ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu Syrien
15.5.2017 - (2017/2654(RSP))
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Javier Couso Permuy, Eleonora Forenza, Takis Hadjigeorgiou, Neoklis Sylikiotis, Marisa Matias, Paloma López Bermejo, Ángela Vallina im Namen der GUE/NGL-Fraktion
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zur Lage in Syrien und zur IS/Da‘esh-Offensive und insbesondere auf seine Entschließungen vom 11. Juni 2015 zu Syrien: die Lage in Palmyra und der Fall Mazen Darwisch[1], vom 30. April 2015 zur Situation des Flüchtlingslagers Jarmuk in Syrien[2] und vom 12. Februar 2015 zu der humanitären Krise im Irak und in Syrien, insbesondere vor dem Hintergrund der Aktivitäten des IS[3],
– unter Hinweis auf die einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,
– unter Hinweis auf die Genfer Flüchtlingskonventionen,
– unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat mit dem Titel „Elemente einer EU-Strategie für Syrien“[4],
– unter Hinweis auf den für die Wirtschafts- und Sozialkommission für der Vereinten Nationen ausgearbeiteten Bericht über die humanitären Auswirkungen einseitiger restriktiver Maßnahmen in Bezug auf Syrien vom 16. Mai 2016,
– gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich der Krieg in Syrien inzwischen in seinem sechsten Jahr befindet und zu einer der schwersten humanitären Krisen in der Welt seit dem Zweiten Weltkrieg geführt hat; in der Erwägung, dass Zivilisten nach wie vor die primären Opfer des Konflikts sind; in der Erwägung, dass über 13,5 Millionen Menschen in Syrien, also beinahe drei Viertel der verbleibenden Bevölkerung, dringend Soforthilfe wie ärztliche Hilfe, Nahrungsmittelhilfe, Wasser und Unterkünfte benötigen; in der Erwägung, dass es in Syrien 6,3 Millionen Binnenvertriebene gibt und 4,7 Millionen Menschen in schwer zu erreichenden und belagerten Gebieten wohnen; in der Erwägung, dass dieser blutige Krieg das Ergebnis der Instrumentalisierung des Konflikts durch ausländische Regional- und Weltmächte ist;
B. in der Erwägung, dass über 11 Millionen Menschen aus ihrer Heimat in Syrien in die Nachbarländer geflohen sind;
C. in der Erwägung, dass der IS/Da‘esh und andere dschihadistische Gruppierungen grausame Gräueltaten begangen haben, darunter brutale Hinrichtungen, entsetzliche sexuelle Gewalt, Entführungen, Folter, Zwangskonvertierungen und die Versklavung von Frauen und Mädchen; in der Erwägung, dass Kinder für Terroranschläge rekrutiert und eingesetzt wurden; in der Erwägung, dass große Sorge über das Wohlbefinden der Menschen besteht, die in derzeit vom IS/Da‘esh kontrollierten Gebieten leben und im Rahmen der Befreiungsfeldzüge möglicherweise als menschliche Schutzschilde eingesetzt werden; in der Erwägung, dass diese Verbrechen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen können;
D. in der Erwägung, dass schwerwiegende Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht von allen Seiten begangen worden sind; in der Erwägung, dass terroristische Vereinigungen das Vorsorgeprinzip und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht achten; in der Erwägung, dass zivile Bereiche, Schulen, Krankenhäuser, humanitäres Hilfspersonal und Flüchtlingslager gezielt angegriffen wurden, Handlungen, die als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht ungestraft bleiben sollten;
E. in der Erwägung, dass gemäß dem Genfer Kommuniqué und den Resolutionen des VN-Sicherheitsrats alle Parteien erneut daran erinnert werden müssen, dass der Konflikt in Syrien durch einen von Syrien geführten politischen Prozess gelöst werden muss, der zu einem Friedensabkommen führt, der den Bestrebungen des syrischen Volkes gerecht wird;
F. in der Erwägung, dass jeder politische Prozess, der die Syrienkrise beenden und einen tragfähigen Frieden erreichen soll, im Rahmen einer Wahrheitskommission stattfinden muss, die Wissen, Vermeidung von Straflosigkeit, Gerechtigkeit und Vergebung garantiert, wie es anderswo bei der Beilegung von Konflikten mit erfreulichen Ergebnissen geschehen ist;
G. in der Erwägung, dass am 11. April 2017 das türkische Verteidigungsministerium die Fertigstellung der ersten Phase einer 911 km langen Mauer zur Abriegelung der syrischen Grenze bekannt gab, zu der, wenn sie fertiggestellt ist, 67 sogenannte Verteidigungstürme gehören werden; in der Erwägung, dass Schüsse türkischer Grenzschutzbeamter auf Syrer, die versuchten, die türkisch-syrische Grenze zu überqueren, dokumentiert worden sind und durch sie nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte bis Ende 2016 mindestens 165 syrische Staatsbürger ums Leben gekommen sind;
H. in der Erwägung, dass die drei Länder, die die meisten syrischen Flüchtlinge aufgenommen haben, die Türkei (2 973 980), Libanon (1 011 366) und Jordanien (659 246) sind;
I. in der Erwägung, dass zwischen April 2011 und Oktober 2016 von Syrern in Europa 884 461 Anträge auf internationalen Schutz gestellt wurden; in der Erwägung, dass mehrere Mitgliedstaaten syrischen und anderen Flüchtlingen immer noch das Asylrecht verweigern und gegen die grundlegende Politik und gegen Grundwerte der Europäischen Union verstoßen;
J. in der Erwägung, dass das syrische Volk schon vor Ausbruch des Krieges unter zunehmender Armut litt, weil Maßnahmen zur Anwendung gelangten, die der IWF und die Weltbank der syrischen Regierung als Voraussetzungen für Kredite auferlegt hatten, die zur Bekämpfung einer Wirtschaftskrise benötigt wurden, die unter anderem durch eine Reihe von Dürreperioden verursacht wurde, die die syrische Landwirtschaft vernichtet hatten;
K. in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten dazu beitragen, dass verbrecherische und gefährliche Geschäft des Menschenschmuggels am Leben zu halten, indem sie Zäune errichten und die Außengrenzen der Union zunehmend gegenüber Migranten und Flüchtlingen abriegeln, ohne Möglichkeiten für einen sicheren und legalen Zugang zur EU zu bieten; in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten es folglich versäumen, auf die Flüchtlingskrise in ihrer Nachbarschaft angemessen zu reagieren; in der Erwägung, dass das Migrationsabkommen zwischen der EU und der Türkei angesichts der systematischen Verletzung der Menschenrechte durch die Türkei gegen die Genfer Konvention verstößt;
L. in der Erwägung, dass die sogenannten Wirtschaftssanktionen gegen Syrien, die einseitig von den USA und der EU verhängt wurden, die kompliziertesten und am weitesten reichenden Sanktionsregelungen sind, die jemals verhängt wurden; in der Erwägung, dass diese Sanktionen katastrophale Folgen für die Zivilbevölkerung nach sich ziehen und die humanitäre Hilfe behindern; in der Erwägung, dass in dem von der Schweizerischen Agentur für Entwicklung und Zusammenarbeit (SDC) für die Wirtschafts- und Sozialkommission für Westasien der Vereinten Nationen ausgearbeiteten Bericht über die humanitären Auswirkungen einseitiger restriktiver Maßnahmen in Bezug auf Syrien von 2016 eine Überprüfung dieser Sanktionsmaßnahmen gefordert wird;
M. in der Erwägung, dass sich der Konflikt in Syrien infolge der Einmischung regionaler und weltweiter ausländischer Machtinteressen weiter verschlimmert; in der Erwägung, dass durch den Krieg ein Flickenteppich getrennter und im Wettbewerb zueinander stehender Gebiete entsteht, die von verschiedenen bewaffneten Gruppierungen beherrscht werden, worin terroristische Vereinigungen wie der IS/Da‘esh gedeihen können; in der Erwägung, dass die USA, die Türkei und weitere Staaten Syrien völkerrechtswidrig bombardiert haben;
1. lehnt den Gedanken, dass auf der Grundlage militärischer Handlungen eine langfristige Lösung des Konflikts in Syrien gefunden werden kann, vorbehaltlos ab; fordert die Beteiligten dringend auf, ihre Entschlossenheit, eine politische Lösung zu finden und in den Genfer Gesprächen, bei denen die Vereinten Nationen Gastgeber sind, voranzukommen, zu erneuern; befürwortet nachdrücklich den friedlichen politischen Dialog und betont, dass es eines von Syrien geführten Prozesses bedarf, der den rechtmäßigen Bestrebungen und dem Willen aller Teile des syrischen Volkes gerecht wird;
2. unterstützt nachdrücklich die territoriale Integrität Syriens und das Recht des syrischen Volkes, über seine Zukunft ohne ausländische Einmischung zu bestimmen; bedauert zutiefst den erneuten Stillstand im politischen Prozess nach dem Chemiewaffenangriff und dem völkerrechtswidrigen einseitigen Militärschlag der USA; fordert daher eine unabhängige und unparteiische Untersuchung dessen, was vorgefallen ist; beharrt auf der Beendigung aller rechtswidrigen ausländischen Interventionen in Syrien; lehnt jegliche einseitige militärische Intervention, die ohne VN-Mandat und unter Verstoß gegen das Völkerrecht erfolgt, ab;
3. fordert dringend ein Ende der Kämpfe; begrüßt die Ergebnisse der Syrien-Konferenz von Astana; begrüßt die Vereinbarung über eine Waffenruhe, die zwischen der Regierung Syriens und der bewaffneten Opposition erreicht wurde, ist jedoch in Sorge darüber, dass die Waffenruhe brüchig bleibt und die Kämpfe andauern; ruft die Gewährträger der Waffenruhe von Astana – Russland, die Türkei und Iran – dazu auf, ihren Einfluss auf die Konfliktparteien auszuüben, um die Glaubwürdigkeit der Waffenruhe wiederherzustellen;
4. nimmt das am 4. Mai 2017 unterzeichnete Memorandum zur Einrichtung von Deeskalationszonen in vier Regionen Syriens zur Kenntnis, mit dem militärische Einsätze verboten und humanitäre Hilfe, die Wiederherstellung von Infrastruktur und wesentlichen Versorgungseinrichtungen und die Rückkehr von Flüchtlingen ermöglicht werden; bedauert zutiefst, dass einige Teilnehmer der Konferenz von Astana die Ergebnisse kurz nach Unterzeichnung der Vereinbarungen infrage stellten; fordert alle Parteien auf, die Vereinbarungen von Astana umzusetzen, und weist darauf hin, dass jegliche Anstrengung, mit der die Gewalt wirklich deeskaliert und der ungehinderte Zugang für humanitäre Hilfe sichergestellt werden kann und die Voraussetzungen für eine glaubwürdige politische Lösung des Konflikts geschaffen werden können, nachdrücklich unterstützt werden sollte;
5. ist besorgt darüber, dass mehrere Friedensgespräche unter Führung der Vereinten Nationen nacheinander nicht zu einer Vereinbarung geführt haben, den Krieg zu beenden; unterstützt die Bemühungen der Teilnehmer der Konferenz von Astana, dem politischen Prozess zum Durchstarten zu verhelfen; fordert Russland und die USA als ständige Mitglieder des VN-Sicherheitsrats auf, an Bemühungen, die Lage zu stabilisieren, mitzuwirken;
6. hebt hervor, dass der Konflikt durch den Waffenhandel und Waffenlieferungen verschärft worden ist; verurteilt nachdrücklich den Beitrag, den mehrere Interventionen des Westens in den letzten Jahren zur Radikalisierung von Einzelpersonen geleistet haben, insbesondere im Nahen Osten und in Ländern der südlichen Nachbarschaft; betont, dass eine solche Politik den Terrorismus nicht bekämpft, sondern fördert und deshalb aufgegeben werden sollte; fordert, dass im regionalen Rahmen der EU ein Waffenembargo beschlossen wird, um zu verhindern, dass weitere europäische Waffen in die Hände von Terroristen gelangen;
7. verurteilt nachdrücklich die direkte oder indirekte Unterstützung (in Form von Finanzierungen, Waffen, Ausbildung usw.), die die USA, die EU, die Türkei und die Monarchien der Golfregion für terroristische Vereinigungen geleistet haben; fordert insbesondere die USA, die Mitgliedstaaten der EU und die regionalen Akteure, insbesondere Saudi-Arabien und die Türkei, auf, die Finanzierung von Milizen einzustellen und insbesondere damit aufzuhören, Öl zu kaufen, das aus vom IS/Da‘esh kontrollierten Gebieten durch die Türkei befördert wird, was in dem Sicherheitsrat unterbreiteten Berichten dokumentiert worden ist; ist der Überzeugung, dass Mechanismen benötigt werden, durch die die Finanzierung des Terrorismus aus „Offshore“-Quellen, an der Staaten und Finanzinstitute beteiligt sind, unterbunden wird, und dass dem Waffenschmuggel und dem Ankauf und Verkauf von Energieressourcen und Rohstoffen, von denen terroristische Gruppen profitieren, ein Ende gesetzt werden muss;
8. verurteilt die ständigen Verletzungen der syrischen Souveränität – insbesondere durch das israelische Regime, die mit der Besetzung der Golanhöhen dauerhaft geworden sind – und verurteilt die völkerrechtswidrige einseitige Bombardierung syrischen Hoheitsgebiets;
9. nimmt den Fortschritt zur Kenntnis, der 2016 bei der Rückeroberung von Gebieten Syriens vom IS/Da‘esh und der Al-Nusra-Front (ANF) erzielt wurde, ist jedoch sehr besorgt darüber, dass Gebiete unter deren Kontrolle geblieben sind, und über die nachteiligen Auswirkungen ihrer Anwesenheit, ihrer gewaltsamen extremistischen Ideologie und ihrer Taten, die die Stabilität in Syrien und in der Region beeinträchtigen und auch verheerende humanitäre Folgen für die Zivilbevölkerung nach sich ziehen;
10. ist in großer Sorge über die Militärschläge der Türkei gegen von kurdischen Streitkräften kontrollierte Gebiete in Syrien; fordert die Türkei nachdrücklich auf, damit aufzuhören, die gewaltsamen Angriffe gegen die kurdische Bevölkerung in der Türkei auf von Kurden bewohnte Gebiete in Syrien und Irak zu übertragen; verurteilt die Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung durch die Türkei und deren Einmischung in den syrischen Krieg sowie die Unterstützung, die die Türkei für terroristische Vereinigungen leistet, indem sie nicht tätig wird, um ihre durchlässigen Grenzen zu schließen;
11. betont, dass die Verletzung des humanitären Völkerrechts – wie etwa Angriffe gegen Zivilisten und zivile Infrastruktur und die Behinderung des Zugangs humanitärer Helfer zur hilfsbedürftigen syrischen Bevölkerung durch extremistische Gruppen – nicht hinnehmbar ist; bekräftigt, dass Terrorismus nur ausgerottet werden kann, indem seine Wurzeln bekämpft werden, d. h. Armut, Ausbeutung und die Unfähigkeit der Gesellschaft, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen; ist der Überzeugung, dass die uneingeschränkte Achtung der Unabhängigkeit, Souveränität und territorialen Integrität von Staaten wie Syrien sowie die Achtung der multikulturellen Beschaffenheit ihrer Gesellschaften das einzige Mittel darstellen, um der Ausbreitung terroristischer Ideologie zu entgehen;
12. ist schockiert über den Einsatz chemischer Waffen im Krieg in Syrien und verurteilt ihn nachdrücklich; begrüßt den Beginn von Untersuchungen des Vorfalls im Süden von Idlib vom 4. April 2017 durch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW);
13. lehnt die Luftangriffe der USA auf Syrien entschieden ab; bedauert nachdrücklich die Unterstützung dieses einseitigen Vorgehens eines ständigen Mitglieds des VN-Sicherheitsrats, die die Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und manche Mitgliedstaaten bekundet haben; fordert alle Akteure auf, sich jeglicher Handlung, die zu einer Eskalation der Gewalt beiträgt, zu enthalten;
14. verurteilt nachdrücklich alle gegen die Zivilbevölkerung Syriens begangenen Verbrechen, die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen können; ist in Sorge über die Nutzung menschlicher Schutzschilde in städtischen Gebieten durch den IS/Da‘esh;
15. fordert alle Konfliktparteien auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Zivilbevölkerung in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu schützen, auch indem sie von gezielten Angriffen auf zivile Einrichtungen wie medizinische Zentren, Schulen und das Wasserversorgungsnetz absehen, derartige Einrichtungen unverzüglich entmilitarisieren, möglichst keine militärischen Stellungen in dicht besiedelten Gebieten einrichten und die Evakuierung von Verletzten und allen Zivilpersonen erlauben, die belagerte Gebiete verlassen wollen; unterstreicht, dass in allen Jahren des Konflikts terroristische Angriffe hauptsächlich auf die Zivilbevölkerung und zivile Einrichtungen gerichtet waren und dass terroristische Handlungen zur Unterbrechung der Wasserversorgung Kriegsverbrechen darstellen;
16. nimmt mit großer Sorge zur Kenntnis, dass die Straflosigkeit in Syrien zu weit verbreiteten Menschenrechtsverstößen und ‑verletzungen sowie Verletzungen des humanitären Völkerrechts beiträgt; betont, dass die Straflosigkeit dieser Verletzungen und Verstöße beendet werden muss, und weist diesbezüglich darauf hin, dass diese Frage im Rahmen eines Wahrheitsforums angesprochen werden muss, an dem alle Konfliktparteien mit Ausnahme von den Vereinten Nationen verurteilter terroristischer Vereinigungen beteiligt sind;
17. verurteilt die Behinderung bei der Bereitstellung von humanitärer Hilfe; fordert alle Beteiligten auf, dafür zu sorgen, dass humanitäre Hilfe ausnahmslos alle hilfsbedürftigen Menschen in ganz Syrien erreicht; bekräftigt seinen Aufruf an alle Konfliktparteien, die humanitäre Hilfe unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen und der syrischen Regierung abzustimmen;
18. ist in großer Sorge angesichts der Politisierung der humanitären Hilfe und fordert alle Geber und Konfliktparteien auf, bei der Bereitstellung humanitärer Hilfe die Grundsätze der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit zu wahren;
19. ist in großer Sorge über die Lage der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen, die vor der Gewalt in Syrien fliehen; begrüßt die Anstrengungen der Nachbarländer, syrische Flüchtlinge aufzunehmen, und erkennt die sozioökonomischen Folgen der Anwesenheit von Flüchtlingen in hoher Zahl in diesen Ländern an; stellt fest, dass in Verbindung mit der humanitären Hilfe für die Nachbarländer Syriens ein zunehmender Bedarf an Finanzmitteln und eine dauerhafte Finanzierungslücke besteht; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusagen einzuhalten und den Vereinten Nationen die dringend benötigte Unterstützung zu leisten, indem sie den Millionen vertriebener Syrer sowohl im Land als auch in den Aufnahmeländern und ‑gemeinschaften humanitäre Hilfe leisten;
20. fordert weitere Staaten außerhalb der Region, insbesondere die Mitgliedstaaten, dazu auf, ähnliche Maßnahmen und Strategien zu erwägen, um syrischen Flüchtlingen Schutz und humanitäre Hilfe zu bieten;
21. verurteilt die faktische Verweigerung des internationalen Schutzes für in die Europäische Union einreisende Syrer durch das Inkrafttreten eines Abkommens zwischen der EU und der Türkei, durch das nach dem Grundsatz, dass die Türkei ein „sicherer Drittstaat“ sei, einer Prämisse, die das Parlament ablehnt, „alle neuen irregulären Migranten, die ab dem 20. März 2016 von der Türkei auf die griechischen Inseln gelangen, [...] in die Türkei rückgeführt“ werden; erinnert daran, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten eine Verantwortung für Flüchtlinge und Einwanderer tragen, die vor Krieg, Chaos, wirtschaftlicher Not, Hunger und Tod fliehen und die Leidtragende der weltweiten neoliberalen Wirtschaftspolitik sind;
22. verurteilt den auf Griechenland von der Kommission und dem Europäischen Rat ausgeübten Druck, die Türkei als sicheren Drittstaat anzuerkennen, auch durch das Schreiben von Matthias Ruete vom 5. Mai 2016 an die griechische Regierung;
23. fordert die Botschaften und Konsulate der EU auf, unverzüglich humanitäre Visa für Asylsuchende aus Syrien auszustellen, und fordert die Durchsetzung der internationalen Verpflichtungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Migration, insbesondere durch Neuansiedlungsprogramme auf EU-Ebene; fordert die uneingeschränkte Mitwirkung aller an solchen Programmen teilnehmenden Mitgliedstaaten; betont, dass im Zusammenhang eines inklusiven und glaubwürdigen Dialogs das syrische Volk bestimmen sollte, welcher Prozess und welche Mechanismen geeignet sind, Gerechtigkeit, Versöhnung, Wahrheit und Rechenschaft für schwerwiegende Verletzungen und Verstöße gegen das Völkerrecht sowie Reparationen und wirksame Abhilfe für die Opfer zu erreichen;
24. bedauert angesichts der katastrophalen Folgen einseitiger restriktiver Maßnahmen für die Zivilbevölkerung und der Auswirkung solcher Maßnahmen auf die Behinderung humanitärer Hilfe, dass die neues Strategie für Syrien eine Aufhebung dieser Sanktionen erst verspricht, wenn ein politischer Übergang im Gange ist; fordert den Rat auf, alle „Wirtschaftssanktionen“ gegen Syrien, die nachweislich hauptsächlich die Zivilbevölkerung treffen, sofort zu beenden;
25. fordert die EU auf, mit allen Konfliktparteien in einen Dialog zu treten und nur terroristische Vereinigungen davon auszuschließen; ist besorgt über die einseitige Bewertung des Konflikts durch die EU; unterstreicht, dass es eines Dialogs mit allen Teilen der syrischen Gesellschaft ohne jede Ausnahme bedarf, um den Krieg zu beenden und eine politische Lösung des Konflikts zu finden; erinnert die Organe der EU daran, dass eine Weigerung, mit einer Partei in einem Konflikt in einen Dialog zu treten, mit der Aufgabe, in dem Konflikt zu vermitteln, unvereinbar ist;
26. begrüßt die Bereitschaft der EU, aktiv um Wiederaufbau Syriens beizutragen; begrüßt auch, dass der Schwerpunkt der Strategie für Syrien auf Vorbereitungen für die Planung für die Zeit nach dem Konflikt liegt, und die Absicht, schwerpunktmäßig beim Wiederaufbau, der Schaffung von Arbeitsplätzen und Unternehmenschancen, der Bildung, der psychosozialen Unterstützung für syrische Kinder und Jugendliche und der Förderung des gleichen Zugangs zur Bildung für Mädchen liegt; fordert die Kommission auf, das Parlament eng in die strategische Planung dieser Maßnahmen einzubeziehen;
27. lehnt den jüngsten Vorschlag des EAD und der Kommission ab, wonach bei Bemühungen um gesamtwirtschaftliche Stabilisierung in Syrien in einem Szenario für die Zeit nach dem Konflikt der IWF und die Weltbank die Führung übernehmen sollen; lehnt jegliche Art der Einbeziehung des IWF oder der Weltbank in den Prozess des Wiederaufbaus und der wirtschaftlichen Erholung Syriens ab; unterstreicht, dass es dem syrischen Volk zusteht, darüber zu entscheiden, wie das Land wieder aufgebaut werden soll und mit wem es zusammenarbeitet;
28. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Präsidenten des Europäischen Rates, dem Präsidenten der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Präsidenten der Parlamente der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament der Arabischen Republik Syrien, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der Union für den Mittelmeerraum und der Liga der Arabischen Staaten zu übermitteln.
- [1] Angenommene Texte, P8_TA(2015)0229.
- [2] Angenommene Texte, P8_TA(2015)0187.
- [3] Angenommene Texte, P8_TA(2015)0040.
- [4] JOIN(2017)11.