ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu den Vorbereitungen für die Tagung des Europäischen Rates am 19. und 20. Dezember 2013
9.12.2013 - (2013/2626(RSP))
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Marisa Matias, Alda Sousa, Patrick Le Hyaric, Willy Meyer im Namen der GUE/NGL-Fraktion
B7‑0565/2013
Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Vorbereitungen für die Tagung des Europäischen Rates am 19. und 20. Dezember 2013
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Gipfelerklärung der Mitglieder des Euro-Währungsgebiets vom 29. Juni 2012,
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24. und 25. Oktober 2013,
– in Kenntnis der Mitteilungen der Kommission vom 20. März 2013 „Auf dem Weg zu einer vertieften und echten Wirtschafts- und Währungsunion: Vorabkoordinierung größerer wirtschaftspolitischer Reformvorhaben“ (COM(2013)0166) und „Auf dem Weg zu einer vertieften und echten Wirtschafts- und Währungsunion: Einführung eines Instruments für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit“ (COM(2013)0165),
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates zur Beschäftigungsinitiative für Jugendliche vom 7. Februar 2013,
– in Kenntnis der am 28. Februar 2013 im Rat erzielten politischen Einigung über eine Empfehlung des Rates zur Einführung einer Jugendgarantie,
– gestützt auf die Artikel 77, 78, 79 und 80 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. September 2012 über verstärkte EU-interne Solidarität im Asylbereich[1],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Oktober 2013 zu den Flüchtlingswellen im Mittelmeerraum, insbesondere den tragischen Ereignissen vor Lampedusa[2],
– unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Regelungen für die Überwachung der Seeaußengrenzen im Rahmen der von der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union koordinierten operativen Zusammenarbeit (COM(2013)0197),
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Europäische Union mit Blick auf ihre Geschichte die unbedingte Verpflichtung hat, als verlässlicher und gewaltfreier weltpolitischer Akteur und Vermittler aufzutreten, der nur zivile und friedliche Konfliktlösungen anstrebt, und sich in ihren internationalen Beziehungen für die vollständige Beseitigung von Armut durch nachhaltige Entwicklung, Rüstungskontrolle und Abrüstung einzusetzen, indem sie ausgewogene Wirtschaftsbeziehungen, einen fairen Handel und die gerechte Verteilung der Ressourcen und des Vermögens auf der Welt fördert, um für Stabilität und Wohlstand in der EU und in der Welt zu sorgen;
B. in der Erwägung, dass die in der EU – insbesondere seit der Erklärung von Saint Malo von 1998, der Formulierung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) im Jahre 2003 und nach Beginn der Umsetzung des Vertrags von Lissabon – entwickelte militärische Schlagkraft nicht nur als letzter Trumpf betrachtet wird, der unter außergewöhnlichen Umständen gezogen wird, sondern vielmehr einer ganzen Reihe von Funktionen „stiller Sicherheit“ dient, die über die Verteidigung hinausgehen und erkennungsdienstliche Arbeit, Aufklärung, Massenüberwachung, Abschreckung und die Nutzung des Weltraums zu militärischen Zwecken umfassen;
C. in der Erwägung, dass internationale Denkfabriken (darunter diejenigen, die hinter der Globalen Europäischen Strategie[3] stehen) und die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin selbst für eine geografische Ausdehnung von GSVP-Aktionen plädieren, die einem neokolonialen europäischen Reich gleichkommt, da sie sich dafür aussprechen, dass Europa größere Verantwortung für seine eigene Sicherheit und die Sicherheit seiner Nachbarn tragen muss, und die Ansicht vertreten, dass die Union in der Lage sein muss, im Rahmen der GSVP in ihrer Nachbarschaft entschlossen als Garant der Sicherheit aufzutreten, wenn möglich gemeinsam mit anderen, jedoch erforderlichenfalls auch allein, auch durch direkte Interventionen. Strategische Eigenständigkeit müsse zuerst in der Nachbarschaft der EU ihren Niederschlag finden, und in zunehmendem Maße seien auch „Nachbarn von Nachbarn“ betroffen, z. B. in der Sahelzone oder am Horn von Afrika, zwei Regionen, in denen die Union derzeit fünf Krisenbewältigungsmissionen durchführt[4];
D. in der Erwägung, dass nach der europäischen Sicherheitsstrategie Sicherheitsherausforderungen der EU, die militärische Reaktionen auslösen können, nicht auf rein militärische Bedrohungen beschränkt sind, sondern sogar in der Energiesicherheit, den Migrationsströmen und dem Klimawandel begründet sein können;
E. in der Erwägung, dass sich die derzeitige wirtschaftliche und soziale Krise durch die wirtschaftspolitischen Maßnahmen und die Struktur der Europäischen Währungsunion und die neoliberale Politik der Europäischen Union, die die Deregulierung der Finanzmärkte, die Liberalisierung der Märkte für Waren und Dienstleistungen, die zunehmende „Finanzialisierung“ der Wirtschaft und die Maßnahmen zur Kürzung staatlicher Investitionen und zur stärkeren Deregulierung des Arbeitsmarkts erheblich verschlimmert hat;
F. in der Erwägung, dass diese Politik erheblich zum generellen Anstieg der Arbeitslosigkeit und insbesondere zur Zunahme von Jugendarbeitslosigkeit beigetragen und zu weiterer sozialer Ausgrenzung und Armut geführt hat, was einen schwerwiegenden Sozialabbau zur Folge hatte;
G. in der Erwägung, dass die monetären Transmissionsmechanismen weiterhin stark verzerrt sind und die von der Europäischen Zentralbank (EZB) verfolgte Politik der extrem niedrigen Zinssätze nur Spekulationen auf den Finanzmärkten Vorschub geleistet hat; in der Erwägung, dass die Kreditvergabe an die Realwirtschaft weiterhin gedämpft ist und ein Deflationsdruck zu befürchten ist;
H. in der Erwägung, dass in der ganzen EU immer noch „Zombiebanken“ operieren und jedem Wirtschaftsaufschwung entgegenstehen;
I. in der Erwägung, dass die geplante Bankenunion das Verhalten von Finanzmärkten und Finanzmarktakteuren nicht verändern wird; in der Erwägung, dass es zu einem nachhaltigen und sozial ausgewogenen Wirtschaftsaufschwung dringend erheblicher Änderungen an den Strukturen des Bankwesens bedarf;
J. in der Erwägung, dass weiterhin eine Verbindung zwischen der Finanzkrise und der Staatsschuldenkrise besteht und dass die Banken immer noch enorme Gewinne auf Kosten einfacher arbeitender Menschen machen;
K. in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten die offensichtlichen makroökonomischen Ungleichgewichte in der EU beständig ignorieren, die nun sogar von der Kommission anerkannt wurden, und ihre deflationären Lohn- und Arbeitsmarktpolitiken fortführen, die den am meisten gefährdeten Gruppen in Europa schaden; in der Erwägung, dass insbesondere in Deutschland der vorgeschlagene Mindestlohn bloße Augenwischerei ist und keine wirkliche Lösung des Problems darstellt;
L. in der Erwägung, dass die Antworten der EU, der EZB und des IWF („Troika“) auf die Wirtschaftskrise in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht falsch waren; in der Erwägung, dass sich die Wirtschaftslage entgegen den Prognosen weiter verschlechtert und zu einem verbreiteten Teufelskreis aus Rezession, Armut, sozialer Ausgrenzung und Arbeitslosigkeit führt;
M. in der Erwägung, dass demokratische Strukturen, einschließlich der Funktionsweise der nationalen Parlamente, infolge der von der EU, der „Troika“ und den Regierungen der Mitgliedstaaten aufgezwungenen „Marktdisziplin“ und der Austeritätspolitik erheblich beeinträchtigt wurden; in der Erwägung, dass es den Krisenmanagement-Institutionen („Troika“) und den europäischen Finanzierungsmechanismen (einschließlich des Europäischen Stabilitätsmechanismus und der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität) an demokratischer Rechenschaftspflicht mangelt;
N. in der Erwägung, dass die neuen Kommissionsvorschläge zur Vorabkoordinierung wirtschaftspolitischer Reformen und zur Einführung eines Instruments für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit die neoliberale Wirtschaftspolitik verschärfen und darauf abzielen, den Mitgliedstaaten weitere Möglichkeiten für politische Entscheidungen zu entziehen, da sie den Spielraum für Maßnahmen und eine alternative Politik erheblich einengen;
O. in der Erwägung, dass im letzten Jahreswachstumsbericht und in dem damit verbundenen Warnmechanismus-Bericht auf der Basis fragwürdiger Annahmen erneut die falschen Medikamente verschrieben werden;
P. in der Erwägung, dass bei den letzten Tragödien vor Lampedusa mindestens 400 Migranten ums Leben gekommen sind und viele weitere noch vermisst werden;
Q. in der Erwägung, dass laut der Internationalen Organisation für Migration seit 1993 mehr als 20 000 Menschen auf den Meeren gestorben sind, was ein erneuter Hinweis darauf ist, dass alles dafür getan werden muss, um Menschen in Gefahr vor dem Tod zu retten, sowie darauf, dass die Mitgliedstaaten ihren internationalen Verpflichtungen zur Seenotrettung nachkommen müssen;
Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik
1. verlangt eine eindeutige Verpflichtung zu einer streng zivilen Außenpolitik und die Umsetzung einer solchen Politik, zu deren vorrangigen Zielen die Beseitigung von Armut, eine nachhaltige Entwicklung und die Verwirklichung der Millennium-Entwicklungsziele, die Rüstungskontrolle, der Atomwaffensperrvertrag und die vollständige nukleare und konventionelle Abrüstung, die friedliche Konfliktbeilegung, die Förderung ausgewogener Wirtschaftsbeziehungen, ein fairer Handel und die gerechte Verteilung der Ressourcen und des Vermögens auf der Welt gehören, um für Stabilität und Wohlstand in der EU und in der Welt zu sorgen;
2. kritisiert die fortschreitende Militarisierung der EU, ihre vollständige Anbindung an die NATO, den Aufbau einer Militärunion und die Bestrebungen nach militärischer Eigenständigkeit mittels stärkerer Investitionen in Rüstung und militärische Fähigkeiten, mit dem Ziel, die wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen und die expansionistischen Pläne der EU sowie großer europäischer Hauptstädte und großer Mitgliedstaaten zu sichern;
3. bedauert den mangelnden politischen Willen zur Förderung einer zivilen Konfliktlösung, anstatt sich auf die Verteidigung, Interventionen, die Militarisierung und Überwachungsmaßnahmen der EU zu konzentrieren; kritisiert diesbezüglich, dass der Schwerpunkt auf folgende wesentliche Punkte gelegt wird, die im jährlichen GSVP-Bericht und anderen einschlägigen Berichten des Europäischen Parlaments wiederholt angesprochen wurden:
• die Tatsache, dass in erpresserischer Weise behauptet wird, durch Kürzungen bei der Verteidigung würde die Sicherheit Europas bedroht, wobei angeführt wird, Europa würde durch Dritte eingeengt und kontrolliert;
• die Forderung nach einem gemeinsamen Markt für Verteidigungsgüter, Rüstungskooperation, Bündelung und gemeinsame Nutzung von Rüstungsgütern, die generelle Forderung nach einer Ausweitung von militärischer Forschung und Sicherheitsforschung, insbesondere für GSVP-Missionen, und vermehrte Investitionen in zivile Forschung im Bereich militärischer Güter, insbesondere durch Horizont 2020;
• die Stärkung der Verteidigung und des Militärsektors der EU, die Förderung der zivil-militärischen Zusammenarbeit und die Weiterentwicklung und Stärkung eines militärisch-industriellen Komplexes durch die verteidigungstechnologische und -industrielle Basis Europas (EDTIB);
• die stärkere Heranziehung von Entwicklungshilfe (Europäischer Entwicklungsfonds) zur Finanzierung von Sicherheits-/GSVP-Operationen und -Missionen, und die Tatsache, dass Politikbereiche wie die Handels- und Entwicklungspolitik der GSVP untergeordnet werden;
• eine verbindliche ständige strukturierte Zusammenarbeit als Grundlage eines „EU-weiten Systems für die Versorgungssicherheit mit entsprechenden Garantien“;
• die Forderung nach einer Finanzierung von Militäroperationen durch die EU (Anschubfinanzierungen) und die Notwendigkeit der Stärkung des ATHENA-Mechanismus;
• die Tatsache, dass eine starke Europäische Verteidigungsagentur (EDA) und ein mit Einrichtungen zur Informationsgewinnung ausgestattetes EU-Hauptquartier gefördert werden, das sich einer demokratischen Kontrolle durch die Parlamente und die Öffentlichkeit entzieht und das zentral militärische Fähigkeiten und militärisches Gerät entwickeln soll;
• die Forderung nach dem Einsatz von Kampftruppen und die Forderung nach ständigen sofort einsatzbereiten Kampftruppen mit gut ausgebildeten Land-, Luft-, See- und Sondereinsatzverbänden, im Wesentlichen eine EU-Armee;
4. fordert eine Umwidmung der Mittel aus den Verteidigungshaushalten der Union und der Mitgliedstaaten, um die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse der Menschen – insbesondere in Krisenzeiten – zu befriedigen, die Sparpolitik zu beenden, in die zivile Industrie und die zivile Entwicklung zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen;
5. unterstreicht, dass Investitionen in den Militärbereich eine hohe Belastung für die Wirtschaft darstellen und eine ineffiziente Art der Schaffung von Arbeitsplätzen sind; fordert daher eine Umwidmung der Mittel aus den Verteidigungshaushalten der Union und der Mitgliedstaaten, um die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse der Menschen – insbesondere in Krisenzeiten – zu befriedigen, die Sparpolitik zu beenden, in zivile Industrie und Entwicklung zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen;
Bankenunion
6. wiederholt seine Forderung nach einem starken öffentlichen Bankensektor und einer starken staatlichen Kontrolle über den Finanzsektor sowie einer Stutzung dieses Sektors, so dass er nicht länger eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen kann und schließlich den Bedürfnissen der Realwirtschaft dient;
7. verurteilt nachdrücklich die betrügerischen Praktiken einiger Finanzinstitute und verlangt, dass die Regierungen der Mitgliedstaaten die Banken verpflichten, im Interesse der Allgemeinheit zu agieren und nicht im Sinne der Gewinnmaximierung einiger weniger Aktionäre;
8. hält die Vorschläge zur Bankenunion zur Bewältigung der tiefgreifenden Probleme des Finanzsektors für völlig verfehlt; fordert den Europäischen Rat auf, seinen politischen Kurs gegenüber dem Finanzsektor grundlegend zu überdenken;
9. ist zutiefst besorgt über die Politik der EZB, die bislang nur den Interessen der Finanzindustrie und der Kapitalmarktteilnehmer gedient hat anstatt der Masse der Menschen; fordert den Europäischen Rat auf, eine ernsthafte Debatte über eine Reform der EZB zu führen, damit sie endlich den Menschen in Europa und nicht den Finanzmärkten dient;
Vertiefung der WWU
10. ist davon überzeugt, dass das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente sowie die Sozialpartner und die Zivilgesellschaft eine Schlüsselrolle in allen Fragen der Wirtschaftspolitik spielen sollten;
11. erinnert daran, dass das Schuldenniveau in der EU von 18 % im Jahr 2008 auf 25 % im Jahr 2012 angestiegen ist, die Reichen gleichzeitig aber immer reicher geworden sind; verurteilt die Sparpolitik der EU und fordert den Europäischen Rat auf, diese rückgängig zu machen; erachtet die bestehenden Maßnahmen zur wirtschaftspolitischen Koordinierung als völlig unzureichend für die Bewältigung der Krise und die Wandlung der Mitgliedstaaten zu demokratischen und integrativen Gesellschaften, von denen alle Bürger profitieren;
12. verurteilt den als Solidaritätsmechanismus getarnten Ansatz von „Zuckerbrot und Peitsche“, der im sogenannten Instrument für Konvergenz- und Wettbewerbsfähigkeit enthalten ist, das lediglich darauf abzielt, Menschen zu bestechen, damit sie den falschen politischen Maßnahmen zustimmen, die darauf ausgerichtet sind, Arbeitnehmerrechte und soziale Rechte zu untergraben, und die die Kluft zwischen Armen und Reichen weiter vergrößern werden; lehnt jede Art von vertraglichen Vereinbarungen ab, die die Mitgliedstaaten immer weiter davon entfernen, alternative und fortschrittliche wirtschaftspolitische Entscheidungen zu treffen;
13. fordert die Aufhebung der sogenannten „Vereinbarungen“ zwischen den Mitgliedstaaten und der „Troika“ sowie der sich daraus ableitenden Maßnahmen; fordert des Weiteren die Auflösung der „Troika“; ist der festen Überzeugung, dass die Mitgliedstaaten ihre öffentliche Verschuldung überprüfen und neu verhandeln müssen;
14. fordert, dass die Schulden der Banken nicht erneut der Bevölkerung aufgebürdet werden, und besteht darauf, dass keine weiteren Bankenrettungspakete aus öffentlichen Mitteln finanziert werden und dass alle weiteren ESM-Interventionen unter umfassender demokratischer Kontrolle stattfinden müssen; betont, dass „Zombiebanken“ abgewickelt werden müssen und dass staatliche Banken, die uneingeschränkten Zugang zu den Refinanzierungsgeschäften der EZB haben, eine Finanzierung der Realwirtschaft sicherstellen sollten;
Beschäftigung und gesellschaftliche Aspekte der WWU
15. fordert die Beendigung der Förderung neoliberaler struktureller Arbeitsmarktreformen und die Ausarbeitung einer Europäische Beschäftigungsstrategie auf der Grundlage des Konzepts der „guten Arbeit“ und der Agenda für menschenwürdige Arbeit der Internationalen Arbeitsorganisation, in der starkes Gewicht auf die Schaffung von hochwertigen und nachhaltigen Arbeitsplätzen gelegt, ein allmählicher Abbau prekärer Beschäftigungsverhältnisse gewährleistet, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (Workfare-Programme) abgeschafft, hochwertige Arbeit gefördert, die soziale Sicherheit verbessert, die Arbeitnehmerrechte gestärkt sowie kürzere tarifrechtlich geregelte Arbeitszeiten ohne Einkommenseinbußen und die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben begünstigt werden;
16. ist der Ansicht, dass mit strukturellen Arbeitsmarktreformen ein integrativer Arbeitsmarkt geschaffen, die Arbeitsqualität verbessert und das Bildungsniveau erhöhen werden sollte, sowie Fortbildungsprogramme ausgeweitet und die Geschlechtergleichheit und die Eingliederung von Frauen, Migranten, jungen und älteren Arbeitskräften sowie anderen benachteiligten Gruppen in den Arbeitsmarkt gefördert werden sollten;
17. fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, eine generelle Arbeitszeitverkürzung zu fördern, ohne dass die Beschäftigten Lohneinbußen hinnehmen müssen, sowie zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, um einen Anstieg der Arbeitsbelastung zu vermeiden, wobei diese Maßnahmen mit Kürzungen der Unterstützung von Unternehmen in einem Übergangszeitraum während einer wirtschaftlichen Stagnation einhergehen könnten;
18. stellt fest, dass eine Europäische Union für alle Bürger nicht nur über die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion erreicht werden kann, sondern auch eine Sozialunion erfordert;
Task Force „Mittelmeerraum“
19. nimmt die Mitteilung der Kommission vom 4. Dezember 2013 über die Arbeit der Task Force „Mittelmeerraum“ (COM(2013)0869) zur Kenntnis und bedauert, dass an der politischen Strategie der verstärkten Grenzkontrollen festgehalten wird, die zur „Festung Europa“ geführt hat und Tragödien auf See zur Folge hat; ist zutiefst besorgt, dass die von der Task Force festgelegten Prioritäten zur Verhinderung von Todesfällen auf See hauptsächlich darin bestehen, Maßnahmen in Drittländern weiterzuentwickeln, die sich nicht an internationale Menschenrechtsnormen halten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, der Verantwortung der EU für den Umgang mit Tragödien auf See gerecht zu werden;
20. fordert den Europäischen Rat, die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, bei den Grenzkontrollen, beim Datenaustausch und bei der Steuerung der Migrationsströme in keiner Weise mit Drittstaaten zusammenzuarbeiten, die ihre internationalen Menschenrechts- und Flüchtlingsrechtsverpflichtungen nicht voll und ganz erfüllen;
21. begrüßt die Ermittlung weiterer Möglichkeiten für die geschützte Einreise in die EU als künftige Priorität im Bereich Inneres, insbesondere mit Blick auf die mögliche Erteilung von Visa aus humanitären Gründen und ein Pilotprojekt zur gemeinsamen Bearbeitung von Schutzansprüchen; warnt jedoch davor, dass die Gefahr besteht, dass jede Bearbeitung von Schutzansprüchen, die außerhalb des Hoheitsgebiets der EU erfolgt, Gefahren birgt, insbesondere hinsichtlich Schutzmaßnahmen; hebt hervor, dass die Solidarität innerhalb der EU durch konkrete Verfahren der Verantwortungsteilung für Flüchtlinge und Asylsuchende unterstützt werden muss;
22. vertritt die Auffassung, dass die EU weitere Möglichkeiten für ein legales Arbeiten und die Einwanderung zu Studienzwecken eröffnen sollte, und es Migranten, die nach einem besseren Leben suchen, erlauben sollte, unter rechtmäßigen und sicheren Bedingungen zu arbeiten; vertritt die Ansicht, dass ein solches Vorgehen gewährleistet, dass Migranten einen positiven Beitrag zu unseren Gesellschaften leisten können, und dass damit die Zahl der Opfer von Menschenschmuggel und Menschenhandel erheblich verringert wird;
23. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- [1] ABl. C 353 E vom 3.12.2013, S. 16.
- [2] P7_TA(2013)0448.
- [3] Die Globale Europäische Strategie ist ein von Denkfabriken getragener Prozess zur Belebung der Debatte über die künftige Richtung der Außenbeziehungen der Europäischen Union: Der weltweite Einfluss der EU wird zunehmend von ihren Maßnahmen in ihrer strategischen Nachbarschaft bestimmt […] die EU sollte auch darauf vorbereitet sein, eigenständig das ganze Spektrum ziviler und militärischer Missionen in ihrer strategischen Nachbarschaft in Einklang mit dem Völkerrecht zu entfalten, wenn dies zum Schutze lebenswichtiger europäischer Interessen notwendig ist. Dies beinhaltet die Fähigkeit zum Schutz ziviler und militärischer Fähigkeiten. 2013, S. 11f.
- [4] Rede von Catherine Ashton, Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin und Leiterin des EAD, während der jährlichen Konferenz der Europäischen Verteidigungsagentur in Brüssel am 21. März 2013, S. 2 und 5.