ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur EU-Strategie für Syrien
15.5.2017 - (2017/2654(RSP))
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Cristian Dan Preda, Arnaud Danjean, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Elmar Brok, Sandra Kalniete, David McAllister, Michael Gahler, Eduard Kukan, Tokia Saïfi, Tunne Kelam, Lorenzo Cesa, Dubravka Šuica, Bogdan Andrzej Zdrojewski im Namen der PPE-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-0331/2017
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Syrien,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,
– unter Hinweis auf die Genfer Konventionen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle,
– unter Hinweis auf das Schlusskommuniqué der Aktionsgruppe für Syrien („Genfer Kommuniqué“) vom 30. Juni 2012,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zu Syrien vom 15. Dezember 2016,
– unter Hinweis auf die Gemeinsame Mitteilung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Kommission vom 14. März 2017 unter dem Titel „Elemente einer EU-Strategie für Syrien“,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu Syrien vom 17. Oktober 2016 und zu einer EU-Strategie für Syrien vom 3. April 2017,
– unter Hinweis auf die Erklärung der beiden Vorsitze vom 5. April 2017 zur Konferenz zum Thema „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“,
– unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) vom 30. Dezember 2016 zur Ankündigung der Einstellung der Feindseligkeiten in Syrien und vom 23. März 2017 zu Syrien und auf die Erklärungen der HR/VP im Namen der EU vom 9. Dezember 2016 zur Lage in Aleppo, vom 6. April 2017 zum mutmaßlichen Chemiewaffenangriff auf die syrische Provinz Idlib und vom 7. April 2017 zum Angriff der Vereinigten Staaten auf Syrien,
– unter Hinweis auf die Berichte der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für die Arabische Republik Syrien,
– unter Hinweis auf die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen 2118 (2013), 2139 (2014), 2165 (2014), 2191 (2014), 2199 (2015), 2254 (2015), 2258 (2015) und 2268 (2016),
– gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass das Ziel der EU-Strategie für Syrien darin besteht festzulegen, wie die EU im Rahmen der bestehenden im Rahmen der Vereinten Nationen abgestimmten Rahmenvereinbarungen stärker zu einer dauerhaften politischen Lösung in Syrien und zum Aufbau von Stabilität beitragen und den Wiederaufbau nach einer Einigung unterstützen kann, sobald ein glaubwürdiger politischer Übergang auf den Weg gebracht ist;
B. in der Erwägung, dass die EU-Strategie für Syrien eine überarbeitete Fassung der EU-Regionalstrategie für Syrien und Irak sowie zur Bewältigung der Bedrohung durch Da‘esh darstellt, die zuletzt vom Rat am 23. Mai 2016 überprüft und aktualisiert wurde;
C. in der Erwägung, dass seit dem Ausbruch des Kriegs 2011 die EU zusammen mit ihren Mitgliedstaaten über 9,4 Mrd. EUR als Reaktion auf die Syrien-Krise innerhalb Syriens und in der Region mobilisiert hat, womit sie zum größten Geber geworden ist;
D. in der Erwägung, dass am 5. April 2017 die HR/VP, der Nothilfekoordinator und Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten der Vereinten Nationen und die Außenminister Deutschlands, Kuwaits, Norwegens, Katars und des Vereinigten Königreichs die Konferenz zum Thema „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“ in Brüssel leiteten;
E. in der Erwägung, dass nach sechs Jahren Krieg 13,5 Millionen Syrer auf humanitäre Hilfe in Syrien angewiesen sind, darunter 6,3 Millionen Binnenvertriebene; in der Erwägung, dass 4,7 Millionen Syrer in schwer zugänglichen und belagerten Gebieten leben und fast 5 Millionen syrischen Flüchtlingen von ihren Nachbarn und der größeren Region Unterschlupf gewährt wird;
F. in der Erwägung, dass fast tägliche Verletzungen des humanitären Kriegsvölkerrechts wie etwa die fortgesetzten gezielten Angriffe gegen die zivile Infrastruktur einschließlich Wasserversorgungssysteme, medizinische Einrichtungen und Schulen zu einem schwerwiegenden Mangel an wesentlichen Versorgungsdiensten geführt haben;
G. in der Erwägung, dass am 4. April 2017 ein Angriff auf die Stadt Chan Schaichun im Süden des Gouvernements Idlib gemeldet wurde, bei dem viele Opfer Symptome einer Gasvergiftung aufwiesen; in der Erwägung, dass die Vereinigten Staaten der EU mitgeteilt haben, dass sie aufgrund ihrer Einschätzung, dass das syrische Regime Chemiewaffen eingesetzt habe, in der Absicht, die Verbreitung und den Einsatz von Chemiewaffen zu verhindern und davon abzuschrecken, den Luftwaffenstützpunkt Scha‘irat in Syrien angegriffen hätten;
H. in der Erwägung, dass Russland am 12. April 2017 eine Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen abgelehnt hat, mit der der mutmaßliche Einsatz von Chemiewaffen in Syrien verurteilt und die syrische Regierung zur Zusammenarbeit im Rahmen einer Untersuchung des Vorfalls aufgefordert worden wäre;
I. in der Erwägung, dass am 15. April 2017 etwa 5000 Evakuierte auf dem Weg von den belagerten Städten Fu‘a und Kafraja zu den von der Regierung kontrollierten Gebieten in Raschidin im Westen Aleppos (Syrien) angegriffen wurden; in der Erwägung, dass dabei Dutzende Personen, darunter auch Kinder, getötet und zahlreiche mehr verletzt wurden;
J. in der Erwägung, dass der IS/Da‘esh den Einwohnern in der Provinz Raqqa damit Angst einjagt, dass das Schreckgespenst eines Einsturzes der Tabqa-Staumauer heraufbeschworen wird; in der Erwägung, dass am 28. März 2017 Streifen des IS/Da‘esh mit Megafonen Städte und Gemeinden westlich der Stadt Raqqa besuchten und der Bevölkerung meldeten, die Staumauer werde infolge der Bombardierungen durch die weltweite Koalition gegen den IS/Da‘esh „fast sicher“ einstürzen;
K. in der Erwägung, dass im Rahmen der vierten Runde der innersyrischen Gespräche, die im Februar 2017 in Genf stattfand, vier Themenblöcke für künftige Verhandlungen (Regierung, Verfassung, Wahlen sowie Terrorismusbekämpfung) festgelegt wurden; in der Erwägung, dass die fünfte Runde der innersyrischen Gespräche in Genf am 31. März 2017 abgeschlossen wurde;
1. begrüßt die EU-Strategie für Syrien einschließlich der strategischen Ziele der EU für Syrien und der Ziele der EU für Syrien; unterstreicht, dass die Fortsetzung des Krieges in Syrien entweder zur Spaltung des Landes entlang konfessioneller Grenzlinien, die den gewalttätigen Extremismus und Terrorismus weiter anheizen könnte, oder zur Verhängung militärischer Kontrolle über das ganze Land durch das Regime führen könnte;
2. ist überzeugt, dass eine Beendigung des Krieges nur durch einen politischen Übergangsprozess möglich ist, der von den Konfliktparteien mit Unterstützung des Sondergesandten des Generalsekretärs für Syrien und wichtiger internationaler und regionaler Akteure ausgehandelt wird; unterstreicht die unmittelbare Unterstützung der EU für die von den Vereinten Nationen vermittelten Unterredungen, durch die die politischen Verhandlungen zur Beendigung des Krieges vorankommen und die Parameter eines Übergangs-Regierungsorgans gemäß der Resolution 2254 des Sicherheitsrates und dem Genfer Kommuniqué festgelegt werden könnten;
3. unterstreicht, dass die EU ihre Unterstützung für einen starken „Ansatz für ganz Syrien“ als den besten Weg, um Einschränkungen der Zugänglichkeit zu bewältigen und den Not leidenden Bevölkerungen von allen Hilfsstützpunkten aus Unterstützung zu leisten, aufrechterhalten wird;
4. betont, dass die EU im Rahmen des „Ansatzes für ganz Syrien“ weiterhin im ganzen Land Resilienzförderung bereitstellen wird; stellt fest, dass diese Unterstützung darauf abzielt, das Humankapital Syriens und die Bereitstellung von Diensten aufrechtzuerhalten und die Mittel bereitzustellen, damit Menschen in Würde in ihren Häusern bleiben können bzw. Binnenvertriebene Grundversorgungsleistungen erhalten, womit die Migrationsströme verringert würden;
5. nimmt zur Kenntnis, dass die Teilnehmer der Konferenz zum Thema „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“ die anhaltende Großzügigkeit der benachbarten Aufnahmestaaten und ihrer Gemeinden bei der Bereitstellung von Unterschlupf für Millionen Vertriebene anerkannt haben; betont, dass die Teilnehmer 5,6 Mrd. EUR für 2017 zugesagt und für den Zeitraum 2018–2020 mehrjährige Zusagen in Höhe von 3,47 Mrd. EUR gemacht haben; unterstreicht, dass zusätzlich einige internationale Finanzinstitutionen und Geber etwa 27,9 Mrd. EUR an Darlehen angekündigt haben;
6. verurteilt aufs Schärfste die fortgesetzten systematischen, weit verbreiteten und gravierenden Menschenrechtsverletzungen und Verstöße aller Parteien, insbesondere des syrischen Regimes, gegen das humanitäre Völkerrecht; fordert eine vollständige Einstellung der Feindseligkeiten, die Aufhebung der Belagerungen und uneingeschränkten, ungehinderten, tragfähigen und landesweiten Zugang für humanitäre Hilfe;
7. betont, dass es sich bei dem als Methode der Kriegsführung eingesetzten Aushungern von Zivilpersonen durch Belagerung besiedelter Gebiete sowie der Zwangsumsiedlung von Bevölkerungsgruppen um Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit handeln kann;
8. verurteilt nachdrücklich den Angriff im Gebiet um Chan Schaichun; unterstützt die Erkundungsmission der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW), in deren Rahmen zurzeit Informationen aus allen verfügbaren Quellen über den mutmaßlichen Einsatz von Chemiewaffen erhoben und analysiert werden; stellt fest, dass am 13. April 2017 der Generaldirektor der OVCW dem Exekutivrat die sofortigen Schritte mitgeteilt hat, die von Experten des technischen Sekretariats der OVCW unternommen wurden, um die verfügbaren Informationen und ihre erste Einschätzung, dass der Vorwurf glaubwürdig sei, zu analysieren; bedauert die Entscheidung Russlands, die Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen abzulehnen;
9. bekräftigt seine Forderung, dass diejenigen, die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben, zur Verantwortung gezogen werden und die Konsequenzen tragen müssen; betont, dass Personen, die Verbrechen gegen religiöse, ethnische oder andere Gruppen und Minderheiten begehen, ebenfalls vor Gericht gestellt werden sollten; ist nach wie vor davon überzeugt, dass es keine wirksame Lösung des Konflikts und keinen tragfähigen Frieden in Syrien geben kann, wenn die für die Verbrechen Verantwortlichen nicht zur Verantwortung gezogen werden;
10. fordert von allen Parteien, das Recht ethnischer und religiöser Minderheiten in Syrien – einschließlich Christen – zu achten, weiterhin in Würde, Gleichheit und Sicherheit in ihrer historischen und angestammten Heimat zu leben und uneingeschränkt und ungehindert und ohne jeden Zwang, Anwendung von Gewalt oder Diskriminierung ihre Religion auszuüben und ihrer Weltanschauung anzuhängen; unterstützt den interreligiösen Dialog, um das gegenseitige Verständnis zu fördern und dem Fundamentalismus entgegenzuwirken;
11. unterstützt die Bemühungen der weltweiten Koalition gegen den IS/Da‘esh; stellt fest, dass der IS/Da‘esh dadurch, dass er gegenüber Einwohnern des Gouvernements Raqqa Panikmache betreibt, hofft, Druck auf die Koalition auszuüben, damit sie ihren Luftfeldzug gegen die Gruppe entschärft; unterstreicht, dass der IS/Da‘esh nach wie vor die meisten seiner Einnahmen durch Zwangsstrafen und Steuern erzielt, die er bei seinen Bewohnern eintreibt;
12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Sonderbeauftragten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Syrien, den Mitgliedern der Internationalen Unterstützungsgruppe für Syrien sowie allen am Konflikt beteiligten Parteien zu übermitteln.