ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Verfolgung von Christen in der Welt, in Verbindung mit der Ermordung von Studenten in Kenia durch die islamische Terrorgruppe asch-Schabab
27.4.2015 - (2015/2661(RSP))
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Lidia Senra Rodríguez, Javier Couso Permuy, Malin Björk, Paloma López Bermejo, Marina Albiol Guzmán, Ángela Vallina, Sabine Lösing, Neoklis Sylikiotis, Takis Hadjigeorgiou, Inês Cristina Zuber im Namen der GUE/NGL-Fraktion
B8‑0385/2015
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Verfolgung von Christen in der Welt, in Verbindung mit der Ermordung von Studenten in Kenia durch die islamische Terrorgruppe asch-Schabab
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die im Jahr 2007 angenommene gemeinsame Strategie EU-Afrika,
– unter Hinweis auf den Fahrplan für die Zusammenarbeit EU-Afrika (2014–2017), der auf dem vierten EU-Afrika-Gipfel im April 2014 angenommen wurde,
– unter Hinweis auf das erste Programm EU-Panafrika für den Zeitraum 2014–2020,
– unter Hinweis auf das siebte Jahrestreffen zwischen der Kommission der Afrikanischen Union und der Europäischen Kommission am 22. April in Brüssel,
– unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu den von asch-Schabab verübten Angriffen in Kenia, insbesondere die Erklärungen vom 3. April 2015, 23. November 2014 und 5. Mai 2014,
– unter Hinweis auf die Erklärungen des VN-Generalsekretärs Ban Ki-moon zu den von asch-Schabab verübten Angriffen, insbesondere die Erklärungen vom 2. April 2015, 2. Dezember 2014, 22. November 2014, 4. Juni 2014 und 21. September 2013,
– unter Hinweis auf die einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, insbesondere die Resolution 733/1992 des VN-Sicherheitsrates zur Verhängung eines Waffenembargos gegen Somalia, das im Rahmen verschiedener Resolutionen des VN-Sicherheitsrates bekräftigt wurde, wobei die letzte von ihnen die Resolution 2182/2014 ist,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Sonderbeauftragten der Afrikanischen Union für Somalia und Leiters der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) vom 2. April 2015,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ zur Terrorismusbekämpfung vom 9. Februar 2015,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,
– unter Hinweis auf den Internationalen Pakt der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte,
– unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker von 1981,
– unter Hinweis auf die VN-Flüchtlingskonvention von 1951, zu deren Vertragsparteien Kenia gehört,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,
– gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Terrorgruppe asch-Schabab am 2. April bei einem Überfall auf einen Campus der Universität in der kenianischen Stadt Garissa, die etwa 200 km von der Grenze zu Somalia entfernt liegt, 148 Personen, überwiegend Studenten, getötet hat; in der Erwägung, dass asch-Schabab im Juni 2014 einen Angriff an der kenianischen Küste verübt hat und 48 Personen dabei getötet wurden; in der Erwägung, dass asch-Schabab im September 2013 einen Überfall auf das Westgate-Einkaufszentrum in Nairobi verübt hat, bei dem mindestens 67 Personen getötet wurden;
B. in der Erwägung, dass asch-Schabab bei ihren Angriffen in Kenia gezielt Christen ins Visier genommen hat; in der Erwägung, dass die Mehrheit der somalischen Bevölkerung muslimisch ist und über 80 % der kenianischen Bevölkerung Christen und etwa 11 % von ihnen Muslime sind, die meisten davon kenianische Somalier;
C. in der Erwägung, dass die Gruppe vor Kurzem weitere tödliche Anschläge in Somalia durchgeführt hat, etwa einen Bombenanschlag auf das somalische Bildungsministerium am 14. April, bei dem 10 Personen getötet wurden, oder die Tötung von 9 Personen, darunter Mitarbeiter der Vereinten Nationen; in der Erwägung, dass in den Grenzgebieten, in denen viele Kenianer ethnische Somalier sind, und in Nairobi außerdem regelmäßig Feuerüberfälle und Granatenangriffe verübt werden, die in Kenia asch-Schabab zugeschrieben werden;
D. in der Erwägung, dass kenianische Truppen im Jahr 2011 in den Süden von Somalia eingedrungen waren, um asch-Schabab zu bekämpfen; in der Erwägung, dass sich die kenianischen Streitkräfte im Anschluss der Mission der Afrikanischen Union angeschlossen haben, die sich aus 22 000 Soldaten zusammensetzt; in der Erwägung, dass die Terrorgruppe asch-Schabab erklärt hat, dass die wahren Beweggründe ihrer Angriffe in Kenia darin liegen, Druck auf die kenianische Regierung auszuüben, damit diese ihre Truppen aus Somalia zurückzieht;
E. in der Erwägung, dass der ehemalige Anführer von asch-Schabab, Ahmed Abdi Godane, Al-Qaida im Februar 2012 Gehorsam geschworen hat; in der Erwägung, dass asch-Schabab Berichten zufolge Kontakte zu anderen Islamistengruppen in Afrika geknüpft hat, beispielsweise zu Boko Haram in Nigeria und zu Al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQMI); in der Erwägung, dass asch-Schabab ein Netz zur Anwerbung neuer Kämpfer in Kenia aufgebaut hat, insbesondere rund um die Hafenstadt Mombasa; in der Erwägung, dass sich Berichten zufolge ausländische Dschihadisten – nicht nur aus den Nachbarländern, sondern auch aus den Vereinigten Staaten und der EU – nach Somalia begeben, um sich asch-Schabab anzuschließen;
F. in der Erwägung, dass Somalia seit über 20 Jahren keine funktionierende nationale Regierung mehr hatte; in der Erwägung, dass das Land seit der Militärintervention der Vereinigten Staaten 1992 (der sogenannten „Operation Restore Hope“) Kriegsgebiet ist;
G. in der Erwägung, dass asch-Schabab eine islamistische Gruppierung ist, die aus der Union islamischer Gerichte hervorging, einem losen Zusammenschluss islamischer Justizsysteme, der sich nach dem Einmarsch der äthiopischen Armee 2006 in Somalia, der mit Unterstützung der Vereinigten Staaten erfolgte, weiter radikalisierte;
H. in der Erwägung, dass es asch-Schabab gelungen war, einen beträchtlichen Teil des Landes zu kontrollieren, die Gruppe jedoch die Unterstützung eines Großteils der somalischen Bevölkerung verlor, als sie Lebensmittelhilfen aus dem Westen zur Bekämpfung der Folgen einer Dürre und Hungersnot im Jahr 2011 abgelehnt hatte; in der Erwägung, dass sich asch-Schabab im August 2011 aus Mogadischu und im September 2012 aus dem Hafen von Kismayo zurückziehen musste; in der Erwägung, dass asch-Schabab zwar nunmehr die Kontrolle über die meisten somalischen Städte verloren hat, allerdings weiterhin viele ländliche Gebiete kontrolliert;
I. in der Erwägung, dass die Ursachen für den Konflikt zwischen Somalia, Äthiopien und Kenia zum großen Teil auf die Festlegung der Grenzen in der Kolonialzeit zurückzuführen sind, als die somalische Bevölkerung hauptsächlich zwischen diesen drei Ländern aufgeteilt wurde; in der Erwägung, dass dadurch wiederum verschiedene Konflikte geschürt wurden, darunter das durch die kenianische Armee in den 1980-Jahren verübte Massaker an mehreren Tausend kenianischen Somaliern;
J. in der Erwägung, dass Kenia die größte Volkswirtschaft Ostafrikas ist und trotz seiner umfangreichen Ressourcen im Index der menschlichen Entwicklung einen der untersten Plätze einnimmt; in der Erwägung, dass die Bevölkerung Kenias mehrheitlich unterhalb der Armutsgrenze lebt; in der Erwägung, dass in Kenia aus wirtschaftlicher Sicht endemische Probleme vorliegen, da die Ressourcen von einer Minderheit vereinnahmt werden und die ehemaligen Kolonialmächte wesentlich für die Plünderung der natürlichen Ressourcen des Landes verantwortlich sind;
K. in der Erwägung, dass Kenia von wiederholten Dürreperioden betroffen ist; in der Erwägung, dass diese Dürren hauptsächlich die ariden und semiariden Gebiete im Norden des Landes betreffen, wo 5,5 Mio. Menschen leben; in der Erwägung, dass es sich dabei vor allem um Viehhalter handelt, die sich aufgrund von chronischer Armut in einer besonders prekären Lage befinden;
L. in der Erwägung, dass in Kenia 94,8 % aller landwirtschaftlichen Betriebe Kleinbetriebe sind, diese jedoch nur Zugang zu 11,7 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche des Landes haben; in der Erwägung, dass Afrika in jüngster Zeit mit einem großen Ausmaß von Landnahmen zu kämpfen hatten, in deren Rahmen Millionen von Hektar fruchtbarer Agrarflächen an große Unternehmen übergegangen sind, wodurch Zehntausende von Landwirten ihre Lebensgrundlage entzogen wurde; in der Erwägung, dass Kenia im Bereich der Agrarerzeugnisse hauptsächlich Tee, Kaffee, Rosen und Nelken, Bohnen, Erbsen, Avocados, Nilbarsch und Thunfisch in die EU ausführt; in der Erwägung, dass Unternehmen aus Kanada, Japan und Belgien 500 000 Hektar Land in Kenia nutzen, um Biokraftstoffe zu erzeugen, was große Auswirkungen auf die Umwelt und die Menschen vor Ort hat;
M. in der Erwägung, dass die Urbanisierung, die mineralgewinnende Industrie, Sperrenbauwerke für die Stromerzeugung und viele andere industrielle Großprojekte die landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzte Flächen, Wasserquellen, landwirtschaftlich geprägten Gemeinden und die Gebiete der indigenen Bevölkerung zunehmend verdrängen; in der Erwägung, dass seit im März 2012 zum ersten Mal über einen Ölfund in Kenia berichtet wurde, weitere große Öl- und Gasvorkommen in Kenia entdeckt wurden; in der Erwägung, dass das britische Unternehmen Tullow Oil und sein Explorationspartner, das in Kanada ansässige Unternehmen Africa Oil, im November 2013 den Fund von Öl in einer fünften Explorationsbohrung in Turkana County, im südlichen Lokichar‑Becken, bekannt gegeben hat; in der Erwägung, dass das Land darauf eingestellt ist, diese natürlichen Ressourcen in großen Mengen zu fördern, wobei die Ölförderung 2016 beginnen soll;
N. in der Erwägung, dass derzeit in Kenia zwar Frauen den Großteil der landwirtschaftlichen Arbeiten erledigen und den Großteil der Nahrungsmittel erzeugen und vertreiben, sie jedoch nur einen Bruchteil der generierten Einkünfte verdienen und nur einen äußerst geringen Anteil der Vermögenswerte besitzen; in der Erwägung, dass Frauen weiterhin schlechter ausgebildet werden als Männer, wodurch ihre Abhängigkeit von Männern weiter zunimmt; in der Erwägung, dass der Besitz, der Erwerb und die Kontrolle von Eigentum durch Frauen in Kenia eingeschränkt sind und zwar unabhängig von der sozialen Klasse, Religion oder ethnischen Gruppe der Frauen; in der Erwägung, dass die Genitalverstümmelung in Kenia seit 2011 gesetzlich verboten ist und Verstöße mit einer Haftstrafe von drei Jahren und Bußgeldern geahndet werden; in der Erwägung, dass die Genitalverstümmelung in Kenia seit Langem praktiziert wird;
O. in der Erwägung, dass das Horn von Afrika zu den Regionen der Welt mit der größten Nahrungsmittelunsicherheit zählt, und dass Millionen von Menschen, die in der Region leben, unterernährt und von Hunger bedroht sind; in der Erwägung, dass das Horn von Afrika trotz seines Reichtums an natürlichen Ressourcen zu den ärmsten Gebieten der Welt gehört und Länder umfasst, deren Gesundheitsstandards am niedrigsten sind; in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft in Bezug auf Lösungen im Interesse der menschlichen Sicherheit sowie in Bezug auf die Dürre und den Hunger in der Region kläglich versagt und sogar zu einer weiteren Verschlechterung der Lage in der Region beigetragen hat;
P. in der Erwägung, dass die Vielzahl der Bürgerkriegsparteien und das Fehlen zentralstaatlicher Strukturen in Somalia, die Tatsache, dass die somalischen Fischer ihre Lebensgrundlage verloren haben und vor der Küste Somalias Piraterie betrieben wird, die Spannungen zwischen Sudan und Südsudan, zwischen Äthiopien, Eritrea und Somalia sowie zwischen Eritrea und Dschibuti, die Beteiligung Kenias und weiterer Nachbarländer an der Afrikanischen Union, die in Somalia eingesetzte Gewalt, die Einmischung und die Interventionen Außenstehender und die wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen der EU und anderer westlicher Parteien allesamt dazu beitragen, dass das Horn von Afrika eine der konfliktträchtigsten Regionen in der Welt ist, und damit unermessliches Leid, die interne Vertreibung von Menschen, die Verschlimmerung von humanitären Krisen und die Behinderung einer nachhaltigen sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung sowie demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse zur Folge haben; in der Erwägung, dass viele Akteure gegen das Waffenembargo der Vereinten Nationen verstoßen haben;
Q. in der Erwägung, dass in Kenia knapp 600 000 Flüchtlinge aus benachbarten konfliktgefährdeten Ländern und insbesondere aus Somalia Zuflucht gefunden haben; in der Erwägung, dass im Jahr 2011 verschärfte Konflikte und Hungersnöte Millionen von Menschen dazu getrieben haben, Somalia zu verlassen, was zu einem riesigen Zustrom von Flüchtlingen nach Dadaab geführt hat, wo derzeit über 350 000 Somalier in einem Flüchtlingslager leben;
R. in der Erwägung, dass Bildung, Lese- und Schreibfähigkeit, Rechte der Frau, soziale Gerechtigkeit, die gerechte Verteilung von Staatseinnahmen innerhalb der Gesellschaft, die Verringerung von Ungleichheiten und die Bekämpfung der Korruption wichtig sind, um den Fundamentalismus, Gewalt und Intoleranz zu bekämpfen;
S. in der Erwägung, dass die EU zwischen 2014 und 2020 Kenia 435 Mio. EUR zur Verfügung stellen wird; in der Erwägung, dass die EU die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM ) im Rahmen der Afrika-Fazilität am stärksten finanziell unterstützt; in der Erwägung, dass die EU verschiedene zivile und militärische Operationen in der Region durchführt, wie etwa die GSVP-Mission EUCAP NESTOR im Horn von Afrika (seit 2012), EU NAVFOR (seit 2008) oder EUTM Somalia (seit 2010); in der Erwägung, dass die USA den militärischen Marinestützpunkt in Manda Bay in Kenia betreibt;
T. in der Erwägung, dass die kenianische Regierung als Reaktion auf die Anschläge von asch-Schabab im Dezember 2014 ein Anti-Terrorismus-Gesetz verabschiedet hat; in der Erwägung, dass dieses Gesetz Vorschläge enthält, die Zeitdauer des Polizeigewahrsams von Terrorverdächtigen von bislang 90 Tagen auf ein Jahr auszudehnen, die Strafmaße zu erhöhen, Ermittlungsbeamten mehr Befugnisse zum Abhören von Telefonaten einzuräumen und Vermieter zu verpflichten, Informationen über ihre Mieter offenzulegen; in der Erwägung, dass Journalisten bis zu drei Jahre Gefängnis drohen, wenn durch ihre Berichterstattung „Ermittlungen oder Sicherheitsoperationen im Zusammenhang mit Terrorismus untergraben“ werden; in der Erwägung, dass die kenianische Regierung außerdem beschlossen hat, über 500 nichtstaatliche Organisationen zu verbieten, darunter 15 wegen angeblicher Finanzbeschaffung für den Terrorismus; in der Erwägung, dass diese Maßnahmen nach Meinung von Menschenrechtsverteidigern eine Gefahr für die bürgerlichen Freiheiten und die Redefreiheit darstellen;
U. in der Erwägung, dass die Wahrung der Grundrechte und der bürgerlichen Freiheiten ein wesentliches Element einer erfolgreichen Politik zur Terrorismusbekämpfung ist; in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit zwischen Staaten und internationalen Akteuren in Sicherheitsfragen unter vollständiger Achtung der Menschenrechte und des Völkerrechts erfolgen muss;
V. in der Erwägung, dass der kenianische Vizepräsident Willian Ruto die Vereinten Nationen nach dem terroristischen Anschlag auf die Universität Garissa ultimativ dazu aufgefordert hat, dass das Flüchtlingslager Dadaab vom UNHCR innerhalb der kommenden drei Monate geschlossen wird, da andernfalls Kenia dies tun werde; in der Erwägung, dass der UNHCR davor warnte, dass dies „extreme humanitäre und praktische Folgen“ hätte; in der Erwägung, dass es der Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen zufolge untersagt ist, Flüchtlinge in Gebiete zurückzuschieben, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit in Gefahr sind; in der Erwägung, dass ebenfalls vorgeschlagen wurde, eine Mauer zwischen Somalia und Kenia zu errichten;
W. in der Erwägung, dass der Internationale Strafgerichtshof den kenianischen Präsidenten Uhuru Kenyatta und seinen Stellvertreter Willian Ruto beschuldigt hat, bei der welle der Gewalt nach der Wahl von 2007 Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt zu haben, die zum Tod von über 1 000 Menschen geführt haben; in der Erwägung, dass der Chefankläger am 5. Dezember die Anschuldigungen gegen Kenyatta zwar fallengelassen hat, aber die kenianische Regierung bezichtigte, potenzielle Zeugen drangsaliert und eingeschüchtert zu haben;
1. verurteilt aufs Schärfste die systematischen Menschenrechtsverletzungen, die auf die terroristischen Anschläge von asch-Schabab folgten; drückt den Familien aller Opfer, insbesondere denen des Massakers an der Universität Garissa, sein tiefstes Mitgefühl und Beileid aus; betont, dass die für diese Verbrechen Verantwortlichen in angemessener Weise zur Rechenschaft gezogen werden müssen;
2. weist darauf hin, dass die zunehmende Verarmung der Bürger, die schwindenden wirtschaftlichen Chancen, die immer größere Ungleichheit und begrenzte Bildungsangebote zu einer massiven Zunahme der Arbeitslosenzahlen geführt haben, was wiederum der sozioökonomische Nährboden für den Aufstieg von asch-Schabab ist; stellt zudem mit Besorgnis fest, dass der Staat in vielen Regionen von Somalia und Kenia praktische keine grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen wie Wasser, Abwasserentsorgung, Gesundheitsversorgung und Bildung anbietet; fordert die staatlichen Stellen in Somalia und Kenia daher nachdrücklich auf, sich der sozio-ökonomischen Ursachen für den Aufstieg von asch-Schabab anzunehmen und etwas gegen die sich stetig verschlechternden Lebensverhältnisse zu unternehmen und dadurch für soziale Gerechtigkeit zu sorgen;
3. warnt vor den Risiken, die die Anbahnung eines Religionskriegs mit sich bringt; betrachtet die Handlungen von asch-Schabab als Verstöße gegen die Grundsätze des Islam; ist der Überzeugung, dass die Strategie gegen den Terrorismus nicht als Kampf zwischen Zivilisationen oder Religionen aufgefasst werden darf, durch den man sich des Rassismus und der Xenophobie verdächtig machen würde;
4. betrachtet die Rolle, die die verschiedenen Interventionen des Westens in den letzten Jahren dabei gespielt haben, die Radikalisierung einzelner Personen am Horn von Afrika voranzutreiben, äußerst kritisch; betont, dass eine solche Politik den Terrorismus fördert und nicht bekämpft und deshalb aufgegeben werden sollte; ist besorgt darüber, dass bei den Strategien der EU zur Bekämpfung des Terrorismus der Schwerpunkt auf militärischen „Lösungen“ liegt, was zu zahlreichen Programmen zur militärischen Unterstützung der Länder am Horn von Afrika führt; erklärt, dass es für die Konflikte in der Region keine militärische Lösung geben kann; lehnt die Verwendung des Begriffs der „Schutzverpflichtung“ ab, da er gegen das Völkerrecht verstößt und keine angemessene Rechtsgrundlage dafür bietet, den einseitigen Einsatz von Gewalt zu rechtfertigen;
5. betont insbesondere, dass sich die EU, ihre Mitgliedstaaten und ihre Partnerländer von der Afrikanischen Union bei ihrer Strategie zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus wie bei allen anderen Formen der Kriminalität auf die Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Grundrechte stützen müssen; betont die Tatsache, dass das auswärtige Handeln der Union im Bereich der Bekämpfung des internationalen Terrorismus in erster Linie auf Prävention und eine Politik, die jede Art der militärischen Intervention ablehnt, ausgerichtet sein sollte und der Standpunkt der EU bei internationalen Verhandlungen gründlich zu überdenken ist, und hebt hervor, dass der politische Dialog, die Toleranz und das Verständnis zwischen den unterschiedlichen Kulturen und Religionen gefördert werden müssen;
6. fordert die EU und die internationale Gemeinschaft auf, mit den Ländern Afrikas und mit regionalen und internationalen Akteuren zusammenzuarbeiten, damit Konflikte ausschließlich mit friedlichen Mitteln gelöst werden, und dabei auch bei den Ursachen anzusetzen; fordert die Europäische Union auf, einen neuen Rahmen für die Beziehungen zu Kenia und allen afrikanischen Ländern aufzubauen, der auf dem Grundsatz der Nichteinmischung in ihre inneren Angelegenheiten und der Achtung ihrer Souveränität beruht und darauf ausgerichtet ist, die Entwicklung benachbarter Regionen zu unterstützen und Beschäftigung und Bildung zu fördern, und damit „Assoziierungsabkommen“ zu ersetzen, die im Wesentlichen darauf ausgerichtet sind, Freihandelszonen einzurichten, die Unternehmensinteressen des Westens zugute kommen;
7. ist mit dem militärischen Ansatz der EU in Gestalt der Reform des Sicherheitssektors und der Ausbildungsmission EUTM Somalia nicht einverstanden und lehnt diesen Ansatz sowie jegliche weitere Missionen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) in der Region wie EUCAP NESTOR ab; fordert den Rat und die Kommission auf, die Ausbildungsmission in Somalia (EUTM Somalia) einzustellen, da offensichtlich nicht verhindert werden kann, dass im Rahmen der EUTM ausgebildete Rekruten zu unterschiedlichen bewaffneten Gruppen wie asch‑Schabab überlaufen und die EU somit erheblich zu dem Konflikt und zur Militarisierung der Region beiträgt;
8. hebt hervor, dass für die Entwicklungshilfe vorgesehene Mittel wie beispielsweise Mittel des EEF nicht zu militärischen Zwecken eingesetzt werden dürfen; lehnt den Einsatz des EEF zur Ausbildung von Streitkräften entschieden ab; spricht sich außerdem aufs Schärfste gegen den Einsatz der Entwicklungshilfe zur Durchsetzung strategischer Interessen aus; vertritt die Ansicht, dass der EEF ausschließlich der Finanzierung von Maßnahmen zur Beseitigung der Armut und des Hungers in Entwicklungsländern vorbehalten sein muss;
9. ist der Auffassung, dass die Bekämpfung des Waffenhandels für die EU bei der Bekämpfung schwerer und organisierter internationaler Kriminalität vorrangig sein sollte; ist insbesondere der Auffassung, dass die Zusammenarbeit hinsichtlich Mechanismen zum Informationsaustausch und der Rückverfolgbarkeit und Zerstörung verbotener Waffen verstärkt werden muss;
10. fordert, dass unter der Federführung der Vereinten Nationen eine internationale Untersuchung durchgeführt wird, um zu ermitteln, welche Verantwortung Drittländern für die Organisation und die Finanzierung von terroristischen Gruppen in der Region tragen und welche Verantwortung multinationale Unternehmen und Regierungen für das Horten von Vermögen und die Verschärfung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheit tragen;
11. fordert die EU nachdrücklich auf, bei der Konfliktlösung einen ausnahmslos zivilen und friedlichen Ansatz zu verfolgen und in ihrer Rolle als Schlichter/Vermittler Neutralität zu wahren, damit in Somalia und in der gesamten Region am Horn von Afrika dauerhafter Frieden erreicht werden kann; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, neutrale, unparteiische und unabhängige humanitäre Hilfe für gefährdete Bevölkerungsgruppen zu leisten;
12. bekräftigt, dass sich die Mitgliedstaaten der EU und die Länder am Horn von Afrika mit den Ursachen des gewaltbereitem Extremismus beschäftigen müssen, indem sie sich mit ihm auf eine Weise befassen, die mit den Menschenrechten und dem Völkerrecht vereinbar ist, anstatt repressive Regime oder Gruppierungen am Horn von Afrika zu bestärken und zu unterstützen;
13. zeigt sich zutiefst besorgt über die Spekulation bei den Lebensmittelpreisen und über Landnahmen in Afrika, auch für Biokraftstoffe , da hiermit die örtliche Ernährungssicherheit untergraben und die Hungersnot verschlimmert werden kann; fordert die Regierungen der Länder am Horn von Afrika und die EU auf, die derzeitigen Auswirkungen des Erwerbs von Agrarland auf die Armut in den ländlichen Gebieten und die Hungersnot zu bewerten; fordert die Kommission nachdrücklich auf, das Problem der Landnahme in ihren politischen Dialog mit den Entwicklungsländern aufzunehmen, damit solche Bestrebungen nicht unterstützt werden; fordert die EU auf, den für Landwirtschaft vorgesehenen Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe sowie die öffentliche Entwicklungshilfe für Investitionen in kleine, nachhaltige Landwirtschaftsbetriebe und Weidewirtschaft aufzustocken, um dafür zu sorgen, dass Kleinlandwirte Zugang zu Land haben, wodurch der lokale Markt gestärkt wird, damit die Ernährungssouveränität am Horn von Afrika sichergestellt ist und ein Beitrag dazu geleistet werden kann, dass sich die Bestände in den Küstengewässern in der Region erholen und die Fischer und deren Familien wieder eine Lebensgrundlage haben;
14. fordert die Regierung Kenias und die Regierungen der Herkunftsländer der in der Rohstoffindustrie tätigen Unternehmen auf, von diesen zu verlangen, dass sie die bewährten Verfahren anwenden, um für Transparenz, Rechenschaftspflicht und öffentliche Teilhabe zu sorgen und um die Korruption in der Branche der mineralgewinnende Industrie zu bekämpfen;
15. fordert die Regierung Kenias auf, die wichtige Rolle der Frauen für die Gesellschaft, die Wirtschaft des Landes, die Lebensmittelproduktion und die Erhaltung der Umwelt zu fördern, unter anderem indem die Teilhabe der Frauen am öffentlichen und politischen Leben gefördert wird; fordert die Regierung darüber hinaus auf, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um der im Land verbreiteten Praxis der Ablation ein Ende zu bereiten;
16. drückt seine tiefe Besorgnis darüber aus, dass die Regierung Kenias ihren Schwerpunkt eher auf die innere Sicherheit als auf Menschenrechte und Bürgerfreiheiten legt; fordert das Land auf, seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, insbesondere im Hinblick auf die Aufnahme und den Schutz von Flüchtlingen;
17. fordert die Regierungsstellen der EU und der Länder am Horn von Afrika auf, das Verbot der Folter zu achten, wie es insbesondere im Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe verankert ist; weist darauf hin, dass unter Folter erzwungene Geständnisse nicht gültig sind und verurteilt diese Praxis; ist strikt gegen den Einsatz von Drohnen und außergerichtliche Tötungen im Ausland und fordert ein Verbot des Einsatzes von Drohnen zu diesem Zweck;
18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Auswärtigen Dienst, der Kommission und dem Rat, den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, den Ländern am Horn von Afrika, dem Panafrikanischen Parlament sowie den Mitgliedern der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu übermitteln.