ENTSCHLIESSUNGSANTRAG Rückführung von Vermögenswerten an Länder des Arabischen Frühlings, die sich im Übergang befinden
15.5.2013 - (2013/2612(RSP))
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Hélène Flautre, Nicole Kiil-Nielsen, Franziska Katharina Brantner, Isabelle Durant, Jean-Paul Besset, Judith Sargentini, Eva Joly im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0188/2013
B7‑0194/2013
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Rückführung von Vermögenswerten an Länder des Arabischen Frühlings, die sich im Übergang befinden
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu den Ländern des Arabischen Frühlings, die sich im Übergang befinden, insbesondere seine Entschließung vom 14. März 2013 zur Lage in Ägypten[1],
– in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für politische Angelegenheiten, für Sicherheit und Menschenrechte der Parlamentarischen Versammlung der Union für den Mittelmeerraum vom 12. April 2013,
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen der Ko-Vorsitzenden im Anschluss an die Sitzung der Task Force EU-Tunesien vom 29. September 2011 und der Schlussfolgerungen der Ko-Vorsitzenden im Anschluss an die Sitzung der Task Force EU-Ägypten vom 14. November 2012,
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 101/2011 des Rates vom 4. Februar 2011 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in Tunesien und die Verordnung (EU) Nr. 1100/2012 zur Änderung dieser Verordnung,
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 270/2011 des Rates vom 21. März 2011 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in Ägypten und die Verordnung (EU) Nr. 1099/2012 zur Änderung dieser Verordnung,
– unter Hinweis auf dem Beschluss 2011/137/GASP des Rates vom 28. Februar 2011 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Libyen und die Beschlüsse 2011/625/GASP und 2011/178/GASP zur Änderung dieses Beschlusses, auf die Verordnung (EU) Nr. 204/2010 des Rates vom 2. März 2011 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Libyen und die Verordnung (EU) Nr. 965/2011 des Rates zur Änderung dieser Verordnung sowie auf die Durchführungsverordnungen (EU) Nr. 364/2013 und Nr. 50/2013 des Rates zur Durchführung des Artikels 16 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 204/2011 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Libyen,
– unter Hinweis auf die bestehenden Rechtsinstrumente der EU zur Verbesserung der Einziehung und Rückführung von Vermögenswerten im Rahmen der Beschlüsse 2001/500/JI, 2003/577/JI, 2005/212/JI, 2006/783/JI und 2007/845/JI des Rates sowie auf den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union (COM(2012)0085) vom 12. März 2012,
– in Kenntnis des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption von 2003 (UNCAC), das 2005 in Kraft getreten ist und dem die EU mit Beschluss 2008/801/EG des Rates vom 25. September 2008 beigetreten ist;
– in Kenntnis des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (Übereinkommens von Palermo) von 2000,
– in Kenntnis der Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen 1970 (2011), 1973 (2011) und 2009 (2011) zu Libyen,
– in Kenntnis der Resolution 19/38 des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 19. April 2012 zur negativen Auswirkung nicht zurückgeführter Fonds an die Herkunftsländer, deren Einlage ursprünglich illegaler Herkunft ist, auf die Ausübung der Menschenrechte und zur Bedeutung der Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit,
– in Kenntnis der Initiative „Stolen Asset Recovery“ (StAR) (Rückführung gestohlener Vermögenswerte), einem gemeinsamen Programm der Weltbank und des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung,
– in Kenntnis des Aktionsplans der G8 Deauville Partnerschaft mit arabischen Ländern, die sich im Übergang befinden, zur Rückführung von Vermögenswerten vom 21. Mai 2012,
– in Kenntnis des ersten Arabischen Forums zur Rückführung von Vermögenswerten (Arab Forum on Asset Recovery (AFAR)), das von Katar und dem US-Vorsitz der G8 vom 11. bis 13. September 2012 gemeinsam ausgerichtet wurde, und seines Abschlussberichts,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass es unbedingt notwendig ist, dass die EU ihr konkretes und ernst gemeintes Engagement zeigt, ihren in der Vergangenheit verfolgten Ansatz zu Ländern des südlichen Mittelmeerraums zu überwinden und von ihm abzugehen, der durch enge politische und wirtschaftliche Beziehungen zu den örtlichen Eliten unter Vernachlässigung der Tatsache, dass sie nicht demokratisch legitimiert waren und Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung waren, gekennzeichnet war;
B. in der Erwägung, bis die Rückführung von Vermögenswerten angesichts des Potenzials dieser Vermögenswerte und der moralischen Auswirkungen ein wichtiges und sensibles wirtschaftliches Thema für die betroffenen südlichen Nachbarn ist; in der Erwägung, dass die Rückführung von Vermögenswerten ein starkes Signal gegen die Straflosigkeit derjenigen, die in Korruption verstrickt sind, ist und auch dazu beiträgt, die Instabilität des internationalen Finanzsystems dadurch zu verringern, dass man sich mit Geldbeträgen befasst, die oft zu spekulativen Finanzoperationen verwendet werden;
C. unter Hinweis darauf, dass die internationale Gemeinschaft ein solides System internationaler Vereinbarungen und Standards zur Bekämpfung von Korruption und Geldwäsche sowie zur Rechtsdurchsetzung eingerichtet hat, wobei dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption von 2003 besondere Bedeutung zukommt; in der Erwägung, dass die Rückführung von Vermögenswerten am Schnittpunkt dieser Bemühungen liegt; in der Erwägung, dass die Rückgabe von Vermögenswerten gemäß Artikel 51 des UNCAC „ein wesentlicher Grundsatz dieses Übereinkommens [ist]; [dass] die Vertragsstaaten ... in dieser Hinsicht im größtmöglichen Umfang [zusammenarbeiten] und ... einander“ unterstützen, und dass gemäß Artikel 46 Absatz 1 „die Vertragsstaaten ... einander so weit wie möglich Rechtshilfe bei Ermittlungen, Strafverfolgungsmaßnahmen und Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit den Straftaten nach diesem Übereinkommen“ leisten;
D. unter Hinweis darauf, dass die praktische Zuständigkeit für die Rückführung von Vermögenswerten in erster Linie bei den nationalen Behörden in ersuchten Staaten liegt; in der Erwägung, dass im Kontext der EU zwar das Einfrieren von Vermögenswerten in die Zuständigkeit der Union fällt, für die Rückführung dieser Vermögenswerte aber die Mitgliedstaaten gemäß ihrem nationalen Recht zuständig sind; in der Erwägung dass die Rückführung von Vermögenswerten wesensbedingt einen starken politischen Willen und eine echte Zusammenarbeit zwischen vielfältigen nationalen Einrichtungen in ersuchten und ersuchenden Ländern erfordert;
E. in der Erwägung, dass die EU nach den Revolutionen des arabischen Frühlings in Ägypten und Tunesien umgehend die Vermögenswerte der ehemaligen Diktatoren, ihrer Familien und einiger anderer mit ihren Regimen in Verbindung stehender Personen einfror; in der Erwägung, dass im Einklang mit der Resolution 1970 (2011) des VN-Sicherheitsrats ein ähnlicher EU-Beschluss im Fall Libyens angenommen wurde; in der Erwägung, dass es den EU-Mitgliedstaaten im Rahmen des neuen Rechtsrahmen, der am 26. November 2012 vom Rat angenommen wurde, möglich ist, eingefrorene Vermögenswerte auf der Grundlage anerkannter gerichtlichen Entscheidungen an Ägypten und Tunesien freizugeben;
F. in Kenntnis der Tatsache, dass in den Schlussfolgerungen der Ko-Vorsitzenden der Task Force EU-Tunesien erklärt wurde, dass die Task Force fest entschlossen sei, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um die Behörden dabei zu unterstützen, dem tunesischen Volk das zurückzugeben, was ihm durch die Korruption des früheren Regimes gestohlen wurde; um die Rückführung dieser Vermögenswerte zu erleichtern, hat die EU angekündigt, dass sie die tunesischen Behörden insbesondere dadurch unterstützen werde, dass sie ein Unterstützungsteam für die Rückführung von Vermögenswerten einsetzen werde, dessen Experten in Tunis und Brüssel angesiedelt sind;
G. in Kenntnis der Tatsache, dass in den Schlussfolgerungen der Ko-Vorsitzenden der Task Force EU-Ägypten erklärt wurde, dass das Einfrieren und die Rückführung verunteuter Vermögenswerte ein wichtiges politisches Thema für Ägypten und für die EU sei und dass die EU weiterhin die Führung beim Thema Rückführung von Vermögenswerten übernehmen und mit internationalen Partnern, wie etwa der Schweiz, den internationalen Finanzinstitutionen, insbesondere der Weltbank, der StAR-Initiative und der G8, eng zusammenarbeiten werde, um eine Übersicht des Sachstands zu geben, konkrete nächste Schritte vorzuschlagen und die Zusammenarbeit zu verstärken;
H. in der Erwägung, dass Ägypten, Libyen und Tunesien beträchtliche Anstrengungen unternommen haben um sicherzustellen, dass veruntreute Vermögenswerte, die von früheren Diktatoren und ihren Regimen gestohlen wurden, an diese Länder zurückgegeben werden; in Kenntnis der Tatsache, dass verschiedene internationale maßgebliche Akteure, einschließlich der EU, Mitglieder der G8 und der Schweiz, auf diese Bemühungen positiv reagiert haben; unter Hinweis darauf allerdings, dass nur wenige konkrete Ergebnisse in diesem Zusammenhang bisher erreicht wurden und dass eine zunehmende – legitime – Frustration bei den Regierungen und Zivilgesellschaften der ersuchenden Länder festzustellen ist;
I. in Kenntnis der Tatsache, dass der High Court von London entschieden hat, dass eine Londoner Villa, die vom ältesten Sohn des gestürzten libyschen Diktator Muammar Gaddafi für 10 Millionen £ gekauft wurde, nach Recht und Gesetz dem Volk Libyens gehört; unter Hinweis darauf, dass eine Delegation der Weltbank-VN Gemeinsames StAR-Programm, die sich mit den libyschen Behörden an 27. März 2013 in Tripolis traf, bestätigt hat, dass sie an der Aufspürung libyscher Vermögenswerte und der Arbeit zur Sicherstellung der Rückführung aller Geldbeträge, die vom Gaddafi-Regime gestohlen wurden, beteiligt sei;
J. in der Erwägung, dass die libanesischen Behörden im April 2013 fast 30 Millionen US-Dollar an die tunesischen Behörden zurückgegeben haben, die illegal auf Bankkonten des früheren tunesischen Machthabers eingezahlt worden waren;
K. in der Überzeugung, dass ein proaktives Engagement der betroffenen Finanzzentren und die Einbeziehung und Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen sowohl in den ersuchenden als auch den ersuchten Ländern unverzichtbare Bestandteile erfolgreicher Initiativen zur Rückführung von Vermögenswerten sind;
L. in der Erwägung, dass Kommunikation und Transparenz bei den Bemühungen um eine Rückführung von Vermögenswerten entscheidend sind, um bewährte Verfahren zu verbreiten und Anreize zu schaffen, indem erfolgreiche Fälle publik gemacht werden;
M. in der Erwägung, dass Verbindlichkeiten, die von autoritären Regimen gegen die Interessen ihrer Bevölkerung eingegangen und nicht in ihrem Interesse verwandt wurden, verabscheuungswürdige Schulden („odious debt“) darstellen; in der Erwägung, das zivilgesellschaftliche Organisationen und Parlamentarier aus Tunesien und Ägypten eine unabhängige Prüfung ihrer nationalen Schulden gefordert haben; in der Erwägung, dass der tunesische Präsident Marzouki in seiner Rede im Europäischen Parlament vom 1. Februar 2013 die europäischen Mitgliedsstaaten aufgefordert hat, dem Beispiel Deutschlands zu folgen und einen Teil der Auslandsschulden Tunesiens, die von dem Ben-Ali-Regime aufgenommen wurden, in Entwicklungshilfe umzuwandeln; unter Hinweis darauf, dass mehr als 100 Mitglieder des Europäischen Parlaments eine Petition unterzeichnet haben, in der die Aussetzung der Zahlungen auf Auslandsschulden Tunesiens bis zur Vorlage einer unabhängigen Prüfung, um den verabscheuungswürdigen und illegalen Teil dieser Schulden zu ermitteln, gefordert wird; in der Erwägung, dass nach Angaben der Weltbank ein Viertel der tunesischen Auslandsschulden bei Frankreich und der Europäischen Investitionsbank liegt;
1. betont, dass die Rückgabe veruntreuter Vermögenswerte, die von früheren Diktatoren und ihren Regimen in Ländern des arabischen Frühlings, die sich im Übergang befinden, gestohlen wurden, sowie die Ermittlung verabscheuungswürdiger Schulden, die von diesen aufgenommen wurden, über ihre wirtschaftliche Bedeutung hinaus eine moralische Pflicht und ein politisch äußerst sensibles Thema sind, weil sie Auswirkungen insofern haben, als sie zur Wiederherstellung von Gerechtigkeit und Rechenschaftspflicht im Geiste von Demokratie und Rechtstaatlichkeit beitragen und auch Ausdruck des politischen Engagements und der Glaubwürdigkeit der EU und deshalb eine Schlüsseldimension der Partnerschaft der EU mit ihren südlichen Nachbarn sind, wobei besondere Aufmerksamkeit Ägypten, Libyen und Tunesien gilt;
2. betont die Tatsache, dass sich der Prozess der Vermögensrückführung zwar nach nationalen Rechtsvorschriften richtet und die entsprechenden Zuständigkeiten vorrangig bei nationalen Behörden in Mitgliedstaaten, anderen europäischen Ländern und darüber hinaus liegen, die EU aber eine entscheidende Rolle bei der Stimulierung und Erleichterung dieses Prozesses insbesondere hinsichtlich Ländern spielen muss, mit denen Rahmenabkommen in Kraft sind, und hinsichtlich multilateraler politischer und wirtschaftlicher Organisationen, bei denen die EU Mitglied ist;
3. bedauert die Tatsache, dass Fachleute, die sich um die Rückführung veruntreuter Vermögenswerte bemühen, trotz der erheblichen Anstrengungen der ägyptischen, libyschen und tunesischen Behörden und dem starken politischen Willen auf allen Seiten, bislang nur sehr geringe Erfolge verzeichnen konnten, was vor allem zurückzuführen ist auf die Vielzahl und Komplexität der Bestimmungen und Verfahren in verschiedenen Rechtssystemen, die rechtliche Starrheit und den Mangel an Fachwissen bei den betroffenen Ländern des arabischen Frühlings, was die komplizierten rechtlichen, finanziellen und administrativen Verfahren in europäischen und anderen Ländern angeht;
4. bedauert die Tatsache, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten insgesamt weit gehend nicht in der Lage waren, die legitimen Erwartungen der betroffenen Länder zu erfüllen, dass sie alle notwendigen Schritte unternehmen werden, um eine zeitnahe Rückführung illegal erworbener Geldbeträge sicherzustellen, und dass folglich die Glaubwürdigkeit der überarbeiteten Politik der EU gegenüber den Ländern des arabischen Frühlings untergraben wird;
5. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen im Bereich der Wiedergewinnung von Vermögenswerten durch Ägypten, Libyen und Tunesien zu verstärken; betont, dass die Rückführung von Vermögenswerten eine wesentliche Dimension der Unterstützung der Union für einen demokratischen Übergang und wirtschaftliche Erholung in diesen Ländern ausmacht und das gegenseitiges Vertrauen zwischen den beiden Seiten im Sinne einer Partnerschaft mit der Gesellschaft, die eine Säule der überarbeiteten Europäischen Nachbarschaftspolitik darstellt, weiter stärken kann;
6. begrüßt den neuen Rechtsrahmen, der am 26. November 2012 vom Rat angenommen wurde und die Rückgabe veruntreuter Geldbeträge an Ägypten und Tunesien dadurch erleichtert, dass Mitgliedstaaten gestattet wird, eingefrorene Vermögenswerte auf der Grundlage anerkannter gerichtlicher Entscheidungen freizugeben, und dass der Informationsaustausch zwischen dem betreffenden Behörden der Mitgliedstaaten einerseits und Ägypten und Tunesien andererseits gefördert wird; betont allerdings, dass konkrete Ergebnisse innerhalb einer vernünftigen Zeitspanne erreicht werden müssen und dass Libyen in vollem Umfang in den Prozess einbezogen werden muss;
7. fordert die nationalen Vermögensabschöpfungsstellen in allen Mitgliedstaaten auf, eng zusammenzuarbeiten und die Beziehungen zu den einschlägigen Behörden in den Ländern des Arabischen Frühlings auszubauen, um sie bei den komplexen Rechtsverfahren zu unterstützen; fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, proaktiv eine Führungsrolle insbesondere bei der Koordinierung der Bemühungen der Mitgliedstaaten zu spielen indem er für den Kapazitätsaufbau sorgt und die Zusammenarbeit aller betroffenen Staaten fördert;
8. begrüßt in diesem Zusammenhang die von Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, dem Vereinigten Königreich, Japan, der Schweiz und den Vereinigten Staaten eingeleitete Initiative, einen Leitfaden herauszugeben, durch den eine umfassende Beschreibung ihrer nationalen Rechtssysteme im Hinblick auf die Rückführung von Vermögenswerten bereitgestellt wird, um den ersuchenden Ländern ein besseres Verständnis dafür zu vermitteln, was rechtlich möglich ist, welche Informationen verfügbar sind, welche Art von Untersuchungen durchgeführt werden können und auf welche Weise vorgegangen werden soll, um die Vermögenswerte durch die Erbringung von gegenseitiger Rechtshilfe wirksam rückzuführen; legt allen Mitgliedstaaten nahe, ebenso vorzugehen;
9. begrüßt die Zusammenarbeit zwischen den EU-Institutionen und anderen maßgeblichen internationalen Akteuren bei der Wiedergewinnung von Vermögenswerten durch Ägypten, Libyen und Tunesien, wobei die Initiative „Stolen Asset Recovery“ (StAR) (Rückführung gestohlener Vermögenswerte) der Weltbank und des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung besonders zu erwähnen ist; betont, wie wichtig es ist, bestehende Mechanismen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene zusätzlich zur Annahme der notwendigen neuen Rechtsvorschriften oder der Anpassung bestehender Rechtsvorschriften in nationalen Rechtssysteme in diesem Sinne in vollem Umfang zu nutzen;
10. begrüßt die G8-Initiative in der Form des Aktionsplans der Deauville-Partnerschaft zur Rückführung von Vermögenswerten, in dem konkrete Maßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit, Unterstützung in konkreten Fällen, Kapazitätsaufbau und technische Hilfe vorgesehen sind, und schlägt vor, eine sich auf Zusammenarbeit gründende regionale Initiative zu ergreifen – das arabische Forum für die Rückführung von Vermögenswerten –, die Gesprächen und Zusammenarbeit bei den weiteren Anstrengungen dient;
11. fordert die unverzüglicher Einrichtung eines EU-Mechanismus, der sich aus einem Team von Ermittlern, Staatsanwälten, Juristen und anderen Fachleuten aus den betroffenen Mitgliedstaaten und anderen europäischen und nicht europäischen Ländern, einschließlich Kanadas und der Vereinigten Staaten, zusammensetzt und das Ziel hat, den Ländern des arabischen Frühlings im Prozess der Rückführung von Vermögenswerten rechtliche und technische Beratung und Unterstützung zu leisten; fordert, dass dieser Mechanismus ordnungsgemäß durch die einschlägigen Finanzinstrumente im Bereich der Außenbeziehungen der Union finanziert wird; betont im Kontext komplizierter, sensibler und langwieriger Gerichtsverfahren die Bedeutung der Nachhaltigkeit dieses EU-Mechanismus;
12. fordert die Europäische Union auf, die Lehren aus ihrer Erfahrung mit der Rückführung von Vermögenswerten mit Bezug auf die Länder des arabischen Frühlings zu ziehen, auch was die Mängel in den rechtlichen und politischen Rahmen sowohl der EU und der Mitgliedstaaten als auch auf internationaler Ebene in diesem Bereich angeht; fordert die Kommission und den Europäischen auswärtigen Dienst auf, eine Mitteilung zu erarbeiten, in der mögliche Initiativen auf EU- und internationaler Ebene vorgestellt werden, um eine rasche und effiziente Rückführung illegal erworbener Vermögenswerte im Anschluss an Prozesse des demokratischen Übergangs in Drittländern sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass es innerhalb des europäischen Finanzsystems im Besonderen und weltweit im Allgemeinen keinen „Unterschlupf“ für Vermögenswerte gibt, die von korrupten Regimen gestohlen wurden;
13. empfiehlt der Parlamentarischen Versammlung der Union für den Mittelmeerraum, sich mit dem Thema der Wiedergewinnung von Vermögenswerten durch Länder des arabischen Frühlings, die sich im Übergang befinden, mit dem Ziel zu befassen, Mitglieder nationaler Parlamente von beiden Seiten des Mittelmeeres in diesen Prozess einzubeziehen;
14. fordert die Arabische Liga nachdrücklich auf, Kooperationsmechanismen zur Rückführung von Vermögenswerten festzulegen, anzunehmen und rasch umzusetzen, und fordert insbesondere von den Golfländern, ihre Zusammenarbeit zu verstärken und den Ländern des arabischen Frühlings, die sich mit dem Prozess der Rückführung von Vermögenswerten befassen, ihre rechtliche Unterstützung anzubieten;
15. glaubt, dass ein Teil der Schulden der Länder des arabischen Frühlings sehr wohl unter die rechtliche Definition illegaler, illegitimer und verabscheuungswürdiger Schulden („odious debt“) fallen könnte, und fordert deshalb die Ermittlung verabscheuungswürdiger Schulden;
16. fordert ein Moratorium bei der Zahlung von Zinsen auf die Auslandsschulden Tunesiens bis zur Vorlage einer unabhängigen Prüfung aller Außenkredite, die zwischen 1987 und Februar 2011 vom Staat aufgenommen oder durch staatliche Garantien abgesichert wurden, um den verabscheuungswürdigen und illegitimen Teil der Schuld zu ermitteln; fordert die Europäische Investitionsbank, Frankreich und andere wichtige europäische Kreditgeber auf, eine autonome und detaillierte Prüfung der Kredite durchzuführen, die bei ihnen von Tunesien unter dem Ben-Ali-Regime aufgenommen wurden; legt ihnen in diesem Zusammenhang nahe, die Möglichkeit der Umwandlung eines Teils ihrer Schulden in Entwicklungshilfe zu prüfen; fordert die Kommission auf, diesen Umwandlungsprozess unter anderem durch Kofinanzierung zu unterstützen;
17. unterstreicht die Bedeutung des Beitrags zivilgesellschaftlicher Organisationen sowohl in den ersuchenden als auch in den ersuchten Staaten zum Prozess der Rückführung von Vermögenswerten wie auch hinsichtlich der Ermittlung des verabscheuungswürdigen Teils von Auslandsschulden insbesondere dadurch, dass sie den einschlägigen Behörden Informationen zur Verfügung stellen, die Zusammenarbeit zwischen maßgeblichen nationalen und internationalen Akteuren fördern, die Rückgabe von Vermögenswerten überwachen und dafür sorgen, dass die zurückgegebenen Vermögenswerte in transparenter und effektiver Weise im ersuchenden Mitgliedstaat verwendet werden;
18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission, den Parlamenten und Regierung der Mitgliedstaaten, den Parlamenten und Regierungen der Schweiz und Kanadas, dem Kongress und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, den Parlamenten und Regierungen von Ägypten, Libyen und Tunesien sowie der Europäischen Investitionsbank zu übermitteln.
- [1] Angenommene Texte, P7_TA(2013)0095.