz von Opfern des Menschenhandels;

22. unterstreicht die entscheidende Bedeutung professioneller, unabhängiger und pluralistischer, öffentlicher und privater Medien als Eckpfeiler der Demokratie; fordert die zuständigen Behörden mit Nachdruck auf, Medienpluralismus und freie Meinungsäußerung sowie Informationsfreiheit zu gewährleisten, durch Medien, die frei von politischer oder sonstiger Einflussnahme sind, und Maßnahmen zur Sicherstellung der Transparenz bei den Eigentumsverhältnissen im Bereich der Medien und ihrer Finanzierung zu ergreifen;

23. sorgt sich um die Meinungsfreiheit und die Unabhängigkeit der Medien und insbesondere um die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde, d. h. dem Nationalen Rundfunk- und Fernsehrat; hält es für bedauerlich, dass es der Regulierungsbehörde noch an ausreichenden administrativen und technischen Kapazitäten sowie an Unabhängigkeit mangelt; fordert die Verabschiedung des Gesetzes über Audiovisuelle Mediendienste;

24. zeigt sich besorgt über das direkte Eingreifen der Regierung in die Besetzung von leitenden Stellen bei der öffentlichen Rundfunkanstalt, was die Entwicklung eines politischen Pluralismus und somit die Stärkung der Demokratie beeinträchtigt, sowie darüber, dass die redaktionelle Unabhängigkeit von der Regierung nicht gestärkt worden ist; zeigt sich besorgt darüber, dass Verleumdung noch mit hohen Bußgeldern für Journalisten bestraft wird, was zur Selbstzensur der Journalisten führt; fordert eine glaubwürdige und wirksame Durchführung von Maßnahmen zum Schutz von Journalisten; ist äußerst besorgt über die prekären Arbeitsbedingungen von Journalisten und bedauert das anhaltende Fehlen gesetzlich verankerter Arbeitnehmerrechte für Journalisten und die Tatsache, dass viele von ihnen ihr Gehalt nicht von den Medieneignern erhalten;

25. fordert die staatlichen Stellen auf, die Rechtsvorschriften über Wahlen, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die Medienfreiheit an die internationalen Standards anzupassen und sie umfassend umzusetzen; fordert die Behörden auf, die digitale Freiheit zu fördern und hochzuhalten, die als wesentlicher Bestandteil der Beitrittskriterien betrachtet wird;

26. würdigt die Fortschritte, die in Bezug auf den Schutz von Minderheiten erzielt wurden; bemerkt jedoch, dass weitere Anstrengungen erforderlich sind, um Diskriminierung zu vermeiden, insbesondere bei Menschen, die dafür anfällig sind; erinnert die albanische Regierung in diesem Zusammenhang daran, dass sie die Verantwortung dafür trägt, im Land ein Klima der Integration und Toleranz zu schaffen; fordert entschlossene Maßnahmen, um die Menschenrechte umfassend zu schützen und die Lebensqualität der Angehörigen von Minderheiten im ganzen Land zu verbessern, unter anderem durch die Umsetzung bestehender Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verwendung von Minderheitensprachen im Unterricht, in der Religion und in den Massenmedien, und durch Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung von Minderheiten;

27. betont die Notwendigkeit, diese Rechte für alle Minderheiten und nicht nur für die nationalen Minderheiten, zu gewährleisten; unterstreicht ebenfalls die Notwendigkeit, gleichzeitig mehr Anstrengungen zu unternehmen, um Vermögens- und Eigentumsrechte der Minderheiten zu schützen; nimmt mit Besorgnis den anhaltenden Mangel an Ressourcen zur Umsetzung des Aktionsplans für Roma zur Kenntnis; fordert eine stärkere Rechenschaftspflicht der angebotenen Dienstleistungen für Minderheiten und benachteiligte Gruppen; unterstreicht, wie wichtig es ist, das Prinzip der Selbstidentifizierung zu achten, und fordert eine objektive und transparente Verarbeitung der Volks- und Wohnungszählungsdaten nach international anerkannten Normen;

28. begrüßt die Fortschritte, die im Zusammenhang mit Menschenrechten von LSBT erzielt wurden, insbesondere die Tatsache, dass die erste öffentliche Aktion von LSBT, die am 17. Mai in Tirana stattfand, eine sichere und fröhliche Veranstaltung gewesen ist; verurteilt allerdings die diskriminierenden Aussagen des stellvertretenden Verteidigungsministers vom selben Tag aufs Schärfste, begrüßt aber die Kritik, die Ministerpräsident Sali Berisha diesbezüglich äußerte; hebt hervor, dass LSBT immer noch diskriminiert werden und weist mit Nachdruck darauf hin, dass eine Prüfung der Gesetzgebung hinsichtlich möglicher diskriminierender Bestimmungen sowie die Erstellung einer Bilanz dringend erforderlich ist;

29. fordert die notwendigen Fortschritte im Bereich der Grundrechte und -freiheiten und bei der Umsetzung dieser Maßnahmen, um die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern, die Rechte des Kindes, die Rechte sozial Benachteiligter und die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie die Rechte von Minderheiten zu gewährleisten, da es Berichten zufolge immer noch zu Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern sowie Angehörigen der Roma und anderen schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen kommt; betont die Notwendigkeit, die Rechte und die Lebensqualität von Menschen zu verbessern, die als Gefangene, Waisen oder psychisch Kranke vom Staat abhängig sind;

30. begrüßt die zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter durchgeführten Rechtsvorschriften und eingeführten Maßnahmen, ist jedoch der Auffassung, dass ihre Umsetzung in Wirklichkeit nicht ausreichend war, sodass Frauen nach wie vor ungleich behandelt werden, was ihr Zugang zum politischen Leben und zum Arbeitsmarkt betrifft;

31. stellt fest, dass häusliche Gewalt, Zwangsprostitution und Frauen- und Kinderhandel, der weit verbreitet ist, ohne die notwendige Koordination der Akteure noch immer grassieren, dass den Opfern kein wesentlicher Schutz geboten wird; unterstreicht die Bedeutung von juristischem Beistand und psychologischer Unterstützung der Opfer; fordert die Behörden auf, Maßnahmen zu ergreifen, unter anderem durch erhöhte Leistungen an Organisationen und Dienstleistungen zur Beseitigung von Gewalt und Ungleichheit; betont die dringende Notwendigkeit von Maßnahmen wie zum Beispiel die Schaffung spezieller sozialer Dienstleistungsstrukturen und Rehabilitationszentren und die Einrichtung eines Netzwerks von Zufluchtsorten und Hilfsorganisationen für Frauen und Kinder, auch um ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft sicherzustellen; begrüßt die gebührenfreie 24-Stunden-Hotline für Opfer, die Stärkung von Kinderschutzabteilungen und das gute Beispiel der Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Opferhilfe durch die Gemeinde von Tirana, die Polizei, die Justiz und NRO;

32. betont, dass dem Schutz der Kinderrechte besondere Aufmerksamkeit zukommen muss, unter anderem durch die Verbesserung der Bedingungen in staatlichen Kinderbetreuungseinrichtungen, die Erleichterung der Möglichkeiten für die Pflegeunterbringung und den energischen Kampf gegen Menschenhandel und Kinderarbeit;

33. hält es für dringend notwendig, ein modernes Bildungssystem zu schaffen; hält es für wichtig, dass alle Kinder, besonders Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen und aus Gruppen, die einer Minderheit angehören, einen sicheren Zugang zu Bildung und zu Schulausrüstung haben;

34. fordert die Regierung auf, uneingeschränkt dafür zu sorgen, dass das Arbeitsrecht und die Gewerkschaftsrechte im öffentlichen und privaten Sektor beachtet werden; fordert eine Stärkung der Vermittlungspraxis zur Beilegung arbeitsrechtlicher Konflikte; fordert die Regierung auf, den Dreiparteiendialog im Nationalen Rat für Arbeit weiter zu verbessern, indem die Genehmigung wichtiger sozialer und wirtschaftlicher Maßnahmen- und Legislativpakete miteinbezogen und die Rolle der Gewerkschaften verbessert wird;

35. ist besorgt über das Fehlen eines Aktionsplans für Beschäftigung und die Verringerung des Etats für die Umsetzung der Reformen zu Sozialhilfe und sozialem Schutz; fordert die albanischen Behörden auf, einen solchen Aktionsplan aufzustellen; fordert die Erstellung regelmäßiger Arbeitsmarktstatistiken, so wie sie auch in anderen Beitrittsländern und von Eurostat erstellt werden, um die Beschäftigungssituation in Albanien besser überwachen und vergleichen zu können;

36. fordert die staatlichen Stellen auf, die Behandlung von inhaftierten Personen und Gefangenen in Einklang mit den Empfehlungen des nationalen Bürgerbeauftragten und internationalen Menschenrechtsstandards weiter zu verbessern, da immer noch Fälle von Misshandlung gemeldet werden; betont die Notwendigkeit, die Häufigkeit der Untersuchungshaft für Täter mit geringem Rückfallrisiko zu verkürzen und bedauert die lange Dauer der Untersuchungshaft bei Jugendlichen und den sehr häufigen Gebrauch dieser Maßnahme, auch in für die Wiedereingliederung von Jugendlichen ungeeigneten Einrichtungen, außerordentlich; fordert nachdrücklich die Annahme einer Strategie für die Jugendgerichtsbarkeit und einen damit verbundenen Aktionsplan, um die bestehenden Defizite in Gesetzgebung und Praxis in Übereinstimmung mit internationalen Standards und bewährten Verfahren anderer europäischer Länder zu beseitigen;

37. betont die Bedeutung der Klärung der Eigentumsrechte und der vollständigen Umsetzung der nationalen Strategie und eines Aktionsplans für diese Rechte; unterstreicht die Notwendigkeit einer gründlichen Konsultation mit allen Beteiligten während dieses Prozesses; fordert die Kommission auf, die Umsetzung der Strategie und des Aktionsplans zu unterstützen;

38. fordert die Regierung und alle verantwortlichen Stellen auf, ihr Möglichstes zu tun, um alle erforderlichen Kriterien und Maßnahmen für das visumfreie Reisen in Schengen-Staaten genauestens umzusetzen; hält es für notwendig, dass die Bürger ordnungsgemäß über die Einschränkungen der Regelung über die Befreiung von der Visumpflicht in Bezug auf Vermeidung jeglicher Form von Missbrauch des Rechts auf Reisefreiheit und der Politik zur Liberalisierung der Visumregelung informiert werden; stellt fest, dass die Liberalisierung der Visabestimmungen zu den größten Errungenschaften gehört, die das Land bei den jüngsten Fortschritten auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft verzeichnen konnte;

Verfolgung sozio-ökonomischer Reformen

39. fordert die Regierung auf, strukturelle Reformen und Reformen in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit einzuleiten, da die Defizite in dieser Hinsicht unter anderem die Durchsetzbarkeit von Verträgen behindern, um makroökonomische Stabilität zu gewährleisten und ein wirtschaftliches Umfeld zu schaffen, das Investitionen und dem Wirtschaftswachstum förderlich ist sowie einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung zum Wohle der Bürger; fordert die Regierung auf, sich auch weiterhin dem Problem der Eigentumsrechte zu widmen, das Steuererhebungssystem zu verbessern, sich vorrangig mit Infrastruktur und Humanressourcen zu befassen und Maßnahmen zur Bekämpfung des hohen Anteils der Schattenwirtschaft und des ungeregelten Arbeitsmarkts, welche den sozialen Zusammenhalt und die wirtschaftlichen Aussichten des Landes behindern;

40. hält es für dringend notwendig, der Sicherheit der Energieversorgung, der Diversifizierung der Energieträger und der Verbesserung der öffentlichen Verkehrsnetze mehr Beachtung zu schenken; bedauert die Unzulänglichkeit des öffentlichen Verkehrs, insbesondere im Bereich des Schienenverkehrs und die schlechte Verwaltung der Transportnetze;

41. fordert größere Fortschritte auf dem Gebiet des Umweltschutzes und des Klimawandels, die vollständige Umsetzung des Umweltrechts und eine stärkere regionale Zusammenarbeit zur Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit; fordert die Regierung auf, die Erhaltung von Albaniens einzigartiger Naturlandschaft vorrangig zu behandeln und die Angleichung an die EU-Gesetzgebung in den Bereichen Luft- und Wasserqualität, Abfallwirtschaft und Kontrolle von Industrieemissionen schneller durchzuführen; fordert die Regierung mit Nachdruck auf, Konzepte für erneuerbare Energiequellen zu entwickeln, sich auf effizientere Weise mit der Frage der Abfallbewirtschaftung zu befassen und einen umweltfreundlichen Tourismus zu entwickeln; fordert die Behörden mit Nachdruck auf, den nationalen Abfallwirtschaftsplan vollständig umzusetzen und eine transparente und gut funktionierende Überwachungsinfrastruktur für Abfälle aufzubauen;

42. ist sehr besorgt über die hohe Arbeitslosenrate sowie über die anhaltend hohe Zahl von Albanern, die unter der Armutsgrenze leben, obwohl diese geringer zu sein scheint als in der Vergangenheit; fordert die Regierung mit Nachdruck auf, alle erdenklichen Maßnahmen zu ergreifen, um extreme Armut zu bekämpfen und ein Sozialschutzsystem für die finanziell benachteiligten Bürger und die Bedürftigsten, auch für schutzbedürftige Gruppen wie Kinder, Menschen mit Behinderung und Minderheiten, zu schaffen; hält es für wichtig, dass sie gleichberechtigten Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung, Wohnraum und öffentlichen Dienstleistungen haben;

43. empfiehlt moderne öffentliche Investitionen, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern und die Arbeitslosigkeit abzubauen; ist davon überzeugt, dass ein umfassendes Programm öffentlicher Investitionen bei der Verwirklichung des neuen wissenschaftlichen Potenzials Albaniens helfen wird; fordert die Regierung auf, weitere Maßnahmen und Rechtsvorschriften zu verabschieden, die Beschäftigung und Wachstum fördern;

44. ist besorgt über die Lage ehemaliger politischer Gefangener, von denen einige vor kurzem Demonstrationen organisiert haben; fordert die zuständigen Behörden auf, das Gesetz zur Entschädigung von ehemaligen politischen Häftlingen vollständig umzusetzen;

Förderung regionaler und internationaler Zusammenarbeit

45. lobt Albanien für seine Förderung gutnachbarlicher Beziehungen; begrüßt die Politik der Regierung im Hinblick auf albanische Gemeinschaften in den Nachbarländern, insbesondere dafür, dass sie ihnen rät, mit ihren jeweiligen Regierungen bei der Lösung von Problemen zusammenzuarbeiten;

46. fordert Albanien auf, das bilaterale Immunitätsabkommen mit den Vereinigten Staaten zu widerrufen, da es nicht der EU-Politik zum Internationalen Strafgerichtshof (ICC) entspricht und die Integrität des Römischen Status untergräbt, und den ICC weiterhin zu unterstützen und umgehend und umfassend mit ihm zusammenzuarbeiten;

 

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47. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Regierung und dem Parlament Albaniens zu übermitteln.