ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu der Lage der Journalisten in der Türkei
24.10.2016 - (2016/2935(RSP))
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Charles Tannock, Mark Demesmaeker, Angel Dzhambazki, Ruža Tomašić, Raffaele Fitto im Namen der ECR-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-1162/2016
B8-1167/2016
Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Lage der Journalisten in der Türkei
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine vorherigen Entschließungen zur Türkei, insbesondere jene vom 14. April 2016 zu dem Bericht 2015 über die Türkei[1] und jene vom 15. Januar 2015 zur Freiheit der Meinungsäußerung in der Türkei im Zusammenhang mit den aktuellen Festnahmen von Journalisten und führenden Medienvertretern und dem systematischen Druck auf die Medien[2],
– unter Hinweis auf den von der Kommission verfassten Bericht 2015 über die Türkei,
– unter Hinweis auf die vorherigen einschlägigen Schlussfolgerungen des Rates,
– unter Hinweis auf die einschlägigen Erklärungen der Vizepräsidentin und Hohen Vertreterin Federica Mogherini und des Kommissionsmitglieds Johannes Hahn,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Menschenrechtskommissars des Europarats vom 26. Juli 2016 zu den Maßnahmen, die in der Türkei unter Berufung auf den Ausnahmezustand ergriffen wurden;
– unter Hinweis auf den politischen Dialog auf hoher Ebene zwischen der EU und der Türkei vom 9. September 2016,
– unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), deren Vertragspartei die Türkei ist,
– unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR),
– gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich am 15. Juli 2016 in der Türkei ein Putschversuch ereignete; in der Erwägung, dass die Staatsorgane unmittelbar danach den Ausnahmezustand verhängt haben, der mit Wirkung vom 19. Oktober 2016 um weitere drei Monate verlängert wurde und in dessen Rahmen die Exekutive weitreichende Befugnisse erhalten hat, per Dekret zu regieren;
B. in der Erwägung, dass die Türkei eine förmliche Erklärung abgegeben hat, von der Europäischen Menschenrechtskonvention abzuweichen; in der Erwägung, dass von den Artikeln 2, 3, 4 Absatz 1 und 7 der EMRK nicht abgewichen werden darf;
C. in der Erwägung, dass die Einschüchterungen von Journalisten und Medieneinrichtungen innerhalb und außerhalb der Türkei in Form von Festnahmen, Verhören, strafrechtlicher Verfolgung, Zensur und Entlassungen im Laufe des vergangenen Jahres zugenommen haben und nach dem gescheiterten Putschversuch vom Juli 2016 und der anschließenden Verhängung des Ausnahmezustands weiter intensiviert wurden; in der Erwägung, dass die Türkei in der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ auf Platz 151 von 180 Staaten liegt;
D. in der Erwägung, dass durch die während des Ausnahmezustands erlassenen Dekrete die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt wird, und zwar beispielsweise dadurch, dass hochrangige Beamte befugt sind, beliebige Medieneinrichtungen zu schließen, dass die Regierung Ausgangssperren verhängen und Veranstaltungen, Kundgebungen und Versammlungen in der Öffentlichkeit untersagen darf und dass die Behörden befugt sind, die Reisepässe von Personen, gegen die ermittelt wird, und auch jene von deren Ehe- und Lebenspartnern für ungültig zu erklären oder einzuziehen;
E. in der Erwägung, dass in der Türkei Berichten zufolge im weltweiten Vergleich das Land mit der höchsten Anzahl inhaftierter Journalisten ist, von denen über die Hälfte im Laufe des Jahres 2016 verhaftet wurde, und in der Erwägung, dass viele dieser Journalisten auf der Grundlage der Gesetze über die Terrorismusbekämpfung angeklagt und verurteilt wurden;
F. in der Erwägung, dass die Türkei ein Bewerberland und ein wichtiger Partner der EU ist;
G. in der Erwägung, dass die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte, zu denen auch das Recht auf freie Meinungsäußerung gehört, das Kernstück der demokratischen Werte bilden, zu deren Wahrung sich die Türkei durch ihren Antrag auf EU-Mitgliedschaft und durch ihre Mitgliedschaft im Europarat offiziell verpflichtet hat;
1. stellt fest, dass die Türkei das Recht und die Pflicht hat, auf einen Putschversuch zu reagieren, betont jedoch, dass die Türkei nach Maßgabe ihrer Verfassung und der von ihr unterzeichneten internationalen Menschenrechtsübereinkommen nach wie vor zur Achtung der Menschenrechte verpflichtet ist;
2. verurteilt, dass nach dem gescheiterten Putschversuch die scharfen Maßnahmen gegen die Medienfreiheit intensiviert wurden; fordert die Regierung der Türkei auf, nicht weiter politischen und wirtschaftlichen Druck auf unabhängige Medien auszuüben; verurteilt, dass in immer größerem Ausmaß auf die Gesetze über die Terrorismusbekämpfung zurückgegriffen wird, um gegen Journalisten vorzugehen, die Berichterstattung über bestimmte Themen in Online-Medien und konventionellen Medien zu verbieten und Websites zu sperren; fordert die Staatsorgane auf, die inhaftierten Journalisten freizulassen und die geschlossenen Medieneinrichtungen wieder öffnen zu lassen;
3 weist erneut darauf hin, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung, vielfältige und unabhängige Medien und die Rechtsstaatlichkeit wesentliche Elemente einer demokratischen Gesellschaft sind; betont, dass die Türkei als Bewerberland bestrebt sein muss, die höchstmöglichen demokratischen Normen und Verfahren einzuhalten;
4. hebt hervor, dass die Türkei Mechanismen einführen muss, mit denen Vorkehrungen gegen Machtmissbrauch getroffen und die Gewaltenteilung und die Rechtsstaatlichkeit aufrechterhalten werden;
5. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Parlament der Republik Türkei zu übermitteln.
- [1] Angenommene Texte, P8_TA(2016)0133.
- [2] Angenommene Texte, P8_TA(2015)0014.