Entschließungsantrag - B8-1152/2015Entschließungsantrag
B8-1152/2015

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu dem anstehenden Luftverkehrspaket

4.11.2015 - (2015/2933(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Kommission
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Ismail Ertug im Namen der S&D-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-1146/2015

Verfahren : 2015/2933(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-1152/2015
Eingereichte Texte :
B8-1152/2015
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B8-1152/2015

Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem anstehenden Luftverkehrspaket

(2015/2933(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Luftverkehrsbranche in Europa 2012 2,6 Millionen direkte Arbeitsplätze aufwies und einen Anteil von mehr als2,4 % am BIP der Union hatte;

B.  in der Erwägung, dass die seit 2012 von europäischen Fluggesellschaften umgesetzten und geplanten Arbeitsplatzkürzungen mehr als 20 000 Arbeitsplätze betreffen;

C.  in der Erwägung, dass die Fluggesellschaften der Union auf internen wie auch externen Märkten Herausforderungen durch viel Konkurrenz zu bewältigen haben;

D.  in der Erwägung, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten rechtliche und finanzielle Regelungen verabschiedet haben, die sich auf die Luftverkehrsbranche auswirken;

E.  in der Erwägung, dass die Kommission vorhat, bis Ende 2015 ein Luftverkehrspaket vorzulegen, in dem die Herausforderungen für den EU-Luftverkehr aufgezeigt werden sollen;

1.  vertritt die Auffassung, dass das Luftverkehrspaket dringend notwendige Impulse für eine zukunftsfähigere europäische Luftverkehrsbranche geben, die Wettbewerbsfähigkeit dieser Branche verbessern, die Fluggesellschaften, die Flughäfen und die Luftfahrtindustrie in eine stärkere Position bringen, für gleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem Weltmarkt sorgen und eine langfristige Strategie für die Luftverkehrsbranche Europas vorgeben sollte;

2.  fordert die Kommission auf, bei der Ausarbeitung des Luftverkehrspakets die Texte aus der ersten Lesung des Parlaments zu den Themen Single European Sky 2+ (SES2+) und Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) (T7-0220/2014 und T7-0151/2014) zu berücksichtigen und in ihren Texten aufzuführen;

3.  betont, dass die Luftfahrtindustrie wesentlich zu Wachstum und Arbeitsplätzen in der Union beiträgt und enge Bezüge zur Wettbewerbsfähigkeit der EU-Luftverkehrsbranche aufweist (z. B. positive Exportbilanz umweltverträglichere Technologien für europäische Flugzeuge, Einsatz des Systems SESAR, SES, bilaterale Übereinkünfte über Luftverkehrssicherheit, Instandhaltungskette) und dass sie einen Jahresumsatz von rund 100 Mrd. EUR und an die 500 000 direkte Arbeitsplätze bietet; fordert deswegen zukunftsgerichtete politische Maßnahmen zur Unterstützung und Fortentwicklung der Luftfahrtindustrie;

4.  betont, dass Innovationen eine Voraussetzung für eine wettbewerbsfähige europäische Luftfahrtindustrie sind; empfiehlt aus diesem Grund der Kommission, Innovationen in folgenden Bereichen zu berücksichtigen und zu unterstützen: Flugverkehrsmanagement (automatisierte Flugsicherung, freie Streckenführung), ferngesteuerte Flugsysteme (RPAS), Problemlösungen mit alternativen Kraftstoffen, Konstruktion von Flugzeugen und Motoren (mehr Effizienz, weniger Lärm), Sicherheit auf Flughäfen (berührungsfreie Technik, einmalige Sicherheitskontrollen), Digitalisierung und multimodale Lösungen (computergestützte Bodenabfertigungsdienste); empfiehlt der Kommission zusätzlich, weltweite Umweltproblemlösungen zu begünstigen, wie eine weltweite marktgestützte Maßnahme gegen CO2-Emissionen des internationalen Luftverkehrs, aber auch regionale Systeme (etwa das Emissionshandelssystem im Luftverkehr), die zu einem weltweiten System verbunden werden sollen, umweltverträgliche Gestaltung von Flughäfen (umweltverträglicher Taxiverkehr) und neue Geschäftsmodelle (New Distribution Capability (NDC) der IATA, eigenständige Anschlussfindung (self-connection), integrierte Flugscheinausstellung);

5.  hebt den Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit von Fluggesellschaften und Flughäfen der Union gegenüber subventionierten Luftverkehrsunternehmen und Flughäfen von Drittländern hervor; verlangt in diesem Zusammenhang eine zukunftsgerichtete Politik im Hinblick auf gleiche Bedingungen bei den Besitzverhältnissen und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre eigene Infrastruktur zu verbessern, damit ihre Fluggesellschaften unter besseren Voraussetzungen konkurrieren können;

6.  bedauert es, dass die Verordnung (EG) Nr. 868/2004, die den Schutz vor unlauteren Preisbildungspraktiken im Luftverkehr betrifft, sich unter dem Aspekt des Geltungsbereichs als unzulänglich und ineffektiv erwiesen hat; fordert die Kommission auf, spätestens im November 2015 eine Untersuchung der Ursachen der Nichtdurchführung dieser Verordnung vorzulegen; fordert die Kommission auf, die Verordnung (EG) Nr. 868/2004 mit dem Ziel zu überarbeiten, fairen Wettbewerb in den Luftverkehrsaußenbeziehungen der EU sicherzustellen und die Wettbewerbsposition der EU-Luftfahrtindustrie zu stärken, unlauteren Wettbewerb wirksamer zu bekämpfen, für Gegenseitigkeit zu sorgen und unlautere Praktiken, einschließlich marktverzerrender Subventionen und staatlicher Beihilfen bestimmter Drittländer für Luftverkehrsunternehmen, zu unterbinden; betont, dass es angestrebt werden sollte, die politische Strategie auf europäischer Ebene zu verbessern, damit dieser Konflikt zügig beigelegt wird, und zwar hauptsächlich mithilfe einer transparenten Klausel über fairen Wettbewerb;

7.  weist darauf hin, dass die europäischen Flughäfen erheblichem Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind, der von Fluggesellschaften ebenso wie von anderen Flughäfen ausgeht; fordert deswegen die Kommission auf, bei der Anwendung der Richtlinie über Flughafenentgelte die genannten Entwicklungen zu berücksichtigen und Vorteile für alle Interessenträger und Fluggäste herbeizuführen;

8.  verlangt, dass im Rat größere Anstrengungen unternommen werden, um die Zeitnischenverordnung zu verabschieden, damit vor dem Hintergrund der erwarteten Verdopplung des Verkehrsaufkommens bis 2030 die Leistungsfähigkeit von Flughäfen größer wird und der Luftverkehr in Europa reibungslos funktionieren kann;

9.  betont die Bedeutung kleiner und regionaler Flughäfen in der Union und ihren wesentlichen Beitrag zum Zusammenhalt zwischen EU-Regionen; fordert die Kommission auf, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten einen langfristigen strategischen Plan der Union vorzulegen, mit dem die Herausforderungen und Chancen für Regionalflughäfen in der Union in Angriff genommen werden, weil der Zusammenhalt zwischen den Regionen zur Strategie für Wachstum und Arbeitsplätze gehören sollte;

10.  betont, dass die Aushandlung umfassender Luftverkehrsübereinkünfte mit den wichtigen Handelspartnern der Union als strategisches Ziel gesetzt werden sollte und dass entsprechende Verhandlungen eingeleitet bzw. beschleunigt werden sollten; fordert die Kommission auf, sich möglichst bald um umfassende Mandate von den Mitgliedstaaten zu bemühen, damit sie gleiche Wettbewerbsbedingungen für europäische Fluggesellschaften und Flughäfen herbeiführen, für Gegenseitigkeit sorgen und in den Texten eine wirksame Klausel über fairen Wettbewerb vorsehen kann;

11.  weist darauf hin, dass der Luftverkehr nicht weltweit reguliert ist, weil er nicht Gegenstand der Tätigkeit der WTO ist; stellt fest, dass im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation weltweit vereinbarte Regeln wichtig sind, damit die Emissionen des Luftverkehrs und die Klimaauswirkungen eingedämmt werden; stellt fest, dass die ICAO für die Konzipierung eines weltweit geltenden marktbasierten Mechanismus eintritt;

12.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Verwirklichung des einheitlichen europäischen Luftraums durch die Annahme des Pakets SES2+ zu beschleunigen, da die bisherige Fragmentierung des europäischen Luftraums die europäischen Luftverkehrsunternehmen erheblich belastet;

13.  weist darauf hin, dass das Luftverkehrspaket mit derzeitigen und künftigen Rechtsvorschriften über Fluggastrechte kohärent sein muss, und fordert den Rat auf, seinen Standpunkt zu verabschieden, weil sich Fluggäste wie auch Luftverkehrsunternehmen dringend rechtliche Klarheit wünschen;

14.  betont, dass Europa einen weltweit mit am stärksten liberalisierten Luftverkehrsmarkt aufweist und dass der Wettbewerb nicht zulasten sozialer Normen gehen sollte, nur damit Wettbewerbsvorteile entstehen;

15.  erwartet, dass im Luftverkehrspaket sicherheitsbezogene Rechtsvorschriften vorgesehen werden müssen, die in direktem Bezug zu den Arbeitsbedingungen im Luftverkehr stehen, weil die Union die intern und extern verfügbaren Instrumente voll ausschöpfen muss, um die europäische Luftfahrtindustrie wirksamer gegen unfaire Praktiken zu schützen;

16.  fordert die Verbesserung und Harmonisierung der Sicherheitskette, die darauf beruhen muss, dass mithilfe guter Arbeitsbedingungen qualifizierte, gut ausgebildete und zukunftsbewusste Arbeitskräfte angezogen und gehalten werden;

17.  empfiehlt, dass die Generaldirektionen MOVE und EMPL sich koordinieren und dass in das Luftverkehrspaket Sozialvorschriften aufgenommen werden, wie sie auf der von der Kommission am 4. Juni 2015 veranstalteten hochrangigen Konferenz zum Thema „Eine Sozialagenda für den Verkehr“ erörtert wurden;

18.  empfiehlt, den Begriff des Hauptgeschäftssitzes so zu bestimmen, dass die Betriebsgenehmigung von einem Staat ausgestellt wird, wenn die Luftverkehrsbewegungen in diesem Staat einen wesentlichen Umfang haben, und zusätzlich im Kontext der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und des Arbeitsrechts eine Angleichung der Definition des Begriffs der Heimatbasis in der Verordnung (EU) Nr. 83/2014 und der Verordnung (EU) Nr. 465/2012 vorzunehmen; empfiehlt darüber hinaus, die Übergangszeit zu verkürzen und die Lage des fliegenden Personals zu klären, das mehrfache Heimatbasen hat;

19.  empfiehlt, die Durchführung der Richtlinie über Leiharbeit zu überprüfen, um die direkte Beschäftigung als Standardmuster zu begünstigen und die Heranziehung der atypischen Beschäftigung zu begrenzen;

20.  schlägt Maßnahmen vor gegen die Zunahme der sozial problematischen Geschäftspraktiken wie Billigflaggen und gegen atypische Beschäftigungsverhältnisse wie Scheinselbstständigkeit, „Pay-to-fly“-Systeme und Null-Stunden-Verträge; vertritt die Auffassung, dass diese Praktiken verboten werden sollten, weil sie sich auf die Sicherheit auswirken können; fordert eine überarbeitete Definition des Begriffs „Hauptniederlassung eines Unternehmens“ mit der Anforderung an Fluggesellschaften, maßgebliche Luftverkehrstätigkeiten in einem bestimmten Land nachzuweisen;

21.  fordert die vollständige Durchführung des Programms SESAR, für die eine enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission, den Flugsicherungsdiensten, den Luftverkehrsunternehmen und den Flughäfen sowie finanzielle Zusagen dieser Beteiligten erforderlich sind; fordert deswegen ein Gesamtsystemkonzept für alle Bereiche des Luftverkehrs, das sich auf sämtliche Phasen eines Flugs – am Boden angefangen – erstreckt, wobei der EASA eine größere Rolle im Umfeld SES-SESAR eines Systems aus EU und EASA zukommt, das Einfluss auf Sicherheit, Umweltschutz und Leistung zu nehmen hat;

22.  begrüßt die Absicht, die Zuständigkeiten der EASA zu erweitern, und erwartet deshalb, dass die geänderte Basisverordnung (Verordnung (EG) Nr. 216/2008) die Schaffung eines umfassenden Sicherheitsmanagementsystems vorsieht und der EASA die Zuständigkeit für die Sicherheitsaspekte der Sicherheitsmaßnahmen der Union, des kommerziellen Raumtransports und der ferngesteuerten Flugzeuge zuweist; fordert die Kommission auf, der EASA aufgrund des breiten Spektrums der von den Rechtsetzungsorganen übertragenen Zuständigkeiten den Status einer gemeinsamen Luftfahrtbehörde in Europa zuzuweisen;

23.  fordert die Kommission auf, die Rolle der EASA im internationalen Rahmen zu stärken und für deren offizielle Anerkennung im ICAO-Rahmen zu sorgen, damit für die EU eine einzige Stimme geschaffen wird, die ein höheres Sicherheitsniveau für Bürger der Union in aller Welt herbeiführen wird, und damit zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Luftfahrtindustrie gewahrt ist und deren Ausfuhren abgesichert werden;

24.  fordert die Kommission auf, die regulatorischen Hindernisse für satellitengestützte Luftverkehrsüberwachung zu beseitigen, um lebensrettende Dienstleistungen für Unionsbürger möglich zu machen, und ersucht die Internationale Fernmeldeunion, die notwendigen Frequenzen zuzuweisen, weil die ICAO das satellitengestützte System ADS-B als diejenige Technologie bezeichnet hat, die außerhalb der am dichtesten besiedelten Gebiete, wo sonstige Arten landgestützter Luftverkehrsüberwachungstechnologien ihre Grenzen haben, die Flugverfolgung unterstützen und auch dem Flugverkehrsmanagement dienen kann; betont, dass es Staaten, Flugsicherungsdiensten und Fluggesellschaften in Europa und auf der ganzen Welt dabei helfen könnte, die Effizienz und Kapazität des Flugverkehrsmanagements zu erhöhen, wodurch die Luftverkehrsemissionen zurückgehen, die Flugsicherheit erheblich zu verbessern und gleichzeitig Infrastrukturkosten zu senken, wobei es dem europäischen Luftraum eine zusätzliche Überwachungsebene, die die bisherige erweitern kann, verschafft;

25.  fordert die Kommission auf, im Anschluss an die Risikobewertung im EASA-Task-Force-Bericht Maßnahmen zur Verbesserung der medizinischen Begutachtung von Piloten und der Verfahren für Sicherheit, Eingang und Ausgang bei Cockpit-Türen zu treffen;

26.  fordert risikoabhängige Sicherheitsmaßnahmen für die Passagier- und die Frachtbeförderung anstelle von auf Reaktion ausgerichteten Maßnahmen, ein faires und ausgewogenes Konzept für den sensiblen Bereich der Luftverkehrssicherheit, das einerseits den Bedürfnissen und Erwartungen der Mitgliedstaaten entspricht und andererseits unerfreulichen Vorfällen für Fluggäste auf Flughafen vorbeugt, und die Stärkung der Systeme zur Konzipierung von Sicherheitsmaßnahmen, Aviation Security Service (AVSEC) und Stakeholder Advisory Group on Aviation Security (SAGAS); fordert deswegen die Kommission auf, eine Durchführbarkeitsstudie anzufertigen bezüglich der Einführung eines Systems zum schnelleren Einchecken („Pre-Check“), das dem in den Vereinigten Staaten angewandten System gleichwertig ist;

27.  fordert die Haushaltsbehörde auf, einen wettbewerbskonformen Haushalt für die EASA aufrechtzuerhalten, der den genannten neuen Zuständigkeiten Rechnung trägt, damit flexible und wirkungsvolle Instrumente zur Verfügung stehen, mit denen die EU-Luftverkehrsunternehmen weltweit im Wettbewerb bestehen können; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission zusätzlich auf, mehr Unterstützung aus öffentlichen Mitteln für die Luftverkehrssicherheit zu leisten – was in anderen Weltregionen, auch den Vereinigten Staaten, die Norm ist –, damit europäische Flughäfen ihre Wettbewerbsposition durch Senkung der Flughafengebühren deutlich verbessern können;

28.  fordert die Kommission auf, alle hier aufgeführten Angelegenheiten in ihrem Legislativpaket zum Luftverkehr, das bis Ende 2015 vorzulegen ist, zu behandeln;

29.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.