Entschließungsantrag - B8-1229/2016Entschließungsantrag
B8-1229/2016

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen

16.11.2016 - (2016/2966(RSP))

eingereicht im Anschluss an die Anfragen zur mündlichen Beantwortung B8-1805/2016 und B8-1806/2016
gemäß Artikel 128 Absatz 5 der Geschäftsordnung

Julie Girling, Daniel Dalton, Arne Gericke, Jussi Halla-aho, Marek Jurek, Monica Macovei, Branislav Škripek, Kazimierz Michał Ujazdowski, Anders Primdahl Vistisen, Jadwiga Wiśniewska, Jana Žitňanská, Angel Dzhambazki, Urszula Krupa im Namen der ECR-Fraktion

Verfahren : 2016/2966(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-1229/2016
Eingereichte Texte :
B8-1229/2016
Angenommene Texte :

B8-1229/2016

Entschließung des Europäischen Parlaments zum Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen

(2016/2966(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und Artikel 8 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  gestützt auf die Artikel 21, 23, 24 und 25 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die Bestimmungen der Rechtsinstrumente der Vereinten Nationen im Bereich der Menschenrechte, insbesondere der Frauenrechte, wie die Charta der Vereinten Nationen, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die Konvention zur Unterbindung des Menschenhandels und der Ausnutzung der Prostitution anderer, das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, das Abkommen aus dem Jahr 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und den Grundsatz der Nichtzurückweisung und das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen,

–  unter Hinweis auf Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe d des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, das am 18. Dezember 1979 mit der Resolution 34/180 der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurde,

_  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Februar 2014 mit Empfehlungen an die Kommission zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen[1],

–  unter Hinweis auf die Leitlinien der EU betreffend Gewalt gegen Frauen und Mädchen und die Bekämpfung aller Formen ihrer Diskriminierung,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte mit dem Titel „Gewalt gegen Frauen: eine EU-weite Erhebung“, der im März 2014 veröffentlicht wurde,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten[2],

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/99/EU über die Europäische Schutzanordnung[3] und auf die Verordnung (EU) Nr. 606/2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen[4],

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer[5] und auf die Richtlinie 2011/92/EU zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates[6],

–  unter Hinweis auf die Anfragen an den Rat und die Kommission betreffend den Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen (O-000121/2016 – B8-1805/2016 und O-000122/2016 – B8-1806/2016),

–  gestützt auf Artikel 128 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Gleichheit von Frauen und Männern ein zentraler Grundsatz der Europäischen Union ist, der in Artikel 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist;

B.  in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen in der EU nach wie vor weit verbreitet ist; in der Erwägung, dass im Bericht der Agentur für Grundrechte aus dem Jahr 2014 und in Studien zu Gewalt gegen Frauen davon ausgegangen wird, dass schätzungsweise einem Drittel aller Frauen in Europa mindestens einmal in ihrem Erwachsenenleben körperliche oder sexuelle Gewalt widerfahren ist, 20 % mit Gewalt im Internet konfrontiert sind, jede zwanzigste Frau vergewaltigt worden ist und über ein Zehntel aller Frauen sexuelle Gewalt erlebt haben;

C.  in der Erwägung, dass es nun Nachweise dafür gibt, dass eine beträchtliche Zahl an Männern Opfer von Gewalt sind, die von Frauen ausgeübt wird: aus Statistiken für England und Wales geht hervor, dass 2016 bisher 600 000 männliche Opfer Anzeige bei der Polizei wegen häuslicher Gewalt erstattet haben[7], und in Schottland sind in 20 % der gemeldeten Fälle von häuslicher Gewalt Männer die Opfer[8];

D.  in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen wie auch gegen Männer allzu oft als Privatangelegenheit abgetan und einfach so hingenommen wird; in der Erwägung, dass es sich hierbei in Wirklichkeit um eine Straftat handelt, die auch als solche bestraft werden muss;

E.  in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen und Männer nicht durch Einzelmaßnahmen beseitigt werden kann, sondern dass nur eine Kombination aus Maßnahmen in den Bereichen Infrastruktur, Recht, Justiz, Strafverfolgung, Kultur, Bildung, Sozialfürsorge, Gesundheitswesen und anderen Dienstleistungen das öffentliche Bewusstsein schärfen und die Gewalt und ihre Folgen spürbar reduzieren kann;

1.  weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 2 EUV und durch die Charta der Grundrechte dazu verpflichtet sind, die Gleichstellung der Geschlechter zu gewährleisten, zu schützen und zu fördern;

2.  verurteilt aufs Schärfste alle Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen; nimmt zur Kenntnis, dass Frauen unverhältnismäßig häufig von Gewalt und Missbrauch betroffen sind, ist jedoch besorgt darüber, dass Gewalttätigkeiten gegen Männer, die von der Ehefrau oder Partnerin verübt werden, von den männlichen Opfern nicht in jedem Fall zur Anzeige gebracht werden und von Polizei und Justiz nicht ausreichend beachtet werden;

3.  weist darauf hin, dass Gewalt gegen Frauen und Männer mit Macht und Kontrolle verknüpft ist und dass gewalttätiges Verhalten körperlichen Missbrauch, emotionalen Missbrauch, Isolation, Bedrohung, sexuellen Missbrauch, wirtschaftlichen Missbrauch, Einschüchterung, die manipulierende Verwendung von Kindern oder Haustieren und den Missbrauch einer privilegierten Position umfassen kann;

4.  stellt fest, dass die Folgen von geschlechtsbezogener Gewalt niederschmetternd sind: 60 % der Frauen nennen häusliche Gewalt als einen der Hauptgründe für ihre Obdachlosigkeit, bei Frauen, die von ihren Partnern körperlich oder sexuell missbraucht wurden, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie depressiv werden oder versuchen, Selbstmord zu begehen, nahezu doppelt so hoch, und im Fall von Schwangeren wirkt sich die häusliche Gewalt negativ auf die Gesundheit sowohl der Mutter als auch des Kindes aus;

5.  begrüßt die Studie zu Gewalt gegen Frauen – die erste ihrer Art –, die von der Agentur für Grundrechte 2014 durchgeführt wurde, und fordert die Agentur auf, eine Studie zur Verbreitung von Gewalt gegen Männer durchzuführen;

6.  weist darauf hin, dass am 25. November der Internationale Tag für die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen begangen wird; ist zutiefst besorgt über das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen in der EU; stellt fest, dass in Bezug auf die Häufigkeit, mit der gewalttätige Zwischenfälle zur Anzeige gebracht werden, in der EU große Unterschiede bestehen und in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedliche Einstellungen zu geschlechtsbezogener Gewalt vorherrschen; fordert die Mitgliedstaaten auf, gemeinsam vorzugehen und bewährte Verfahren und wirksame Methoden auszutauschen, um Gewalt vorzubeugen und Männer wie Frauen vor geschlechtsbezogener Gewalt zu schützen;

7.  stellt fest, dass alle 28 Mitgliedstaaten das Übereinkommen von Istanbul des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt unterzeichnet haben, was den politischen Willen der Mitgliedstaaten aufzeigt, Gewalt gegen Frauen ein Ende zu setzen; erkennt an, dass 14 Mitgliedstaaten das Übereinkommen ratifiziert haben; betont, dass es das souveräne Recht der Mitgliedstaaten ist, das Übereinkommen und seine Bestimmungen zu ratifizieren und umzusetzen;

8.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen der Mitgliedstaaten und der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zu übermitteln.