Entschließungsantrag - B8-0809/2016Entschließungsantrag
B8-0809/2016

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu den Massakern im östlichen Kongo

17.6.2016 - (2016/2770(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Charles Goerens, Hilde Vautmans, María Teresa Giménez Barbat, Beatriz Becerra Basterrechea, Ilhan Kyuchyuk, Javier Nart, Urmas Paet, Pavel Telička, Ivo Vajgl im Namen der ALDE-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-0801/2016

Verfahren : 2016/2770(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-0809/2016
Eingereichte Texte :
B8-0809/2016
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Angenommene Texte :

B8-0809/2016

Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Massakern im östlichen Kongo

(2016/2770(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Demokratischen Republik Kongo, insbesondere auf die Entschließungen vom 17. Januar 2008 zur Lage in der Demokratischen Republik Kongo und zu Vergewaltigung als Kriegsverbrechen[1], 21. Februar 2008 zu Nord-Kivu[2], 23. Oktober 2008 zu den Zusammenstößen in den östlichen Grenzregionen der Demokratischen Republik Kongo[3], 17. Dezember 2009 zur Gewalt in der Demokratischen Republik Kongo[4], 13. Juni 2012 zu Maßnahmen im Anschluss an die Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo[5], 12. September 2013 zur Lage in der Demokratischen Republik Kongo[6], 9. Juli 2015 zur Demokratischen Republik Kongo (DRK), insbesondere zu dem Fall der beiden inhaftierten Menschenrechtsaktivisten Yves Makwambala und Fred Bauma[7], 17. Dezember 2015 zum Schutz des Virunga-Nationalparks in der Demokratischen Republik Kongo[8] und 10. März 2016 zur Demokratischen Republik Kongo[9],

–  unter Hinweis auf die Afrikanische Charta für Demokratie, Wahlen und Regierungsführung aus dem Jahr 2007, die von der Demokratischen Republik Kongo am 29. Juni 2008 unterzeichnet – aber noch nicht ratifiziert – wurde und am 15. Februar 2012 in Kraft trat,

–  unter Hinweis auf die am 19. November 2015 vor Ort nach der Einleitung des nationalen Dialogs in der Demokratischen Republik Kongo von der EU abgegebene Erklärung,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Pressemitteilung der Afrikanischen Union (AU), der Vereinten Nationen (VN), der Europäischen Union (EU) und der Internationalen Organisation der Frankophonie (OIF) vom 16. Februar 2016 zur Notwendigkeit eines inklusiven politischen Dialogs in der Demokratischen Republik Kongo sowie unter Hinweis auf die Zusage dieser Organisationen, die kongolesischen Akteure in ihren Bemühungen, die Demokratie in dem Land zu konsolidieren, zu unterstützen,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Congo Research Group vom März 2016 mit dem Titel „Who are the killers of Beni?“ (Wer sind die Mörder von Beni?),

–  gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass der nordöstliche Teil der Republik Kongo, der für seinen Reichtum an Mineralien bekannt ist, seit mehr als 20 Jahren durch Konflikte zerrüttet wird, die durch zahlreiche kongolesische und ausländische Milizen wie die Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR) und die Alliierten Demokratischen Kräfte/Nationale Armee für die Befreiung Ugandas (ADF/NALU) ausgelöst werden, die Gewalt und Terror in der Region verbreiten; in der Erwägung, dass die große Rebellenbewegung M23 am 7. November 2013 ihre Niederlage eingestand und dass sich der mutmaßliche Gründer der Gruppe dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) stellte;

B.  in der Erwägung, dass es von Oktober bis Dezember 2015 nach einer kurzen Zeit ohne Gewalt in der Umgebung der Städte Beni, Butembo, Miriki und Lubero in der Provinz Nord-Kivu erneut zu grausamen Massakern kam; in der Erwägung, dass aus einer Mitteilung, die der vatikanischen Nachrichtenagentur Agenzia Fides von dem Netzwerk „Frieden für den Kongo“, einer kongolesischen nichtstaatlichen Organisation, übermittelt wurde, hervorgeht, dass seit diesen Ereignissen mehr als sechshundert Männer, Frauen und Kinder getötet worden und zehntausende Menschen aus ihrer Heimat geflohen sind;

C.  in der Erwägung, dass nach Aussage mehrerer Vertreter der Zivilgesellschaft in der Region die Gewalt mit kollektiven und verdächtigen Bewegungen von Menschen gleicher ethnischer Abstammung und Sprache, aber unbestimmter Herkunft, die die Besetzung und Zerstückelung des Landes zum Ziel haben, sowie mit der systematischen Plünderung von Gütern und natürlichen Ressourcen einhergeht;

D.  in der Erwägung, dass es offensichtlich an (legislativen und justiziellen) Stellen fehlt, die in der Lage sind, reibungslos in der Region zu funktionieren und die Probleme in Angriff zu nehmen, die seit Oktober 2014 zu erneuter Gewalt geführt haben;

E.  in der Erwägung, dass die hohen politischen Spannungen im Kongo darauf zurückzuführen sind, dass Präsident Kabila, der seit 2001 an der Macht ist, gemäß der Verfassung am 20. Dezember 2016 zurücktreten muss, er sich jedoch noch nicht zu einem Rücktritt bereit erklärt hat;

F.  in der Erwägung, dass – sollte Präsident Kabila versuchen, über die in der Verfassung vorgesehene Amtszeit hinweg an der Macht zu bleiben – es in der Republik Kongo zu noch heftigeren Gewaltausbrüchen als in Burundi kommen könnte, was zur Destabilisierung der gesamten Region der Großen Seen führen könnte;

G.  in der Erwägung, dass Präsident Kabila am 28. November 2015 als Vorbereitung auf die Wahlen 2016 einen inklusiven politischen Dialog auf einzelstaatlicher Ebene forderte;

H.  in der Erwägung, dass das Verfassungsgericht am 11. Mai 2016 entschied, dass Präsident Kabila nach Ablauf seiner zweiten Amtszeit am 20. Dezember 2016 im Amt bleiben könnte, wenn bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Wahlen stattgefunden haben; in der Erwägung, dass die größten Parteien der Opposition diese Entscheidung jedoch nicht akzeptieren;

I.  in der Erwägung, dass das MONUSCO-Mandat mit der am 30. März 2016 einstimmig verabschiedeten Resolution 2277 (2016) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen bis 31. März 2017 verlängert wurde;

1.  verurteilt die Massaker und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die nach wie vor im östlichen Kongo zu beobachten sind, aufs Schärfste; weist darauf hin, dass den kriminellen Aktivitäten aller bewaffneten Gruppen in den östlichen Regionen des Landes unbedingt und ohne Ausnahme ein Ende gesetzt werden muss;

2.  besteht darauf, dass diese Situation nicht verhindern sollte, dass Wahlen abgehalten werden, wie dies verfassungsmäßig geplant ist; ist der Ansicht, dass freie, transparente und faire Wahlen zur Beendigung der derzeitigen Krise im Kongo beitragen, eine umfassendere Kontrolle im Zusammenhang mit der Vergabe von Abbaulizenzen und der Zweckentfremdung der Einnahmen aus dem Bergbau ermöglichen und folglich die Menschenrechtslage in dem Land verbessern können;

3.  ist davon überzeugt, dass die Präsenz von bewaffneten Gruppen jeglicher Art im östlichen Kongo ein Hindernis für den Frieden in der Region darstellt, und bekundet seine ernsthafte Besorgnis über die zunehmende Rekrutierung für ethnische Selbstverteidigungsgruppen, auf die der Sonderbeauftragte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für die Demokratische Republik Kongo Anfang 2016 hinwies;

4.  fordert die Regierung der Demokratischen Republik Kongo auf, die Autorität des Staates und die Rechtsstaatlichkeit im von Unruhen erschütterten östlichen Kongo wiederaufzubauen und zu stärken, insbesondere in den Bereichen Regierungsführung und Sicherheit, um die Rückkehr vertriebener Einwohner und den Zugang für humanitäre Hilfe zu erleichtern; fordert die rasche und aktive Wiederaufnahme der Zusammenarbeit zwischen der Friedensmission MONUSCO und den Streitkräften der Demokratischen Republik Kongo (FARDC) auf der Grundlage des am 28. Januar 2016 in Kinshasa unterzeichneten Abkommens über militärische Zusammenarbeit, um im östlichen Teil des Landes und auch darüber hinaus Frieden und Sicherheit wiederherzustellen und zu konsolidieren;

5.  fordert die kongolesische Regierung mit Nachdruck auf, eine umfassende und transparente Untersuchung durchzuführen und die Beamten, die der Zusammenarbeit mit den Rebellen- und Milizengruppen und der Mittäterschaft an den im Osten des Landes verübten Massakern beschuldigt werden, sowie alle Personen, die gegen die Menschenrechte verstoßen haben, vor Gericht zu bringen, sofern der Menschenrechtsrat weiterhin mit der Angelegenheit befasst bleibt;

6.  fordert den Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs auf, auch die seit Oktober 2014 in Nord-Kivu verübten Gräueltaten zu untersuchen und die dafür am eindeutigsten verantwortlichen Personen strafrechtlich zu verfolgen sowie sicherzustellen, dass dabei auch gegen die Milizenführer und gegen die für Massaker, sexuelle Gewalt, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit Verantwortlichen vorgegangen wird;

7.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Kommission, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union sowie dem Präsidenten, dem Premierminister und dem Parlament der Demokratischen Republik Kongo und der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU zu übermitteln.