Entschließungsantrag - B8-0127/2014Entschließungsantrag
B8-0127/2014

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in der Ukraine

16.9.2014 - (2014/2841(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Rebecca Harms, Tamás Meszerics, Heidi Hautala, Bas Eickhout, Indrek Tarand im Namen der Verts/ALE-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-0118/2014

Verfahren : 2014/2841(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-0127/2014
Eingereichte Texte :
B8-0127/2014
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Angenommene Texte :

B8‑0127/2014

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in der Ukraine

(2014/2841(RSP))

Das Europäische Parlament,

–       unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zur Ukraine, insbesondere auf seine Entschließungen vom 27. Februar 2014 zur Lage in der Ukraine[1], vom 13. März 2014 zur Invasion Russlands in der Ukraine[2] und vom 17. April 2014 zum Druck Russlands auf die Länder der Östlichen Partnerschaft und insbesondere zur Destabilisierung der Ostukraine[3], sowie vom 17. Juli 2014 zur Ukraine[4],

–       unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Sondertagung des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ zur Ukraine vom 3. März 2014 sowie auf die Schlussfolgerungen der Tagungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 17. März 2014, 14. April 2014, 12. Mai 2014, 23. Juni 2014 und 15. August 2014;

–       unter Hinweis auf die Erklärung der Staats- und Regierungschefs zur Ukraine auf der Tagung des Europäischen Rates am 6. März 2014 und 27. Mai 2014,

–       unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates vom 21. März 2014, 27. Juni 2014, 16. Juli 2014 und vom 30. August 2014 zur Ukraine,

–       gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.     in der Erwägung, dass sich die trilaterale Kontaktgruppe am 5. September 2014 in Minsk über eine Waffenruhe in der Ostukraine verständigt hat, und zwar auf Grundlage eines 12-Punkte-Protokolls, das auf der Website der OSZE veröffentlicht wurde und eine sofortige Waffenruhe, die Freilassung von Geiseln, Maßnahmen zur Verbesserung der humanitären Lage sowie Maßnahmen zur Dezentralisierung von Befugnissen und rasche Wahlen in den Gebieten Donezk und Luhansk forderte;

B.     in der Erwägung, dass Russland in den vergangenen Wochen seine militärische und logistische Unterstützung für die Separatistenmilizen trotz der Forderungen der EU, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Lage zu deeskalieren, durch einen beständigen Zustrom von Waffen, Munition und gepanzerten Fahrzeugen und Gerät, Söldnern und getarnten Soldaten verstärkt hat; in der Erwägung, dass die Russische Föderation seit Beginn der Krise Truppen und militärisches Gerät an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen hat;

C.     in der Erwägung, dass das Waffenstillstandsabkommen zur Zeit noch fragil ist, aber trotz täglichen Berichten über einige Verstöße gegen dieses Abkommen, insbesondere in den Gebieten um Donezk und Mariupol, insgesamt eingehalten wird;

D.     in der Erwägung, dass mehr als 2 600 Menschen während des Konflikts ihr Leben verloren haben; in der Erwägung, dass die Situation im Konfliktgebiet aus humanitärer und gesundheitlicher Sicht tiefe Besorgnis hervorruft; in der Erwägung, dass mehr als eine Million Menschen das Konfliktgebiet verlassen haben, um in der Russischen Föderation oder in anderen Gebieten der Ukraine, die nicht von den Feindseligkeiten betroffen sind, Zuflucht zu suchen;

E.     in der Erwägung, dass Walentina Melnikowa, die dem „Komitee der Soldatenmütter“ –der wichtigsten russischen Organisation, die die Familien der Armeeangehörigen vertritt – vorsteht, mitteilte, dass von schätzungsweise 7 000 bis 8 000 russischen Armeeangehörigen in der Ukraine auszugehen sei, und bereits etwa 200 russische Soldaten gestorben seien;

F.     in der Erwägung, dass am 28. August 2014 das russische Justizministerium die nichtstaatliche Organisation „Soldatenmütter von St. Petersburg“ seiner offiziellen Liste der „ausländischen Agenten“ gemäß dem Gesetz von 2012 hinzufügte; in der Erwägung, dass dieser Beschluss bekannt gegeben wurde, nachdem Ella Polyakowa, die Leiterin der Gruppe, öffentlich über den mutmaßlichen Tod russischer Soldaten, die in der Ukraine gegen die ukrainische Armee kämpften, sprach und Untersuchungen dieser Vermutungen forderte;

G.     in der Erwägung, dass die staatlichen Stellen der Russischen Föderation versuchen, öffentliche Beerdigungen der in der Ukraine getöteten russischen Soldaten zu verhindern; in der Erwägung, dass Journalisten, die über das Begräbnis zweier russischer Paramilitärs in Pskow berichtet hatten, geschlagen und schwer verletzt wurden;

H.     in der Erwägung, dass in Berichten des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte und von Amnesty International beide Seiten der Menschenrechtsverletzungen, mit der Aufzählung von Straftaten wie Verschleppung, Folterung, außergerichtliche Hinrichtungen und die Verwendung schwerer Waffen in dicht besiedelten städtischen Gebieten, beschuldigt werden;

I.      in der Erwägung, dass die direkte und indirekte militärische Intervention Russlands in der Ukraine, einschließlich der Annexion der Krim, internationales Recht, einschließlich der Charta der Vereinten Nationen, der OSZE-Schlussakte von Helsinki und des Budapester Memorandums von 1994, verletzt; in der Erwägung, dass Russland weiterhin die Umsetzung des Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) ablehnt;

J.      in der Erwägung, dass nach einem langen und schwierigen Entscheidungsprozess am 12. September 2014 neue Sanktionen der EU gegen Russland, die auf die weitere Erschwernis des Zugangs von russischen Banken, von Energieunternehmen und von in der Verteidigungsindustrie tätigen Unternehmen zu den Kapitalmärkten der EU sowie auf die Erweiterung der vorherigen Sanktionen, abzielen, in Kraft getreten sind;

K.     in der Erwägung, dass das russische Embargo auf die Einfuhr einer ganzen Reihe von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus der EU und anderen Staaten, die der russische Ministerpräsident am 6. August 2014 verkündet hat, erhebliche Auswirkungen auf zahlreiche Landwirtschaftszweige und Länder hat, die landwirtschaftliche Erzeugnisse nach Russland ausführen;

L.     in der Erwägung, dass angesichts der umfangreichen Vertreibungen von Bevölkerungsgruppen und der niedrigsten Impfrate in Europa in der Ukraine ein hohes Risiko des Ausbrechens übertragbarer Krankheiten, insbesondere unter Kindern, besteht; in der Erwägung, dass insbesondere die Gefahr des Ausbruchs von Kinderlähmung (Polio) alarmierend ist, da 1,5 Millionen Kinder unter fünf Jahren nicht vollständig gegen Kinderlähmung geimpft sind;

M.    in der Erwägung, dass am 26. August 2014 nach einer Periode der Instabilität zwischen den die Regierung unterstützenden Kräften der ukrainische Präsident Petro Poroschenko die Werchowna Rada aufgelöst und vorgezogene Parlamentswahlen ausgerufen hat;

N.     in der Erwägung, dass die EU und die Ukraine – nachdem sie am 21. März 2014 die politischen Bestimmungen des Assoziierungsabkommens unterzeichnet hatten – am 27. Juni 2014 die übrigen Teile des Abkommens mit Bestimmungen über eine vertiefte und umfassende Freihandelszone offiziell unterzeichnet haben; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament und die Werchowna Rada planen, das Assoziierungsabkommen gleichzeitig zu unterzeichnen;

O.     in der Erwägung, dass der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ am 27. Juni 2014 die Analyse der Kommission, die Ukraine habe alle Vorgaben aus der ersten Phase des Maßnahmenplans zur Visaliberalisierung erfüllt, bestätigt und anschließend die zweite Phase des Visaliberalisierungsprozesses eingeleitet hat;

P.     in der Erwägung, dass im langjährigen Streit zwischen der Ukraine und Russland über die Erdgasversorgung bisher keine Einigung erzielt wurde;

1.      begrüßt die Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens von Minsk und fordert alle Seiten auf, alle Anstrengungen für eine vollständige und redliche Umsetzung zu unternehmen, um den Weg für den Beginn eines wirklichen Friedensprozesses frei zu machen; fordert darüber hinaus alle Parteien auf, die Verhandlungen fortzusetzen, um alle offenen Fragen insbesondere im Hinblick auf den Status der Gebiete Donezk und Luhansk oder Teile dieser Gebiete im Rahmen eines einheitlichen ukrainischen Staates zu klären;

2.      bekräftigt. dass es sich für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine einsetzt und betont, dass nur im Zuge einer wirklichen politischen Lösung der Krise einer vollständigen Aussöhnung der Parteien der Weg bereitet und die Einheit des Landes gestärkt werden kann;

3.      betont, dass die OSZE eine wesentliche Rolle bei der Beilegung der Krise in der Ukraine übernehmen sollte, weil sie mit dem Umgang mit bewaffneten Konflikten und Krisen vertraut ist und ihr sowohl die Russische Föderation als auch die Ukraine angehören; fordert die Mitgliedstaaten, die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und die Kommission auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Rolle der OSZE-Sonderbeobachtungsmission in der Ukraine sowohl in personeller Hinsicht als auch in Bezug auf Logistik und Ausrüstung weiter zu stärken; betont die Notwendigkeit der unverzüglichen Stationierung von OSZE-Beobachtern entlang der ukrainisch-russischen Grenze, die gegenwärtig von den Separatisten kontrolliert wird;

4.      begrüßt die häufigen Kontakte zwischen dem Präsidenten der Ukraine Poroschenko und dem Präsidenten Russlands Putin mit dem Ziel des Abbaus von Spannungen und der Stärkung des Waffenstillstands; ist der Ansicht, dass dennoch der erste glaubhafte und konkrete Beitrag Moskaus zur Entspannung der Lage und zur Beendigung des Konflikts der sofortige Stopp des Zustroms von russischen Waffen, Söldnern und Truppen zur Unterstützung der Separatistenmilizen sowie der Rückzug der an der Grenze zur Ukraine zusammengezogenen russischen Truppen wäre;

5.      fordert daher die Staats- und Regierungschefs der EU auf, die starken nicht-militärischen Mittel der EU umfassend zu nutzen, um zu verhindern, dass das Waffenstillstandsabkommen die Ostukraine zu einem weiteren „eingefrorenen Konflikt“ macht, indem der Druck auf Russland aufrechterhalten wird, bis die Krise nicht substantielle und unumkehrbare Zeichen der Verbesserung zeigt; begrüßt daher die Ausdehnung und Erweiterung der Sanktionen der EU, einschließlich derjenigen, die auf die Möglichkeit der wichtigsten Ölproduzenten Russlands abzielen, sich in Europa Kapital zu beschaffen;

6.      fordert darüber hinaus den Rat auf, neue Arten von Maßnahmen zu erwägen, einschließlich der Aussetzung der Mitgliedschaft Russlands in der G20 und des Boykotts der FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2018 durch EU-Staaten;

7.      begrüßt die sehr späte Entscheidung des französischen Präsidenten Hollande, die Ausfuhr des ersten Hubschrauberträgers der Mistral-Klasse im November 2014 wegen der Aggression Russlands gegenüber der Ukraine zu stoppen, fordert Frankreich jedoch auf, diesen Vertrag endgültig aufzukündigen; erinnert daran, dass Russland das zweite Schlachtschiff der Mistral-Klasse nach dem russisch besetzten ukrainischen Seehafen Sewastopol benennen will; fordert das Vereinigte Königreich nachdrücklich auf, alle bestehenden Genehmigungen zur Waffenausfuhr an Russland unverzüglich zurückzunehmen und fordert die Mitgliedstaaten ebenfalls auf, das EU–Waffenembargo gegen Russland zu stärken, indem nicht nur zukünftige Ausfuhren, sondern alle gegenwärtigen Verträge und Genehmigungen verboten werden;

8.      ist über die Einbeziehung der NATO in der Krise zwischen der Ukraine und Russland besorgt; stellt fest, dass jede direkte Beteiligung der NATO die Krise weiter militarisieren und in die Hände der russischen Propaganda spielen würde; ist der Ansicht, dass die Durchführung der NATO-Manöver in der Westukraine und im Schwarzen Meer ein Fehler ist; fordert die NATO-Führung nachdrücklich auf, diese Idee zu überdenken, da sie zu absichtlichem oder unabsichtlichem Kontakt zwischen konventionellen Kräften der NATO und der Russischen Föderation führen könnte;

9       weist auf die aktuellen Berichte von Amnesty International über Menschenrechtsverletzungen in den Konfliktgebieten hin und verurteilt aufs Schärfste die Entführungen, brutalen Prügelattacken, Folterungen, Morde und außergerichtlichen Hinrichtungen sowie andere schwerwiegende Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht zulasten von nicht aktiv am Konflikt in der Ostukraine beteiligten Aktivisten, Demonstranten, Journalisten und vielen anderen Bürgerinnen und Bürger, die in den letzten drei Monaten hauptsächlich von bewaffneten Separatisten – in einigen Fällen aber auch von Regierungstruppen – begangen wurden; unterstützt die Forderung an die Regierung der Ukraine, ein zentrales und regelmäßig aktualisiertes Verzeichnis zur Erfassung mutmaßlicher Entführungen einzurichten sowie sorgfältig und unparteiisch allen Vorwürfen zu missbräuchlicher Gewaltanwendung, Misshandlungen oder Folterungen nachzugehen;

10.    betont erneut, dass Russland seit der Annexion der Krim seine rechtlichen Verpflichtungen als Unterzeichnerstaat des Budapester Memorandums von 1994 und des Vertrags von 1997 über freundschaftliche Beziehungen, Zusammenarbeit und Partnerschaft missachtet, in deren Rahmen die Vertragsparteien übereingekommen sind, die Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen die territoriale Integrität oder die politische Unabhängigkeit der Ukraine zu unterlassen;

11.    betont, wie wichtig es ist, dass trotz der Feindseligkeiten im Ostteil des Landes die vorgezogene Parlamentswahl im Einklang mit internationalen demokratischen Verpflichtungen abgehalten wird; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine auf, allen Anmerkungen in den Erkenntnissen und Schlussfolgerungen der Beobachtungsmission des BDIMR der OSZE zu den jüngsten Präsidentschaftswahlen nachzugehen; bedauert, dass die Werchowna Rada nicht in der Lage war, ein neues Wahlgesetz zu erlassen; fordert die OSZE auf, Möglichkeiten zu finden, damit die vorgezogenen Wahlen auch in den Konfliktgebieten stattfinden können;

12.    fordert die staatlichen Stellen der Ukraine auf, in einen offenen, transparenten und inklusiven Dialog mit allen Teilen der ukrainischen Gesellschaft einzutreten; fordert die staatlichen Stellen der Ukraine in diesem Zusammenhang auf, nach dem Amtsantritt des neuen Parlaments die notwendigen und lang erwarteten Reformen der Verfassung, des politischen Systems und in der Wirtschaft nicht zu verzögern; ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass eine Verfassungsreform in der Ukraine Gegenstand einer breit angelegten und umfassenden Diskussion sein sollte, an der sich alle Teile der Gesellschaft der Ukraine beteiligen und die in ein Referendum münden sollte;

13.    betont, dass die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Ukraine am 27. Juni 2014 ein grundlegender Schritt zur Vertiefung der Beziehungen beider Seiten und zur Einbindung der Ukraine in den europäischen Integrationsprozess ist; betont, wie wichtig es ist, eine geeignete Struktur (Task Force) zu schaffen, um der Ukraine technische Unterstützung sowie die notwendige finanzielle Hilfe zur Verfügung zu stellen, um so für eine erfolgreiche Umsetzung des Abkommens Sorge zu tragen; weist auf die Bedeutung der Festlegung eines klaren Fahrplans für die Umsetzung hin, so dass die Ukraine vom Zugang zum EU-Markt so bald wie möglich profitieren kann;

14.    bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Auffassung, dass dieses Abkommen nicht das Endziel der Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine darstellt; weist außerdem darauf hin, dass die Ukraine – wie jeder andere europäische Staat – gemäß Artikel 49 EUV eine europäische Perspektive hat und eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union beantragen kann, sofern sie sich an die Grundsätze der Demokratie hält, die Grundfreiheiten, die Menschen- und die Minderheitenrechte achtet und die Rechtstaatlichkeit gewährleistet; hebt hervor, dass ein Assoziierungsabkommen oder ein Abkommen über eine vertiefte und umfassende Freihandelszone mit der Europäischen Union in keiner Verbindung zu einer NATO-Mitgliedschaft stehen;

15.    nimmt die am 12. September 2014 bei den dreiseitigen Gesprächen der EU, der Ukraine und Russland erzielte Vereinbarung zur Kenntnis; hofft, dass diese Gespräche eine Grundlage für gemeinsame Lösungen auf Basis internationaler Standards und Regeln sein könnte, bedauert jedoch, dass Russland in den dreiseitigen Gesprächen versucht hat, das Assoziierungsabkommen zu untergraben, statt einen konstruktiven Ansatz für gemeinsame tragfähige Lösungen zu zeigen; bedauert in diesem Zusammenhang den Beschluss, die vorläufige Anwendung der Bestimmungen des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens zu verschieben; betont, dass das Abkommen und die zukünftigen dreiseitigen Gespräche Russland nicht die Möglichkeit einräumen müssen, die Verhandlungen über das vertiefte und umfassende Freihandelsabkommen wieder aufzunehmen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, schnellstmöglich einen neuen Vorschlag für eine Verordnung über die Verlängerung autonomer Handelspräferenzen vorzulegen, die nach ihrer Billigung durch das Europäische Parlament und den Ministerrat vor dem 1. November 2014 in Kraft treten sollte;

16.    bedauert das Ausnutzen des Handels durch Russland als Instrument zur Destabilisierung der Region durch die Einführung verschiedener Einfuhrverbote auf Erzeugnisse aus der Ukraine und Moldau sowie zuletzt durch den Verzicht auf GUS-Freihandelsabkommen mit der Ukraine, Georgien und Moldau und folglich der Wiedereinführung der Meistbegünstigungszollsätze für Erzeugnisse aus diesen Ländern;

17     fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Vorbereitungen für das dritte ehrgeizige Paket der Makrofinanzhilfe für die Ukraine zu beginnen sowie eine führende Rolle bei der Organisation der Geberkonferenz für die Ukraine zu übernehmen, die vor Ende 2014 stattfinden und internationale Organisationen, internationale Finanzinstitutionen und die Zivilgesellschaft einbeziehen soll; betont, wie wichtig die Zusage der internationalen Gemeinschaft ist, die Stabilisierungs- und Reformmaßnahmen in Wirtschaft und Politik in der Ukraine zu unterstützen, vor allem im Rahmen der politischen Assoziierung der Ukraine und ihrer wirtschaftlichen Integration in die EU sowie durch einen glaubwürdigen Notfallplan für den Wiederaufbau und die Entwicklung der vom Konflikt in Mitleidenschaft gezogenen Gebiete und durch humanitäre und medizinische Hilfe für Flüchtlinge und Vertriebene;

18.    begrüßt den kürzlich erfolgten Beginn einer Reform des zivilen Sicherheitssektors in der Ukraine im Rahmen einer GSVP-Mission (EUAM Ukraine); betont, dass Polizei und Justiz grundlegend reformiert sowie die Transparenz, die Rechenschaftspflicht und die demokratische und parlamentarische Kontrolle der Polizei gestärkt werden müssen;

19.    weist darauf hin, dass der begrenzte Charakter der Maßnahmen, die die EU als Reaktion auf die Invasion Russlands in der Ukraine ergriffen hat, auch darauf zurückzuführen ist, dass die EU bei ihrer Energieversorgung stark von der Russischen Föderation abhängig ist; hält es in diesem Zusammenhang für sehr wichtig, die Abhängigkeit der EU von Moskau und von anderen autoritären Regimes zu verringern und die Möglichkeit eines vollständigen Boykotts in Erwägung zu ziehen sowie gleichzeitig konkrete Alternativen zu schaffen, um die Mitgliedstaaten zu unterstützen, die derzeit ausschließlich auf Russland als Energielieferant angewiesen sind; fordert die Kommission in dieser Hinsicht auf, sich für die vollständige Umsetzung des Dritten Energiepakets einzusetzen und Energieeffizienzprojekte zu unterstützen, da so zusätzliche Erdgasfernleitungskapazitäten wie das Projekt South Stream überflüssig gemacht werden könnten, und darüber hinaus die Energieversorgungsquellen durch den Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energieträger konkret zu diversifizieren; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, zu unterbinden, dass ihre öffentlich-rechtlichen Unternehmen gemeinsame Projekte mit russischen Unternehmen durchführen, durch die sich die Energiekrisenanfälligkeit Europas verschärft und auf die Isolierung der Ukraine abgezielt wird – beispielsweise das Projekt South Stream;

20.    betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit ehrgeiziger und verbindlicher Ziele für die Energieeffizienz und der Nutzung erneuerbarer Energien von 40 % bzw. 45 % in den Rahmenberatungen für 2030, um in der EU Arbeitsplätze in diesen Sektoren zu schaffen, die Energieversorgungssicherheit zu erhöhen, unsere Klimaziele zu erreichen und Europas Abhängigkeit von der Einfuhr fossiler Brennstoffe zu verringern; fordert darüber hinaus den Europäischen Rat auf, in seiner Oktobersitzung einen ehrgeizigen und umfassenden Notfallplan für die kommenden Monate anzunehmen, wobei auch die jeweiligen Standpunkte der Interessensträger und des Europäischen Parlaments berücksichtigt werden;

21.    fordert die EU auf, Erdgasspeicher, Verbindungsleitungen und Schubumkehr in Erdgasfernleitungen als strategische Mittel zu betrachten und daher den Anteil von Geschäftspartnern aus Drittländern in diesen äußerst wichtigen Sektoren zu regulieren; fordert die Mitgliedstaaten darüber hinaus auf, auf geplante Abkommen mit Russland im Energiesektor zu verzichten, einschließlich in Bezug auf nukleare Brennstoffzellen, die Verbringung von Abfällen der Nukleartechnologie und die Erdgasfernleitung „South Stream“;

22.    begrüßt die ersten Maßnahmen der Kommission, mit denen die Ukraine in die Lage versetzt werden soll, die Energiekrise zu bewältigen, nachdem Russland beschlossen hat, die Erdgaslieferungen in die Ukraine einzustellen; fordert den Rat und die Kommission dringend auf, die Ukraine auch künftig mit Rat und Tat in ihren Bemühungen um die Beilegung des langjährigen Erdgasstreits mit Russland zu unterstützen;

23.    weist auf die dramatische soziale Lage in dem Land hin; fordert die Regierung der Ukraine auf, die an die Vereinbarung mit dem IWF geknüpften Auflagen vollständig offenzulegen, und fordert Begleitmaßnahmen zur Linderung der aktuellen Lage, insbesondere im Hinblick auf die am stärksten schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen; vertritt die Auffassung, dass die IWF-Bedingungen die inneren Spannungen verstärken und eine rasche Kürzung der Gehälter und einen raschen Stellenabbau in der öffentlichen Verwaltung nach sich ziehen könnten und dass als Begleiterscheinung die Korruption steigen könnte; stellt fest, dass das Risiko von Infektionskrankheiten in der Ukraine steigt, da es derzeit einen beträchtlichen Mangel an Impfstoffen gibt, der auf Verzögerungen im Beschaffungsverfahren des Staates und Preiserhöhungen infolge der Abwertung der heimischen Währung zurückzuführen ist;

24.    nimmt den vorläufigen Bericht der Sachverständigen zu dem Absturz des Flugzeugs der Malaysia Airlines mit der Flugnummer MH17 zur Kenntnis; fordert vollen und ungehinderten Zugang der Experten zu dem Gebiet, in dem die Trümmer des Flugzeugs liegen, damit sie ihre Untersuchungen abschließen können;

25.    fordert eine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Ereignisse, bei denen es am 2. Mai 2014 in Odessa Todesfälle gab, und aller anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die seit November 2013 begangen wurden, wobei diese Untersuchung mit starker internationaler Beteiligung und unter der Aufsicht des Europarats durchgeführt werden sollte; fordert, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden; ist davon überzeugt, dass nur durch eine erfolgreiche Untersuchung dieser Verbrechen dazu beigetragen werden kann, dass die Gesellschaft der Ukraine und die Angehörigen, Freunde und Bekannten der Opfer das Vertrauen in die Institutionen des Staates wiedererlangen;

26.    begrüßt, dass die Kommission den vierten Fortschrittsbericht über die Umsetzung des Maßnahmenplans zur Visaliberalisierung durch die Ukraine angenommen und der Rat beschlossen hat, die zweite Phase einzuleiten; fordert nachdrücklich die rasche Aufhebung der Visumpflicht zwischen der EU und der Ukraine als konkrete Antwort auf die auf Europa gerichteten Hoffnungen der Demonstranten auf dem Majdan; fordert nochmals, dass in der Zwischenzeit umgehend zeitlich begrenzte, einfache und preiswerte Verfahren für die Ausstellung von Visa eingeführt werden;

27.    fordert die Kommission auf, nach dem russischen Embargo gegen landwirtschaftliche Erzeugnisse der EU die erforderlichen Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um die betroffenen Agrarmärkte zu stabilisieren, indem verstärkt auf den Binnenmarkt zurückgegriffen und, falls möglich, auf die Weiterverarbeitung von Erzeugnissen gesetzt wird, wodurch verhindert wird, dass diese Erzeugnisse vom Markt genommen (vernichtet) oder subventioniert in Drittstaaten, vor allem Entwicklungsländer, ausgeführt werden; erwartet in diesem Zusammenhang die Solidarität und ordnungsgemäße Abwicklung des Handels mit Drittstaaten, die eng mit der EU verbunden sind, insbesondere mit Kandidatenstaaten;

28.    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen der Mitgliedstaaten sowie dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Ukraine, dem Europarat, der OSZE und dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation zu übermitteln.