ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu der EU-Strategie für die Arktis
5.3.2014 - (2013/2595(RSP))
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Charles Tannock, Konrad Szymański im Namen der ECR-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0229/2014
B7‑0231/2014
Entschließung des Europäischen Parlaments
zu der EU-Strategie für die Arktis
(2013/2595(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Berichte und Entschließungen zur Arktis, insbesondere seine Entschließung vom 20. Januar 2011 zu einer nachhaltigen EU-Politik für den hohen Norden[1] und den Bericht des Gemeinsamen Parlamentarischen Ausschusses des Europäischen Wirtschaftsraums vom 28. Oktober 2013 über die Politik für die Arktis,
– unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 26. Juni 2012 mit dem Titel: „Entwicklung einer Politik der Europäischen Union für die Arktis: Fortschritte seit 2008 und nächste Schritte“ (JOIN(2012)0019) und auf die dazugehörigen Arbeitsunterlagen der Kommissionsdienststellen mit den Titeln „Inventory of activities in the framework of developing a European Union Arctic Policy“ [Maßnahmenkatalog im Rahmen der Entwicklung einer Politik der Europäischen Union für die Arktis] (SWD(2012)0182) und „Space and the Arctic“ [Der Raum und die Arktis] (SWD(2012)0183),
– unter Hinweis auf die neuen und aktuellen nationalen Strategien und Strategiepläne für den arktischen Raum betreffende Angelegenheiten von Finnland, Schweden, Dänemark und Grönland, Norwegen, Russland, den Vereinigten Staaten, Kanada und dem Vereinigten Königreich,
– unter Hinweis auf die anlässlich der 10. Konferenz der Parlamentarier des arktischen Raums, die vom 5. bis 7. September 2012 in Akureyri stattfand, angenommene Erklärung,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 26. Juni 2012 einen weiteren Schritt zur Erfüllung der Forderung des Parlaments, eine in sich schlüssige Politik der EU für die Arktis zu formulieren, darstellt;
B. in der Erwägung, dass sich das Parlament durch seine Delegation für die Beziehungen zur Schweiz und zu Norwegen, im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss EU-Island und im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss Europäischer Wirtschaftsraum aktiv an den Arbeiten des Ständigen Ausschusses der Parlamentarier des arktischen Raums beteiligt;
C. in der Erwägung, dass Dänemark, Finnland und Schweden Anrainerstaaten der Arktis sind und dass Teile Finnlands und Schwedens innerhalb des Polarkreises liegen; in der Erwägung, dass das einzige indigene Volk der EU, die Samen, in den arktischen Regionen Finnlands und Schwedens sowie in Norwegen und Russland lebt,
D. in der Erwägung, dass Norwegen als verlässlicher Partner durch den EWR und das Schengener Abkommen mit der EU verbunden ist;
E. in der Erwägung, dass der in Kiruna gefasste Beschluss des Arktischen Rates, den Antrag der EU auf Erlangung des Beobachterstatus positiv zu bescheiden, unterschiedlich ausgelegt wird, was die Frage betrifft, inwieweit der EU der Status eines Beobachters im Arktischen Rat gewährt wird;
F. in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten einen großen Beitrag zur Forschung in der Arktis leisten und dass EU-Programme wichtige Projekte zur Erforschung dieser Region fördern, was nicht zuletzt der Bevölkerung und der Wirtschaft der Anrainerstaaten der Arktis zugutekommt;
G. in der Erwägung, dass das zunehmende Interesse, das Akteure aus China, Japan, Indien und anderen asiatischen Ländern, die keine Anrainerstaaten der Arktis sind, am arktischen Raum zeigen, sowie die von ihnen für die Polarforschung bereitgestellten Fördermittel und nicht zuletzt die Bestätigung von Südkorea, China, Japan, Indien und Singapur als Beobachter im Arktischen Rat auf ein wachsendes weltweites geopolitisches Interesse an der Arktis hindeuten;
1. weist auf die Annahme seiner Entschließung vom 20. Januar 2011 zu einer nachhaltigen EU-Politik für den hohen Norden hin und begrüßt die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 26. Juni 2012; bekräftigt seine Haltung, dass die EU in Anbetracht der Tatsache, dass drei Mitgliedstaaten der EU, nämlich Dänemark, Finnland und Schweden, Anrainerstaaten der Arktis sind und Norwegen und Island zum EWR und zum Schengen-Raum gehören, ein berechtigtes Interesse hat, das sich aus ihren Rechten und Pflichten aus dem Völkerrecht, ihrem Engagement in der Umwelt- und Klimapolitik und in sonstigen Politikbereichen, ihren Fördermitteln, Forschungstätigkeiten und wirtschaftlichen Interessen, einschließlich der Schifffahrt und der Entwicklung natürlicher Ressourcen, ergibt; verweist darüber hinaus darauf, dass die EU große arktische Landgebiete in Finnland und Schweden hat, die von der einzigen indigenen Volksgruppe der EU, den Samen, bewohnt werden;
2. nimmt die in Kiruna angenommene Erklärung des Arktischen Rates vom Mai 2013 und dessen Beschluss über die Verleihung des Beobachterstatus an die EU und andere staatliche Gebilde zur Kenntnis und fordert die Kommission nachdrücklich auf, die noch offenen Angelegenheiten mit Kanada weiterzuverfolgen und das Parlament ordnungsgemäß über den weiteren Fortgang zu unterrichten;
3. unterstützt die Bemühungen der Kommission um die Erlangung des Beobachterstatus im Arktischen Rat; erinnert an den Status der EU und ihrer Mitglieder nicht als Beobachter, sondern als aktive Mitglieder in anderen für die Arktis relevanten Organisationen wie etwa der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) und betont die Notwendigkeit, die Aktivitäten der Organe der EU neu auf solche Bereiche auszurichten, in denen die politischen oder wirtschaftlichen Interessen der EU und ihrer Mitgliedstaaten berührt werden, und insbesondere die Interessen der EU und ihrer Mitgliedstaaten bei der Verwendung, Änderung oder Entwicklung von EU-Programmen oder ‑Strategien, die die Arktis betreffen oder betreffen können und ihr somit auch dienen oder dienen können, zu berücksichtigen;
4. betont, wie wichtig die Polar- und Forschungsstationen der Mitgliedstaaten in der Arktis sind, und erinnert an die Beiträge, die die EU zu Forschung und Entwicklung leistet, und das Engagement von nach EU-Recht eingetragenen und tätigen Wirtschaftsteilnehmern in der Arktis;
5. befürwortet nachdrücklich die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung in der Arktis und regt zu einer breit angelegten Zusammenarbeit zwischen den im Bereich der multidisziplinären Erforschung der Arktis und dem Aufbau von Forschungsinfrastruktur aktiven Staaten an;
6. ersucht die Kommission angesichts der großen Zahl an wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und zivilen Aktivitäten insbesondere im europäischen Teil der Arktis, der Barentsregion und darüber hinaus, Vorgehensweisen zu entwickeln, die auf die bessere Nutzung bestehender Finanzierungsinstrumente der EU und die Sicherung eines angemessenen Ausgleichs zwischen dem Schutz und der Entwicklung der Arktis ausgerichtet sind, wenn Finanzmittel der EU für die Arktis verwendet werden sollen;
7. begrüßt die Umsetzung des Übereinkommens über die Seenotrettung und des Übereinkommens zur Bekämpfung von Ölverschmutzung durch die Mitglieder des Arktischen Rates und fordert ein aktives Engagement europäischer Institute und Unternehmen im Umsetzungsprozess;
8. begrüßt die von einigen Mitgliedstaaten der EU, die Mitglieder des Arktischen Rates sind, nämlich Finnland, Dänemark und Schweden, und von Beobachterstaaten wie Deutschland und dem Vereinigten Königreich unlängst veröffentlichten neuen Strategien für die Arktis und äußert die Hoffnung, dass aktualisierte Strategien nicht nur zu einem realistischeren Verständnis, sondern auch zu einem konkreten Engagement in der Arktis führen, wobei gemeinsamen Strategien und Programmen der EU, die die Arktis betreffen, Rechnung getragen werden muss;
9. ersucht die Kommission, in Bereichen, die von gemeinsamem Interesse sind, wie etwa der Entwicklung des Seeverkehrs und erneuerbarer Energieträger, eine engere Zusammenarbeit mit Island anzustreben, wobei bestehende Instrumente voll ausgeschöpft und die Zusammenarbeit zwischen europäischen und isländischen Akteuren in den Bereichen Forschung und Wirtschaft insbesondere in Anbetracht der zunehmenden Aktivitäten chinesischer Akteure gefördert werden sollten, und dafür zu sorgen, dass europäische Interessen in dieser strategisch wichtigen Region hinten anstehen;
10. schlägt ferner vor, dass bestehende Programme sowie Beiträge zur Finanzierung der Nördlichen Dimension besser aufeinander abgestimmt werden, um die effiziente Bereitstellung von Mitteln zu ermöglichen und klare Investitionsprioritäten für das Engagement in der Arktis festzulegen; fordert die Einrichtung einer Plattform von Kommission und Europäischem Auswärtigen Dienst (EAD), die für die Gewährleistung der kohärenten Bereitstellung von Mitteln für die Arktis verantwortlich ist;
11. bekräftigt seine Unterstützung für die Einrichtung eines Informationszentrums EU-Arktis, eines auf die Arktis ausgerichteten Netzwerks, das darauf abzielt, Akteure aus den arktischen Gebieten und der EU zu informieren und den Kontakt zwischen ihnen herzustellen, und betont in diesem Zusammenhang die dringende Notwendigkeit, eine spezielle Schnittstelle für institutionelle Akteure der EU in das Projekt einzubeziehen; erkennt die Rolle des Forums EU-Arktis in Brüssel als eine einzigartige Plattform zur Förderung des Verständnisses zwischen einem breiten Spektrum interessierter Akteure in der Arktis und der EU sowie der Verbindung von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft an;
12. ersucht die Kommission und den EAD in Anbetracht der vorstehend dargelegten Tatsachen und Entwicklungen, eine vorausschauende und in sich stimmige sozioökonomische Strategie für das Engagement der EU in der Arktis auszuarbeiten und vorzulegen, wobei sichergestellt werden muss, dass die Interessen der EU und der Mitgliedstaaten berücksichtigt werden, wann immer Maßnahmen erarbeitet, geändert oder aktualisiert werden, die Auswirkungen auf die Arktis haben;
13. fordert die Kommission und den EAD auf, einen Aktionsplan auszuarbeiten, in dessen Rahmen konkrete Maßnahmen für eine kohärente Umsetzung einer solchen Strategie sowie bestehender, mit der Arktis zusammenhängender Maßnahmen und Programme festgelegt werden, damit in Bezug auf den arktischen Raum ein koordinierter Ansatz gewährleistet werden kann;
14. hebt die weltweiten Auswirkungen der Veränderungen im arktischen Raum und die Notwendigkeit, die durch die Zunahme der Aktivitäten in der Region verursachte Verschmutzung im arktischen Raum zu vermindern; weist darauf hin, dass der Klimawandel in der Arktis erhebliche Auswirkungen auf die Küstenregionen in Europa und anderswo sowie auf die klimaabhängigen Wirtschaftszweige in Europa wie die Landwirtschaft und die Fischerei, Energie, Rentierhaltung, Jagd, Tourismus und Verkehr haben wird;
15. räumt ein, dass die Folgen der Eisschmelze und der milderen Temperaturen nicht nur die Gefahr bergen, dass indigene Bevölkerungsgruppen verdrängt werden und dadurch die indigene Lebensweise bedroht wird, sondern auch Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung im Arktischen Raum eröffnen; erkennt den Wunsch der Einwohner und Regierungen des arktischen Raums, die hoheitliche Rechte und Pflichten besitzen, an, die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung fortzusetzen und gleichzeitig die traditionellen Existenzgrundlagen der indigenen Völker und die sehr sensible Natur der arktischen Ökosysteme zu schützen;
16. bekräftigt seine Aussagen über die Rechte indigener Völker im Allgemeinen und der Samen als einzigem indigenen Volk der EU im Besonderen und fordert die Kommission nachdrücklich auf, auch weitere Möglichkeiten zu sondieren, mit denen sichergestellt werden kann, dass die Stimme und Erfahrung dieser Völker in die Beschlussfassungsverfahren der EU Eingang finden; empfiehlt in diesem Zusammenhang, die Einrichtung einer unabhängigen Vertretung indigener Völker in Brüssel zu unterstützen;
17. betont die große Bedeutung, die der Sicherheit neuer Welthandelsrouten durch das arktische Meer insbesondere für die Volkswirtschaften der EU und ihrer Mitgliedstaaten zukommt, da diese Länder 40 % der weltweiten Handelsschifffahrt kontrollieren; begrüßt die Arbeiten der IMO zum Abschluss eines verbindlichen Polarkodex für die Schifffahrt; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten eindringlich auf, engen Kontakt mit europäischen Forschungsinstituten sowie Transport- und Versicherungsunternehmen zu pflegen, um dafür zu sorgen, dass neue Technologien und Erfahrungen berücksichtigt werden; betont, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten die Freiheit der Meere und das Recht auf freie Durchfahrt durch internationale Wasserstraßen aktiv bewahren sollten; regt zur Zusammenarbeit sowohl in der Forschung als auch bei der Tätigung von Investitionen an, damit eine solide und sichere Infrastruktur für Schifffahrtswege in der Arktis geschaffen werden kann;
18. fordert die Staaten in der Region auf sicherzustellen, dass die derzeitigen Verkehrsrouten sowie die Verkehrsrouten, die möglicherweise in der Zukunft entstehen, dem internationalen Schiffsverkehr offenstehen, und von der Einführung einseitiger willkürlicher Belastungen finanzieller oder verwaltungstechnischer Art abzusehen, die den Schiffsverkehr in der Arktis behindern könnten, mit Ausnahme der international vereinbarten Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit oder zum Schutz der Umwelt;
19. weist auf das Recht der in der Arktis lebenden Menschen hin, selbst über ihr Auskommen zu bestimmen, und erkennt ihren Wunsch nach einer nachhaltigen Entwicklung der Region an und fordert die Kommission auf, darzulegen, welche EU-Programme genutzt werden könnten, um diese langfristige, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung zu unterstützen, und Maßnahmen zu erarbeiten, mit denen ein konkreterer Beitrag zur Erfüllung dieses Wunsches geleistet werden kann;
20. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie den Regierungen und Parlamenten der Anrainerstaaten der Arktis zu übermitteln.
- [1] ABl. C 136 E vom 11.5.2012, S. 71.