ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Todesstrafe
5.10.2015 - (2015/2879(RSP))
gemäß Artikel 128 Absatz 5 der Geschäftsordnung
Cristian Dan Preda, Therese Comodini Cachia, Andrej Plenković, László Tőkés, Davor Ivo Stier, Miroslav Mikolášik, David McAllister, Dubravka Šuica, Michael Gahler, Patricija Šulin, Luděk Niedermayer, Adam Szejnfeld, Tomáš Zdechovský, Pavel Svoboda, Ivana Maletić, Jaromír Štětina, Roberta Metsola, Michaela Šojdrová, Anna Maria Corazza Bildt, Milan Zver, Francisco José Millán Mon, Jiří Pospíšil, Ramón Luis Valcárcel Siso, Lara Comi im Namen der PPE-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-0998/2015
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zur Abschaffung der Todesstrafe, insbesondere seine Entschließung vom 7. Oktober 2010 zum Internationalen Tag gegen die Todesstrafe[1],
– unter Hinweis auf die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Europäischen Menschenrechtskonvention,
– unter Hinweis auf Artikel 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die EU‑Leitlinien zur Todesstrafe,
– unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) und das dazugehörige zweite Fakultativprotokoll,
– unter Hinweis auf die Schlusserklärung des fünften Weltkongresses gegen die Todesstrafe, der vom 12. bis 15. Juni 2013 in Madrid stattfand,
– unter Hinweis auf die im September 2015 vom Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte veröffentlichte Studie über die Auswirkungen des weltweiten Drogenproblems auf die Achtung der Menschenrechte,
– gestützt auf Artikel 128 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Todesstrafe die grausame, unmenschliche und entwürdigende Strafe schlechthin ist, mit der das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankerte Recht auf Leben verletzt wird, und ein für Staaten, die die Menschenrechte achten, unvertretbarer Akt der Folter ist;
B. in der Erwägung, dass die Europäische Union die Todesstrafe entschieden und grundsätzlich ablehnt und sich für ein universelles Moratorium für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe als wesentliches Ziel der Menschenrechtspolitik der Union ausgesprochen hat;
C. in der Erwägung, dass mit dem Internationalen Tag gegen die Todesstrafe am 10. Oktober 2015 vor allem ein Bewusstsein für die Anwendung der Todesstrafe bei Drogendelikten geschaffen werden soll;
D. in der Erwägung, dass die Todesstrafe keine abschreckende Wirkung entfaltet, was Verbrechen oder Drogenhandel anbelangt; in der Erwägung, dass sich die allermeisten wegen Drogendelikten zum Tode Verurteilten ganz unten in der Hierarchie des Drogenhandels befanden;
E. in der Erwägung, dass den Angaben des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte zufolge über 160 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen mit unterschiedlichen Rechtssystemen, Traditionen, Kulturen und religiösen Hintergründen die Todesstrafe entweder abgeschafft haben oder sie nicht anwenden;
F. in der Erwägung, dass aus den neuesten Zahlen hervorgeht, dass 2014 mindestens 2 466 Menschen in 55 Staaten zum Tode verurteilt wurden, was einer Zunahme von fast 23 Prozent im Vergleich zu 2013 entspricht; in der Erwägung, dass 33 Staaten die Todesstrafe wegen Drogendelikten anwenden, was jährlich etwa 1 000 Hinrichtungen zur Folge hat; in der Erwägung, dass das Ausmaß, in dem 2015 weiterhin Todesurteile verhängt und vollstreckt werden, besorgniserregend ist;
G. in der Erwägung, dass Dutzenden Staatsbürgern von EU-Mitgliedstaaten in Drittstaaten die Hinrichtung droht, vielen von ihnen wegen Drogendelikten;
1. bekräftigt seine Verurteilung der Anwendung der Todesstrafe und befürwortet entschieden die Einführung eines Moratoriums für die Todesstrafe als Schritt zu ihrer Abschaffung; betont erneut, dass die Abschaffung der Todesstrafe zu mehr Menschenwürde beiträgt; verleiht seiner tief empfundenen Überzeugung Ausdruck, dass die Abschaffung der Todesstrafe eine anerkannte ethische Norm ist;
2. verurteilt sämtliche Hinrichtungen, wo auch immer sie stattfinden; ist nach wie vor zutiefst besorgt darüber, dass die Todesstrafe gegen Minderjährige und gegen Menschen mit geistigen Behinderungen verhängt wird, und fordert die sofortige und endgültige Einstellung dieser Praxis, die gegen internationale Menschenrechtsstandards verstößt; bekundet seine tiefe Besorgnis über unlängst durchgeführte Massenverfahren, die zu einer enorm hohen Zahl von Todesurteilen geführt haben;
3. ist nach wie vor uneingeschränkt davon überzeugt, dass Todesurteile niemanden davon abhalten, Verbrechen zu begehen oder dem Drogenmissbrauch anheimzufallen; fordert die Staaten, die an der Todesstrafe festhalten, auf, bei Drogendelikten Alternativen zur Todesstrafe einzuführen und dabei insbesondere auf Drogenpräventionsprogramme zurückzugreifen;
4. fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) und die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, auch künftig die Anwendung der Todesstrafe zu bekämpfen und Staaten, die die Todesstrafe immer noch vollstrecken, dringend zu ersuchen, sich an die internationalen Mindeststandards zu halten, den Anwendungsbereich der Todesstrafe zu beschränken und sie weniger häufig zu vollstrecken; fordert den EAD auf, in Bezug auf Entwicklungen in allen Ländern wachsam zu bleiben und alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel der Einflussnahme zu nutzen;
5. bekräftigt seine Empfehlung an die Kommission und die Mitgliedstaaten, die Abschaffung der Todesstrafe für Drogendelikte zu einer der Voraussetzungen im Rahmen der Drogenbekämpfungspolitik zu machen;
6. unterstützt alle Organisationen der Vereinten Nationen, zwischenstaatlichen regionalen Gremien und nichtstaatlichen Organisationen bei ihren anhaltenden Bemühungen, die Staaten dazu aufzurufen, die Todesstrafe abzuschaffen; fordert die Kommission auf, im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte auch künftig einschlägige Projekte zu fördern;
7. begrüßt, dass unlängst weitere Staaten das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe ratifiziert haben, wodurch die Anzahl der Vertragsstaaten auf 81 angestiegen ist, und fordert die unverzügliche Ratifizierung durch alle Staaten, die nicht Vertragsparteien des Protokolls sind;
8. fordert die Kommission auf, sich bei der Gewährung von Hilfe und politischer Unterstützung besonders Staaten zuzuwenden, die bei der Abschaffung der Todesstrafe vorankommen oder ein universelles Moratorium für die Verhängung der Todesstrafe unterstützen;
9. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Präsidenten der Generalversammlung der Vereinten Nationen und den Regierungen der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zu übermitteln.
- [1] ABl. C 371 E vom 20.12.2011, S. 5.