ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage im Südsudan
13.1.2014 - (2014/2512(RSP))
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Charles Tannock, Ryszard Antoni Legutko, Ryszard Czarnecki im Namen der ECR-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0018/2014
B7‑0021/2014
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage im Südsudan
(2014/2512 (RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Südsudan,
– unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik / Vizepräsidentin der Kommission vom 24. Dezember 2013 und vom 2. Januar 2014 zur Lage im Südsudan,
– in Kenntnis der Erklärung des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 24. Dezember 2014, in der die politischen Führer Südsudans aufgefordert werden, die Besorgnis erregende Gewalt gegen Zivilisten einzudämmen,
– in Kenntnis der Erklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 2013,
– in Kenntnis des Lageberichts des OCHA vom 7. Januar 2014 – Bericht Nr. 8 über die Krise im Südsudan,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,
– unter Hinweis auf das Cotonou-Abkommen in seiner geänderten Fassung,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich die Republik Südsudan nach Jahren des Bürgerkriegs mit dem Norden und im Anschluss an ein Referendum im Januar 2011 am 9. Juli 2011 abgespalten hat, um ein unabhängiger Nationalstaat zu werden;
B. in der Erwägung, dass der Südsudan der jüngste Staat der Welt ist, in der Mitte Afrikas liegt und an sechs Länder angrenzt sowie reich an Öl ist, allerdings nach einem jahrzehntelangen Bürgerkrieg auch zu den am wenigsten entwickelten Regionen gehört;
C. in der Erwägung, dass der Südsudan seit der Unabhängigkeit von heftigen Kämpfen zwischen den Gemeinschaften im Bundesstaat Jonglei erschüttert wird und dass die Konflikte entlang der gemeinsamen Grenze zum Sudan andauern;
D. in der Erwägung, dass die südsudanesische Regierung Schritte unternommen hat, um die rechtlichen und institutionellen Strukturen des Landes zu entwickeln, allerdings wichtige Übereinkünfte im Bereich der Menschenrechte noch ratifizieren muss;
E. in der Erwägung, dass sich die Konflikte innerhalb der Regierungspartei SPLM abgezeichnet haben, als Präsident Salva Kiir Mayardit, der der Volksgruppe der Dinka (der größten ethnischen Gruppe des Landes) angehört, Soldaten, die dem ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar unterstehen, eines versuchten Staatsstreichs bezichtigt hat, was Riek Machar bestreitet;
F. in der Erwägung, dass die Zusammenstöße am 15. Dezember 2013 in der Hauptstadt Dschuba begonnen und sich innerhalb von Tagen auf weitere Orte im ganzen Land ausgeweitet haben;
G. in der Erwägung, dass bei den Zusammenstößen im Südsudan mehr als tausend Menschen ums Leben gekommen sein sollen;
H. in der Erwägung, dass die Sicherheit von Zivilisten trotz der Berichte vom 18. Dezember 2013, wonach sich die Sicherheit verbessert haben soll, weiterhin Anlass zur Sorge gibt, und in der Erwägung, dass zahlreiche außergerichtliche Hinrichtungen, das gezielte Vorgehen gegen Menschen aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit und willkürliche Inhaftierungen dokumentiert worden sind;
I. in der Erwägung, dass sich Schätzungen zufolge die Zahl der Binnenvertriebenen im Zuge der derzeitigen Krise im Südsudan seit dem 15. Dezember 2013 auf 200 000 beläuft, wobei sich etwa 60 000 Menschen in den im ganzen Land verteilten Flüchtlingslagern der Vereinten Nationen aufhalten;
1. stellt fest, dass sowohl der Sudan als auch der Südsudan von Erdöleinnahmen abhängig sind, die 98 % des südsudanesischen Haushalts ausmachen, und dass beide Seiten sich darüber uneins sind, wie der Erdölreichtum des vormaligen Einheitsstaates gerecht aufzuteilen ist;
2. betont, dass die südsudanesischen Streitkräfte laut Medienberichten vom 10. Januar 2014 behauptet haben, Bentiu von den Truppen der Rebellen zurückerobert und somit die Kontrolle über eine erdölreiche Region wiedererlangt zu haben, in der die Produktion aufgrund der Kämpfe seit Anfang Januar zum Stillstand gekommen war;
3. betont, dass sich die beiden Seiten im Anschluss an die ostafrikanischen Vermittlungsbemühungen in Addis Abeba, Äthiopien, getroffen haben, um Gespräche über einen Waffenstillstand zu führen, was ein erster Schritt auf dem Weg zur Beilegung des Konflikts ist;
4. stellt fest, dass der Zugang der humanitären Helfer aufgrund der anhaltenden Feindseligkeiten nach wie vor eingeschränkt ist;
5. ist darüber besorgt, dass der Zugang zu Nahrungsmitteln auf die Menschen beschränkt bleibt, die in den landesweiten Flüchtlingslagern der Vereinten Nationen Zuflucht gefunden haben;
6. betont, dass Gewalt und Vertreibung dazu geführt haben, dass Menschen ihre Existenzgrundlage, insbesondere Nahrungsquellen, verloren haben;
7. bedauert zutiefst, dass der aus der Unabhängigkeitsbewegung 2011 keimende Optimismus im Zuge der interethnischen Auseinandersetzungen der zahlreichen und unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen Südsudans verflogen ist, was den Südsudan davon abhält, dauerhafte demokratische Strukturen zu etablieren, die allen Bürgern des Landes zugutekämen;
8. ist äußerst besorgt darüber, dass die Zukunft Südsudans ungesichert ist, solange es den rivalisierenden Gruppierungen und Interessengruppen nicht gelingt, eine wirkliche nationale Identität zu schaffen, in deren Zuge den nationalen Interessen Vorrang eingeräumt wird;
9. äußert sich besorgt über die weitverbreitete Korruption innerhalb der südsudanesischen Gesellschaft, wozu auch die regionale Diskriminierung und die Diskriminierung aus ethnischen Gründen gehört; ist darüber hinaus besorgt, dass die Aussichten, eine freie und gerechte Demokratie, Stabilität und Wirtschaftswachstum zu schaffen, aufgrund einer solchen Korruption beeinträchtigt werden;
10. stellt fest, dass sich eine Reihe ausländischer Hilfsorganisationen bereits aus dem Südsudan zurückgezogen hat und dass die verbleibenden Hilfsorganisationen große Schwierigkeiten haben, die Not der vertriebenen Zivilisten zu lindern; stellt darüber hinaus fest, dass diese Hilfsorganisationen nach wie vor viele Regionen nicht erreichen können, in denen davon auszugehen ist, dass Zehntausende von Menschen noch immer auf Hilfe warten oder auf der Suche nach einer solchen Hilfe sind;
11. begrüßt, dass die Vereinten Nationen aus ihrem Krisenreaktionsfonds 15 Mio. USD für humanitäre Sofortmaßnahmen im Südsudan freigegeben haben; stellt allerdings fest, dass es trotz der Fortschritte bis zu acht Wochen dauern könnte, bis die gesamte aus 5 500 Mitgliedern bestehende Friedenstruppe der Vereinten Nationen und die Ausrüstung vor Ort eingesetzt wird;
12. ist der Ansicht, dass die Ursachen dieses Konflikts viel tiefer liegen und dass eine Beilegung nur durch einen sofortigen Dialog zwischen den beiden Seiten und eine umfassende Aussöhnung zustande kommen kann;
13. ist der festen Überzeugung, dass eine politische Lösung zwischen den Konfliktparteien zwar längerfristig von entscheidender Bedeutung ist, dass es allerdings auch notwendig ist, sich mit der unmittelbaren Sicherheitslage zu befassen, die weiterhin kritisch ist, insbesondere für die tausenden zivilen Binnenvertriebenen, die sich in die Obhut der Vereinten Nationen begeben haben;
14. fordert alle Parteien auf, einen sofortigen und bedingungslosen Zugang der humanitären Helfer zu allen Hilfsbedürftigen zu ermöglichen, insbesondere zu den zehntausenden südsudanesischen Männern, Frauen und Kindern, die die wirklichen Opfer dieser Gewalt sind;
15. fordert alle Regionalmächte auf, auf der Suche nach einer friedlichen und dauerhaften politischen Lösung des gegenwärtigen Konflikts zusammenzuarbeiten;
16. fordert die politischen Klassen auf, ihre Eigeninteressen zurückzustellen und für alle Menschen im Südsudan zu regieren;
17. fordert, dass ein sofortiger Waffenstillstand geschlossen und jegliche gegen die Zivilbevölkerung gerichtete Gewalt beendet wird und dass diejenigen, die Menschenrechtverletzungen zu verantworten haben, zur Rechenschaft gezogen werden;
18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Hohen Vertreterin der Union für Außen-und Sicherheitspolitik / Vizepräsidentin der Kommission, Catherine Ashton, dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, den Institutionen der Afrikanischen Union, der sudanesischen Regierung, dem sudanesischen Präsidenten, der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU und den Mitgliedstaaten zu übermitteln.