ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum Fortschrittsbericht 2013 über Albanien
9.12.2013 - (2013/2879(RSP))
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Nikola Vuljanić im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten
B7‑0556/2013
Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Fortschrittsbericht 2013 über Albanien
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Thessaloniki vom 19. und 20. Juni 2003 zu den Aussichten der westlichen Balkanstaaten auf einen Beitritt zur Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ vom 11. Dezember 2012, die vom Europäischen Rat am 14. Dezember 2012 bestätigt wurden,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 9. November 2010 mit dem Titel „Stellungnahme der Kommission zum Antrag Albaniens auf Beitritt zur Europäischen Union“ (COM(2010)0680),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 16. Oktober 2013 mit dem Titel „Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2013‑2014“ (COM(2013)0700) und der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen mit dem Titel „Albania 2013 Progress Report“ (Fortschrittsbericht 2013 über Albanien, SWD(2013)0414),
– unter Hinweis auf die vorläufigen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen der Internationalen Wahlbeobachtungsmission zur Parlamentswahl in Albanien vom 23. Juni 2013,
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 22. November 2012 zur Erweiterung: Politiken, Kriterien und die strategischen Interessen der EU[1] und vom 13. Dezember 2012 zum Fortschrittsbericht über Albanien[2],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. Oktober 2013 zu der Bewirtschaftung der Heranführungsmittel der Europäischen Union in den Bereichen Justiz und Korruptionsbekämpfung in den Bewerberländern und potenziellen Bewerberländern[3] und seine Feststellungen zu Albanien,
– unter Hinweis auf die in der sechsten Sitzung des Parlamentarischen Stabilisierungs- und Assoziierungsausschusses Europäische Union-Albanien vom 28./29. Oktober 2013 abgegebenen Empfehlungen,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Albanien bei der Erfüllung der zwölf in der Stellungnahme der Kommission von 2010 genannten Schlüsselprioritäten Fortschritte erzielt hat und der Reformprozess auf zufriedenstellende Weise vorankommt; in der Erwägung, dass Albanien die verbleibenden wichtigen Maßnahmen zur Reform der Justiz, der öffentlichen Verwaltung und des Parlaments in einem parteiübergreifenden Konsens verabschiedet hat; in der Erwägung, dass nach wie vor Herausforderungen bestehen, die rasch und effizient angegangen werden müssen, damit weitere Fortschritte auf dem Weg zum Beitritt zur EU erzielt werden;
B. in der Erwägung, dass der geordnete Verlauf der Parlamentswahlen vom Juni 2013 und die friedliche Machtübergabe eine positive Wirkung auf den Demokratisierungsprozess des Landes gezeitigt und das Bild Albaniens auf der internationalen Bühne verbessert haben;
C. in der Erwägung, dass der Beitrittsprozess zur EU zu einer treibenden Kraft für die Weiterführung von Reformen in Albanien geworden ist und der Beitritt zur EU in besonders hohem Maße von den Bürgern unterstützt wird;
D. in der Erwägung, dass die neue Wahlperiode des Parlaments trotz der bislang erzielten Fortschritte erneut mit Spannungen zwischen den politischen Kräften begonnen hat; in der Erwägung, dass durch diese Vorfälle deutlich wird, dass die politischen Kräfte dringend einen Geist des Dialogs, der Zusammenarbeit und der Kompromissbereitschaft fördern müssen, wobei dies in erster Linie für das Verhältnis zwischen den beiden größten politischen Kräften, aber auch für alle weiteren Akteure im gesellschaftlichen Leben des Landes gilt;
E. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament bei den Bemühungen um ein gesundes politisches Klima im Land eine wichtige Rolle gespielt hat; in der Erwägung, dass die Dynamik des Reformprozesses und die Umsetzung der EU-Agenda nur mithilfe eines tragfähigen politischen Dialogs weitergeführt werden können;
F. in der Erwägung, dass die EU die Rechtsstaatlichkeit ins Zentrum ihres Erweiterungsprozesses gestellt hat; in der Erwägung, dass die Unabhängigkeit der Justiz und die Bekämpfung von Korruption, organisiertem Verbrechen sowie Menschen‑, Waffen‑ und Drogenhandel nach wie vor Bereiche sind, die Anlass zu ernsthafter Sorge geben; in der Erwägung, dass der Prozess der Integration in die EU nur vorankommen kann, wenn Fortschritte in diesen Bereichen erzielt werden; in der Erwägung, dass für die Erzielung dieser Fortschritte eine umfassende politische Unterstützung erforderlich ist;
G. in der Erwägung, dass die Rechte von Minderheiten – insbesondere der Roma-Minderheit und der LGBTI-Gemeinschaft – weiter gestärkt werden sollten; in der Erwägung, dass die Lebensumstände der Roma in Albanien erschreckend sind und umgehend verbessert werden müssen, insbesondere was den Zugang der Roma zum Melderegister, zu Wohnraum und Bildung sowie die Inklusion der Kinder von Roma in das Bildungssystem – von der Vorschule bis zur Universität – betrifft;
H. in der Erwägung, dass gesellschaftlichen Reformen der gleiche Stellenwert wie Reformen des politischen Systems und des Rechtssystems zukommt; in der Erwägung, dass Albanien bestrebt ist, das Maß an sozialem Zusammenhalt zu erhöhen, und dazu auf die entschiedene Unterstützung der EU angewiesen ist sowie entschlossenere Anstrengungen vonseiten der Regierung erforderlich sind, die als dritte beteiligte Partei gemeinsam mit den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden den sozialen Dialog fördern muss;
I. in der Erwägung, dass eine professionelle, wirksame und leistungsorientierte öffentliche Verwaltung für jedes Land, das eine Mitgliedschaft in der EU anstrebt, von großer Bedeutung ist;
J. in der Erwägung, dass Korruption und Straflosigkeit bei Verbrechen in der albanischen Gesellschaft nach wie vor weit verbreitet sind; in der Erwägung, dass staatliche Einrichtungen, die sich mit der Bekämpfung von Korruption befassen, immer noch anfällig für politischen Druck und politische Einflussnahme sind; in der Erwägung, dass Korruption in der Justiz und bei Strafverfolgungsbehörden nach wie vor ein besonders schwerwiegendes Problem darstellt;
K. in der Erwägung, dass die Fortschritte der einzelnen Länder auf dem Weg zu einem Beitritt zur EU von ihren Bemühungen um die Erfüllung der Kopenhagener Kriterien und der an den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess geknüpften Bedingungen abhängen;
L. in der Erwägung, dass die Erweiterungspolitik glaubwürdig bleiben und auf der Erfüllung objektiver Kriterien beruhen muss; in der Erwägung, dass Albanien den Status eines Bewerberlandes erlangen kann, da es die für diesen Schritt notwendigen Kriterien erfüllt hat;
Allgemeine Überlegungen
1. begrüßt und unterstützt die Analysen und Empfehlungen des Fortschrittsberichts 2013 über Albanien und fordert den Rat auf, die erzielten Fortschritte anzuerkennen, indem Albanien unverzüglich der Status eines Bewerberlandes gewährt wird; fordert die staatlichen Stellen und alle politischen Kräfte Albaniens nachdrücklich auf, die bislang erzielten Fortschritte zu festigen;
2. spricht allen politischen Kräften seine Anerkennung für den insgesamt ordnungsgemäßen Verlauf der jüngsten Parlamentswahl und für die reibungslose Übergabe der Macht aus; empfiehlt, das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Wahlverfahren unter anderem dadurch weiter zu stärken, dass die institutionelle Unabhängigkeit der Zentralen Wahlkommission gestärkt und die Professionalität der Wahlbeamten verbessert wird; ist der Ansicht, dass alle Parteien weiterhin einen echten politischen Dialog führen und zusammenarbeiten sowie Kompromisse finden müssen, da dies eine Voraussetzung für den Fortschritt in politischen Prozessen ist;
3. betont, dass alle politischen Parteien und Interessenträger in Albanien einschließlich der Medien und der Zivilgesellschaft darauf hinarbeiten sollten, das politische Klima im Land zu verbessern und somit Dialog und gegenseitiges Verständnis zu ermöglichen; fordert aus diesem Grund das ernsthafte Engagement aller politischen Parteien, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und anderer Interessenträger;
4. betont, dass die Vorbereitungen für die Integration in die EU breite Unterstützung in Politik und Gesellschaft finden sollten; legt der Regierung nahe, die Reformen zur Integration konsequent weiterzuverfolgen und sämtliche politischen Kräfte und die Zivilgesellschaft dabei einzubinden; ist der Auffassung, dass die albanische Zivilgesellschaft, die Medien und die Bürger ihre Spitzenpolitiker für die politischen Konsequenzen – vor allem im Zusammenhang mit der Integration in die EU – zur Rechenschaft ziehen müssen;
5. fordert die albanische Regierung auf, die administrativen Kapazitäten zu verstärken, indem die Reform der öffentlichen Verwaltung fortgesetzt wird und die Depolarisierung der politischen Kräfte sowie der Wissensstand in Bezug auf das EU-Recht und die Beschlussfassung in der EU gefördert werden;
6. nimmt die vielversprechenden Fortschritte bei der Reformagenda zur Kenntnis und bekundet sein Vertrauen in das Potenzial, die Fähigkeit und das Engagement Albaniens, auf seinem Weg nach Europa weiter voranzuschreiten, sofern die politischen Kräfte weiterhin konstruktiv zusammenarbeiten; begrüßt, dass wichtige Rechtsreformen verabschiedet wurden, wie die Überarbeitung der Geschäftsordnung des Parlaments, der Erlass des Gesetzes über den öffentlichen Dienst oder die Änderungen am Gesetz in Bezug auf das Oberste Gericht; fordert Albanien auf, in Bezug auf die wirksame Umsetzung dieser Reformen Ergebnisse zu liefern;
7. nimmt die verbleibenden Defizite bei der Umsetzung der Rechtsvorschriften zur Kenntnis und betont, dass die Umsetzung der Reformagenda stärker vorangetrieben werden muss und eindeutige Ergebnisse vorgelegt werden müssen; ersucht sowohl die Regierungsmehrheit als auch die Opposition, die parteiübergreifende Zusammenarbeit bei der Verabschiedung und Umsetzung von wichtigen Reformen fortzusetzen;
8. fordert Albanien auf, das Gesetz über den öffentlichen Dienst rechtzeitig und wirksam umzusetzen, das Gesetz über allgemeine Verwaltungsverfahren wie geplant zu erlassen und das Gesetz über die Organisation und Funktionsweise der öffentlichen Verwaltung zu stärken; betont, dass das Ministerium für öffentliche Verwaltung mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden und das Informationssystem für die Personalverwaltung uneingeschränkt einsatzbereit sein muss;
9. begrüßt, dass die europäische Integration und die Modernisierung des Landes nach wie vor grundlegende Prioritäten der neuen Regierung sind; fordert Albanien auf, insbesondere in Bezug auf die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und die Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens gemäß den in der Stellungnahme der Kommission von 2010 genannten Schlüsselprioritäten weiter Ergebnisse zu liefern, und zwar unter anderem in Form konkreter Ergebnisse bei der Umsetzung und Annahme noch fehlender Rechtsvorschriften; fordert Albanien nachdrücklich auf, die Zusammenarbeit zwischen dem Ministerium für europäische Integration und den Fachministerien zu verbessern und so die europäische Reformagenda zu stärken;
Politische Kriterien
10. fordert sowohl die Regierung als auch das Parlament auf, sich entschlossener für die Stärkung der Unabhängigkeit, der Rechenschaftspflicht, der Unparteilichkeit und der Effizienz des Justizapparats einschließlich des Hohen Justizrates und eines unabhängigen Generalstaatsanwalts einzusetzen, der auf der Grundlage transparenter, unparteiischer und leistungsbezogener Kriterien zu ernennen ist; fordert die staatlichen Stellen nachdrücklich auf, auch durch Sensibilisierungsmaßnahmen der staatlichen Kommission für Rechtsbeistand und durch Einrichtung der vorgeschlagenen Ortsstellen für Rechtsbeistand den Zugang zur Justiz für alle darauf angewiesenen Bürger zu verbessern; fordert die staatlichen Stellen auf, die Unabhängigkeit, Effizienz und Wirksamkeit von Einrichtungen zur Durchsetzung der Menschenrechte, wie etwa des Bürgerbeauftragten und des Beauftragten für den Schutz vor Diskriminierung, zu stärken;
11. betont, dass die albanische Justiz gänzlich unabhängig, berechenbarer, effizienter und gerechter sein sollte, damit ihr sowohl Bürger als auch die Wirtschaft vertrauen; fordert die staatlichen Stellen daher auf, für die Entpolitisierung der Justiz Sorge zu tragen, indem ein leistungsbezogenes und transparentes Verfahren zur Ernennung von Richtern und Staatsanwälten geschaffen wird, bei Disziplinarverfahren konkrete Ergebnisse geliefert werden und in der Rechtsprechung für angemessene Fristen und eine Vereinheitlichung, für die Veröffentlichung von bzw. den problemlosen Zugang zu sämtlichen gerichtlichen Entscheidungen unmittelbar nach ihrem Erlass sowie in sämtlichen Gerichten für die Fallzuweisung nach dem Zufallsprinzip gesorgt wird;
12. betont, dass eine leistungsbezogene und professionelle öffentliche Verwaltung geschaffen werden muss, die transparent arbeitet und Gesetze erlassen und umsetzen kann; fordert, dass die erforderlichen sekundären Rechtsvorschriften erlassen werden, damit das Gesetz über den öffentlichen Dienst und das neue Gesetz über allgemeine Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß umgesetzt werden können; betont, dass das Ministerium für öffentliche Verwaltung gestärkt werden und das Informationssystem für die Personalverwaltung uneingeschränkt einsatzbereit sein muss; hebt hervor, dass das Engagement für die Entpolitisierung der öffentlichen Verwaltung, die Bekämpfung der Korruption, die Durchsetzung des Leistungsprinzips bei Ernennungen, Beförderungen und Entlassungen und die Verbesserung der Effizienz und der Finanzlage der öffentlichen Verwaltung weiter verstärkt werden muss;
13. begrüßt das Vorhaben der Regierung, noch vor der für 2015 landesweit anberaumten Kommunalwahl eine umfassende Verwaltungs- und Gebietsreform einzuleiten und abzuschließen; betont allerdings, dass alle Interessenträger vor Ort angemessen angehört werden müssen und dass die Reform den Bestimmungen der Europäischen Charta für kommunale Selbstverwaltung entsprechen muss, einschließlich der Bestimmungen zum Schutz der Rechte der Volksgruppen und der Bestimmungen, mit denen die politische, administrative und finanzielle Unabhängigkeit der lokalen Gebietskörperschaften gewährleistet wird;
14. betont, dass das politische Engagement zur Bekämpfung der Korruption auf allen Ebenen weiter verstärkt werden muss, die institutionellen Kapazitäten aufgestockt werden müssen und die Abstimmung zwischen den Institutionen verbessert werden muss; fordert mehr Einsatz zur Beseitigung von Korruption in den lokalen Verwaltungen; nimmt die Ergebnisse hinsichtlich der Annahme strategischer Dokumente im Bereich der Korruptionsbekämpfung zur Kenntnis; stellt mit Genugtuung fest, dass sämtliche Empfehlungen der dritten GRECO-Bewertungsrunde befolgt wurden, dass ein nationaler Koordinator für die Bekämpfung der Korruption ernannt wurde und dass die Regierung beabsichtigt, innerhalb eines jeden Ministeriums einen Korruptionsbeauftragten zu ernennen; weist darauf hin, dass die gültigen Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Korruption kohärent angewendet werden müssen;
15. fordert die Regierung auf, ein eindeutiges Mandat und einen Aktionsplan beziehungsweise eine Strategie für den nationalen Koordinator für die Bekämpfung der Korruption aufzustellen und die Ausarbeitung der neuen nationalen Strategie zur Bekämpfung der Korruption in die Wege zu leiten, wozu auch eindeutige Ergebnisindikatoren sowie Folgemaßnahmen und Aufsichtsmechanismen gehören; fordert die zuständigen Behörden außerdem nachdrücklich auf, die Aufgaben des Referats für Interne Kontrolle und Korruptionsbekämpfung klarzustellen, die Kapazitäten im Bereich der internen Kontrollmechanismen zu erweitern, die gemeinsamen Ermittlungseinheiten mit ausreichenden Mitteln auszustatten, die Umsetzung der Strategie und der Aktionspläne zur Bekämpfung der Korruption zu überwachen und bei Ermittlungen, bei der Strafverfolgung und bei Verurteilungen auch bei Korruption auf hoher Ebene weitere Ergebnisse zu liefern; fordert die albanischen Behörden nachdrücklich auf, die Schwachstellen für politische Einmischung zu beseitigen, die bei den mit der Korruptionsbekämpfung befassten Stellen bestehen;
16. weist erneut darauf hin, dass bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens Reformen und regionale Zusammenarbeit entschlossen gestärkt und bei Ermittlungen, bei der Strafverfolgung und bei Verurteilungen auf allen Ebenen – insbesondere bei der Herstellung von und dem Handel mit Drogen, dem Menschen- und Kinderhandel und dem illegalen Glücksspiel – Ergebnisse geliefert werden müssen; fordert die Regierung nachdrücklich auf, auf Erfolge bei Finanzermittlungen hinzuarbeiten und dabei den Schwerpunkt auf Fälle von Vermögen ungeklärter Herkunft und deren Verbindung zu kriminellen Aktivitäten und organisiertem Verbrechen zu legen; weist erneut darauf hin, dass die Abstimmung unter den Strafverfolgungsbehörden verbessert werden muss;
17. würdigt den Einsatz des Bürgerbeauftragten für die Förderung der Menschenrechte, seine Offenheit für schutzbedürftige Personen und seine Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen; bedauert, dass die Jahres- und Sonderberichte des Bürgerbeauftragten nicht im Parlament erörtert wurden, sodass sie nicht veröffentlicht werden können und nicht offiziell anerkannt werden; fordert die Regierung und das Parlament nachdrücklich auf, die Zusammenarbeit mit dem Büro des Bürgerbeauftragten zu verbessern; bedauert, dass der Bürgerbeauftragte bislang nicht regelmäßig und rechtzeitig von der Regierung über einschlägige Entwürfe von Rechtsakten unterrichtet bzw. dazu angehört wurde; stellt mit Besorgnis fest, dass die dem Bürgerbeauftragten zugewiesenen Mittel nach wie vor unzureichend sind und weiter gekürzt wurden; betont, dass diese Institution für die zukünftige Erfüllung ihrer Aufgaben auf eine stärkere finanzielle und politische Unterstützung durch das Parlament und die Regierung angewiesen ist; fordert eine breit angelegte Sensibilisierungskampagne über die Aufgaben und die Bedeutung dieser Einrichtung;
18. fordert das Parlament, die Regierung und andere einschlägige staatliche Organe auf, die Integrität und Unabhängigkeit wichtiger Institutionen, wie der staatlichen Polizei, des Hohen Justizrates, des Aufsichtsamts für die Deklaration und Kontrolle von Vermögen, der Behörde für audiovisuelle Medien und des nationalen Statistikinstituts, zu bewahren und auszubauen;
19. äußert seine Besorgnis über das Fortbestehen der Blutrache in Albanien, da sie nicht nur mit Mord und Gewalt einhergeht, sondern viele Kinder zwingt, auf unbestimmte Zeit zuhause zu bleiben, was weitreichende gesellschaftliche Folgen hat und das Leben von vielen tausend Menschen beeinträchtigt; stellt fest, dass die Zahl der aufgrund von Blutrache begangenen Morde steigt; fordert die staatlichen Stellen Albaniens auf, der Aufforderung der Vereinten Nationen und den Empfehlungen des Bürgerbeauftragten nachzukommen und eine verlässliche Datenbank aufzubauen, den 2005 geschaffenen Koordinierenden Rat für die Bekämpfung von Blutrache seine Arbeit aufnehmen zu lassen und einen Aktionsplan für die Bekämpfung der Blutrache auszuarbeiten;
20. würdigt die Verbesserung des Dialogs zwischen der Zivilgesellschaft und der Regierung und betont, dass der Dialog vertieft und erweitert und seine Errungenschaften gefestigt werden müssen – sowohl in den Bereichen Demokratie, Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten als auch in Bezug auf die Gestaltung eines rechtsetzenden Rahmens für neue Reformen; betont die grundlegende Rolle der Zivilgesellschaft für die regionale Zusammenarbeit bei gesellschaftlichen und politischen Themen; fordert die Regierung auf, die Beteiligung von Akteuren der Zivilgesellschaft am politischen Gestaltungsprozess zu erleichtern;
21. begrüßt, dass die Rechte der Minderheiten im Allgemeinen geachtet werden und dass die Religionsfreiheit weithin verbreitet ist; fordert die zuständigen staatlichen Stellen auf, das Klima der Inklusion und Toleranz für alle Minderheiten im Land weiter zu verbessern; ist besorgt, dass Bevölkerungsgruppen wie etwa Roma, Menschen mit Behinderungen und Angehörige der LGBTI-Gemeinschaft nach wie vor Diskriminierung, auch vonseiten staatlicher Stellen, ausgesetzt sind; betont, dass alle Minderheiten geschützt werden müssen; fordert die Regierung nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass die einschlägigen Rechtsvorschriften umfassend umgesetzt werden, und legt den staatlichen Stellen nahe, sich stärker dafür einzusetzen, dass die Öffentlichkeit für die verschiedenen Formen der Diskriminierung sensibilisiert wird; betont, dass die Öffentlichkeit verstärkt über die ihr zur Verfügung stehenden Rechtsmittel informiert werden muss, damit die Bürger gegen die verschiedenen Formen der Diskriminierung Beschwerde einreichen können;
22. fordert weitere Maßnahmen, um die Rechte der Minderheit der Roma zu gewährleisten, die nach wie vor häufig Diskriminierung ausgesetzt ist; fordert in diesem Zusammenhang, dass der Aktionsplan zur Roma-Dekade im Interesse einer stärkeren Inklusion der Roma zügig umgesetzt wird, finanzielle Mittel in ausreichender Höhe bereitgestellt und die Rechtsvorschriften überarbeitet werden; betont, dass ein Schlüssel für die Lösung der Probleme der Roma in Albanien in der Aufnahme in das Melderegister und im Zugang zu Wohnraum und Bildung liegt; fordert die Regierung eindringlich auf, konsequente Maßnahmen zu ergreifen, um die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen;
23. fordert eine angemessene Überprüfung und Umsetzung der Rechtsvorschriften, eine stärkere Sensibilisierung, Bildungs- und andere Maßnahmen – einschließlich der Bestrafung von Hassreden – zur Bekämpfung der Diskriminierung von Angehörigen der LGBTI-Gemeinschaft sowie dass in diesem Bereich Ergebnisse geliefert werden;
24. betont die grundlegende Bedeutung von professionellen, unabhängigen und pluralistischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medien für die Demokratie; weist auf den hohen Stellenwert des Zugangs zum Internet – die Zugangsrate in Albanien ist eine der niedrigsten in der Region – und der digitalen Freiheit hin;
25. begrüßt, dass der Rechtsrahmen für die audiovisuellen Medien durch den Erlass des Gesetzes über audiovisuelle Medien verbessert worden ist; stellt fest, dass das Medienumfeld pluralistisch und vielfältig ist; ist nach wie vor besorgt über die Einflussnahme und Einmischung der Politik im Medienbereich sowie über die Selbstzensur vor allem bei den öffentlich-rechtlichen Medien; betont, dass zusätzliche Anstrengungen erforderlich sind, um die Unabhängigkeit der Medienregulierungsbehörde und des öffentlichen Rundfunks uneingeschränkt zu gewährleisten; fordert Maßnahmen zum Schutz von Journalisten und ihrer investigativen Arbeit; betont, dass der Medienpluralismus sichergestellt und gefördert werden muss, damit das Recht auf freie Meinungsäußerung gestärkt wird und Transparenz bei den Eigentumsverhältnissen und der Finanzierung der Medien gewährleistet ist; weist darauf hin, dass für den Ausbau öffentlich-rechtlicher Medien im neuen Mediensystem eine langfristige Strategie erforderlich ist;
26. begrüßt den Beschluss der neuen Regierung, die Zahl der Frauen in leitenden Regierungsämtern zu erhöhen, und hofft, dass sich dieser Schritt positiv auf die Gesellschaft insgesamt auswirken wird; fordert, Gewalt gegen Frauen keinesfalls zu tolerieren und jegliche Geschlechterstereotypen in den Rechtsvorschriften sowie bei deren Umsetzung zu beseitigen;
27. fordert die Regierung auf, ihr Engagement für die Durchsetzung von Rechtsvorschriften und die Umsetzung von Maßnahmen im Zusammenhang mit den Rechten der Frau und der Gleichstellung der Geschlechter zu verstärken und dabei den Schwerpunkt auf den Schutz der Frauen vor jeglicher Form von Gewalt und auf ihre gleichberechtigte Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben zu legen; empfiehlt weitere Anstrengungen zur Gleichstellung der Geschlechter auf staatlicher und lokaler Ebene;
28. betont, dass die Rechte und die Lebensbedingungen von Menschen, die – wie Häftlinge, Waisen oder psychisch Kranke – vom Staat abhängig sind, gestärkt bzw. verbessert werden müssen;
29. fordert, dass weitere Anstrengungen zur wirksamen Umsetzung der Strategie und des Aktionsplans für Eigentumsrechte unternommen werden, da diese Rechte eine Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung darstellen; nimmt die Maßnahmen zur Bewältigung des landesweiten Problems der illegalen Bebauung zur Kenntnis; ist über die geringen Fortschritte bei der Erfassung und Rückgabe von Eigentum besorgt; fordert die Regierung auf, ein detailliertes Konzept und einen Zeitplan für die Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Zusammenhang mit den Eigentumsrechten zu übermitteln;
30. fordert die Regierung nachdrücklich auf, Strategien für erneuerbare Energiequellen auszuarbeiten, sich nachdrücklicher mit der Frage der Abfallwirtschaft zu befassen und einen umweltfreundlichen Tourismus zu fördern; begrüßt die kürzlich eingeleitete Initiative der Zivilgesellschaft hinsichtlich eines Referendums über Müllimporte; begrüßt ausdrücklich den Beschluss des Parlaments vom 10. Oktober 2013, durch den die nach dem Gesetz Nr. 10463 vom 22. September 2011 vorgesehene Genehmigung von Müllimporten aufgehoben wurde;
31. fordert, dass vorbeugende Maßnahmen gegen einen Anstieg unbegründeter Asylverfahren nach Aufhebung der Visumpflicht durch die Europäische Union getroffen werden;
Sozial- und Wirtschaftsreformen
32. fordert die zuständigen staatlichen Stellen auf, entschieden gegen die unzulängliche Strafverfolgung und Steuererhebung sowie gegen die weit verbreitete Schattenwirtschaft vorzugehen, da diese Faktoren den sozialen Zusammenhalt und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes behindern; legt der neuen Regierung nahe, Maßnahmen und Rechtsvorschriften durchzusetzen, um die Beschäftigung, den Gesundheitsschutz und die Sicherheit am Arbeitsplatz, die Sozialversicherungsansprüche, das Recht auf Schutz vor wie auch immer gearteter Diskriminierung im Erwerbsleben, die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern und weitere arbeitsrechtliche Vorschriften insbesondere für junge Menschen und Frauen zu fördern;
33. äußert seine Besorgnis über den mangelnden Fortschritt im Bereich der Sozialpolitik und der Beschäftigung; begrüßt die Absicht der neuen Regierung, sich mit diesem Problem zu befassen; ist sich der Haushaltszwänge zwar bewusst, fordert aber dennoch eine Abkehr von dem politischen Kurs zur Kürzung der für Reformen im Bereich der Sozialfürsorge und des sozialen Schutzes vorgesehenen Haushaltsmittel; betont, dass den schutzbedürftigsten Gruppen unter den Erwerbslosen dringend soziale Fürsorge zukommen muss; stellt mit großer Besorgnis fest, dass Kinderarbeit nach wie vor ein großes Problem ist, und fordert die Regierung auf, entschlossen dagegen vorzugehen;
34. betont, dass Albanien die acht wichtigsten Übereinkommen über Arbeitnehmerrechte der Internationalen Arbeitsorganisation ratifiziert hat; ist besorgt, dass im Bereich der Arbeitnehmerrechte und der Gewerkschaften nur geringe Fortschritte erzielt wurden; fordert die Regierung auf, die Rechte der Arbeitnehmer und Gewerkschaften weiter zu stärken; fordert die Regierung nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Vorschriften des Arbeitsrechts sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor eingehalten werden, und den trilateralen sozialen Dialog zu verbessern, um sowohl die Rolle der Gewerkschaften zu stärken als auch eine breitere Unterstützung für die Umsetzung der Reformgesetze zu erhalten; stellt fest, dass der Dialog mit dem Auslaufen des Mandats des Nationalen Arbeitsrats im März 2013 zum Erliegen gekommen ist und dass der bilaterale soziale Dialog vor allem in der Privatwirtschaft nach wie vor schwach ausgeprägt ist; weist darauf hin, dass der soziale Dialog und die Achtung der Arbeitnehmerrechte Stützpfeiler einer sozialen Marktwirtschaft sind;
35. betont, dass dem Schutz der Rechte von Kindern besondere Aufmerksamkeit zukommen sollte, und fordert – damit es nicht zu Ausgrenzung kommt – Investitionen in das frühkindliche Bildungsangebot insbesondere für Kinder von Angehörigen der Minderheiten oder aus Randgruppen sowie zielgerichtete Maßnahmen, um Familien Unterstützung bei der Kinderbetreuung und der Ernährung zu gewähren und die Übertragung der Armut auf die nächste Generation zu verhindern; betont, dass die Lage von Minderjährigen in Gerichtsverfahren – im Einklang mit bewährten europäischen Verfahrensweisen – umgehend verbessert werden muss; weist darauf hin, dass das öffentliche Bildungswesen mit angemessenen Mitteln ausgestattet werden muss; fordert die staatlichen Stellen nachdrücklich auf, die Strategie für Gerechtigkeit für Kinder zu verabschieden; betont, dass insbesondere die Strafverfolgung im Bereich des illegalen Handels und die Bemühungen um den Schutz der Opfer weiterhin durch Korruption innerhalb der Justiz beeinträchtigt werden;
Regionale Zusammenarbeit
36. begrüßt die stabilisierende Rolle Albaniens auf dem westlichen Balkan, insbesondere in den Beziehungen zu seinen Nachbarländern – wobei in einigen dieser Länder eine zahlenmäßig starke albanische Minderheit lebt –, und seinen Beitrag zu einem friedlichen Zusammenleben der Religionsgemeinschaften;
37. begrüßt, dass die neue Regierung eine nationalistische Rhetorik ablehnt und beabsichtigt, eine Politik der guten Nachbarschaft zu pflegen; hebt die zentrale Rolle hervor, die Albanien bei der Förderung gutnachbarlicher Beziehungen auf dem westlichen Balkan zukommt; legt Albanien nahe, weiterhin eine konstruktive Rolle in der Region wahrzunehmen;
°
° °
38. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Regierung und dem Parlament Albaniens zu übermitteln.
- [1] Angenommene Texte, P7_TA(2012)0453.
- [2] Angenommene Texte, P7_TA(2012)0508.
- [3] Angenommene Texte, P7_TA(2013)0434.