ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Italien nach den Erdbeben
22.11.2016 - (2016/2988(RSP))
gemäß Artikel 128 Absatz 5 der Geschäftsordnung
Matteo Salvini, Mara Bizzotto, Mario Borghezio, Angelo Ciocca, Lorenzo Fontana im Namen der ENF-Fraktion
B8-1284/2016
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Italien nach den Erdbeben
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Anfragen an die Kommission zur Lage in Italien nach den Erdbeben (O-000139/2016 – B8-1812/2016, O-000140/2016 – B8-1813/2016 und O‑000141/2016 – B8-1814/2016),
– gestützt auf Artikel 128 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Zentral-Apennin zwischen August und Oktober 2016 von drei schweren Erdstößen erschüttert wurde, bei denen 290 Menschen starben, 400 verletzt wurden und Zehntausende das Dach über dem Kopf verloren; ferner in der Erwägung, dass das letzte Beben – vom 30. Oktober – das schwerste in Italien seit 1980 (Irpinia) war;
B. in der Erwägung, dass in der betroffenen Region ein 130 Quadratkilometer großes Gebiet um bis zu 70 Zentimeter verschoben wurde, was zur massiven Zerstörung von Ortschaften Infrastruktur, geschichtlichem, künstlerischem und kulturellem Erbe von teilweise herausragender universeller Bedeutung sowie einem vollständigen Erliegen der Produktionstätigkeit und des Tourismus geführt hat;
C. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten, die einem Erdbeben-Risiko ausgesetzt sind, ständig gezwungen sind, erhebliche Beträge für Notfall-, Wiederaufbau- und Präventionsmaßnahmen auszugeben; ferner in der Erwägung, dass diese Mitgliedstaaten angesichts der von der Union auferlegten Haushaltsbeschränkungen im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten einen strukturellen Nachteil erleiden;
D.in der Erwägung, dass der Solidaritätsfonds der Europäischen Union nur für Rettungs- und Notfallmaßnahmen in Anspruch genommen werden kann;
E. in der Erwägung, dass in der Verordnung (EU) Nr. 651/2014[1] festgelegt ist, dass lediglich Entschädigungszahlungen für Sachschäden an Vermögenswerten wie Gebäuden, Ausrüstungen, Maschinen oder Lagerbeständen sowie für Einkommenseinbußen aufgrund einer vollständigen oder teilweisen Unterbrechung der Geschäftstätigkeit während eines Zeitraums von höchstens sechs Monaten nach der Naturkatastrophe nicht als staatliche Beihilfen angesehen werden und damit beihilfefähig sind; ferner in der Erwägung, dass diese Maßnahmen in keiner Weise ausreichen, da insbesondere Erdbeben Schäden verursachen, deren Folgen deutlich länger spürbar sind, etwa den vollständigen oder teilweisen Ausfall ortsansässiger Produktionstätigkeiten;
F. in der Erwägung, dass Italien zur Deckung der Kosten für den Wiederaufbau wahrscheinlich einen Antrag gemäß Artikel 30 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013[2] auf Änderung seiner staatlichen und regionalen operationellen Programme stellen muss, um mehr Mittel für das thematische Ziel 5 (Förderung der Anpassungen an den Klimawandel sowie der Risikoprävention und des Risikomanagements) zur Verfügung stellen zu können, was zu Lasten bereits geplanter struktureller Investitionen gehen wird;
G. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten mit angemessenen öffentlichen Investitionsplänen für Investitionen in Wiederaufbaumaßnahmen und Maßnahmen zur Prävention von Naturkatastrophen entscheidend dazu beitragen könnten, wieder stabile und dauerhafte hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen, womit sie auch einen Beitrag zum Erreichen der in Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union festgelegten Ziele der Vollbeschäftigung und des wirtschaftlichen Zusammenhalts leisten würden;
1. bekundet sein tiefes Beileid für die Opfer und sein Mitgefühl für alle von den Erdbeben betroffenen Bürger; zollt allen, die Hilfe organisiert oder direkt geleistet haben, Bewunderung für ihre Opferbereitschaft und harte Arbeit, insbesondere dem Katastrophenschutz und den freiwilligen Helfern, Ordnungskräften, Feuerwehrleuten und Bürgermeistern;
2. bedauert, dass es für die Mitgliedstaaten in Erbeben-Risikogebieten wegen der in den bestehenden EU-Rechtsvorschriften festgelegten Beschränkungen im Hinblick auf den Haushalt und staatliche Beihilfen praktisch unmöglich ist, angemessene Investitionspläne für Wiederaufbaumaßnahmen und Maßnahmen zur Prävention von Erdbeben auszuarbeiten sowie die betroffene Wirtschaft zu unterstützen, es sei denn sie kürzen Leistungen oder Mittel, die bereits für andere strukturelle Investitionen vorgesehen sind;
3. hält es für dringend und unbedingt erforderlich, dass a) die Investitionen der Mitgliedstaaten in Wiederaufbaumaßnahmen und Maßnahmen zur Prävention von Erdbeben in keinerlei Hinsicht den von der Union vorgegebenen Haushaltsbeschränkungen unterliegen; b) die von den Mitgliedstaaten gewährten Steuervergünstigungen für die von einer Naturkatastrophe betroffenen Menschen und Wirtschaftstätigkeiten in keiner Weise als staatliche Beihilfen angesehen werden und damit auf jeden Fall beihilfefähig sind; c) sich die europäischen Organe entschieden für den Schutz, die Förderung und die Entwicklung der wirtschaftlichen und touristischen Tätigkeiten in den von den Erdbeben betroffenen Gebieten einsetzen;
4. fordert die Kommission auf, dringend einen Vorschlag für eine entsprechende Änderung der entsprechenden EU-Rechtsvorschriften vorzulegen;
5. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- [1] Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1).
- [2] Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).