ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Polen
11.4.2016 - (2015/3031(RSP))
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Robert Jarosław Iwaszkiewicz im Namen der EFDD-Fraktion
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom Dienstag, 19. Januar 2016 zur Lage in Polen,
– gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass in der Geschichte Polens zahlreiche Beispiele dafür zu finden sind, dass das Land dem Kampf für Freiheit und Souveränität verpflichtet ist, dem es das Blut seiner Soldaten und seiner Zivilbevölkerung geopfert hat; in der Erwägung, dass insbesondere nicht vergessen werden sollte, dass Polen das erste Land in Europa war, das der Aggression durch den deutschen Nazismus Widerstand leistete, und dass Polen das Land war, in dem zuerst mit der Niederringung des kommunistischen Systems begonnen wurde;
B. in der Erwägung, dass Polen ein Vorreiter bei Demokratie, individuellen Freiheiten und Religionsfreiheit in Europa war; in der Erwägung, dass die Republik Polen das erste Land in Europa und das zweite Land weltweit war, in dem eine Verfassung angenommen wurde; und in der Erwägung, dass über Jahrhunderte hinweg die in Polen gewahrten Menschenrechte und individuellen und religiösen Freiheiten das vornehmste Vorbild für Europa darstellten;
C. in der Erwägung, dass in Artikel 197 der gegenwärtigen polnischen Verfassung festgelegt ist, dass das Verfassungsgericht gemäß dem vom polnischen Parlament beschlossenen Rechtsakt tätig wird;
D. in der Erwägung, dass der Konflikt durch die Erklärungen und die Aktivitäten des Präsidenten des Verfassungsgerichts in den Medien verschärft und das Finden eines Kompromisses hinsichtlich der Funktionsweise des Verfassungsgerichts erschwert wird;
E. in der Erwägung, dass die Krise um das Verfassungsgericht im Oktober 2015 begonnen hat und mit den politisch motivierten Maßnahmen der von den Parteien PO und PSL gebildeten Koalitionsregierung nach ihrer Wahlniederlage in Zusammenhang stand; in der Erwägung, dass das Verfassungsgericht im Dezember 2015 entschieden hat, dass die Wahl zweier Richter im Oktober 2015 verfassungswidrig war;
F. in der Erwägung, dass die Leitlinien der Venedig-Kommission nicht verbindlich sind und dass ihre Annahme durch die Regierungen der Mitgliedstaaten als Wegweiser für die Durchführung positiver Veränderungen freiwillig ist;
G. in der Erwägung, dass der Präsident der Venedig-Kommission in seiner Note betont hat, dass die Reform des polnischen Verfassungsgerichts eine innere Angelegenheit Polen ist und in der Hand der zuständigen nationalen Stellen liegen sollte;
H. in der Erwägung, dass Fragen bezüglich der Fristen für die Veröffentlichung von Entscheidungen des Verfassungsgerichts durch die polnischen Gesetze eindeutig geregelt werden;
I. in der Erwägung, dass gemäß den Verträgen weder die Kommission noch irgendeine andere EU-Einrichtung das Recht hat, sich in das politische System eines Mitgliedstaats einzumischen, insbesondere, wenn mit vorgeschlagenen Änderungen nicht gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verstoßen wird;
J. in der Erwägung, dass die sich verschärfende Krise um das Verfassungsgericht Folgen für das Funktionieren der Rechtsstaatlichkeit in Polen haben kann;
1. ist der Ansicht, dass die Trennung der verfassungsrechtlichen Befugnisse, das Funktionieren der parlamentarischen Demokratie, die Grundfreiheiten und die Rechtsstaatlichkeit in Polen nicht gefährdet sind;
2. betont, dass die Krise bezüglich des Verfassungsgerichts eine innere Angelegenheit Polens ist und nur von der polnischen Regierung im Dialog mit allen Interessenträgern gelöst werden kann;
3. erkennt an, dass die Situation in Polen keinerlei Interventionen seitens der Kommission oder irgendeines anderen EU-Organs erfordert; ist der Auffassung, dass die polnische Regierung in ihren Handlungen frei und souverän ist und nicht dazu verpflichtet werden kann, die Ansichten von Gremien wie der Venedig-Kommission zu berücksichtigen;
4. erkennt an, dass jegliche Interventionen seitens der Kommission oder einer anderen EU-Einrichtung hinsichtlich der Einhaltung der demokratischen Normen in Polen ungerechtfertigt sind; hebt hervor, dass ein solches Vorgehen nicht dem Subsidiaritätsprinzip gemäß Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union entspräche;
5. hebt hervor, dass die Maßnahmen der Kommission gegenüber Polen und der polnischen Regierung politisch motiviert sind und von der Opposition ausgenutzt werden, um den Eindruck zu vertiefen, dass in Polen politisches Chaos herrsche;
6. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Präsidenten der Republik Polen zu übermitteln.