Entschließungsantrag - B7-0548/2012Entschließungsantrag
B7-0548/2012

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in der Ukraine

5.12.2012 - (2012/2889(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Charles Tannock, Paweł Robert Kowal, Ryszard Antoni Legutko,
Ryszard Czarnecki, Marek Henryk Migalski, Tomasz Piotr Poręba im Namen der ECR-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0544/2012

Verfahren : 2012/2889(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0548/2012
Eingereichte Texte :
B7-0548/2012
Aussprachen :
Angenommene Texte :

B7‑0548/2012

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in der Ukraine

(2012/2889(RSP))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen und Berichte zur Ukraine,

–   unter Hinweis darauf, dass die EU und die Ukraine den Prozess der Paraphierung des Assoziierungsabkommens, einschließlich der weit reichenden und umfassenden Freihandelszone, im März 2012 abgeschlossen haben,

–   unter Hinweis auf den Aktionsplan EU-Ukraine zur Visaliberalisierung, der am 22. November 2010 angenommen wurde,

–   unter Hinweis auf den am 15. Mai 2012 veröffentlichten ENP-Fortschrittsbericht zur Ukraine,

–   unter Hinweis auf die Wahlen zum ukrainischen Parlament (Werchowna Rada), die am 28. Oktober 2012 stattfanden,

–   unter Hinweis auf den Zwischenbericht und das vorläufige Ergebnis der Wahlbeobachtermission/des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der OSZE in der Ukraine, insbesondere die Erklärung zu den vorläufigen Erkenntnissen und Ergebnissen, die am 29. Oktober 2012 gemeinsam mit den Parlamentarischen Versammlungen der OSZE und des Europarats sowie dem Europäischen Parlament und der Parlamentarischen Versammlung der NATO abgegeben wurde,

–   unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung der Hohen Vertreterin Catherine Ashton und des Mitglieds der Kommission Štefan Füle vom 12. November 2012 zu den Parlamentswahlen in der Ukraine,

–   unter Hinweis auf den Bericht der Wahlbeobachtungsdelegation des Europäischen Parlaments bei den Parlamentswahlen in der Ukraine,

–   unter Hinweis auf die Beobachtungsmission der ehemaligen Präsidenten Pat Cox und Aleksander Kwaśniewski in der Ukraine,

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die Ukraine ein europäisches Land von strategischer Bedeutung für die EU ist; in der Erwägung, dass die Ukraine angesichts ihrer Größe, ihrer Ressourcen, ihrer Bevölkerung und ihrer geografischen Lage eine herausragende Position in Europa einnimmt und ein maßgeblicher regionaler Akteur ist;

B.  in der Erwägung, dass sich die EU weiterhin für die politische Assoziierung und wirtschaftliche Integration der Ukraine einsetzt;

C. in der Erwägung, dass die innenpolitische Stabilität der Ukraine und interne Reformen Grundvoraussetzungen für die Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine sind;

D. in der Erwägung, dass die Ukraine eines der Gründungsmitglieder der Östlichen Partnerschaft ist; in der Erwägung, dass sowohl die Vertreter der EU und als auch die Vertreter der an der Partnerschaft beteiligten Staaten Osteuropas auf dem Gipfeltreffen in Warschau bekräftigt haben, dass die Östliche Partnerschaft auf einer Wertegemeinschaft beruht und sich auf die Grundsätze der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit stützt;

E.  in der Erwägung, dass das BDIMR der OSZE in seinen vorläufigen Erkenntnissen und Ergebnissen feststellte, dass diese Wahlen durch ungleiche Ausgangsbedingungen, vor allem aufgrund des missbräuchlichen Einsatzes behördlicher Ressourcen, der fehlenden Transparenz in Bezug auf die Wahlkampf- und Parteienfinanzierung und der fehlenden ausgewogenen Medienberichterstattung, gekennzeichnet waren;

F.  in der Erwägung, dass einige Probleme im Zusammenhang mit dem Wahlgesetz weiterhin einer Klärung bedürfen, insbesondere im Hinblick auf einige wichtige Empfehlungen, die vorab vom BDIMR der OSZE und von der Venedig-Kommission abgegeben wurden;

G. in der Erwägung, dass der Ministerpräsident der Ukraine die Unzulänglichkeiten bei der Auszählung und der Auswertung der Stimmen eingeräumt und die Lösung all dieser Probleme mittels einer Änderung des Wahlgesetztes gefordert hat;

H. in der Erwägung, dass in fünf Wahlkreisen mit einem Parlamentssitz eine erneute Abstimmung anberaumt wurde;

I.   in der Erwägung, dass die relativ hohe Wahlbeteiligung von dem festen Willen der ukrainischen Gesellschaft zeugt, ein Teil der Familie der europäischen Demokratien zu sein, und in der Erwägung, dass die ukrainische Gesellschaft den Parteien, die die Integration in die EU verfolgen, ihre deutliche Unterstützung ausgesprochen hat;

1.  begrüßt das Engagement der ukrainischen Bürger für eine demokratische und pluralistische Gesellschaftsform sowie die Tatsache, dass die Wähler eine wirkliche Wahl zwischen unterschiedlichen Parteien hatten;

2.  verweist insbesondere darauf, dass einige Aspekte im Vorfeld der Wahlen (die Festnahme von Führungspersönlichkeiten der Opposition, die ungleichen Ausgangsbedingungen vor allem aufgrund des missbräuchlichen Einsatzes behördlicher Ressourcen, Fällen von Schikanierung und Einschüchterung gegenüber Kandidaten und Wahlpersonal, fehlender Transparenz in Bezug auf die Wahlkampf- und Parteienfinanzierung und der unausgewogenen Medienberichterstattung) und die Unregelmäßigkeiten und Verzögerungen bei der Auszählung und der Auswertung der Stimmen im Vergleich zu nationalen Wahlen der jüngeren Vergangenheit einen Rückschritt darstellten;

3.  weist darauf hin, dass der Prozess der Stimmabgabe und ‑auszählung am Wahltag trotz vereinzelter Probleme positiv bewertet wurde;

4.  bedauert, dass Oppositionsführern die Kandidatur bei diesen Wahlen verweigert wurde;

5.  fordert die ukrainischen Staatsorgane auf, sicherzustellen, dass die Wahlbeschwerden der öffentlichen Zusage des Ministerpräsidenten folgend zügig und entschlossen bearbeitet werden;

6.  fordert die Ukraine zur Schaffung eines Instruments auf, das die Umsetzung der Empfehlungen des BDIMR der OSZE gewährleistet;

7.  fordert die ukrainischen Staatsorgane auf, mit der Opposition in einen konstruktiven Dialog zu treten;

8.  weist darauf hin, dass vier der fünf Parteien des Parlaments öffentlich ihre Unterstützung für eine europäische Agenda erklärt haben; fordert die Regierung und die Oppositionskräfte daher nachdrücklich auf, konstruktiv zu handeln und einen Konsens über eine reformorientierte EU-Agenda anzustreben;

9.  unterstreicht, dass das Engagement der EU, die politische Assoziierung und wirtschaftliche Integration der Ukraine voranzutreiben, seine Entsprechung in einem entschlossenen Einsatz der ukrainischen Regierung und des neuen Parlaments zugunsten der Konsolidierung der demokratischen Legitimation des Landes, des Ausbaus der Rechtsstaatlichkeit, der Auseinandersetzung mit den Folgen einer selektiven Rechtsprechung und der konsequenten Durchführung der Reformen des Justizsystems und anderer wesentlicher Reformen der Assoziierungsagenda finden muss;

10. bekräftigt seine Bedenken wegen der selektiven Rechtsprechung und der politisch motivierten Gerichtverfahren, die gegen Mitglieder der ehemaligen Regierung geführt werden;

11. unterstreicht die Bedeutung der Beobachtungsmission des Parlaments in der Ukraine unter der Leitung der ehemaligen Präsidenten Pat Cox und Aleksander Kwaśniewski und fordert eine baldige Lösung für die Probleme um Julija Tymoschenko und andere Mitglieder der ehemaligen Regierung;

12. fordert die ukrainischen Staatsorgane auf, die Praxis der selektiven Rechtsprechung einzustellen und im Hinblick auf faire, transparente und unabhängige rechtliche Verfahren internationale Normen einzuhalten;

13. begrüßt das Inkrafttreten einer neuen Strafprozessordnung und fordert die Fortsetzung der Reformen des Justizsystems;

14. fordert die ukrainischen Staatsorgane nachdrücklich dazu auf, den Prozess der Modernisierung und der Reformen fortzusetzen, um das Land, wie in der Assoziierungsagenda vorgesehen, den EU-Normen anzunähern;

15. ist der Ansicht, dass die Politik einer Abschaffung der Visumpflicht gegenüber der Ukraine fortgesetzt werden sollte als ein klares Signal an die ukrainischen Bürger, dass sich die EU ernsthaft dafür einsetzt, im Einklang mit der erneuerten Europäischen Nachbarschaftspolitik ihre Partnerschaft mit der ukrainischen Gesellschaft zu festigen und die direkten persönlichen Kontakte weiter auszubauen und zu erleichtern;

16. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Auswärtigen Dienst, dem Rat, der Kommission, den Mitgliedstaaten, den ukrainischen Staatsorganen sowie den Parlamentarischen Versammlungen der OSZE, des Europarats und der NATO zu übermitteln.