Entschließungsantrag - B7-0241/2014Entschließungsantrag
B7-0241/2014

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu dem Fortschrittsbericht 2013 über die Türkei

7.3.2014 - (2013/2945(RSP))

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Ria Oomen-Ruijten im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten


Verfahren : 2013/2945(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0241/2014
Eingereichte Texte :
B7-0241/2014
Angenommene Texte :

B7‑0241/2014

Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Fortschrittsbericht 2013 über die Türkei

(2013/2945(RSP))

Das Europäische Parlament,

–       in Kenntnis des Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen mit dem Titel „Fortschrittsbericht 2013 über die Türkei“ (SWD(2013)0417),

–       unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 16. Oktober 2013 mit dem Titel „Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2013-2014“ (COM(2013) 700),

–       unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen, insbesondere diejenigen vom 10. Februar 2010 zum Fortschrittsbericht 2009 über die Türkei[1], vom 9. März 2011zum Fortschrittsbericht 2010 über die Türkei[2], vom 29. März 2012 zum Fortschrittsbericht 2011 über die Türkei[3], vom 18. April 2013 zum Fortschrittsbericht 2012 über die Türkei[4] und vom 13. Juni 2013 zur Lage in der Türkei[5],

–       unter Hinweis auf den Verhandlungsrahmen für die Türkei vom 3. Oktober 2005,

–       unter Hinweis auf den Beschluss 2008/157/EG des Rates vom 18. Februar 2008 über die Grundsätze, Prioritäten und Bedingungen der Beitrittspartnerschaft mit der Republik Türkei[6] („Beitrittspartnerschaft“) sowie auf die vorangegangenen Beschlüsse des Rates zur Beitrittspartnerschaft aus den Jahren 2001, 2003 und 2006,

–       unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Dezember 2010, 5. Dezember 2011, 11. Dezember 2012 und 25. Juni 2013,

–       gestützt auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–       unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Berichtes des Europäischen Kommissars für Menschenrechte vom 26. November 2013, in dem auf das unangemessene Verhalten der Polizeikräfte bei den Demonstrationen im Gezi-Park hingewiesen wird,

–       gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.     in der Erwägung, dass die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei am 3. Oktober 2005 aufgenommen wurden und dass die Aufnahme dieser Verhandlungen den Beginn eines langen Prozesses mit offenem Ausgang darstellt, der auf fairen und strengen Auflagen und Reformwillen basiert;

B.     in der Erwägung, dass sich die Türkei zur Erfüllung der Kopenhagener Kriterien, zu hinreichenden und wirksamen Reformen, zur Pflege gutnachbarlicher Beziehungen und zu einer allmählichen Annäherung an die EU verpflichtet hat; in der Erwägung, dass diese Bemühungen als Gelegenheit für die Türkei angesehen werden sollten, ihren Modernisierungsprozess fortzusetzen;

C.     in der Erwägung, dass die EU der Maßstab für die Reformen in der Türkei bleiben sollte;

D.     in der Erwägung, dass eine vollständige Einhaltung der Kopenhagener Kriterien sowie die Integrationsfähigkeit der EU gemäß den Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates vom Dezember 2006 nach wie vor die Grundlage für den Beitritt zur EU sind,

E.     in der Erwägung, dass der Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 11. Dezember 2012 den neuen Ansatz der Kommission für den Verhandlungsrahmen für neue Kandidatenländer gebilligt hat, mit dem die Rechtsstaatlichkeit in das Zentrum der Erweiterungspolitik gerückt wird, und den zentralen Charakter der Kapitel 23 (Justiz und Grundrechte) und 24 (Recht, Freiheit und Sicherheit) im Verhandlungsprozess bekräftigt hat, die in einem frühen Stadium der Verhandlungen angegangen werden sollten, damit klare Vorgaben festgelegt werden können und ausreichend Zeit zur Verfügung steht, um die erforderlichen Gesetzesänderungen und institutionellen Reformen vorzunehmen und somit überzeugende Fortschritte bei der Umsetzung vorweisen zu können;

F.     in der Erwägung, dass die Kommission in ihrer Mitteilung mit dem Titel „Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2013−2014“ zu dem Schluss gekommen ist, dass die Türkei aufgrund ihrer Wirtschaft, ihrer strategisch bedeutsamen Lage und der wichtigen Rolle, die sie in der Region spielt, ein strategischer Partner für die EU ist und eine wertvolle Komponente der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der EU darstellt und dass in den vergangenen zwölf Monaten bedeutende Fortschritte bei den Reformen erzielt wurden; in der Erwägung, dass die Kommission weitere Reformen sowie die Förderung eines das gesamte politische Spektrum der Türkei und die türkische Gesellschaft insgesamt erfassenden Dialogs gefordert hat;

G.     in der Erwägung, dass die Türkei die Bestimmungen des Assoziierungsabkommens EG-Türkei und des dazugehörigen Zusatzprotokolls im achten Jahr in Folge noch immer nicht umgesetzt hat;

H.     in der Erwägung, dass die Türkei zu ihrem eigenen Nutzen und im Hinblick auf die Verbesserung der Stabilität und die Förderung gutnachbarlicher Beziehungen ihre Bemühungen um die Klärung bestehender bilateraler Fragen, einschließlich offener rechtlicher Verpflichtungen und Streitigkeiten um Land- und Seegrenzen sowie den Luftraum mit ihren unmittelbaren Nachbarn, im Einklang mit den Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen und mit dem Völkerrecht verstärken muss;

I.      in der Erwägung, dass die Türkei das Potenzial besitzt, eine maßgebliche Rolle bei der Diversifizierung der Energiequellen und der Routen für den Transit von Erdöl, Erdgas und Strom aus den Nachbarländern in die EU zu übernehmen, und dass sowohl für die Türkei als auch für die EU die Möglichkeit besteht, sich den Reichtum der Türkei an erneuerbaren Energiequellen zunutze zu machen, um eine nachhaltige Wirtschaft mit geringem CO2-Ausstoß aufzubauen;

J.      in der Erwägung, dass die Bekämpfung der Korruption auf allen Ebenen ein wichtiger Bestandteil eines funktionierenden rechtsstaatlichen Systems ist;

K.     in der Erwägung, dass sich die Türkei in ihrer weiteren Nachbarschaft nach wie vor aktiv engagiert und ein wichtiger Akteur in der Region ist;

Glaubhafte Zusagen und solide demokratische Grundfeste

1.      begrüßt den Fortschrittsbericht 2013 über die Türkei und teilt die Auffassung der Kommission, dass die Türkei ein strategischer Partner für die EU ist und dass in den vergangenen zwölf Monaten bedeutende Fortschritte bei den Reformen erzielt wurden; betont, wie dringend notwendig weitere Reformen sind, um für größere Rechenschaftspflicht und Transparenz in der türkischen Verwaltung zu sorgen und einen Dialog zu fördern, der das gesamte politische Spektrum und die Gesellschaft im weiteren Sinne erfasst, was vor allem durch eine wirkliche Einbindung und Teilhabe der Zivilgesellschaft sowie die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte und der Rechtsstaatlichkeit in der Praxis erfolgen sollte; weist darauf hin, dass das Prinzip der Gewaltenteilung sowie die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte den Kern einer jeden Demokratie bilden, und stellt heraus, wie wichtig ein unparteiisches und unabhängiges Justizsystem für einen wahrhaft demokratischen Staat ist;

2.      stellt fest, dass den Verhandlungen zwischen der Union und der Türkei ein großes Gestaltungspotenzial innewohnt, und hält einen intensiven Dialog und eine enge Zusammenarbeit zwischen der Türkei und der EU in Bezug auf den Reformprozess für äußerst wichtig, damit sich für die Türkei aus den Verhandlungen weiterhin klare Referenzen und glaubwürdige Maßstäbe ergeben können; betont daher die Bedeutung glaubwürdiger Verhandlungen, die in gutem Glauben und auf der Grundlage gegenseitiger Verpflichtungen der Türkei und der Union zu wirksamen Reformen beruhen, durch die die demokratischen Grundfeste der türkischen Gesellschaft gestärkt, die Grundwerte gefördert und ein positiver Wandel in den Institutionen, der Gesetzgebung und der Mentalität der Gesellschaft der Türkei vollzogen werden; begrüßt daher die Eröffnung von Kapitel 22;

3.      begrüßt die Unterzeichnung des Rückübernahmeabkommens zwischen der EU und der Türkei sowie die Einleitung des Dialogs über die Visaliberalisierung am 16. Dezember 2013; betont, dass die Türkei und die EU zu einem gemeinsamen Verständnis der Bedeutung gelangen müssen, die das Rückübernahmeabkommen und der Fahrplan für die Visaliberalisierung für beide Parteien haben; fordert die EU in diesem Zusammenhang auf, der Türkei bei der Umsetzung des Rückübernahmeabkommens umfassende technische und finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen, und fordert die Türkei auf, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, mit denen Asylsuchenden wirksamer internationaler Schutz gewährt und für die Achtung der Menschenrechte von Migranten gesorgt wird; ist der Auffassung, dass die Einrichtung des Generaldirektorats für Migrationssteuerung und das Gesetz über Ausländer und internationalen Schutz ein erster Schritt in die richtige Richtung sind; weist darauf hin, dass die Türkei eines der wichtigsten Durchgangsländer für irreguläre Migration in die EU ist, und betont, wie wichtig eine zügige Ratifizierung des Rückübernahmeabkommens sowie seine wirksame Umsetzung mit Blick auf die Mitgliedstaaten sind; fordert die Türkei auf, die bestehenden bilateralen Rückübernahmeabkommen uneingeschränkt und wirksam umzusetzen; weist auf die eindeutigen Vorteile hin, die ein erleichterter Zugang für Geschäftsleute, Wissenschaftler, Studenten und Vertreter der Zivilgesellschaft zur EU mit sich bringt, und fordert die Türkei und die Kommission auf, den Dialog voranzubringen, um bei der Visaliberalisierung sichtbare Fortschritte zu erzielen;

Erfüllung der Kopenhagener Kriterien

4.      zeigt sich zutiefst besorgt über die jüngsten Entwicklungen in der Türkei, was die mutmaßlichen Fälle von Korruption auf hoher Ebene angeht; bedauert, dass die Staatsanwälten und Polizeibeamten, die mit den ursprünglichen Ermittlungen betraut waren, ihrer Dienstposten enthoben wurden, da dies gegen das Prinzip einer unabhängigen Justiz verstößt und die Glaubwürdigkeit der Ermittlungen erheblich beeinträchtigt; hält es für bedauerlich, dass es zu einem schwerwiegenden Vertrauensverlust zwischen Regierung, Justiz, Polizei und Medien gekommen ist; fordert die türkische Regierung daher mit Nachdruck auf, sich uneingeschränkt demokratischen Grundsätzen zu verschreiben und von weiteren Einmischungen in die Ermittlungen in den Korruptionsfällen und deren Verfolgung abzusehen;

5.      erinnert die türkische Regierung an die von ihr eingegangene Verpflichtung zur Bekämpfung der Korruption, insbesondere durch die Umsetzung des Großteils der Empfehlungen aus den Evaluierungsberichten 2005 der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) des Europarates; fordert die türkische Regierung auf, für eine gute Funktionsweise des Rechnungshofes im Einklang mit den geltenden internationalen Standards sowie einen uneingeschränkten Zugang der Öffentlichkeit und der betroffenen Institutionen, insbesondere der Großen Nationalversammlung der Türkei, zu den Berichten des Rechnungshofes einschließlich der Berichte über die Sicherheitskräfte zu sorgen; fordert die Türkei auf, dafür zu sorgen, dass alle Ministerien mit dem Rechnungshof zusammenarbeiten; weist noch einmal auf die Notwendigkeit hin, eine unparteiische Polizei zu schaffen, die der Justiz untersteht;

6.      stellt heraus, dass ein System der Kontrolle und Gegenkontrolle für jeden modernen demokratischen Staat von entscheidender Bedeutung ist, und weist auf die elementare Rolle hin, die die Große Nationalversammlung der Türkei im Kern des politischen Systems der Türkei spielen muss, indem sie einen Rahmen für Dialog und Konsensfindung über das politische Spektrum hinweg bietet; ist besorgt über die politische Polarisierung und die mangelnde Bereitschaft seitens der Regierung und der Opposition, auf einen Konsens über wichtige Reformen und die Ausarbeitung einer neuen Verfassung für die Türkei hinzuwirken; fordert alle politischen Akteure, die Regierung und die Opposition nachdrücklich auf, zusammenzuarbeiten, um den pluralistischen Ansatz in den staatlichen Einrichtungen zu stärken und die Modernisierung und Demokratisierung des Staates und der Gesellschaft zu fördern; unterstreicht die entscheidende Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen und die Notwendigkeit, mit der Öffentlichkeit angemessen über den Reformprozess zu kommunizieren; fordert die politische Mehrheit auf, andere politischen Kräfte und zivilgesellschaftliche Organisationen aktiv in die Beratungen über die einschlägigen Reformen einzubeziehen und ihre Interessen und Standpunkte umfassend zu berücksichtigen; betont, dass der Verfassungsreform bei der weiteren Modernisierung und Demokratisierung der Türkei auch künftig oberste Priorität zukommen muss;

7.      ist besorgt über Berichte, wonach Beamte, Mitarbeiter der Polizei und Sicherheitskräfte auf der Grundlage ihrer religiösen, ethnischen und politischen Zugehörigkeit ausgewählt werden;

8.      betont, dass weitere Fortschritte bei der Umsetzung der 2010 angenommenen Verfassungsänderungen dringend notwendig sind, und zwar insbesondere was die Verabschiedung von Gesetzen über den Schutz personenbezogener Daten und die Militärjustiz sowie von Gesetzen betrifft, mit denen Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter eingeführt werden; betont, dass diese Gesetzesänderungen strikt umgesetzt werden müssen, sobald sie angenommen wurden;

9.      spricht seine Anerkennung dafür aus, dass der Schlichtungsausschuss bei 60 Verfassungsänderungen einen Konsens erzielt hat, ist aber besorgt darüber, dass seine Arbeit ausgesetzt wurde und es derzeit keine Fortschritte gibt; ist der festen Überzeugung, dass die Arbeit an einer neuen Verfassung für die Türkei fortgesetzt werden sollte, da dies für den Reformprozess in der Türkei von wesentlicher Bedeutung ist; betont, dass im Zuge der Verfassungsreform ein Konsens über ein wirksames System der Gewaltenteilung und eine inklusive Definition des Staatsbürgerschaftsbegriffs erzielt werden muss, um eine uneingeschränkt demokratische Verfassung zu schaffen, die die Gleichberechtigung aller Bevölkerungsgruppen der Türkei garantiert; betont, dass die Türkei als Mitglied des Europarates vom aktiven Dialog mit der Venedig-Kommission über den Verfassungsreformprozess profitieren würde; betont, dass der Verfassungsreformprozess auf transparente und inklusive Weise durchgeführt und die Zivilgesellschaft in allen Phasen beteiligt werden sollte;

10.    bringt seine große Besorgnis über das neue Gesetz über den Hohen Rat der Richter und Staatsanwälte zum Ausdruck und weist auf die starke, zentrale Rolle hin, die dem Justizministerium übertragen wurde und die nicht mit dem Grundsatz einer unabhängigen Justiz als Vorbedingung für ein voll funktionsfähiges demokratisches System der gegenseitigen Kontrolle der verfassungsmäßigen Staatsorgane im Einklang steht; betont, dass die Vorschriften über die Zusammensetzung und die Funktionsweise des Hohen Rates der Richter und Staatsanwälte den europäischen Standards uneingeschränkt entsprechen sollten, und fordert die türkische Regierung auf, sich eingehend mit der Europäischen Kommission und der Venedig-Kommission zu beraten und dass neue Gesetz über den Hohen Rat der Richter und Staatsanwälte gemäß ihren Empfehlungen zu überarbeiten;

11.    begrüßt das von der Regierung am 30. September 2013 vorgestellte Demokratisierungspaket, und fordert die Regierung auf, dieses unverzüglich und vollständig umzusetzen, die Opposition und die einschlägigen zivilgesellschaftlichen Organisationen bei der Ausarbeitung der Durchführungsvorschriften in gebührender Weise zu konsultieren und ihre Reformbemühungen im Hinblick auf die Überarbeitung des Wahlsystems, einschließlich der Herabsetzung der Zehnprozenthürde, und die hinreichende Inklusion aller Gruppen der türkischen Gesellschaft fortzusetzen, um die Demokratie zu festigen und dem bestehenden Pluralismus im Land besser Rechnung zu tragen; betont, dass eine umfassende Gesetzgebung zur Bekämpfung von Diskriminierung und die Einrichtung eines Rates für Diskriminierungsbekämpfung und Gleichstellung dringend notwendig ist; fordert die Regierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Gesetze über Hassverbrechen allen Bürgern und Gemeinschaften, einschließlich lesbischen, schwulen, bi-, trans-, und intersexuellen Personen, Schutz bieten; legt der Regierung nahe, Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechte der alevitischen Gemeinschaft unverzüglich zu stärken; fordert weitere Anstrengungen, um die Diskriminierung der Minderheit der Roma zu bekämpfen sowie die Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern und den Anteil der vorzeitigen Schulabgänger zu senken;

12.    begrüßt, dass mit der Ombudsstelle und der türkischen Nationalen Menschenrechtsinstitution, die ihre Arbeit im Jahr 2013 aufgenommen haben, neue Institutionen geschaffen wurden, die Einzelpersonen zusätzliche Mechanismen für die Geltendmachung des Schutzes ihrer Grundrechte und Grundfreiheiten bieten;

13.    bedauert zutiefst, dass es sowohl unter den Demonstranten als auch unter den Polizeikräften Todesopfer gab, dass die Polizei mit unverhältnismäßiger Gewalt vorging und dass einige Randgruppen Gewalttaten verübten; vertritt die Auffassung, dass die Proteste im Gezi-Park davon zeugen, dass es in der Türkei eine lebendige Zivilgesellschaft gibt und dass ein lebendiger Dialog und zusätzliche Reformen zur Förderung der Grundrechte weiterhin dringend erforderlich sind; bedauert das offensichtliche Versagen der Gerichte, all diejenigen Staatsbediensteten und Polizisten zu bestrafen, die für die unverhältnismäßige Gewaltanwendung, die Todesfälle und schweren Verletzungen unter den Demonstranten im Gezi-Park verantwortlich sind, und begrüßt daher die laufenden, vom Innenministerium eingeleiteten Ermittlungen in der Verwaltung, die richterlichen Ermittlungen und die vom Ombudsmann angestrengten Untersuchungen von Beschwerden im Zusammenhang mit den Ereignissen im Gezi-Park als neue Gelegenheit, sich uneingeschränkt zur Rechtsstaatlichkeit zu bekennen und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen; erwartet, dass Ermittlungen und Untersuchungen durchgeführt werden, um umfassend und unverzüglich auf die Bedenken zu reagieren; fordert die Türkei auf, angemessene interne Überprüfungsverfahren festzulegen und eine unabhängige Aufsichtsstelle für Polizeidelikte einzurichten; vertritt die Ansicht, dass die Ereignisse im Gezi-Park verdeutlichen, dass weitreichende Reformen notwendig sind, um die Achtung der Versammlungsfreiheit zu gewährleisten; bestärkt das Innenministerium und die Polizei, Methoden dafür festzulegen, wie mit öffentlichen Protesten zurückhaltender umgegangen werden kann, und fordert sie insbesondere auf, medizinische Fachkräfte, Anwälte und Angehörige sonstiger Berufsgruppen, die sich für den Schutz der Grundrechte von Demonstranten einsetzen, nicht zu verhaften und ihre Arbeit nicht zu behindern;

14.    stellt fest, dass die beispiellose Welle des Protests auch die legitimen Forderungen vieler türkischer Bürger nach einer Festigung der Demokratie zum Ausdruck bringt; wiederholt, dass Regierungen in einer demokratischen Gemeinschaft Toleranz fördern und die Religions- und Glaubensfreiheit aller Bürger garantieren müssen; fordert die Regierung auf, die Pluralität und den Reichtum der türkischen Gesellschaft zu achten;

15.    ist ernsthaft besorgt darüber, dass von den türkischen Medien nur sehr eingeschränkt über die Ereignisse im Gezi-Park berichtet wurde und dass Journalisten, die die Reaktionen der Regierung auf die Ereignisse kritisierten, entlassen wurden; weist erneut darauf hin, dass freie Meinungsäußerung und Medienpluralismus, einschließlich der digitalen und sozialen Medien, ein Kernstück der europäischen Werte bilden und dass eine unabhängige Presse für eine demokratische Gesellschaft von grundlegender Bedeutung ist, weil sie es den Bürgern ermöglicht, sich aktiv und gut informiert an den Beschlussfassungsverfahren zu beteiligen, und somit die Demokratie festigt; ist zutiefst besorgt angesichts des neuen Internetgesetzes, das eine übermäßige Kontrolle und Überwachung des Internetzugriffs vorsieht und erhebliche Auswirkungen auf die freie Meinungsäußerung, den investigativen Journalismus, die demokratische Kontrolle und den Zugang zu Informationen unterschiedlicher politischer Richtungen über das Internet haben könnte; weist auf die von der EU und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zum Ausdruck gebrachten ernsthaften Bedenken hin und fordert die türkische Regierung auf, das Gesetz im Einklang mit den europäischen Normen im Bereich der Medienfreiheit und des Rechts auf freie Meinungsäußerung zu überarbeiten; bekräftigt seine Besorgnis darüber, dass sich die meisten Medien im Besitz großer Konzerne befinden, wo sie einer starken Konzentration unterliegen und von einer Vielzahl geschäftlicher Interessen beeinflusst werden, und weist auf das besorgniserregende und weit verbreitete Phänomen der Selbstzensur durch Medienbesitzer und Journalisten hin; ist besorgt darüber, dass Journalisten infolge ihrer Kritik an der Regierung ihre Stellen in den Medien verloren haben; ist zutiefst besorgt angesichts der Verfahren, die angewandt werden, um Besitzer kritischer Medien zu bestrafen; äußert Bedenken angesichts der Folgen der Akkreditierung durch staatliche Stellen, die vor allem die regierungskritischen Medien im Visier haben; ist zutiefst besorgt angesichts der besonders hohen Zahl von Journalisten, die sich gegenwärtig in Untersuchungshaft befinden, was das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Freiheit der Medien untergräbt, und fordert die türkischen Justizbehörden auf, diese Fälle so bald wie möglich zu prüfen und zu behandeln; unterstreicht die besondere Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien im Hinblick auf die Stärkung der Demokratie und fordert die türkische Regierung auf, die Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien in Übereinstimmung mit europäischen Normen zu gewährleisten;

16.    hält es für ernsthaft besorgniserregend und unbefriedigend, dass es keine wirklichen Gespräche und Konsultationen über den Entwurf des Internetgesetzes und den Entwurf des Gesetzes über den Hohen Rat der Richter und Staatsanwälte gibt, und weist darauf hin, dass hier von früheren Beispielen der guten Zusammenarbeit erheblich abgewichen wird; ist zutiefst besorgt darüber, dass das Internetgesetz und das Gesetz über den Hohen Rat der Richter und Staatsanwälte die Türkei von ihrem Weg hin zur Erfüllung der Kopenhagener Kriterien abbringen, und fordert die türkische Regierung auf, aufrichtige konstruktive Gespräche über die beiden Gesetze und künftige Rechtsvorschriften insbesondere in den Bereichen Medien und Justiz zu führen und alles daran zu setzen, um den Verhandlungsprozess wieder in Gang zu bringen und ernsthaftes Engagement im Hinblick auf ihre europäische Perspektive zu zeigen, unter anderem durch eine Reform des Internetgesetzes und des Gesetzes über den Hohen Rat der Richter und Staatsanwälte;

17.    stellt fest, dass die 2011 eingerichtete und in den Entschließungen des Parlaments zu den Fortschrittsberichten 2011 und 2012 über die Türkei genannte Ad-hoc-Delegation des Parlaments für die Beobachtung der Gerichtsverfahren gegen Journalisten in der Türkei 2013 ihren auf Tatsachenfeststellungen beruhenden Zwischenbericht vorgelegt hat und am 1. April 2014 ihren Abschlussbericht vorlegen wird;

18.    stellt fest, dass die türkische Gesellschaft angesichts des übermäßigen Ausmaßes des Falls Ergenekon, der Verfahrensmängel sowie der Behauptungen, dass in dieser Rechtssache widersprüchliches Beweismaterial gegen die Angeklagten verwendet worden sei, beunruhigt ist, was – wie im Fall Sledgehammer – die Akzeptanz des Urteils beeinträchtigt hat; betont angesichts dessen erneut, dass in dem Fall KCK die Stärke und die ordnungsgemäße, unabhängige, unparteiische und transparente Funktionsweise der demokratischen Einrichtungen und der Justiz in der Türkei sowie ein entschlossenes und uneingeschränktes Bekenntnis zur Achtung der Grundrechte unter Beweis gestellt werden müssen; fordert die Delegation der EU in Ankara auf, die weiteren Entwicklungen in diesen Fällen – einschließlich eines möglichen Rechtsmittelverfahrens und der Haftbedingungen – genau zu verfolgen und der Kommission und dem Parlament entsprechend Bericht zu erstatten;

19.    weist insbesondere auf die Gerichtsverfahren gegen Füsun Erdoğan und Pinar Selek hin; vertritt die Auffassung, dass diese Gerichtsverfahren beispielhaft für die Mängel im türkischen Justizsystem sind, und äußert seine Besorgnis darüber, dass das Verfahren gegen Pinar Selek seit 16 Jahren andauert; fordert nachdrücklich, dass jedes Verfahren auf transparente Weise sowie unter Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit und Gewährleistung angemessener Bedingungen geführt werden sollte;

20.    stellt fest, dass die Umsetzung des dritten Reformpakets für das Justizwesen dazu geführt hat, dass zahlreiche Häftlinge entlassen wurden, und begrüßt das vierte Reformpaket für das Justizwesen, das einen weiteren wichtigen Schritt hin zu einer türkischen Justiz darstellt, die den Normen und Werten der EU entspricht; nimmt insbesondere (i) die neue und maßgebliche Unterscheidung zwischen freier Meinungsäußerung, Pressefreiheit und Versammlungsfreiheit und der Anstiftung zu Gewalt oder zu terroristischen Handlungen, (ii) die Beschränkung des Tatbestands der Verherrlichung einer Straftat oder eines Straftäters auf Fälle, in denen eine eindeutige und unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung besteht, und (iii) die Beschränkung des Tatbestands einer Straftat im Namen einer Organisation, ohne dieser anzugehören, ausschließlich auf bewaffnete Organisationen zur Kenntnis;

21.    begrüßt die vom Hohen Rat der Richter und Staatsanwälte ergriffenen Initiativen, in deren Rahmen die Schulung zahlreicher Richter und Staatsanwälte auf dem Gebiet der Menschenrechte gefördert und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) gründlich und anwendungsorientiert vermittelt werden soll; fordert die Regierung auf, den auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden Aktionsplan für Menschenrechte anzunehmen, der auf die Behandlung von Fragen abzielt, die in Urteilen des Gerichtshofs aufgeworfen werden, in denen die Türkei für schuldig befunden wird, gegen die Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen zu haben; fordert die Regierung auf, auch weiterhin ehrgeizige Justizreformen zu verfolgen, denen die Notwendigkeit zugrunde liegt, den Schutz und die Förderung der Grundrechte voranzutreiben; betont in diesem Zusammenhang, dass das Antiterrorgesetz unbedingt rasch reformiert werden muss;

22.    fordert die Türkei auf, sich zu verpflichten, die Straflosigkeit zu bekämpfen und die Bemühungen um den Beitritt zum Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen;

23.    hält es für äußerst wichtig, die Verhandlungen über die Kapitel 23 (Justiz und Grundrechte) und 24 (Justiz und Inneres) zu einem frühen Zeitpunkt des Verhandlungsprozesses zu eröffnen und als letzte abzuschließen; betont, dass eine solche Vorgehensweise dem neuen Ansatz der Kommission für neue Bewerberländer entsprechen würde; weist darauf hin, dass die Eröffnung dieser Kapitel auf der Erfüllung der Bedingungen nach den offiziellen Bezugsgrößen beruht, und betont daher, dass die Übermittlung der offiziellen Bezugsgrößen für die Eröffnung von Kapitel 23 und 24 an die Türkei einen klaren Fahrplan für den Reformprozess liefern und diesem Dynamik verleihen würde und dass insbesondere der Reformprozess in der Türkei vor allem in Bezug auf das Justizwesen einen festen Anker erhielte, der auf europäischen Normen beruht; fordert den Rat daher auf, sich erneut für die Übermittlung der offiziellen Bezugsgrößen und bei Erfüllung der festgelegten Kriterien für die Eröffnung von Kapitel 23 und 24 einzusetzen; fordert die Türkei zu diesem Zweck zu einer möglichst engen Zusammenarbeit auf; fordert die Kommission auf, unverzüglich den weiteren Dialog und die weitere Zusammenarbeit mit der Türkei in den Bereichen Justiz und Grundrechte sowie Justiz und Inneres im Rahmen der positiven Agenda zu fördern;

24.    begrüßt die Entscheidung des Stiftungsrates, die Ländereien des historischen Klosters Mor Gabriel an die syrisch-orthodoxe Gemeinschaft in der Türkei zurückzugeben, wozu sich die Regierung in ihrem Demokratisierungspaket verpflichtet hatte; betont, dass auch weiterhin ein angemessener Rechtsrahmen für die Wiedererlangung der Eigentumsrechte aller Religionsgemeinschaften bereitgestellt werden muss; betont, dass der Reformprozess im Bereich der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit fortgesetzt werden muss, indem es Religionsgemeinschaften ermöglicht wird, Rechtspersönlichkeit zu erlangen, sämtliche Beschränkungen bei der Ausbildung, Ernennung und Nachfolge von Geistlichen aufgehoben, die einschlägigen Urteile des EGMR und die Empfehlungen der Venedig-Kommission befolgt und alle Formen der Diskriminierung und Benachteiligung aufgrund der Religion beseitigt werden; fordert die türkische Regierung auf, die Forderung der alevitischen Gemeinschaft zu prüfen, die Cemevis als eigenständige Gebetshäuser anzuerkennen; betont, wie wichtig es ist, sämtliche Hindernisse zu beseitigen, die einer zügigen Wiedereröffnung des Seminars von Chalki und einer öffentlichen Verwendung des Kirchentitels des Ökumenischen Patriarchen im Wege stehen;

25.    unterstützt die Datenbank zu Gewalt gegen Frauen, die derzeit vom Ministerium für Familien- und Sozialpolitik erstellt wird; fordert, dass die bestehenden Rechtsvorschriften zur Einrichtung von Unterkünften für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt sind, um taugliche Kontrollmechanismen ergänzt werden, die zur Anwendung kommen, wenn Gemeinden keine Unterkünfte dieser Art einrichten; unterstützt die Bemühungen, die das Ministerium für Familien -und Sozialpolitik unternimmt, um die Strafen für die Zwangsverheiratung von Kindern, der Einhalt geboten werden muss, zu erhöhen, und bestärkt es darin, diesen Weg weiter zu verfolgen; fordert weitere Anstrengungen, um den sogenannten Ehrenmorden ein Ende zu setzen; äußert erneut seine Besorgnis über die geringe soziale und wirtschaftliche Teilhabe von Frauen und den geringen Frauenanteil in der Erwerbsbevölkerung, der Politik und den Führungsetagen der Verwaltung und hält die Regierung dazu an, angemessene Maßnahmen zur Förderung einer bedeutenderen Rolle der Frauen in der wirtschaftlichen und politischen Landschaft der Türkei zu ergreifen; fordert alle Parteien auf, konkrete Maßnahmen einzuleiten, um die Möglichkeiten von Frauen hinsichtlich der aktiven Mitgestaltung der Politik weiter zu fördern; betont die grundlegende Rolle, die die allgemeine und die berufliche Bildung spielen, wenn es darum geht, die soziale und wirtschaftliche Teilhabe von Frauen zu fördern, sowie die Notwendigkeit, die Gleichstellung der Geschlechter im Gesetzgebungsverfahren und bei der Anwendung von Gesetzen zu etablieren;

26.    unterstützt nachdrücklich den Vorstoß der Regierung, eine Lösung der Kurdenfrage auf der Grundlage von Verhandlungen mit der PKK anzustreben, damit die terroristischen Aktivitäten der PKK endgültig beendet werden; hält die Regierung an, zu den notwendigen Reformen zu greifen, um die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Rechte der kurdischen Gemeinschaft unter anderem durch Unterricht in kurdischer Sprache an öffentlichen Schulen zu fördern, und zwar auf der Grundlage einer angemessenen Konsultation der betreffenden Interessenträger und der Opposition sowie mit dem obersten Ziel, eine wirkliche Öffnung in Bezug auf die Forderungen nach Grundrechten für alle Bürger in der Türkei zu ermöglichen; äußert sich besorgt über die vielen Gerichtsverfahren gegen Schriftsteller und Journalisten, die über die Kurdenfrage schreiben, und die Festnahme mehrerer kurdischer Politiker, Bürgermeister und Mitglieder von Gemeinderäten, Gewerkschafter, Rechtsanwälte, Demonstranten und Menschenrechtsverteidiger im Zusammenhang mit dem KCK-Prozess; fordert die Opposition auf, Verhandlungen und Reformen aktiv zu unterstützen, da es sich hierbei um einen wichtigen Schritt handelt, der der gesamten türkischen Bevölkerung nützt; fordert die türkischen Behörden und die Kommission auf, eng zusammenzuarbeiten, um zu ermitteln, welche Programme im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe (IPA) genutzt werden könnten, um die nachhaltige Entwicklung im Südosten des Landes im Rahmen der Verhandlungen über Kapitel 22 zu fördern;

27.    begrüßt die erwartete zügige Umsetzung der von der türkischen Regierung abgegebenen Absichtserklärung, eine Schule der griechischen Minderheit auf der Insel Gökçeada (Imbros) wiederzueröffnen, da dies einen positiven Schritt darstellt, um den bikulturellen Charakter der Inseln Gökçeada (Imbros) und Bozcaada (Tenedos) im Einklang mit der Resolution 1625 (2008) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zu bewahren; stellt jedoch fest, dass weitere Schritte erforderlich sind, um die Probleme der Angehörigen der griechischen Minderheit insbesondere in Bezug auf Eigentumsrechte zu lösen; fordert die türkischen Behörden angesichts der schwindenden Zahl von der Minderheit angehörenden Personen in diesem Zusammenhang auf, im Ausland lebende Familien, die der Minderheit angehören und auf die Insel zurückkehren möchten, zur Rückkehr zu ermutigen und sie dabei zu unterstützen;

28.    vertritt die Auffassung, dass der soziale Dialog und die Einbeziehung der Sozialpartner für die Entwicklung einer wohlhabenden und pluralistischen Gesellschaft und im Hinblick auf die Förderung der sozialen und wirtschaftlichen Teilhabe an der Gesellschaft insgesamt unerlässlich sind; betont, dass in den Bereichen Sozialpolitik und Beschäftigung weitere Fortschritte erzielt werden müssen, um insbesondere sämtliche Hindernisse zu beseitigen, die einem wirksamen Funktionieren und der uneingeschränkten Arbeit der Gewerkschaften im Wege stehen, eine landesweite Beschäftigungsstrategie zu entwickeln, das Thema illegale Beschäftigung anzugehen, den Anwendungsbereich der Mechanismen der sozialen Sicherung auszudehnen und die Beschäftigungsquoten von Frauen und Menschen mit Behinderungen zu erhöhen; nimmt die Umsetzung neuer Rechtsvorschriften im Bereich der Gewerkschaftsrechte sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor und insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen zur Kenntnis und fordert die Türkei auf, alles daran zu setzen, um die Rechtsvorschriften in vollem Umfang in Einklang mit den Normen der IAO zu bringen; unterstreicht, dass Verhandlungen über Kapitel 19 betreffend Sozialpolitik und Beschäftigung aufgenommen werden müssen;

Aufbau gutnachbarlicher Beziehungen

29.    nimmt die fortdauernden Bemühungen der Türkei und Griechenlands zur Kenntnis, ihre bilateralen Beziehungen unter anderem durch bilaterale Treffen zu verbessern; bedauert jedoch, dass die Casus-Belli-Drohung der Großen Nationalversammlung der Türkei gegen Griechenland noch nicht zurückgezogen worden ist; fordert die türkische Regierung nachdrücklich auf, den wiederholten Verletzungen des griechischen Luftraums und der griechischen Hoheitsgewässer sowie den Überflügen türkischer Militärflugzeuge über griechische Inseln ein Ende zu setzen;

30.    fordert die türkische Regierung auf, das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ), das Teil des gemeinschaftlichen Besitzstands ist, unverzüglich zu unterzeichnen und zu ratifizieren, und weist auf die uneingeschränkte Rechtmäßigkeit der ausschließlichen Wirtschaftszone der Republik Zypern hin; fordert die Türkei auf, die Hoheitsrechte aller Mitgliedstaaten zu achten, einschließlich derjenigen, die sich auf die Exploration und Gewinnung natürlicher Ressourcen in deren Hoheitsgebieten oder ‑gewässern beziehen;

31.    bekräftigt seine entschlossene Unterstützung für die Wiedervereinigung Zyperns auf der Grundlage einer für beide Seiten gerechten und dauerhaften Lösung, und begrüßt diesbezüglich die gemeinsame Erklärung der politischen Führer beider Volksgruppen über die Wiederaufnahme der Gespräche über die Wiedervereinigung Zyperns sowie das Engagement beider Seiten für die Schaffung einer Föderation aus den beiden Bevölkerungsgruppen und den beiden Landesteilen bei politischer Gleichberechtigung sowie die Tatsache, dass das vereinigte Zypern als Mitglied der Vereinten Nationen und der EU über eine einzige internationale Rechtspersönlichkeit, eine gemeinsame Souveränität und eine einzige Staatsangehörigkeit, nämlich die des vereinigten Zyperns, verfügen wird; begrüßt das Engagement beider Seiten, eine positive Atmosphäre zu schaffen, um den erfolgreichen Ausgang der Gespräche zu gewährleiten, und vertrauensbildende Maßnahmen zu ergreifen, um die Verhandlungen voranzutreiben; ersucht die Türkei, diese Verhandlungen, die auf eine gerechte, umfassende und dauerhafte Lösung abzielen und unter Vermittlung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen geführt werden, aktiv zu unterstützen; fordert die Türkei auf, mit dem Rückzug ihrer Truppen aus Zypern zu beginnen und das Sperrgebiet von Famagusta im Einklang mit der Resolution 550 (1984) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen an die Vereinten Nationen zu übergeben; fordert die Republik Zypern auf, den Hafen von Famagusta unter EU-Zollaufsicht zu öffnen, um ein positives Klima für einen erfolgreichen Ausgang der laufenden Verhandlungen über die Wiedervereinigung zu schaffen und es den türkischen Zyprern zu ermöglichen, auf legale Weise direkten Handel zu treiben, der für alle akzeptabel ist; nimmt die Vorschläge der zyprischen Regierung in Bezug auf die Herangehensweise zur Lösung der vorgenannten Fragen zur Kenntnis;

32.    begrüßt die gemeinsame Erklärung von Bürgermeister Alexis Gulanos und Bürgermeister Oktay Kayalp vom 10. Dezember 2013, in der sie ihre entschlossene Unterstützung für ein wiedervereinigtes Famagusta zum Ausdruck bringen;

33.    begrüßt die Entscheidung der Türkei, dem Ausschuss für die Vermissten Zugang zu einem abgesperrten Militärgebiet im nördlichen Teil Zyperns zu gewähren, und hält die Türkei dazu an, dem Ausschuss auch Zugang zu den einschlägigen Archiven und Militärgebieten zwecks Exhumierung zu gewähren; fordert, dass die Tätigkeit des Ausschusses für die Vermissten eine besondere Würdigung erfährt;

34.    unterstreicht die Bedeutung eines in sich schlüssigen und umfassenden Ansatzes auf dem Gebiet der Sicherheit im östlichen Mittelmeerraum und fordert die Türkei auf, den politischen Dialog zwischen der EU und der NATO zu ermöglichen, indem sie ihr Veto gegen die Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO unter Einschluss Zyperns aufhebt; fordert zugleich die Republik Zypern auf, ihr Veto gegen die Mitwirkung der Türkei an der Europäischen Verteidigungsagentur aufzuheben;

35.    fordert die Türkei und Armenien auf, zu einer Normalisierung ihrer Beziehungen überzugehen, indem sie ohne Vorbedingungen die Protokolle über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen ratifizieren, die Grenze öffnen und ihre Beziehungen insbesondere im Hinblick auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die wirtschaftliche Integration aktiv verbessern;

Fortschritte bei der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei

36.    bedauert, dass sich die Türkei weigert, ihrer Verpflichtung nachzukommen, das Zusatzprotokoll zum Assoziierungsabkommen EG-Türkei umfassend und in nicht diskriminierender Weise gegenüber allen Mitgliedstaaten umzusetzen; weist erneut darauf hin, dass diese Weigerung den Verhandlungsprozess weiterhin ernsthaft beeinträchtigt;

37.    stellt fest, dass die Türkei nach wie vor der sechstgrößte Handelspartner der EU ist und dass die EU mit einem Anteil von 38 % am gesamten Handelsvolumen der Türkei und einem Anteil von knapp 71 % an den ausländischen Direktinvestitionen der größte Handelspartner der Türkei ist; begrüßt die laufende Evaluierung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei durch die Kommission, in deren Rahmen die Folgen der Zollunion für beide Seiten und Möglichkeiten einer Aktualisierung geprüft werden sollen, und fordert die Türkei nachdrücklich auf, die verbleibenden Beschränkungen des freien Warenverkehrs aufzuheben;

38.    vertritt die Auffassung, dass angesichts der strategischen Rolle der Türkei als Umschlagplatz für die Energieversorgung und ihres Reichtums an erneuerbaren Energiequellen eine enge Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei im Bereich der Energie sowie die Eröffnung von Verhandlungen über Kapitel 15 über Energie erwogen werden sollten, um einen geeigneten regulatorischen Rahmen aufzustellen; betont außerdem, dass die Türkei in die Gestaltung der europäischen Energiepolitik einbezogen werden muss; betont, dass die Prioritäten in den Bereichen Klimawandel, erneuerbare Energieträger und Energieeffizienz in Angriff genommen werden müssen, und unterstreicht in diesem Zusammenhang das Potenzial für eine Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei in Fragen der grünen Energie; ersucht die Kommission, Finanzierungen zugunsten von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energieträger, des Energienetzes und der Verbundfähigkeit in der Türkei Vorrang einzuräumen; ersucht die Türkei, die Rechtsvorschriften über die Beurteilung der Auswirkungen auf die Umwelt in vollem Umfang und ohne Ausnahme für Großvorhaben umzusetzen;

39.    nimmt das verstärkte Engagement der Türkei in Südosteuropa und insbesondere in Bosnien und Herzegowina zur Kenntnis und legt den türkischen Behörden nahe, ihre Positionen an die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU anzugleichen, ihre diplomatischen Tätigkeiten mit der Hohen Vertreterin/Vizepräsidentin der Kommission abzustimmen und die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaten weiter zu vertiefen;

40.    begrüßt, dass die Türkei die Bereitstellung humanitärer Hilfe für knapp eine Million syrischer Flüchtlinge zugesagt hat; fordert die Türkei auf, ihre Grenzen gut zu überwachen, um die Einreise von Kämpfern sowie die Einfuhr von Waffen für Gruppierungen zu verhindern, bei denen berechtigter Grund zu der Annahme besteht, dass sie an systematischen Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind oder sich nicht für den demokratischen Wandel in Syrien einsetzen; vertritt die Auffassung, dass sich die EU, die Türkei und andere internationale Akteure aktiv darum bemühen sollten, unverzüglich einen gemeinsamen strategischen Ansatz zur Förderung einer politischen Lösung in Syrien zu entwickeln und insbesondere im Hinblick auf Jordanien, den Libanon, den Iran und den Irak die politische und wirtschaftliche Stabilität in der Region zu unterstützen; weist insbesondere auf die schwierige Lage der Gemeinschaft syrisch-alevitischer Flüchtlinge hin, die in den Randgebieten großer Städte Zuflucht suchen, und fordert die Türkei auf, Sorge dafür zu tragen, dass Hilfe diese Menschen tatsächlich erreichen kann; betont, dass sichergestellt werden muss, dass Flüchtlinge Zugang zu Bildung und Beschäftigung erhalten, und äußert zugleich Bedenken hinsichtlich der sozioökonomischen Auswirkungen, die die Flüchtlingsgemeinschaften auf in der Nähe von Flüchtlingslagern gelegene Städte und Dörfer haben; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, eng mit der Türkei zusammenzuarbeiten, wenn es um die Unterstützung für Flüchtlinge geht;

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41.    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Hohen Vertreterin/Vizepräsidentin der Kommission, dem Generalsekretär des Europarates, dem Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Parlament der Republik Türkei zu übermitteln.