ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu der Delegierten Verordnung (EU) Nr. …/… der Kommission vom 1. Dezember 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate
8.2.2017 - (C(2016) 4362 – 2016/3017(DEA))
Sven Giegold im Namen der Verts/ALE-Fraktion
B8-0148/2017
Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Delegierten Verordnung (EU) Nr. …/… der Kommission vom 1. Dezember 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate
(C(2016) 4362 – 2016/3017(DEA))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Delegierte Verordnung (EU) Nr. .../... der Kommission vom 1. Dezember 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate (C(2016)4362),
– gestützt auf Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– gestützt auf die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU[1], insbesondere auf Artikel 57 Absätze 3 und 12,
– unter Hinweis auf Artikel 13 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission[2],
– unter Hinweis auf Ergebnis des G20-Gipfeltreffens am 24./25. September 2009 in Pittsburgh,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 28. Oktober 2009 mit dem Titel „Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“ (COM(2009)0591),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 2. Februar 2011 mit dem Titel „Grundstoffmärkte und Rohstoffe: Herausforderungen und Lösungsansätze“ (COM(2011)0025),
– unter Hinweis auf das Kommuniqué der Finanzminister und Notenbankpräsidenten der G20 vom 14./15. April 2011,
– unter Hinweis auf die Grundsätze der Internationalen Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden für die Regulierung und Beaufsichtigung der Märkte für Warenderivate vom 11. September 2011,
– unter Hinweis auf das Schreiben des Berichterstatters und des Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments vom 27. November 2015 an das Mitglied der Kommission Jonathan Hill,
– gestützt auf Artikel 105 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich die Staats- und Regierungschefs der G20 als Reaktion auf die Finanzkrise am 24./25. September 2009 in Pittsburgh getroffen haben und sich verpflichtet haben, die Regulierung, Funktionsweise und Transparenz von Finanz- und Warenmärkten zu verbessern, um gegen übermäßige Schwankungen von Warenpreisen vorzugehen;
B. in der Erwägung, dass in der Mitteilung der Kommission vom 28. Oktober 2009 mit dem Titel „Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“ festgestellt wurde, dass es in den vergangenen Jahren entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette zu erheblichen Preisfluktuationen gekommen ist, was nicht nur erhebliche Härten für die landwirtschaftlichen Erzeuger zur Folge hatte, sondern auch zu Lasten der Verbraucher ging, und deshalb empfohlen wurde, dass Regulierungsbehörden Positionslimits festlegen können, um unangemessen starken Preisbewegungen oder Konzentrationen spekulativer Positionen entgegenzuwirken, damit für ein wirksames Funktionieren dieser Märkte gesorgt werden kann;
C. in der Erwägung, dass in der Mitteilung der Kommission vom 2. Februar 2011 mit dem Titel „Grundstoffmärkte und Rohstoffe: Herausforderungen und Lösungsansätze“ gleichermaßen festgestellt wurde, dass es auf den Warenmärkten in den vergangenen Jahren zu einer verstärkten Volatilität und beispiellosen Preisschwankungen kam und diese starken Preisschwankungen die Verbraucherpreise beeinflusst und zeitweise zu sozialen Unruhen und Entbehrungen geführt haben; in der Erwägung, dass die Kommission daher empfohlen hat, den Bedarf an systematischeren und detaillierteren Informationen über Handelsaktivitäten von Marktteilnehmern verschiedener Art mit Warenderivaten sowie die umfassendere Überwachung der Warenderivate-Positionen durch Regulierungsbehörden zu prüfen, darunter auch die Notwendigkeit, erforderlichenfalls Obergrenzen für Positionen festzulegen;
D. in der Erwägung, dass im Kommuniqué der Finanzminister und Notenbankpräsidenten der G20 vom 15. April 2011 die Arbeit internationaler Organisationen zur Bekämpfung übermäßiger Preisvolatilität auf den Lebensmittel- und Agrarmärkten und ihrer Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit begrüßt wurde und die Internationale Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) aufgefordert wurde, Empfehlungen zur Regulierung und Aufsicht in diesem Bereich fertigzustellen, insbesondere, um auf Marktmissbrauch und ‑manipulation einzugehen, einschließlich der Befugnis, bei Bedarf Ex-ante-Positionslimits festzulegen;
E. in der Erwägung, dass eines der erklärten Hauptziele der Grundsätze der IOSCO für die Regulierung und Beaufsichtigung der Märkte für Warenderivate vom 11. September 2011 darin besteht, dass Märkte fair, effizient und transparent sein sollen, und dass dies dadurch erreicht werden soll, dass gefordert wird, dass Handelssysteme einer behördlichen Zulassung und einer ständigen Beaufsichtigung unterliegen, dass Regulierungsmaßnahmen konzipiert werden, um Manipulation und andere unlautere Handelspraktiken zu ermitteln und zu verhindern, und dass durch Regulierungsmaßnahmen der richtige Umgang mit großen Risikopositionen, Ausfallrisiken und Marktstörungen sichergestellt wird; in der Erwägung, dass die IOSCO daher empfohlen hat, dass die Marktaufsichtsbehörden über formelle Befugnisse zum Positionsmanagement, einschließlich der Befugnis zur Festlegung von Ex-ante-Positionslimits, verfügen und diese nutzen sollten;
F. in der Erwägung, dass mit der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Richtlinie 2002/92/EG und der Richtlinie 2011/61/EU (MiFID II) eine neue harmonisierte Regelung für Positionslimits für Derivatkontrakte in Bezug auf Waren eingeführt wird, was die Umsetzung der von den G20 2009 in Pittsburgh eingegangenen Verpflichtungen durch die EU darstellt;
G. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 57 der Richtlinie 2014/65/EU sicherstellen müssen, dass die zuständigen Behörden Positionslimits für die Größe der Nettopositionen festlegen und anwenden, die eine Person jederzeit in Warenderivaten, die an Handelsplätzen gehandelt werden, und in wirtschaftlich gleichwertigen OTC-Kontrakten halten darf, um Marktmissbrauch zu verhindern und zu geordneten Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen beizutragen, indem unter anderem marktverzerrende Positionen verhindert werden;
H. in der Erwägung, dass durch Artikel 57 Absatz 3 der Richtlinie 2014/65/EU der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) die Befugnis übertragen wird, Entwürfe technischer Regulierungsstandards zu erarbeiten, und der Kommission die Befugnis übertragen wird, solche Standards zu erlassen, um die Berechnungsmethodologie zu bestimmen, nach der die zuständigen Behörden die Positionslimits in Spot-Monaten und anderen Monaten für effektiv gelieferte und bar abgerechnete Warenderivate auf der Grundlage der Eigenschaften der entsprechenden Derivate festzulegen haben;
I. in der Erwägung, dass in der Delegierten Verordnung (EU) Nr. .../.. der Kommission vom 1. Dezember 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates die Methodologie für die Berechnung von Positionslimits festgelegt wird;
J. in der Erwägung, dass diese Methodologie einen Richtwert für das Positionslimit im Spot-Monat für ein Warenderivat von 25 % der lieferbaren Menge für dieses Warenderivat und für andere Monate ein Positionslimit von 25 % der offenen Kontraktpositionen für dieses Warenderivat festlegt und den zuständigen Behörden dann gestattet, die Positionslimits für den Spot-Monat und andere Monate für ein Warenderivat festzulegen, indem sie diesen Richtwert nehmen und anhand der potenziellen Auswirkungen bestimmter Faktoren nach unten auf bis zu 5 % oder nach oben auf bis zu 35 % anpassen;
K. in der Erwägung, dass die Methodologie eine Ausnahmeregelung für alle Derivatkontrakte enthält, deren zugrunde liegende Waren als für den menschlichen Verzehr bestimmte Nahrungsmittel anerkannt sind und deren offene Kontraktpositionen sich in einem Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Monaten im Spot-Monat und in anderen Monaten auf mehr als 50 000 Kontrakteinheiten belaufen; in der Erwägung, dass für diese Kontrakte ein Richtwert für die Positionslimits für den Spotmonat von 20 % vorgeschlagen wird; in der Erwägung, dass die zuständigen Behörden, die die spezifischen Limits festlegen, den Richtwert im Bereich zwischen 2,5 % und 35 % festlegen können;
L. in der Erwägung, dass im Vergleich zu der in den USA geltenden Regelung für Positionslimits, bei der 25 % die Obergrenze und nicht den Richtwert darstellen und die durchschnittlichen Positionslimits 10–15 % betragen, die vorgeschlagene Methodologie für EU-Positionslimits sehr tolerant ist; in der Erwägung, dass die tatsächlichen Limits, die derzeit von Handelsplätzen in den USA angewandt werden, deutlich niedriger und normalerweise zum Großteil im Bereich 5 % bis 15 % liegen;
M. in der Erwägung, dass für die empfindlichsten und besonders liquiden Lebensmittelkontrakte ein Richtwert von 20 % nicht den erklärten Zielen der Richtlinie 2014/65/EU entspricht, Marktmissbrauch zu verhindern und zu geordneten Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen beizutragen, und die EU damit die von den Staats- und Regierungschefs der G20 2009 eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt;
N. in der Erwägung, dass das Verhandlungsteam des Parlaments in seinem Schreiben vom 27. November 2015 gefordert hat, dass die Regelung eine klare Botschaft an die nationalen zuständigen Behörden sendet, dass sie geringe Positionslimits festlegen sollten, wann immer die Liquidität dies zulässt;
O. in der Erwägung, dass der endgültige Richtwert und der Gesamtbereich für andere Kontrakte, die als liquide eingestuft werden (5 % bis 35 %), bereits in dem Schreiben vom 27. November als zu weit gefasst angesehen wurde, wobei zu berücksichtigen ist, dass eine noch flexiblere Sonderregelung für als illiquide eingestufte Kontrakte vorgesehen ist (5 % bis 40 %) und dass auch die Definition eines „illiquiden“ Kontrakts möglicherweise zu weit gefasst ist;
P. in der Erwägung, dass das Verhandlungsteam des Parlaments im gleichen Schreiben gefordert hat, die lieferbare Menge als die Grundlage für die Limits der Nicht-Spot-Monate zu verwenden; in der Erwägung, dass in dem Schreiben betont wurde, dass die auf Kontraktpositionen basierenden Limits deutlich geringer sein sollten, falls die ESMA und die Kommission einem auf offenen Kontraktpositionen basierenden Ansatz folgen sollten;
Q. in der Erwägung, dass der delegierte Rechtsakt in der verabschiedeten Form eine vage Empfehlung an die zuständigen Behörden enthält, die Positionslimits „abzusenken“ oder „anzuheben“, wenn die Gesamtheit der offenen Positionen „bedeutend größer“ oder „bedeutend niedriger“ als die lieferbare Menge ist; in der Erwägung, dass durch den delegierten Rechtsakt in der verabschiedeten Form die Limits für Spot-Monate verwässert werden, indem die Definition für lieferbare Menge so bestimmt wird, dass „auch Waren anderer Qualitätsstufen oder Arten darunter fallen“;
R. in der Erwägung, dass das Verhandlungsteam des Parlaments in dem oben genannten Schreiben gefordert hat, dass Kontrakte mit eng korrelierten wirtschaftlichen Ergebnissen auf das gleiche Positionslimit angerechnet werden; in der Erwägung, dass dieser Forderung in dem delegierten Rechtsakt in der verabschiedeten Form nicht Rechnung getragen wird und dass insbesondere die überarbeitete Definition für wirtschaftlich gleichwertige OTC-Kontrakte und die Definition für „dasselbe Warenderivat“ weiterhin übermäßig restriktiv sind, wodurch Möglichkeiten für eine leichte Umgehung der Positionslimits mithilfe eher marginaler Änderungen an den Kontraktspezifikationen des Warenderivats geschaffen werden;
S. in der Erwägung, dass Volatilität entgegen der ausdrücklichen Forderung des Verhandlungsteams des Parlaments für die Festsetzung von Positionslimits nicht als Faktor aufgenommen wurde, der gleichberechtigt mit anderen einschlägigen Faktoren zu berücksichtigen ist; in der Erwägung, dass die Kommission stattdessen vorschlägt, dass Aufsichtsbehörden bei übermäßiger Volatilität eine potenzielle Korrektur des Limits in Erwägung ziehen sollten, wenn eine weitere Anpassung des Limits (nach oben oder unten) zu einer Reduzierung dieser übermäßigen Volatilität führen könnte;
T. in der Erwägung, dass das Parlament einräumt, dass auf einige dieser Bedenken eingegangen wurde, allerdings nicht in so ausreichendem Maße, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Delegierte Verordnung die ehrgeizigen Ziele der ursprünglichen Rechtsvorschriften erfüllt;
U. in der Erwägung, dass es der Kommission möglich sein sollte, zusätzliche Änderungen am Entwurf der Delegierten Verordnung vorzunehmen, um die im Schreiben des Parlaments dargelegten Bedenken auszuräumen, ohne dass es bei der allgemeinen Umsetzung der Richtlinie 2014/65/EU, die am 3. Januar 2018 in Kraft treten soll, zu Verzögerungen zu kommen braucht; in der Erwägung, dass das Parlament, wenn die Kommission solche Änderungen vornehmen sollte, ohne auf seine Kontrollfunktion zu verzichten, die Möglichkeit in Erwägung ziehen würde, das Billigungsverfahren für einen geänderten Text zu beschleunigen;
1. erhebt Einwände gegen die Delegierte Verordnung der Kommission;
2. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission zu übermitteln und sie darauf hinzuweisen, dass die Delegierte Verordnung nicht in Kraft treten kann;
3. fordert die Kommission auf, einen neuen delegierten Rechtsakt vorzulegen, in dem die genannten Bedenken berücksichtigt werden;
4. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.