ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Reaktion der EU auf den Ausbruch des Ebola-Virus
16.9.2014 - (2014/2842(RSP))
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Ignazio Corrao, Fabio Massimo Castaldo, Valentinas Mazuronis im Namen der EFDD-Fraktion
B8‑0115/2014
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Reaktion der EU auf den Ausbruch des Ebola-Virus
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Bericht der Vereinten Nationen über die Millenniums-Entwicklungsziele,
– unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Ban Ki‑moon vom 25. September 2013 mit dem Titel „Ein Leben in Würde für alle“ und das von den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen angenommene Abschlussdokument, in dem sich die Staats- und Regierungschefs erneut zur Einhaltung der Millenniums-Entwicklungsziele verpflichteten,
– unter Hinweis auf die vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten durchgeführte Risikobewertung des Ebola-Virus (27. August 2014),
– unter Hinweis auf die am 21. August 2014 gegründete Mission der Afrikanischen Union „Hilfsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Ebola-Virus“ (ASEOWA),
– unter Hinweis auf den am 28. August 2014 veröffentlichten Fahrplan der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für eine verbesserte Bekämpfung der Ebola-Epidemie („Ebola Response Roadmap“),
– unter Hinweis auf das UN-Sonderbriefing von Dr. Joanne Liu, internationale Vorsitzende von Ärzte ohne Grenzen, vom 2. September 2014 zur Ebola-Epidemie,
– unter Hinweis auf das UN-Treffen der Staats- und Regierungschefs in Washington (3. September 2014),
– unter Hinweis auf das Ergebnis des Treffens des Kreises der Partner der AU zur Ebola-Epidemie in Addis Ababa, Äthiopien (8. September 2014),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommissionsmitglieder Kristalina Georgieva und Andris Piebalgs vom 8. September 2014 über die Unterstützung der EU für die Mission der Afrikanischen Union zur Bekämpfung von Ebola,
– gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass das Ebola-Virus erstmals im Dezember 2013 in Guinea ausbrach, jedoch erst im März 2014, nachdem es sich auch in Liberia, Sierra Leone, Nigeria und Senegal ausbreitete, festgestellt wurde;
B. in der Erwägung, dass Westafrika auch weiterhin die am stärksten vom Virus betroffene Region ist;
C. in der Erwägung, dass sich die Lage weiterhin rasch verschlechtert und sowohl die Wirtschaft als auch die öffentliche Ordnung der betroffenen Länder beeinträchtigt werden;
D. in der Erwägung, dass der Ausbruch des Ebola-Virus zu einem sekundären humanitären Bedarf führt, zu dem u. a. Nahrungsmittel, sauberes Wasser und die Strukturen des Gesundheitswesens gehören;
E. in der Erwägung, dass es einen stichhaltigen Nachweis dafür gibt, dass eine Übertragung des Ebola-Virus durch ein Mindestmaß an Vorsichtsmaßnahmen und die Bereitstellung von Informationen verhindert werden kann, da somit die Zahl der neuen Infektionen verringert werden könnte; in der Erwägung, dass das Ebola-Virus zwar hoch ansteckend ist, die Übertragung jedoch nicht über die Luft erfolgt, sondern engen Kontakt mit der Körperflüssigkeit einer infizierten Person erfordert, der im Rahmen von Behandlungen, häuslicher Pflege oder traditionellen Beerdigungsritualen zustande kommen kann, da so Familienmitglieder und Freunde in Berührung mit infizierten Körpern kommen können;
F. in der Erwägung, dass die WHO und das Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten am 5. September 2014 insgesamt 3967 Verdachtsfälle und 2105 Todesfälle meldeten;
G. in der Erwägung, dass die Zahl der Personen, die sich mit dem Ebola-Virus infizieren, weiterhin täglich steigt;
H. in der Erwägung, dass die WHO eingesteht, die Epidemie unterschätzt zu haben, und für die kommenden 3 Monaten erwartet, dass die Zahl der Patienten auf insgesamt mehr als 20 000 steigen könnte;
I. in der Erwägung, dass sich die betroffenen Länder mit einer Reihe von Schwierigkeiten bei ihren Anstrengungen, die Ausbreitung der Ebola-Epidemie unter Kontrolle zu bringen, konfrontiert sehen;
J. in der Erwägung, dass in den von der Epidemie betroffenen Regionen extreme Armut herrscht und weder fließendes Wasser noch ausreichend Seife vorhanden ist, um eine weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern;
K. in der Erwägung, dass einige Krankenhäuser weder über die erforderliche Grundausstattung noch über ausreichend Personal verfügen, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Bediensteten selbst mit dem Virus infizieren, erhöht hat;
L. in der Erwägung, dass 10 % der Todesopfer zum medizinischen Personal gehörten, und die WHO einräumt, dass der Verlust einer derart hohen Anzahl an medizinischen Bediensteten die Rekrutierung weiterer internationaler Fachkräfte in ausreichender Zahl erschwert;
M. in der Erwägung, dass die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle in Westafrika stetig steigt, Aufstände ausbrechen, Isolationseinrichtungen überfordert sind, vor Ort tätige Fachkräfte selbst infiziert werden und eine entsetzliche Zahl von ihnen stirbt, während andere aus Angst flüchten und Menschen ohne Behandlungsmöglichkeiten für selbst die einfachsten zu behandelnden Erkrankungen zurücklassen, und gesamte Gesundheitssysteme zusammenbrechen;
N. in der Erwägung, dass die zur Bekämpfung des Ebola-Virus vorgesehenen Einrichtungen von infizierten Personen aufgesucht werden, um dort einsam zu sterben, und dass dort nur noch Palliativbehandlungen bereitgestellt werden; in der Erwägung, dass es nicht möglich ist, die Behandlung der hohen Anzahl an infizierten Personen, die die Einrichtungen aufsucht, sicherzustellen, und dass in Sierra Leone infizierte Körper auf der Straße verwesen;
O. in der Erwägung, dass der Ausbruch des Ebola-Virus, abgesehen von dem Verlust von Menschenleben, eine Vielfalt von Auswirkungen auf die Wirtschaft hat;
P. in der Erwägung, dass Märkte und Läden aufgrund von Reisebeschränkungen, einer Ausbreitungsbarriere um den Infektionsherd und der Angst vor menschlichem Kontakt, die zu Einkommensverlusten für Hersteller und Händler führten, schließen müssen;
Q. in der Erwägung, dass sich die Verbringung von Menschen aus den betroffenen Regionen negativ auf die Landwirtschaft auswirkte;
R. in der Erwägung, dass zahlreiche Fluggesellschaften einen Rückgang des Flugverkehrs zu verzeichnen hatten und einige von ihnen ihre Flüge in die betroffenen Regionen eingestellt haben;
S. in der Erwägung, dass ausländische Bergbauunternehmen nicht unmittelbar benötigte Bedienstete zurückgerufen, neue Investitionen zurückgestellt und eine Reihe von Tätigkeiten eingestellt haben;
T. in der Erwägung, dass die Mittel einiger Regierungen stark durch die Epidemie belastet sind und Sierra Leone auf Schatzanweisungen zurückgreift, um die Bekämpfung des Virus zu finanzieren;
U. in der Erwägung, dass die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) davor warnte, dass die Epidemie die Ernten und die Ernährungssicherheit in Westafrika gefährden könnte;
V. in der Erwägung, dass die Generaldirektion Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz der Europäischen Kommission einen Betrag in Höhe von mehr als 147 Mio. EUR für humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe zugesagt hat, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, den infizierten Personen Behandlungen und wichtige Ausrüstung zur Verfügung zu stellen und auf dem Gebiet der humanitären Hilfe tätige Sachverständige zu entsenden,
W. in der Erwägung, dass nur 11,9 Mio. EUR der zugesagten 147 Mio. EUR speziell für einige der dringlichsten humanitären Bedürfnisse vorgesehen sind,
1. begrüßt und unterstützt die Arbeit der aktiven nichtstaatlichen Organisationen, insbesondere die Arbeit von Ärzte ohne Grenzen, die größte vor Ort tätige nichtstaatliche Organisation, sowie die von Emergency, Samaritan’s Purse und anderen;
2. begrüßt die am 3. September 2014 in Washington von den in den Vereinten Nationen vertretenen Staats- und Regierungschefs abgegebene Erklärung, aus der hervorgeht, dass es möglich ist, dem Ausbruch des Ebola-Virus in Westafrika innerhalb eines Zeitraums von 6 bis 9 Monaten ein Ende zu setzen, jedoch nur wenn eine massive weltweite Reaktion erfolgt;
3. bedauert die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten die Krise unterschätzt haben, sowie die Verzögerung bei der Bereitstellung einer angemessenen koordinierten Strategie;
4. unterstützt die Initiative der Europäischen Kommission, der neu gegründeten Mission der Afrikanischen Union „Hilfsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Ebola-Virus in Westafrika“ (ASEOWA) finanzielle Unterstützung in Höhe von 5 Mio. EUR zu leisten, woraufhin diese, wie in der Sitzung des Kreises der Partner der AU zur Ebola-Epidemie angekündigt, die derzeit im Hinblick auf die Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der Erkrankung in der Region unternommenen Anstrengungen verstärken wird;
5. fordert die Kommission auf, Kontrollsysteme einzuführen, um sicherzustellen, dass die zweckgebundenen Mittel für die Eindämmung der Ebola-Epidemie tatsächlich für die Bekämpfung der Epidemie in den vom Virus betroffenen Ländern bestimmt sind und nicht für andere Zwecke verwendet werden;
6. fordert nachdrücklich ein Ministertreffen des Rates der Europäischen Union, um einen Notfallplan festzulegen, um medizinische Ressourcen zu mobilisieren, damit die Mitgliedstaaten humanitäre Hilfe unter der Koordination der Kommission leisten können;
7. bringt seine große Besorgnis über die Tatsache zum Ausdruck, dass sich die Epidemie, neben dem Verlust von Menschenleben, auch in mehrerlei Hinsicht negativ auf die Wirtschaft auswirkt;
8. bedauert, dass der Tourismussektor in den betroffen Ländern unmittelbar von der Krise in Mitleidenschaft gezogen wurde, und dass andere Länder, die nicht direkt vom Virus betroffen sind, auch über negative Auswirkungen auf den Tourismus berichten, der eine wichtige Einnahmequelle für die Länder in Westafrika darstellt;
9. nimmt zur Kenntnis, dass eine Verringerung des Wirtschaftswachstums vorhergesagt wurde, und dass gemäß einer ersten Bewertung der Weltbank und des IWF für Guinea ein Rückgang des Wachstums des BIP um einen Prozentpunkt, nämlich von 4,5 % auf 3,5 %, zu erwarten ist;
10. fordert nachdrücklich die Umsetzung des neuen Fahrplans der WHO zur Koordinierung und Stärkung der internationalen Reaktion, der darauf abzielt, die betroffenen Länder bei der Eindämmung der sich weiter ausbreitenden Übertragung zu unterstützen;
11. erinnert darin, dass der Fahrplan der WHO durch die Einführung einer gesonderten UN-weiten operationellen Plattform ergänzt wird, und fordert die Vereinten Nationen daher auf, den neuen Aktionsplan für die Region auszugestalten; betont, dass in folgenden Bereichen dringender Bedarf an Maßnahmen besteht: Kommunikation und Nachrichtenübermittlung, Behandlung der infizierten Personen und ordnungsgemäße Beerdigungen, Diagnose und Ermittlung von potenziell infizierten Personen, Gesundheitsdienste hinsichtlich anderer Beschwerden, Beförderung und Versorgungskette, Bereitstellung von Bargeld für das medizinische Personal, medizinische Versorgung für Beförderer, Luft‑ und Seezugang und enge Koordinierung zur Vermeidung eines Wirtschaftsabschwungs;
12. fordert mit Nachdruck die Umsetzung sämtlicher internationaler Pläne (Reaktionen, Fahrpläne und Aktionspläne der UN, WHO und EU), da fast 40 % der gemeldeten Fälle innerhalb der vergangenen drei Wochen verzeichnet wurden;
13. begrüßt die Absicht der Europäischen Kommission, im Rahmen des Gesundheitssicherheitsausschusses eng mit den Mitgliedstaaten der EU zusammenzuarbeiten, um diese hinsichtlich der jüngsten Entwicklungen auf dem neusten Stand zu halten und die Abstimmung der Maßnahmen sicherzustellen;
14. unterstreicht, dass die Mobilisierung internationaler finanzieller Unterstützung und weiterer medizinischer Fachkräfte vorrangig in Angriff genommen werden muss, um die auf internationaler Ebene ergriffenen Maßnahmen zu verstärken;
15. ist der Ansicht, das Information und Kommunikation eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der Ebola-Epidemie spielen;
16. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und der Weltgesundheitsorganisation zu übermitteln.