ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum Thema „Anschläge auf Krankenhäuser und Schulen als Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht“
20.4.2016 - (2016/2662(RSP))
gemäß Artikel 128 Absatz 5 der Geschäftsordnung
Stelios Kouloglou, Kateřina Konečná, Lola Sánchez Caldentey, Paloma López Bermejo, Patrick Le Hyaric, Tania González Peñas, Miguel Urbán Crespo, Estefanía Torres Martínez, Xabier Benito Ziluaga, Kostas Chrysogonos, Dimitrios Papadimoulis, Jiří Maštálka, Marina Albiol Guzmán, Merja Kyllönen, Stefan Eck, Kostadinka Kuneva, Neoklis Sylikiotis, Takis Hadjigeorgiou, Marie-Christine Vergiat, Ángela Vallina, Lidia Senra Rodríguez, Javier Couso Permuy, Barbara Spinelli, Marisa Matias im Namen der GUE/NGL-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-0488/2016
B8-0492/2016
Entschließung des Europäischen Parlaments zum Thema „Anschläge auf Krankenhäuser und Schulen als Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht“
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und andere Menschenrechtsinstrumente der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf die Genfer Abkommen und andere Rechtsakte im Bereich des humanitären Völkerrechts,
– unter Hinweis auf Artikel 208 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zur Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 8. Dezember 2009 zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts,
– unter Hinweis auf die überarbeiteten Leitlinien der Europäischen Union zur Förderung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts[1],
– unter Hinweis auf die (von der „Global Humanitarian Platform“ gebilligten) Grundsätze der Partnerschaft vom 12. Juli 2007,
– unter Hinweis auf den vom Generalsekretär der Vereinten Nationen anlässlich des Weltgipfels für humanitäre Hilfe vom 2. Februar 2016 verfassten Bericht mit dem Titel „One humanity, shared responsibility“ (Eine Menschheit, gemeinsame Verantwortung),
– unter Hinweis auf die Resolutionen 1998 (2011) vom 12. Juli 2011 und 2143 (2014) vom 7. März 2014 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zum Schutz von Kindern, die von bewaffneten Konflikten betroffen sind,
– unter Hinweis auf die Resolution A/RES/64/290 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. Juli 2010 zu dem Recht auf Bildung in Notsituationen,
– unter Hinweis auf die Erklärung zum Schutz von Schulen vom Mai 2015, die auf der Konferenz in Oslo zu sicheren Schulen, die vom norwegischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten im Mai 2015 einberufen wurde, zur Genehmigung vorgelegt wurde, und die damit zusammenhängenden Leitlinien zum Schutz von Schulen und Universitäten vor der militärischen Nutzung bei bewaffneten Konflikten,
– unter Hinweis auf die Resolution der 32. Internationalen Konferenz des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes vom 10. Dezember 2015 zur besseren Einhaltung des humanitären Völkerrechts,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Februar 2016 zur humanitären Lage im Jemen[2],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Februar 2015 zu der humanitären Krise im Irak und in Syrien, insbesondere vor dem Hintergrund der Aktivitäten des IS[3],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2015 zur Vorbereitung des Weltgipfels für humanitäre Hilfe: Herausforderungen und Chancen für die humanitäre Hilfe[4],
– unter Hinweis auf die Anfrage an den Rat zum Thema „Anschläge auf Krankenhäuser und Schulen als Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht“ (O-000063/2016 – B8‑0361/2016),
– gestützt auf Artikel 128 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft Zeuge eines erschütternden Trends von Anschlägen auf Krankenhäuser und Schulen in bewaffneten Konflikten weltweit geworden ist;
B. in der Erwägung, dass das humanitäre Völkerrecht nicht nur im Rahmen der aktuellen Konflikte in Afghanistan, im Jemen und in Syrien missachtet wird, sondern auch in den anhaltenden Konflikten in Palästina und in der Westsahara; in der Erwägung, dass Israel im August 2014 eine Schule der Vereinten Nationen in der Stadt Rafah im Gaza-Streifen bombardiert hat, in der 3 000 Vertriebene untergebracht waren, und dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon, diese Tat als Straftat verurteilt hat;
C. in der Erwägung, dass der erste Weltgipfel für humanitäre Hilfe am 23./24. Mai 2016 in Istanbul stattfindet; in der Erwägung, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen in seinem Bericht für den Weltgipfel für humanitäre Hilfe mit dem Titel „One humanity, shared responsibility“ (Eine Menschheit, gemeinsame Verantwortung) auf das verweist, was er die unverfrorene und scheußliche Aushöhlung der Achtung der internationalen Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten nennt, durch die die Rückkehr zu einer Ära des Krieges ohne Grenzen drohe; in der Erwägung, dass in dem Bericht darauf hingewiesen wird, dass diese Aushöhlung zum Teil dadurch begründet sei, dass die Achtung dieser Rechte und Gesetze weder eingefordert noch gefördert wird und die bestehenden Mechanismen der Durchsetzung, Überwachung und Rechenschaftspflicht keine Unterstützung erhalten;
D. in der Erwägung, dass die humanitären Grundsätze der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit und die grundlegenden Regeln des humanitären Völkerrechts sowie die in den Genfer Abkommen und den dazugehörigen Zusatzprotokollen aufgeführten Menschenrechte im Zentrum allen humanitären Handelns stehen müssen; in der Erwägung, dass der Schutz der Vertriebenen bedingungslos sichergestellt werden muss und dass sich die unabhängige Hilfe, d. h. die Hilfe, die frei von politischen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Überlegungen sowie jeder Art von Diskriminierung ist, durchsetzen muss;
E. in der Erwägung, dass das humanitäre Völkerrecht – auch als Recht des bewaffneten Konflikts bezeichnet – die Auswirkungen bewaffneter Konflikte mildern soll, indem es diejenigen schützt, die nicht an dem Konflikt teilnehmen, und indem es die Mittel und Wege der Kriegsführung reglementiert;
F. in der Erwägung, dass Krankenhäuser und medizinisches Personal durch das humanitäre Völkerrecht ausdrücklich geschützt sind und dass gezielte Angriffe auf Zivilpersonen und zivile Infrastruktur als gravierender Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht angesehen werden;
G. in der Erwägung, dass Frauen und Kinder bei Vertreibung und dem Wegfall der gewöhnlichen Schutz- und Unterstützungsstrukturen größeren Gefahren ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass das humanitäre Völkerrecht vorschreibt, dass Mädchen und Frauen, die im Krieg vergewaltigt wurden, ohne jede Diskriminierung die gesamte medizinische Versorgung zuteilwerden muss; in der Erwägung, dass die Weltgesundheitsorganisation unsichere Abtreibungen als eine der drei Hauptursachen der Müttersterblichkeit anführt; in der Erwägung, dass die Gesundheit von Müttern, die psychologische Betreuung von vergewaltigten Frauen ebenso wie die Erziehung und Schulbildung von vertriebenen Kindern erhebliche Herausforderungen in den Flüchtlingslagern sind;
H. in der Erwägung, dass am 14. März 2016 insgesamt 52 Staaten, darunter auch einige EU-Mitgliedstaaten, die Erklärung zum Schutz von Schulen, die im Mai 2015 auf der Konferenz in Oslo vorgelegt wurde, gebilligt haben;
I. in der Erwägung, dass der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ bei der Annahme der EU-Leitlinien zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts hervorhob, dass die Auswirkungen ernster Verstöße wirkungsvoll anzugehen sind, indem Verfahren gefördert werden, mit denen der Rechenschaftspflicht in angemessener Weise nachgekommen werden kann, und welch wichtige Rolle der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in den Fällen spielen kann, in denen der betreffende Staat/die betreffenden Staaten nicht gewillt oder in der Lage ist/sind, seine/ihre gerichtliche Zuständigkeit auszuüben; in der Erwägung, dass „die zuständigen Arbeitsgruppen des Rates“ gemäß den EU-Leitlinien Situationen, in denen das humanitäre Völkerrecht zur Anwendung gelangen könnte, überwachen und in solchen Fällen Maßnahmen zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts empfehlen sollten (Ziffer 15 Buchstabe a);
J. in der Erwägung, dass das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) im Zeitraum 2012–2015 ein umfassendes Konsultationsverfahren organisierte, um zu ermitteln, wie der rechtliche Schutz der Opfer eines bewaffneten Konflikts und die Wirksamkeit der Mechanismen der Einhaltung des humanitären Völkerrechts verbessert werden können;
K. in der Erwägung, dass die Teilnehmerstaaten der 32. Internationalen Konferenz des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes im Dezember 2015 letztlich keine Einigung über die Annahme eines neuen Mechanismus zur Stärkung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts, der vom IKRK und der Regierung der Schweiz vorgeschlagen wurde, erzielen konnten; in der Erwägung, dass der vorgeschlagene neue Mechanismus die Organisation jährlicher Treffen der Vertragsstaaten der Genfer Abkommen beinhaltet hätte; in der Erwägung, dass die Teilnehmerstaaten darin übereingekommen sind, mit Blick auf die Verbesserung der Durchsetzung des humanitären Völkerrechts einen neuen zwischenstaatlichen Prozess einzuleiten, dessen Ergebnisse auf der nächsten Internationalen Konferenz im Jahr 2019 vorgestellt werden sollen;
1. bekundet seine Bestürzung und tiefe Besorgnis über die tödlichen Anschläge auf Krankenhäuser und Schulen, die sich in bewaffneten Konflikten weltweit in zunehmend erschreckendem Maße häufen und deren Zielgruppen und Opfer Patienten, Studenten, medizinisches Personal, Lehrer, humanitäre Helfer und Familienmitglieder sind; ist sich jedoch der Tatsache bewusst, dass eine internationale Verurteilung nur selten unabhängige Untersuchungen auslöst oder dazu führt, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden; fordert die Mitgliedstaaten, die EU-Organe und die Vizepräsidentin / Hohe Vertreterin auf, das wahre Ausmaß dieser Notsituation anzuerkennen und unverzüglich einen konkreten, zeitgebundenen Aktionsplan auszuarbeiten, in dessen Rahmen der Einfluss der EU und der Mitgliedstaaten voll ausgeschöpft werden kann, um solchen Verstößen und Verletzungen ein Ende zu setzen;
2. verurteilt sämtliche Anschläge auf Krankenhäuser und Schulen, wie sie nach humanitärem Völkerrecht verboten sind, und erkennt an, dass derartige Anschläge schwere Verstöße gegen die Genfer Abkommen von 1949 und gemäß dem Römischen Statut des IStGH Kriegsverbrechen darstellen; ist davon überzeugt, dass die Aufrechterhaltung von Gesundheits- und Bildungseinrichtungen als neutrale, geschützte Räume in bewaffneten Konflikten von dem Ergebnis transparenter, unabhängiger und unparteiischer Untersuchungen der brutalen Anschläge sowie der Erreichung einer wirklichen Rechenschaftspflicht für die verübten Straftaten abhängt;
3. weist darauf hin, dass jedwede Verletzung des humanitären Völkerrechts, wie Anschläge auf Krankenhäuser, ein Kriegsverbrechen darstellt und daher von einem unabhängigen Gremium eingehend untersucht werden sollte;
4. legt der EU und ihren Mitgliedstaaten nahe, die an alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen gerichtete Forderung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen uneingeschränkt zu unterstützen und folglich den Weltgipfel für humanitäre Hilfe als Chance anzusehen, sich erneut zum Schutz von Zivilpersonen und der Menschenrechte aller Menschen zu verpflichten, indem sie die bereits vereinbarten Normen achten; hebt hervor, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen im Kampf gegen die Straffreiheit bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht der Stärkung der internationalen Ermittlungs- und Rechtssysteme, einschließlich des IStGH, als Ergänzung zu nationalen Rahmen besondere Bedeutung beimisst;
5. äußert erhebliche Bedenken bezüglich der humanitären Lage im Gaza-Streifen und in der besetzten Westsahara; betont, dass Gerechtigkeit und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit unverzichtbare Grundlagen für Frieden sind, und unterstreicht, dass die seit langem vorherrschende und systematische Straffreiheit bei Völkerrechtsverletzungen ein Ende haben muss;
6. erkennt an, dass die EU-Leitlinien zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts von großer Bedeutung sind und einzigartigen Charakter haben, da keine anderen Staaten oder Organisationen ein gleichwertiges Dokument angenommen haben; äußert jedoch Bedenken bezüglich der Wirksamkeit der Umsetzung der EU-Leitlinien durch die Organe und Mitgliedstaaten der EU;
7. fordert die EU auf, einen weltweiten Konsens über humanitäres Handeln zu fördern, in dessen Rahmen die Grundsätze der humanitären Hilfe und die Verpflichtungen und Ansprüche nach dem humanitären Völkerrecht bekräftigt und Schutzmaßnahmen sichergestellt werden, bei denen der Mensch im Mittelpunkt steht und die menschenrechtsbasiert sind, und der vorsieht, dass die Regierungen im Hinblick auf ihre Aufgaben und ihre Verantwortung im Bereich des Schutzes der Menschen rechenschaftspflichtig sind; weist darauf hin, dass die Politisierung der humanitären Hilfe negative Auswirkungen hat und dass es von entscheidender Bedeutung ist, die zentralen humanitären Grundsätze zu wahren und immer wieder für sie einzutreten, um in Konfliktgebieten Raum für humanitäre Hilfe sicherzustellen;
8. fordert den Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ und die Vizepräsidentin / Hohe Vertreterin auf, die derzeitige Aufteilung der Zuständigkeiten zu überprüfen, nach der die Durchsetzung der Leitlinien über das humanitäre Völkerrecht in erster Linie in den Zuständigkeitsbereich der Arbeitsgruppe des Rates „Internationales Öffentliches Recht“ fällt, in der der Ratsvorsitz den Vorsitz führt, um sicherzustellen, dass die Strategien und Maßnahmen der EU zum Schutz des humanitären Völkerrechts auf kohärente und wirksame Weise ausgearbeitet werden; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass „die zuständigen Arbeitsgruppen des Rates“ gemäß den EU-Leitlinien verpflichtet sind, Situationen, in denen das humanitäre Völkerrecht zur Anwendung gelangen könnte, zu überwachen und in solchen Fällen Maßnahmen zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts zu empfehlen (Ziffer 15 Buchstabe a); fordert die zuständigen Arbeitsgruppen des Rates auf, von diesem Mandat Gebrauch zu machen, um den gegenwärtig besorgniserregenden Zustand der Nichteinhaltung anzugehen;
9. erinnert an den in den EU-Leitlinien vertretenen Standpunkt, dass gegebenenfalls erwogen werden sollte, die Dienste der aufgrund des I. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen von 1949 eingesetzten Internationalen Ermittlungskommission (IHFFC) in Anspruch zu nehmen, die aufgrund ihrer Ermittlungs- und Vermittlungsfunktion bei der Förderung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts behilflich sein kann; weist darauf hin, dass die Dienste der IHFFC noch nie in Anspruch genommen wurden, und fordert den Rat, die Mitgliedstaaten und den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, es ernsthaft in Erwägung zu ziehen, diese Kommission erstmals seit ihrer Einrichtung zu nutzen, um die Anschläge auf Krankenhäuser und Schulen anzugehen, da diese im Zusammenhang mit der Achtung der Normen des humanitären Völkerrechts eine dringende Krisensituation darstellen;
10. stellt mit Besorgnis fest, dass der internationalen Gemeinschaft derzeit nur wenig Spielraum auf institutioneller Ebene zur Verfügung steht, um die gemeinsamen Anliegen bezüglich der Durchsetzung des humanitären Völkerrechts in Angriff zu nehmen; bedauert in diesem Zusammenhang, dass die Teilnehmerstaaten der 32. Internationalen Konferenz des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes vom Dezember 2015 nicht in der Lage waren, eine Einigung über einen neuen Mechanismus zur Stärkung des Steuerungssystems des humanitären Völkerrechts zu erzielen, der die Organisation jährlicher Treffen der Staaten zur Verbesserung des Dialogs und eine regelmäßige Berichterstattung über die Einhaltung des humanitären Völkerrechts auf nationaler Ebene beinhaltet hätte; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen des anstehenden zwischenstaatlichen Prozesses auf bessere Ergebnisse hinzuarbeiten;
11. fordert eine weltweite Verpflichtung, sicherzustellen, dass Frauen und Mädchen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht, den Genfer Abkommen und den dazugehörigen Zusatzprotokollen in allen Notlagen und Krisen von Beginn an sicher sind, indem das Risiko der sexuellen und geschlechtsbezogenen Gewalt angegangen, Sensibilisierungsarbeit geleistet und dafür gesorgt wird, dass die Täter strafrechtlich verfolgt werden und die Frauen und Mädchen in humanitären Krisen Zugang zu sämtlichen Dienstleistungen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit haben, zu denen auch sichere Abtreibungen gehören, anstatt unmenschliche Behandlung aufrechtzuerhalten;
12. weist darauf hin, dass konkrete politische Maßnahmen der Regierungen sowie der Europäischen Union, darunter auch die Handelspolitik, zu der aktuellen instabilen Lage in Afghanistan, im Jemen, im Irak und in der gesamten Region Naher Osten und Nordafrika geführt haben; weist darauf hin, dass Fundamentalismus und Gewalt die Folge von Ungleichheit und Armut sind;
13. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, ihre Zusagen im Bereich der Entwicklungspolitik zu verwirklichen und Artikel 208 AEUV zu achten, nach dem die Union „bei der Durchführung politischer Maßnahmen, die sich auf die Entwicklungsländer auswirken können, [...] den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit Rechnung“ trägt;
14. lehnt das Konzept einer zivil-militärischen Zusammenarbeit ab, da diese das nicht abschätzbare Risiko birgt, dass Zivilpersonen und humanitäre Helfer ausgenutzt werden, um militärische Ziele zu erreichen, dadurch die Neutralität, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Organisationen der Zivilgesellschaft, Entwicklungsorganisationen und humanitären Hilfsorganisationen – eine Voraussetzung für die wirksame Bereitstellung von Hilfe – gefährdet wird und sie Anschläge auf nichtstaatlichen Organisationen und Hilfsorganisationen zur Folge haben kann; fordert daher eine strikte Trennung von zivilen Einsätzen und Militäreinsätzen in allen Bereichen und weist darauf hin, dass die meisten (humanitären) Hilfsorganisationen auf ihrer Unabhängigkeit und Unparteilichkeit bestehen, die im Verhaltenskodex für die Internationale Bewegung des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds und die nichtstaatlichen Organisationen bei Hilfsmaßnahmen im Katastrophenfall niedergelegt sind;
15. nimmt die zunehmenden Militäreinsätze und die militärische Reaktion auf Konflikte mit Sorge zur Kenntnis und betrachtet die Rolle, die die verschiedenen Einsätze des Westens in den letzten Jahren bei der weiteren Verschärfung der Konflikte in der Region gespielt haben, äußerst kritisch; erklärt, dass es für die Konflikte in der Region keine militärische Lösung geben kann; fordert eine rein zivile und friedliche Außenpolitik der EU;
16. lehnt die Verwendung des Begriffs der „Schutzverpflichtung“ als Vorwand für den einseitigen Einsatz von Gewalt ab;
17. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Präsidenten der Generalversammlung der Vereinten Nationen und den Regierungen der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zu übermitteln.
- [1] ABl. C 303 vom 15.12.2009, S. 12.
- [2] Angenommene Texte, P8_TA(2016)0066.
- [3] Angenommene Texte, P8_TA(2015)0040.
- [4] Angenommene Texte, P8_TA(2015)0459.