Entschließungsantrag - B7-0138/2013Entschließungsantrag
B7-0138/2013

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu der atomaren Bedrohung durch Nordkorea und der Menschenrechtslage in dem Land

11.3.2013 - (2013/2565(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Tarja Cronberg, Gerald Häfner, Barbara Lochbihler, Rui Tavares, Amelia Andersdotter, Ulrike Lunacek, Raül Romeva i Rueda im Namen der Verts/ALE-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0132/2013

Verfahren : 2013/2565(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0138/2013
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B7‑0138/2013

Entschließung des Europäischen Parlaments

 
zu der atomaren Bedrohung durch Nordkorea und der Menschenrechtslage in dem Land
(2013/2565(RSP))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Resolutionen des UN‑Sicherheitsrats 825 (1993), 1540 (2004), 1673 (2006), 1695 (2006), 1718 (2006), 1874 (2009), 1887 (2009), 2087 (2013) und insbesondere 2094 vom 7. März 2013, mit der den bereits geltenden Maßnahmen zusätzliche Einschränkungen finanzieller Natur hinzugefügt und das Aufbringen und Überprüfen aller verdächtigen Schiffe und Frachtladungen verpflichtend gemacht wurden,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen vom 26. Februar 2004[1], vom 10. März 2005[2], vom 17. November 2005[3] und vom 14. März 2007[4] zur Nichtverbreitung von Kernwaffen und zur atomaren Abrüstung und vom 10. März 2010[5] zum Atomwaffensperrvertrag,

–   unter Hinweis auf die am 12. Dezember 2003 vom Europäischen Rat angenommene Strategie der Europäischen Union gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (MVW),

–   unter Hinweis auf die Erklärung des Rates vom 8. Dezember 2008 zur Stärkung der internationalen Sicherheit und insbesondere deren Punkte 6, 8 und 9, in denen die Entschlossenheit der EU zum Ausdruck gebracht wird, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägersysteme zu bekämpfen,

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 18. Februar 2013 zur Demokratischen Volksrepublik Korea,

–   unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Vertreterin der EU, Catherine Ashton, zum „Satellitenstart“ Nordkoreas vom 12. Dezember 2012,

–   unter Hinweis auf die einschlägigen Resolutionen des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen, insbesondere die am 19. März 2012 einvernehmlich angenommene zur Lage der Menschenrechte in der Demokratischen Volksrepublik Korea,

–   unter Hinweis auf den Bericht des UN-Sonderberichterstatters zur Lage der Menschenrechte in der Demokratischen Volksrepublik Korea, Marzuki Darusman, vom 1. Februar 2013,

–   unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu der Demokratischen Volksrepublik Korea, insbesondere jene vom 8. Juli 2010[6],

–   unter Hinweis auf den Universal Peer Report über die Demokratische Volksrepublik Korea (DVRK) vom 7. November 2009 und auf das Einverständnis der DVRK, sich mit den 117 Empfehlungen des vom Menschenrechtsrat am 18. März 2010 verabschiedeten Berichts der Arbeitsgruppe zur allgemeinen regelmäßigen Überprüfung zu befassen,

–   unter Hinweis auf die in der Sitzung des UN-Menschenrechtsrats vom 27. Februar 2013 angekündigte Initiative der Europäischen Union und Japans, einen neuen UN-Ausschuss einzurichten, der sich mit der Überwachung von Menschenrechtsverletzungen in der DVRK befasst,

–   unter Hinweis auf die Verurteilung der Menschenrechtslage in der DVRK durch die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen, Navi Pillay, im Januar 2013,

–   unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die internationalen Menschenrechtsübereinkommen und andere Menschenrechtsübereinkünfte,

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984,

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

Nichtverbreitung von Kernwaffen

A. in der Erwägung, dass die Regierung der DVRK am 11. Februar 2013 erklärt hat, einen Atomwaffentest erfolgreich durchgeführt zu haben, wobei es sich um den dritten Test innerhalb von sieben Jahren handelte, und zwar mit einer Bombe, die klein genug ist, um von einer Rakete getragen werden zu können; in der Erwägung, dass Nordkorea zwei Monat zuvor, am 12. Dezember 2012, eine Langstreckenrakete abgefeuert hat;

B.  in der Erwägung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 7. März 2013 einstimmig die Resolution 2094 verabschiedet hat, in der weitere strenge Sanktionen gegen die DVRK gefordert werden;

C. in der Erwägung, dass die DVRK 2003 von dem Atomwaffensperrvertrag zurückgetreten ist und 2009 offiziell erklärt hat, eine Atomwaffe entwickelt zu haben;

D. in der Erwägung, dass Nordkorea als Reaktion auf Resolution 2094 das Waffenstillstandsabkommen von 1953, mit dem der Koreakrieg beendet wurde, für ungültig erklärt, seinen heißen Draht zu den Vereinigten Staaten und zu Südkorea gekappt und mit Atomwaffenangriffen gegen die Vereinigten Staaten und Südkorea gedroht hat;

E.  in der Erwägung, dass die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihren Trägersystemen an staatliche wie nichtstaatliche Akteure eine der größten Gefahren für die internationale Stabilität und Sicherheit darstellt;

F.  in der Erwägung, dass der Atomwaffensperrvertrag als Kernstück des weltweiten Regelwerks über die Nichtverbreitung von Atomwaffen verbindlicher gemacht werden muss und gleichzeitig ein entschiedenes politisches Auftreten und eine Reihe zukunftsweisender, aufeinander abgestimmter Maßnahmen dringend erforderlich sind, wenn der Gültigkeit des Atomwaffensperrvertrags Nachdruck verliehen werden soll und die Übereinkommen, Verträge und Agenturen, aus denen das derzeitige System der Nichtverbreitung und Abrüstung besteht, gestärkt werden sollen;

G. in der Erwägung, dass die EU sich verpflichtet hat, alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen, um dafür zu sorgen, dass Programme zur Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, die weltweit Besorgnis erregen, verhindert, bekämpft, eingestellt und wenn möglich generell abgeschafft werden, was in der Strategie der EU gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, die vom Europäischen Rat am 12. Dezember 2003 angenommen wurde, deutlich zum Ausdruck kommt;

H. in der Erwägung, dass das Land mit seiner auf die Streitkräfte ausgerichteten Wirtschaft weit von seinem erklärten Ziel entfernt ist, sich zu einer starken und wohlhabenden Nation zu entwickeln, und sich stattdessen durch sein Streben nach Massenvernichtungswaffen zunehmend in eine isolierte Position bringt und seine Bevölkerung verarmen lässt;

Menschenrechte

I.   in der Erwägung, dass die DVRK seit vielen Jahren die Rechte ihrer Bürger beständig verletzt, indem sie es großen Teile der Bevölkerung unmöglich macht, sich ausreichend zu ernähren, kollektive Bestrafungen und Zwangsarbeit anwendet sowie öffentliche Hinrichtungen vollstreckt und über 200 000 Menschen in Gefängnissen und „Umerziehungslagern” festhält;

J.   in der Erwägung, dass Freizügigkeit und der Zugang zu Informationen stark eingeschränkt sind und dass die Regierung eine organisierte politische Opposition, freie und faire Wahlen, freie Medien, freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit nicht gestattet;

K. in der Erwägung, dass die Bevölkerung der DVRK vor dem Hintergrund von politischer und wirtschaftlicher Isolierung, häufigen Naturkatastrophen und einem internationalen Anstieg der Lebensmittel- und Brennstoffpreise seit Jahrzehnten unter Unterentwicklung leidet, mit der eine schlechte Gesundheitsversorgung und eine weitverbreitete Fehlernährung von Müttern und Kindern einhergehen;

L.  in der Erwägung, dass das Welternährungsprogramm und die Welternährungsorganisation FAO im November 2012 die Schätzung veröffentlicht haben, dass 2,8 Mio. zu benachteiligten Gruppen gehörende Einwohner von Nordkorea, also etwas mehr als 10 % der Einwohner des Landes, beständig unter Mangelernährung und einer mangelhaften Versorgung mit lebenswichtigen Eiweißen und Fetten leiden;

M. in der Erwägung, dass aufgrund der beschriebenen Schwierigkeiten Zehntausende von Nordkoreanern aus dem Land geflohen sind, obwohl sie dabei das Risiko eingingen, bei Entdeckung kollektive Bestrafungen zu erleiden und in einem Gefangenenlager zu verschwinden;

N. in der Erwägung, dass nordkoreanische Staatsbeamte in den vergangenen Jahren Tausende von Ausländern, größtenteils Südkoreaner, entführt haben, deren Verbleib unbekannt ist;

Nichtverbreitung von Atomwaffen

1.  verurteilt die von der DVRK durchgeführten Atomwaffentests und das Raketenprogramm des Landes und fordert, dass die DVRK von weiteren Tests absieht;

2.  verurteilt die offizielle Ankündigung der DVRK, das Land behalte sich das Recht auf einen nuklearen Präventivschlag vor; fordert die DVRK auf, sich an die Charta der Vereinten Nationen zu halten, die die Mitgliedstaaten verpflichtet, auf die Anwendung von Gewalt gegen andere Staaten und auf die Drohung mit einem derartigen Vorgehen zu verzichten;

3.  fordert die DVRK auf, dem Atomwaffensperrvertrag wieder beizutreten und das Zusatzprotokoll über Sicherungsmaßnahmen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) zu ratifizieren; hebt hervor, dass alle Vertragsparteien des Atomwaffensperrvertrags weiterhin alle ihre aus dem Vertrag hervorgehenden Verpflichtungen erfüllen müssen; fordert die DVRK nachdrücklich auf, ihre früheren Zusagen im Hinblick auf ein Moratorium für Raketenstarts zu erneuern und den Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen zu unterzeichen und zu ratifizieren;

4.  verleiht seiner tiefen Besorgnis über die wachsenden Spannungen auf der Koreanischen Halbinsel und die aggressive Rhetorik der Führung der DVRK Ausdruck und ruft die Beteiligten dazu auf, auf alle Schritte zu verzichten, die Spannungen weiter verschärfen könnten, wie etwa Militärübungen;

5.  stellt fest, dass die Reaktion der Mitglieder des UN‑Sicherheitsrats auf die jüngsten Atomwaffentests der DVRK einhellig ist und fordert sie auf, gemeinsame und koordinierte politische und diplomatische Anstrengungen zu unternehmen, um die militärische Konfrontation auf der koreanischen Halbinsel zu beenden und nachhaltige politische Lösungen zu finden; schlägt eine neue vertrauensbildende Initiative für die koreanische Halbinsel auf regionaler Ebene vor, etwa nach dem Muster des Helsinki‑Prozesses;

6.  fordert die Volksrepublik China als ständiges Mitglied des UN‑Sicherheitsrats und als wichtigster Handelspartner der DVRK auf, ihren Einfluss zu einer Deeskalierung der Lage zu nutzen;

7.  fordert alle Teilnehmer an den Sechs-Parteien-Gesprächen auf, ihre Anstrengungen für eine umfassende und zügige Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung von China, der DVRK, Japan, der Republik Korea, der Russischen Föderation und den Vereinigten Staaten vom 19. September 2005 zu intensivieren, damit eine tatsächliche atomare Abrüstung der Koreanischen Halbinsel gelingen kann;

8.  hebt in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit hervor, die weltweiten Anstrengungen zur atomaren Abrüstung zu intensivieren, da diese nicht mehr zeitgemäßen Waffen ihre abschreckende Wirkung auf die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats verloren haben, gleichzeitig aber das Risiko der Weiterverbreitung von Atomwaffen erhöhen, und fordert alle Staaten, die über Atomwaffen verfügen, auf, mit gutem Beispiel voranzugehen und einen einseitigen Abbau ihrer Waffenarsenale durchzuführen;

9.  fordert einstweilige und vertrauensbildende Maßnahmen wie etwa die Schaffung atomwaffenfreier Zonen, negative Sicherheitsgarantien, Informationsaustausch und Verzicht auf einen möglichen Erstschlag;

10. fordert alle beteiligten Parteien auf, das Ziel einer vollständigen nuklearen Abrüstung auf der Grundlage eines internationalen Vertrags über die schrittweise und weltweite Abschaffung von Atomwaffen zu verfolgen, und bekräftigt, dass es die Nutzung der Kernenergie für militärische und zivile Zwecke (außer für den medizinischen Bedarf) ablehnt, da ein doppelter Verwendungszweck dieser Technik immer gegeben ist;

Menschenrechte

11. verleiht seiner tiefen Besorgnis über die sich verschärfende Menschenrechtslage in der DVRK Ausdruck, die sowohl von dem ehemaligen als auch von dem gegenwärtigen UN‑Sonderberichterstatter für Nordkorea als mit der Lage in keinem anderen Land vergleichbar beschrieben worden ist, da Verletzungen der Menschenrechte in Nordkorea von gravierender Schärfe, weit verbreitet und systematisch seien und möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkämen;

12. fordert die Regierung der DVRK auf, unverzüglich den Empfehlungen im Bericht des Sonderberichterstatters nachzukommen und sich den Sonderverfahren der UN anzuschließen, um die Menschenrechtslage der Bürger des Landes zu verbessern;

13. vertritt die Auffassung, dass angesichts der äußerst schwierigen Lage und der fehlenden Reaktion der Regierung von Nordkorea dringend eine erhöhte Aufmerksamkeit aller UN‑Mitgliedstaaten geboten ist und fordert die Einrichtung eines UN‑Sonderuntersuchungsausschusses zur Menschenrechtslage in der DVRK; begrüßt die gemeinsame Initiative der EU und Japans im UN‑Menschenrechtsrat;

14. äußert sich insbesondere besorgt hinsichtlich der äußerst schwierigen Lage bezüglich der Lebensmittelversorgung in dem Land und ihrer Auswirkungen auf die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der Bevölkerung, betont, dass es eine der wichtigsten Pflichten eines Staates ist, für eine ausreichende Lebensmittelversorgung seiner Bevölkerung zu sorgen, und dass dieser alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen muss, um die bestehenden Schwierigkeiten bei der Erzeugung und Verteilung zu beheben, die zu dem Mangel an Lebensmitteln beigetragen haben; fordert die Regierung der DVRK auf, die Militärausgaben zu kürzen und eine angemessene Umverteilung der Ressourcen vorzunehmen, um die Lebensmittelkrise wirksam bekämpfen und auch in anderen unterentwickelten Bereichen Investitionen vornehmen zu können;

15. fordert die Kommission auf, die bestehenden humanitären Hilfsprogramme und die Kommunikationskanäle mit der DVRK aufrecht zu erhalten; fordert die Regierung der Demokratischen Volksrepublik Korea auf, einen sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe zu ermöglichen, die unparteiisch je nach den Bedürfnissen und in Einklang mit humanitären Prinzipien verteilt werden muss;

16. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Regierung der Demokratischen Volksrepublik Korea, den Regierungen der Mitgliedstaaten des UN‑Sicherheitsrats und dem Generalsekretär der UN zu übermitteln.