ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu den Wahlen in der Ukraine
5.12.2012 - (2012/2889(RSP))
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Elmar Brok, Ioannis Kasoulides, Joachim Zeller, Arnaud Danjean, Tunne Kelam, Elena Băsescu, Cristian Dan Preda, Andrey Kovatchev, Lena Kolarska-Bobińska, Anna Ibrisagic, Eduard Kukan, Laima Liucija Andrikienė, Inese Vaidere, Roberta Angelilli, Mario Mauro, Marian-Jean Marinescu, Anna Maria Corazza Bildt im Namen der PPE-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0544/2012
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zur Ukraine,
– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Hohen Vertreterin der EU, Catherine Ashton, und des Mitglieds der Kommission, Štefan Füle, vom 12. November 2012 zur Parlamentswahl in der Ukraine,
– unter Hinweis auf die Erklärung des früheren polnischen Präsidenten; Aleksander Kwaśniewski, und des ehemaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments, Pat Cox, vom 3. Oktober 2012, in der es heißt, dass die Wahlen „entscheidend” für die Zukunft der Ukraine sein werden und dass die „Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine ins Stocken geraten” sind,
– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Delegationsleiterin der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, Walburga Habsburg Douglas, und der Leiterin der langfristigen Wahlbeobachtermission der OSZE/des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR), Audrey Glover, vom 29. Oktober 2012,
– unter Hinweis auf die Berichte von nichtstaatlichen Organisationen zu den Parlamentswahlen, darunter der am 30. Oktober 2012 veröffentlichte Bericht von OPORA,
– unter Hinweis auf die Berichte der Wahlbeobachtermission der OSZE/BDIMR, insbesondere deren Schlussfolgerungen vom 29. Oktober 2012 und ihr jüngster Zwischenbericht nach den Wahlen, der am 9. November 2012 veröffentlicht wurde,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass internationale Wahlbeobachter Hinweise darauf gefunden haben, dass die Wahlentscheidung der ukrainischen Bürger durch eine einseitige Medienlandschaft, eine schlechte Verwaltung bei der Zusammensetzung der Wahlkommissionen, mangelnde Transparenz in Bezug auf die Parteienfinanzierung, den missbräuchlichen Einsatz der Ressourcen von Behörden und ungleiche Ausgangsbedingungen behindert wurde, was sich auch darin widerspiegelt, dass führende Kandidaten der Opposition wegen ihrer Inhaftierung aus politischen Gründen nicht an der Wahl teilnehmen konnten;
B. in der Erwägung, dass die OSZE den Verlauf der Wahlen im Großen und Ganzen positiv bewertet hat, internationale Beobachter aber auf eine mangelnde Transparenz hingewiesen haben, was die Ermittlung der Endergebnisse angeht, und sie sowohl die Stimmauswertung in 77 der 161 beobachteten Bezirkswahlkommissionen negativ bewertet sowie am 10. November fortdauernde Verzögerungen bei der Stimmauswertung in zwölf Einerwahlkreisen bemängelt haben, weshalb sie diese Wahlen als die schlechtesten seit 2005 eingestuft haben;
C. in der Erwägung, dass laut den Berichten der OSZE/BDIMR der Prozess nach den Wahlen Unregelmäßigkeiten, Verzögerungen bei der Stimmenzählung und mangelnde Transparenz in Beug auf die Wahlkommissionen aufwies; in der Erwägung, dass die festgestellten Mängel und Probleme eine Verschlechterung in mehreren Bereichen im Vergleich zu zuvor erreichten Standards bedeuten;
D. in der Erwägung, dass die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin der Kommission, Catherine Ashton, und das Mitglied der Kommission, Štefan Füle, in der gemeinsamen Erklärung ihre Sorge über den Verlauf des Prozesses nach den Wahlen zum Ausdruck gebracht haben, der Unregelmäßigkeiten, Verzögerungen bei der Stimmenzählung und mangelnde Transparenz in Beug auf die Wahlausschüsse aufwies, und dass nach ihrer Einschätzung die unter anderem in den Zwischenberichten der OSZE/BDIMR festgestellten Mängel und Probleme eine Verschlechterung in mehreren Bereichen im Vergleich zu zuvor erreichten Standards bedeuten;
E. in der Erwägung, dass Oppositionspolitiker nach wie vor in Haft sind und sich daher nicht frei an den Wahlen beteiligen konnten;
F. in der Erwägung, dass die Venedig-Kommission und die Parlamentarische Versammlung des Europarats (PACE) zum ersten Mal Empfehlungen abgegeben haben, in denen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird, dass die Ukraine ein proportionales System mit offenen Listen haben sollte;
G. in der Erwägung, dass die PACE-Beobachter sich über die mangelnde Transparenz in Bezug auf die Parteienfinanzierung in der Ukraine besorgt gezeigt und drauf verwiesen haben, dass nach ihrer Einschätzung für die Parteien und Kandidaten nicht die gleichen Bedingungen gelten;
1. beklagt die von der OSZE bei ihrer Einschätzung der Wahlen festgestellten Verstöße, die ein Ausmaß erreichten, sodass Zweifel daran angebracht sind, ob das Wahlergebnis tatsächlich den Willen der ukrainischen Bürger widerspiegelt;
2. zeigt sich zutiefst besorgt darüber, dass der Wahlkampf, der Verlauf der Wahlen und der Prozess nach den Wahlen nach Einschätzung von Beobachtern der Parlamentarischen Versammlungen der OSZE, des Europarats und der NATO sowie des Europäischen Parlaments wesentliche internationale Standards nicht erreicht haben und einen Rückschritt im Vergleich zu den Parlamentswahlen im Jahr 2010 darstellen;
3. unterstreicht, dass man von einem fairen politischen Wettstreit in diesen Wahlen nicht sprechen kann, da mit Julija Tymoschenko und Jurij Luzenko zwei führende Vertreter der Opposition während der Wahlen in Haft waren;
4. fordert die Regierung der Ukraine auf, sich im Dialog mit allen politischen Parteien mit den Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen zu beschäftigen, darunter die nicht eindeutigen Ergebnisse in einigen Wahlbezirken; erwartet zudem, dass sich das ukrainische Parlament zu gegebener Zeit der Mängel des Wahlgesetzes annehmen und die Empfehlungen der Venedig-Kommission umsetzen wird, damit die nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf Wahlen verbessert und stärker an OSZE-Verpflichtungen und internationale Standards angeglichen werden;
5. erkennt ungeachtet der vielen Mängel im Verlauf der Wahlen an, dass der positive Ausgang der Wahlen – die hohe Wahlbeteiligung, die Tatsache, dass die Wahlergebnisse entsprechend der Parteienlisten eine hohe Übereinstimmung mit den vorläufigen Ergebnissen von Wählerumfragen aufwiesen, und die Tatsache, dass neue politische Kräfte die Hürde für den Einzug ins Parlament überwinden konnten – den Wunsch der Bürger der Ukraine widerspiegelt, in einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft zu leben;
6. bekundet seine anhaltende Unterstützung des Wunsches der Ukrainer nach einem unabhängigen, prosperierenden und demokratischen Heimatland, und bedauert, dass die mangelhaften Parlamentswahlen die Ukraine diesem erhofften Ziel nicht nähergebracht haben; betont, dass die EU nach wie vor danach trachtet, mit der Ukraine zusammenzuarbeiten, um demokratische Institutionen zu verbessern, die Rechtsstaatlichkeit zu stärken und dringend notwendige Wirtschaftsreformen zu befördern;
7. bestätigt, dass die Achtung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit nach wie vor die Grundlage für das Engagement der EU gegenüber der Ukraine in Richtung einer politischen Assoziierung und wirtschaftlichen Integration des Landes ist; betont die Bereitschaft, sich weiterhin für diese Werte einzusetzen und das gesamte Potenzial der beiderseitigen Beziehungen zum Wohle der Bürger der Ukraine und der EU auszuschöpfen;
8. ist der Auffassung, dass die Visumliberalisierung gegenüber der Ukraine fortgesetzt werden sollte, damit gewöhnliche Bürger der Ukraine von einem leichteren Zugang zur EU sowie vom Erfahrungsaustausch und gemeinsamen Programmen profitieren können;
9. fordert die Ukraine auf, den selektiven Rückgriff auf die Justiz in der Ukraine auf allen Regierungsebenen einzustellen und es den Oppositionsparteien zu ermöglichen, sich am politischen Leben auf der Grundlage gleicher Ausgangsbedingungen zu beteiligen; fordert die Staatsorgane in diesem Zusammenhang auf, politische Gegner, die verfolgt werden, darunter Julija Tymoschenko, Jurij Luzenko und andere politische Häftlinge, freizulassen und zu rehabilitieren;
10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), dem Rat, der Kommission, den Mitgliedstaaten, dem Staatspräsidenten, der Regierung und dem Parlament der Ukraine sowie der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und der OSZE zu übermitteln.