Entschließungsantrag - B8-0129/2015Entschließungsantrag
B8-0129/2015

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu den Gräueltaten in jüngster Zeit im Norden Nigerias

4.2.2015 - (2015/2520(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Javier Nart im Namen der ALDE-Fraktion

Verfahren : 2015/2520(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-0129/2015
Eingereichte Texte :
B8-0129/2015
Aussprachen :
Angenommene Texte :

B8‑0129/2015

Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Gräueltaten in jüngster Zeit im Norden Nigerias

(2015/2520(RSP))

Das Europäische Parlament,

–       unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Nigeria und insbesondere seine jüngste Aussprache im Plenum vom Mittwoch, 14. Januar 2015, zu dem Thema,

–       unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, vom 8. und 14. Januar 2015,

–       unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 19. Januar 2015 zum Terrorismus,

–       unter Hinweis auf das gemeinsame Kommuniqué vom 27. November 2014, das beim 5. Dialog EU-Nigeria in Abuja verabschiedet wurde und in dem die von Boko Haram verübten Gräueltaten verurteilt werden,

–       unter Hinweis auf die regionale Sicherheitskonferenz vom 20. Januar 2015 in Niamey,

–       unter Hinweis auf das Cotonou-Abkommen von 2000 und seine Überarbeitungen von 2005 und 2010 (letztere wurde von Nigeria am 27. September 2010 ratifiziert) und insbesondere auf die Artikel 9 und 13 des Abkommens betreffend die Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie die Beseitigung der Diskriminierung aufgrund der Religion,

–       unter Hinweis auf die Erklärungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon, zur anhaltenden Gewalt und zu der sich verschlechternden Sicherheitslage im Nordosten Nigerias,

–       unter Hinweis auf die Erklärungen der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte zur möglichen Anklage von Mitgliedern von Boko Haram wegen Kriegsverbrechen,

–       unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen von 1981 über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung,

–       unter Hinweis auf das von Nigeria am 16. Mai 2003 ratifizierte Übereinkommen der Organisation für Afrikanische Einheit über die Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und auf das diesbezügliche Zusatzprotokoll, das am 22. Dezember 2008 von Nigeria ratifiziert wurde,

–       unter Hinweis auf die Verurteilung der Aktivitäten von Boko Haram durch die Afrikanische Union, insbesondere in deren Presseerklärung vom 12. Januar 2015,

–       unter Hinweis auf die am 29. Mai 1999 verabschiedete Verfassung der Bundesrepublik Nigeria, insbesondere auf die Bestimmungen in Kapitel IV über den Schutz der Grundrechte, darunter das Recht auf Leben, das Recht auf ein faires Verfahren, das Recht auf Menschenwürde und der Schutz der freien Meinungsäußerung, der Pressefreiheit sowie der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit,

–       unter Hinweis auf die am 22. Juni 1983 von Nigeria ratifizierte Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker von 1981,

–       unter Hinweis auf den von Nigeria am 29. Oktober 1993 ratifizierten Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966,

–       unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–       gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.     unter Hinweis auf die wohlgeplanten Doppelangriffe von Boko Haram auf Maiduguri und Monguno vom 25. Januar und 1. Februar 2015;

B.     in der Erwägung, dass die von Boko Haram zwischen dem 3. und 8. Januar 2015 durchgeführten Angriffe auf Baga und 16 umliegende Orte und Dörfer abzielten, wobei nach Satellitenbildern 3 700 Gebäude zerstört und je nach Quelle zwischen 10 und 2 000 Menschen oder gar mehr getötet wurden;

C.     in der Erwägung, dass ein etwa zehnjähriges Mädchen benutzt wurde, um am 10. Januar 2015 auf einem Markt in Maiduguri eine Bombe explodieren zu lassen, und dass bei diesem Anschlag 19 Menschen getötet und etliche weitere verletzt wurden;

D.     in der Erwägung, dass die Zahl der Angriffe steigt und sich die Taten auf große Gebiete und auch auf Nachbarländer wie Kamerun erstrecken, wo bei einem Angriff in den Orten Kolofata und Mokolo 80 Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder, als Geiseln genommen wurden;

E.     in der Erwägung, dass Baga das Hauptquartier der regionalen, bewaffneten multinationalen Eingreiftruppe („Multinational Joint Task Force“, MNJTF) ist, die 1998 von Nigeria, dem Tschad und Niger eingerichtet wurde, um die Vorgänge an den Grenzen dieser Länder zu überwachen; in der Erwägung, dass sich die Eingreiftruppe 2012 auf Kamerun und Benin ausweitete, um gegen den Terrorismus und insbesondere gegen die Aktivitäten von Boko Haram vorzugehen;

F.     in der Erwägung, dass Präsident Goodluck Jonathan im Mai 2013 in den Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa den Notstand ausrief;

G.     in der Erwägung, dass die bevorstehende Präsidentschaftswahl am 14. Februar 2015 stattfinden soll;

H.     in der Erwägung, dass sich die tschadische Armee am Kampf der kamerunischen Streitkräfte gegen Boko Haram in Gamboru Ngala, Malam Fatori und Kangalam in Nigeria beteiligt hat;

I.      in der Erwägung, dass die Afrikanische Union auf ihrem Gipfeltreffen – genauer gesagt in der Sitzung ihres Friedens- und Sicherheitsrates – beschlossen hat, eine multinationale, interafrikanische Eingreiftruppe von 7 500 Mann aufzustellen, um die islamische Sekte in Nigeria zu bekämpfen; in der Erwägung, dass die Afrikanische Union beschlossen hat, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen anzurufen, um die internationale Gemeinschaft gegen Boko Haram zu mobilisieren;

1.      verurteilt entschieden die wohlgeplanten Doppelangriffe vom 25. Januar und 1. Februar 2015 auf die Städte Maiduguri (Hauptstadt des Bundesstaates Borno) und Monguno, die dazu geführt haben, dass sich die Lage in der Region weiter beträchtlich destabilisiert hat;

2.      verurteilt erneut nachdrücklich die zwischen dem 3. und 8. Januar 2015 von Boko Haram in der Stadt Baga und in 16 umliegenden Dörfern verübten Massaker und Gräueltaten, die anhand von Satellitenbildern bestätigt wurden; weist darauf hin, dass die Zahl der Todesopfer in diesem Gebiet je nach Quelle von 10 bis über 2 000 reicht und dass es sich bei den Taten um schwere Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt;

3.      verurteilt entschieden, dass Frauen und Kinder benutzt werden, um Selbstmordattentate zu verüben;

4.      bekundet den Überlebenden der Barbarei von Boko Haram sein uneingeschränktes Mitgefühl und spricht allen Familien, die bei den blindwütigen Angriffen von Boko Haram Angehörige verloren haben, sein Beileid aus;

5.      bedauert die strategische Einnahme des Militärstützpunkts von Baga, Hauptquartier der gemeinsamen Eingreiftruppe (MNJTF) von Nigeria, dem Tschad, Niger und Kamerun, für die die Unterstützung durch die Nachbarländer aus Sicherheitsgründen zurückgezogen worden war; nimmt zur Kenntnis, dass das Hauptquartier nach dem regionalen Gipfeltreffen vom 20. Januar 2015 zu Boko Haram in Niamey ins tschadische N'Djamena verlegt worden ist;

6.      fordert, dass die Gruppe Boko Haram ihr kriminelles Vorgehen, ihr Vordringen auf kamerunisches Gebiet und ihre Drohungen gegen die Regierungsstellen benachbarter Länder unverzüglich einstellt;

7.      bedauert, dass es an konkreten Maßnahmen der Regierungsbehörden mangelt; fordert die nigerianischen Behörden daher auf, bei der Bewältigung der Probleme, die ihr eigenes Land betreffen, größere Verantwortung zu übernehmen und ethische Werte anzuwenden, wenn sie konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus, Korruption, Armut und Ungleichheit, die das Land heimsuchen, ergreifen;

8.      bekundet Bedenken hinsichtlich des geordneten Ablaufs der Präsidentschaftswahl am 14. Februar 2015, insbesondere in den Konfliktgebieten;

9.      stellt fest, dass es ohne eine Koalition und die Zusammenarbeit der Streitkräfte der Länder in der Region (Nigeria, Niger, Tschad und Kamerun) nicht möglich wäre, wirksam auf die Kampfansage der Terrorgruppe Boko Haram zu reagieren;

10.    fordert die nigerianischen Behörden auf, auf Ersuchen der Länder in der Region und/oder der Instanzen der Afrikanischen Union bei der Bekämpfung der von Boko Haram ausgehenden Bedrohung bereitwillig mit der Europäischen Union oder einer internationalen Eingreiftruppe zusammenzuarbeiten;

11.    fordert die nigerianische Regierung nachdrücklich auf, die volle Verantwortung für die sich weiter verschärfende Lage in den drei Bundesstaaten im Nordosten des Landes (Adamawa, Borno und Yobe) zu übernehmen, um sicherzustellen, dass – wie in den übrigen Teilen des Landes – für die erforderliche Sicherheit im Hinblick auf einen reibungslosen Ablauf der bevorstehenden Präsidentschaftswahl gesorgt wird;

12.    fordert die nigerianischen Behörden auf, entschlossener gegen die interne Korruption und Leistungsschwächen in der Armee vorzugehen, aufgrund derer sie außerstande ist, sich gegen die Geißel Boko Haram im Norden des Landes zur Wehr zu setzen;

13.    fordert die nigerianischen Behörden auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die illegalen Einnahmequellen von Boko Haram durch Zusammenarbeit mit den Nachbarländern insbesondere in den Bereichen Schmuggel und illegaler Handel auszutrocknen;

14.    fordert, dass ein Fahrplan für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der nördlichen Bundesstaaten erstellt wird, um die Probleme der Armut und der Ungleichheit vor dem Hintergrund der Dezentralisierung anzugehen, und stellt fest, dass die hierfür erforderlichen Mittel auf die lokalen Gebietskörperschaften übertragen werden sollten;

15.    begrüßt die auf dem regionalen Gipfeltreffen vom 20. und 21. Januar 2015 in Niamey von den 13 teilnehmenden Staaten zum Ausdruck gebrachte Entschlossenheit, darunter insbesondere die militärischen Zusagen des Tschad sowie von Kamerun und Nigeria, die auf die Bekämpfung der von Boko Haram ausgehenden terroristischen Bedrohungen abzielen;

16.    begrüßt die Initiativen des Friedens- und Sicherheitsrates der Afrikanischen Union und fordert die Afrikanische Union auf, gemeinsam mit allen beteiligten Ländern dringend konkrete Schritte zur Koordinierung des Kampfes gegen Terrorgruppen in der Sahel-Region einzuleiten;

17.    fordert die internationale Gemeinschaft auf, den nigerianischen Flüchtlingen in den Nachbarländern Hilfe zu leisten;

18.    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Bundesregierung von Nigeria, den Organen der Afrikanischen Union und der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Generalversammlung der Vereinten Nationen und den Ko-Präsidenten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU zu übermitteln.