ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum Tabakabkommen (PMI-Abkommen)
2.3.2016 - (2016/2555(RSP))
gemäß Artikel 128 Absatz 5 der Geschäftsordnung
Bart Staes, José Bové, Igor Šoltes, Benedek Jávor, Bronis Ropė im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-0312/2016
B8-0312/2016
Entschließung des Europäischen Parlaments zum Tabakabkommen (PMI-Abkommen)
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf das Abkommen über die Bekämpfung des illegalen Handels mit echten und gefälschten Zigaretten und den generellen Verzicht vom 9. Juli 2004 zwischen Philip Morris International (PMI) und Zweigunternehmen, der Union und zehn Mitgliedstaaten („das Abkommen“),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG[1] („die Richtlinie über Tabakerzeugnisse“),
– unter Hinweis auf das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakgebrauchs („das WHO-Rahmenübereinkommen“),
– unter Hinweis auf das Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen, das in Bezug auf das WHO-Rahmenübereinkommen angenommen wurde („das Protokoll“),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 2015 zu dem Jahresbericht 2013 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union – Betrugsbekämpfung[2], seinen Beschluss vom 29. April 2015 betreffend die Entlastung für die Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2013, Einzelplan III – Kommission und Exekutivagenturen[3], und seine Entschließung vom ... März 2016 zu dem Jahresbericht 2014 über den Schutz der finanziellen Interessen der EU – Betrugsbekämpfung,
– unter Hinweis auf die Pressemitteilung 12/2015 der Bürgerbeauftragten vom 5. Oktober 2015 mit dem Titel „European Commission not transparent enough about tobacco lobbying“ (Europäische Kommission nicht transparent genug in Bezug auf die Lobbyarbeit der Tabakindustrie),
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 4. Mai 2015 für einen Beschluss des Rates zum Abschluss des Protokolls zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen zum Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs im Namen der Europäischen Union, soweit die Bestimmungen des Protokolls unter Teil III Titel V des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union fallen (COM(2015)0193),
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 4. Mai 2015 für einen Beschluss des Rates zum Abschluss des Protokolls zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen zum Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs im Namen der Europäischen Union, soweit die Bestimmungen des Protokolls nicht unter Teil III Titel V des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union fallen (COM(2015)0194),
– unter Hinweis auf die vom Rat am 24. Februar 2016 angenommenen Ersuchen um Zustimmung des Parlaments zu den beiden Beschlüssen des Rates zum Abschluss des Protokolls zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen zum Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs im Namen der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 24. Februar 2016 „Technical assessment of the experience made with the Anti-Contraband and Anti-Counterfeit Agreement and General Release of 9 July 2004 among Philip Morris International and affiliates, the Union and its Member States“ (Technische Bewertung der Erfahrungen mit dem Abkommen über die Bekämpfung des illegalen Handels mit echten und gefälschten Zigaretten und dem generellen Verzicht vom 9. Juli 2004 zwischen Philip Morris International und Zweigunternehmen, der Union und ihren Mitgliedstaaten) (SWD (2016)0044) („die Bewertung“),
– unter Hinweis auf die Anfragen an die Kommission zum Tabakabkommen (PMI-Abkommen) (O‑000010/2016 – B8‑0109/2016, O‑000014/2016 – B8‑0110/2016, O‑000015 – B8‑0111/2016, O‑000016 – B8‑0112/2016, O‑000017 – B8‑0113/2016, O‑000018/2016 – B8‑0114/2016 und O‑000019/2016 – B8‑0115/2016),
– gestützt auf Artikel 128 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich sowohl der Rechtsrahmen in Bezug auf den unerlaubten Tabakhandel als auch dessen praktische Merkmale seit der Unterzeichnung des Abkommens erheblich verändert haben;
B. in der Erwägung, dass sich die Kommission zur Ratifizierung des Protokolls verpflichtet hat, um den unerlaubten Handel mit Tabakerzeugnissen zu bekämpfen, was einen wichtigen Schritt zur Stärkung des Rechtsrahmens für den Kampf gegen den unerlaubten Handel mit Tabakerzeugnissen darstellt;
C. in der Erwägung, dass die Kommission zugesagt hat, Drittstaaten aufzufordern, das Protokoll zu ratifizieren;
D. in der Erwägung, dass die Kommission ihren Ruf einem erheblichem und unnötigen Risiko aussetzen würde, wenn sie das Abkommen mit PMI erneuern und gleichzeitig Drittstaaten zur Ratifizierung des Protokolls auffordern würde;
E. in der Erwägung, dass das Sekretariat des WHO-Rahmenübereinkommens erklärt hat, die Abkommen mit der Tabakindustrie, auch die der EU und von Interpol, stünden dem WHO-Rahmenübereinkommen entgegen, weil sie den Tabakunternehmen dienen und den Fortschritt bei der Eindämmung des Tabakgebrauchs gefährden[4];
1. weist darauf hin, dass die Kommission im Mai 2015 zugesagt hat, ihre Bewertung des Abkommens mit PMI möglichst rasch vorzulegen; betont, dass die Kommission die Veröffentlichung der Bewertung mehrfach aufschob und sie letztlich am 21. Februar 2016 veröffentlicht wurde, einen Tag vor einer Aussprache im Plenum des Parlaments; betrachtet eine derart verzögerte Veröffentlichung nachdrücklich als schwerwiegenden Verstoß gegen die Transparenzverpflichtungen der Kommission sowohl dem Parlament als auch den Unionsbürgern gegenüber; betont, dass anhand der aktuellen Daten und Belege keine ausreichende Grundlage für die Behauptung besteht, das Abkommen sei erfolgreich gewesen;
2. begrüßt den Vorschlag der Kommission, das Protokoll zu ratifizieren, und ihre Zusage, die Mitgliedstaaten und Drittländer aufzufordern, es zu ratifizieren, ist jedoch überzeugt, dass eine Erneuerung des Abkommens bei Drittländern als schädliches und kontraproduktives Signal ankäme, dass die EU unangemessene Interaktionen mit der Tabakwirtschaft eingeht, obwohl das Protokoll solche Interaktionen eindeutig verbietet;
3. weist darauf hin, dass in den Leitlinien für die Umsetzung von Artikel 5.3 des WHO-Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakgebrauchs festgestellt wird, dass es zwischen den Interessen der Tabakindustrie und gesundheitspolitischen Interessen einen fundamentalen und unüberbrückbaren Gegensatz gibt, und ist der Auffassung, dass eine Erneuerung des Abkommens mit den Verpflichtungen der EU gemäß Artikel 5.3 unvereinbar wäre;
4. ist der Auffassung, dass 2004 das Abkommen mit PMI ein innovatives Mittel war, um den unerlaubten Tabakhandel zu bekämpfen, betont jedoch, dass sich sowohl der Rechtsrahmen in Bezug auf diesen unerlaubten Handel als auch dessen praktische Merkmale inzwischen erheblich verändert haben; ist daher der Auffassung, dass alle in dem Abkommen mit PMI erfassten Elemente nun durch den neuen Rechtsrahmen abgedeckt sind, und betont, dass das Abkommen auf wichtige Merkmale des heutigen unerlaubten Tabakhandels, insbesondere den hohen Anteil am Handel, der inzwischen auf Zigaretten entfällt, die allein für den Zweck hergestellt werden, in einen anderen Markt hineingeschmuggelt und dort illegal verkauft zu werden („illicit whites“), nicht eingeht; betont ferner, dass Schmuggel eine internationale Angelegenheit ist, während das Abkommen nur für die EU gilt;
5. gelangt zu dem Schluss, dass das Abkommen mit PMI nicht erneuert, verlängert oder neu verhandelt werden sollte, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, dies zu unterlassen;
6. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und dem Sekretariat des Rahmenübereinkommens der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakgebrauchs zu übermitteln.
- [1] ABl. L 127 vom 29.4.2014, S. 1.
- [2] Angenommene Texte, P8_TA(2015)0062.
- [3] Angenommene Texte, P8_TA(2015)0118.
- [4] http://www.who.int/fctc/protocol/faq/en/index3.html.