ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu Patenten und den Rechten von Pflanzenzüchtern
14.12.2015 - (2015/2981(RSP))
gemäß Artikel 128 Absatz 5 der Geschäftsordnung
Paolo De Castro, Evelyn Regner, Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, Eric Andrieu, Viorica Dăncilă, Nicola Caputo, Mary Honeyball, Marc Tarabella, Enrico Gasbarra, Michela Giuffrida, Karin Kadenbach, Momchil Nekov, Tibor Szanyi, Ricardo Serrão Santos, Juan Fernando López Aguilar, Doru-Claudian Frunzulică, Paul Brannen, Maria Noichl, Liisa Jaakonsaari, Christel Schaldemose im Namen der S&D-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-1394/2015
B8-1395/2015
Entschließung des Europäischen Parlaments zu Patenten und den Rechten von Pflanzenzüchtern
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Mai 2012 zur Patentierung von im wesentlichen biologischen Verfahren[1],
– unter Hinweis auf die Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen[2], insbesondere auf Artikel 4, wonach Pflanzensorten und Tierrassen und im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren nicht patentierbar sind,
– unter Hinweis auf das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) vom 5. Oktober 1973, insbesondere auf Artikel 53 Buchstabe b,
– unter Hinweis auf die Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) über die Patentanträge G2/12 (zu Tomaten) und G2/13 (zu Brokkoli) vom 25. März 2015,
– unter Hinweis auf die Ausführungsordnung des EPÜund insbesondere auf Regel 26, wonach die Richtlinie 98/44/EG als ergänzendes Auslegungsmittel für europäische Patentanträge und Patente in Bezug auf biotechnologische Erfindungen herangezogen werden soll,
– unter Hinweis auf das Internationale Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen vom 2. Dezember 1961, revidiert in Genf am 10. November 1972, am 23. Oktober 1978 und am 19. März 1991 (nachfolgend „UPOV-Übereinkommen von 1991“),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz[3], (nachfolgend „Verordnung (EG) Nr. 2100/94“), insbesondere auf Artikel 15 Buchstaben c und d,
– unter Hinweis auf das vom Europäischen Rat geschlossene Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht vom 19. Februar 2013[4] (nachfolgend „EPG-Übereinkommen“, insbesondere auf Artikel 27 Buchstabe c,
– gestützt auf Artikel 128 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Zugang zu biologischem Pflanzenmaterial, einschließlich Pflanzenmerkmalen, für die Förderung von Wachstum und Innovation und die Entwicklung neuer Sorten unbedingt notwendig ist, damit für Ernährungssicherheit gesorgt, der Klimawandel eingedämmt und Monopolstellungen von Züchtungsunternehmen entgegengewirkt wird und gleichzeitig mehr Chancen für KMU geschaffen werden;
B. in der Erwägung, dass Rechte des geistigen Eigentums ein wichtiges Mittel sind, um wirtschaftliche Anreize für die Entwicklung neuer Pflanzenerzeugnisse beizubehalten und wettbewerbsfähig zu bleiben;
C. in der Erwägung, dass mittels im Wesentlichen biologischer Verfahren gewonnene Erzeugnisse, beispielsweise Pflanzen, Saatgut, arteigene Merkmale und Gene von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden sollten;
D. in der Erwägung, dass in der Richtlinie 98/44/EG biotechnologische Erfindungen und insbesondere Gentechnik geregelt werden; in der Erwägung, dass es jedoch – wie in den Erwägungsgründen 52 und 53 ausgeführt – nicht die Absicht des Gesetzgebers war, im Rahmen des Geltungsbereichs der Richtlinie die Patentierbarkeit von Erzeugnissen vorzusehen, die mittels im Wesentlichen biologischer Verfahren gewonnen werden;
E. in der Erwägung, dass bei zahlreichen Anmeldungen von im Wesentlichen biologischen Pflanzenerzeugnissen eine Entscheidung des EPA derzeit noch aussteht und dass es daher dringend geboten ist, den Geltungsbereich und die Auslegung der Richtlinie 98/44/EG, insbesondere des Artikels 4, klarzustellen;
F. in der Erwägung, dass ein Grundprinzip des auf dem internationalen Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV-Übereinkommen) beruhenden internationalen Sortenschutzes und der auf die Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates gestützten EU-Regelung lautet, dass der Inhaber eines Sortenschutzrechts andere nicht daran hindern kann, die patentrechtlich geschützte Pflanze für weitere Züchtungen zu verwenden;
G. in der Erwägung, dass sich aus Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe b und Artikel 13 Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie 98/44/EG implizit ableiten lässt, dass Material, das in den Geltungsbereich eines Patents fällt, zu Versuchszwecken frei verwendet werden darf;
H. in der Erwägung, dass die Ausnahme für Züchter gemäß Artikel 27 Buchstabe c des EPG-Übereinkommens nicht automatisch für innerstaatliche Patente in der EU, sondern nur für im Rahmen des einheitlichen Patentsystems erteilte Patente gilt, und dass sich daraus sich eine uneinheitliche Handhabung ergeben dürfte, was die Möglichkeit der Züchtung mit Material, das in den Geltungsbereich eines Patents fällt, anbelangt;
1. erklärt sich besorgt über die unlängst getroffene Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des EPA über die Patentanträge G2/12 (zu Tomaten) und G2/13 (zu Brokkoli), die dazu führen könnte, dass das EPA mehr Patente auf natürliche Merkmale erteilt, die mittels im Wesentlichen biologischer Verfahren wie Kreuzung und Selektion in neue Sorten eingebracht werden;
2. fordert die Kommission auf, den Geltungsbereich und die Auslegung der Richtlinie 98/44/EG, insbesondere des Artikels 4, des Artikels 12 Absatz 3 Buchstabe b und des Artikels 13 Absatz 3 Buchstabe b, klarzustellen, um für Rechtssicherheit zu sorgen, was das Verbot der Patentierbarkeit von Erzeugnissen, die mittels im Wesentlichen biologischer Verfahren gewonnen werden, und die Zulässigkeit von Züchtungen mit biologischem Material, das in den Geltungsbereich eines Patents fällt, anbelangt;
3. fordert die Kommission auf, ihre anstehende Klarstellung bezüglich der Patentierbarkeit von Erzeugnissen, die mittels im Wesentlichen biologischer Verfahren gewonnen werden, dem EPA mitzuteilen, damit diese Klarstellung als ergänzendes Auslegungsmittel herangezogen werden kann;
4. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Union auch künftig den Zugang zu und die Verwendung von Material, das mittels im Wesentlichen biologischer Verfahren gewonnen wurde, für die Pflanzenzucht garantiert, damit die Praxis der Mitgliedstaaten, Züchtern Ausnahmen zu gewähren, fortgeführt werden kann;
5. fordert die Kommission auf, über die Entwicklung und die Auswirkungen des Patentrechts in den Bereichen Biotechnologie und Gentechnik Bericht zu erstatten, wie es gemäß Artikel 16 Buchstabe c der Richtlinie 98/44/EG vorgeschrieben ist und es das Parlament in seiner Entschließung vom 10. Mai 2012 zur Patentierung von im wesentlichen biologischen Verfahren gefordert hat;
6. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und dem Europäischen Patentamt zu übermitteln.