Entschließungsantrag - B8-0144/2018Entschließungsantrag
B8-0144/2018

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Syrien

12.3.2018 - (2018/2626(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Marietje Schaake, Beatriz Becerra Basterrechea, Izaskun Bilbao Barandica, Gérard Deprez, Marian Harkin, Ivan Jakovčić, Ilhan Kyuchyuk, Louis Michel, Urmas Paet, Maite Pagazaurtundúa Ruiz, Jozo Radoš, Frédérique Ries, Pavel Telička, Ivo Vajgl, Hilde Vautmans, Cecilia Wikström im Namen der ALDE-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-0139/2018

Verfahren : 2018/2626(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-0144/2018
Eingereichte Texte :
B8-0144/2018
Aussprachen :
Angenommene Texte :

B8-0144/2018

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Syrien

(2018/2626(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Syrien, insbesondere die Entschließung vom 18. Mai 2017 zur EU-Strategie für Syrien[1],

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  unter Hinweis auf die Genfer Konvention von 1949,

  unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HV), insbesondere die Erklärung vom 23. Februar 2018 zu dem Massaker in Ost-Ghuta und ihre Bemerkungen bei der Ankunft auf der Tagung des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 26. Februar 2018,

–  unter Hinweis auf die gemeinsamen Erklärungen der VP/HR Mogherini und von Kommissionsmitglied Stylianides vom 20. Februar 2018 zur humanitären Lage in Ost-Ghuta und Idlib in Syrien sowie vom 6. März 2018 zur Lage in Ost-Ghuta und in anderen Gebieten Syriens,

–  unter Hinweis auf den Beschluss 2011/273/GASP des Rates vom 9. Mai 2011 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien[2] und die Schlussfolgerungen des Rates vom 26. Februar 2018 zur Aufnahme zweier weiterer Minister in die Sanktionsliste,

  unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat vom 14. März 2017 mit dem Titel „Elemente einer EU-Strategie für Syrien“ (JOIN(2017)0011) und die Schlussfolgerungen des Rates vom 3. April 2017 zu Syrien, die zusammen die neue EU-Strategie für Syrien bilden,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der beiden Vorsitze vom 5. April 2017 zu der Konferenz zum Thema „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Seid Ra‘ad al-Hussein, vom 31. März 2017 vor dem Menschenrechtsrat in Genf zur Lage in Syrien, insbesondere die Erklärungen vom 26. Februar 2018 und 2. März 2018, und auf seine mündlichen Ausführungen über die aktuellen Tätigkeiten seines Amtes und die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Menschenrechte vom 7. März 2018,

–  unter Hinweis auf die einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, insbesondere die Resolution 2401(2018) zur 30-tägigen Einstellung der Kampfhandlungen in Syrien zur Bereitstellung humanitärer Hilfe,

–  unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrats der VN vom 5. März 2018 zur Verschlechterung der Menschenrechtslage in Ost-Ghuta,

–  unter Hinweis auf die Resolution A-71/248 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 21. Dezember 2016 zur Einrichtung eines internationalen, unparteiischen und unabhängigen Mechanismus zur Unterstützung der Ermittlungen gegen die Verantwortlichen für die seit März 2011 in der Arabischen Republik Syrien begangenen schwersten völkerrechtlichen Verbrechen und ihrer strafrechtlichen Verfolgung,

–  unter Hinweis auf das Römische Statut und die Gründungsdokumente des Internationalen Strafgerichtshofs und auf Ad-hoc-Gerichte wie den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, den Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda und den Sondergerichtshof für Libanon,

–  gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

 

A.  in der Erwägung, dass es sich bei der Lage in Syrien um eine außerordentliche humanitäre Katastrophe handelt, die sich angesichts fortgesetzter Gewaltanwendung und Angriffe weiter zuspitzt; in der Erwägung, dass von 13 Millionen Menschen bekannt ist, dass sie auf eine Form der humanitären Hilfe angewiesen sind, und sich darunter 6 Millionen Kinder befinden; in der Erwägung, dass 6,1 Millionen Menschen Binnenvertriebene sind und in den Nachbarländern mehr als 5 Millionen syrische Flüchtlinge registriert sind; in der Erwägung, dass während des Konflikts bereits insgesamt 400 000 syrische Bürger ums Leben gekommen sind;

B.  in der Erwägung, dass 3 Millionen Zivilisten in belagerten Gebieten leben (wobei die meisten zivilen Opfer 2017 in Raqqa und Deir ez-Zor zu beklagen waren); in der Erwägung, dass in Nordostsyrien medizinische und zivile Infrastrukturen angegriffen werden, sodass bereits 300 000 Zivilisten nach Idlib fliehen mussten;

C.  in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten seit Ausbruch des Krieges mehr als 10,4 Mrd. EUR mobilisiert haben, um in der syrischen Krise sowohl innerhalb des Landes, als auch jenseits seiner Grenzen, in benachbarten Regionen, Hilfe zu leisten, und die EU somit der wichtigste Geber ist; in der Erwägung, dass die EU auch den Nachbarstaaten, die Flüchtlinge aufnehmen, wesentliche Unterstützung und Anerkennung zukommen lassen hat;

D.  in der Erwägung, dass die Kampfhandlungen in Syrien andauern und die Bombardierungen und Militäroffensiven des syrischen Regimes gegen das eigene Volk in Ost-Ghuta und Idlib mit der Unterstützung Russlands und des Iran fortgesetzt werden und Dutzende Zivilisten das Leben kosten; in der Erwägung, dass die humanitäre Lage in Syrien und insbesondere in Ost-Ghuta wiederholt größte Besorgnis erregt hat, da sich die Zustände in den letzten Wochen stark zugespitzt haben und Hilfskonvois angegriffen werden, sodass die Hilfe die darauf angewiesene Bevölkerung nicht erreicht; in der Erwägung, dass die Präsenz terroristischer Gruppen wie der Jabhat an-Nusra (die Al-Qaida angehört) und anderer terroristischer Vereinigungen in Ost-Ghuta allgemein bekannt und gut dokumentiert ist; in der Erwägung, dass die Angriffe und das bewusste Aushungern der Zivilbevölkerung durch Belagerung bewohnter Gebiete als Kriegstaktik eindeutig Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht darstellen;

E.  in der Erwägung, dass viele der belagerten Gebiete zuvor als sichere Gebiete für Zwangsvertriebene und Flüchtlinge aus anderen Teilen Syriens galten;

F.  in der Erwägung, dass zu den vom Assad-Regime und seinen Verbündeten sowie von terroristischen Gruppen während des Syrien-Konflikts begangenen Verstößen unter anderem gezielte und willkürliche Angriffe sowie Chemiewaffenangriffe auf die Zivilbevölkerung, außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und Misshandlung, Verschleppungen, willkürliche Massenverhaftungen, Kollektivstrafen, Angriffe auf medizinisches Personal sowie Entzug von Nahrung, Wasser und medizinischer Hilfe gehören;

G.  in der Erwägung, dass Zehntausende Menschen vertrieben wurden und sich die humanitäre Lage rapide verschlechtert hat, seit die Türkei am 20. Januar 2018 gegen die kurdischen Streitkräfte der YPG und der YPJ im kurdischen Gebiet Afrin im Nordwesten der Provinz Aleppo die Operation „Olivenzweig“ begonnen hat; in der Erwägung, dass Menschenrechtsgruppen vom türkischen Militär und von der türkischen Luftwaffe verübte Kriegsverbrechen und schwere Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der Genfer Konventionen dokumentiert haben; in der Erwägung, dass Tausende Zivilisten Zielscheibe wahlloser Luftangriffe sind und türkische Truppen und verbündete bewaffnete islamistische syrische Verbände Berichten zufolge nichtkonventionelle Waffen einsetzen;

H.  in der Erwägung, dass der IS/Da‘esh und andere dschihadistische Bewegungen grausame Gräueltaten und schwere Verstöße gegen das Völkerrecht begangen haben, darunter brutale Hinrichtungen und sexuelle Gewalt, Entführungen, Folter, Zwangskonvertierungen und die Versklavung von Frauen und Mädchen; in der Erwägung, dass Kinder für Terroranschläge rekrutiert und eingesetzt werden; in der Erwägung, dass äußerst Besorgnis erregend ist, dass Zivilisten in Gebieten unter der Kontrolle von Extremisten als menschlicher Schutzschild missbraucht werden; in der Erwägung, dass diese Verbrechen als Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord zu werten sind;

I.  in der Erwägung, dass es dem VN-Sicherheitsrat mit der Resolution 2401 schließlich gelungen ist, eine Resolution zur Lage in Syrien zu verabschieden, in der die unverzügliche Einstellung der Kampfhandlungen für einen Monat gefordert wird, damit dringend benötigte humanitäre Hilfe ans Ziel gelangen kann sowie Kranke, Verletzte und Verwundete evakuiert werden können; in der Erwägung, dass Russland in den letzten Jahren gegen 11 Resolutionen des VN-Sicherheitsrats ein Veto eingelegt und aktiv darauf hingewirkt hat, die Resolutionen inhaltlich zu beschneiden;

J.  in der Erwägung, dass der in der Resolution 2401 des VN-Sicherheitsrats geforderte Waffenstillstand in Ost-Ghuta trotz wiederholter Aufforderungen durch den Präsidenten des Sicherheitsrats, andere Mitglieder des VN-Sicherheitsrats, den VN-Generalsekretär und andere internationale Akteure einschließlich der EU vom syrischen Regime und den russischen und iranischen Streitkräften bisher nicht umgesetzt wurde; in der Erwägung, dass die Armee bei gleichzeitigen Angriffen aus dem Osten der Enklave an mehreren Fronten vorgerückt ist und Dörfer und Höfe unter ihre Kontrolle gebracht hat; in der Erwägung, dass der Armee die „Befreiung“ der Region als Vorwand für Angriffe auf Zivilisten dient;

K.  in der Erwägung, dass Ost-Ghuta vom syrischen Regime und seinen Verbündeten seit fünf Jahren belagert wird, wobei die Zivilbevölkerung Bombenangriffen aus der Luft, Artilleriebeschuss und dem Einsatz von Chemiewaffen ausgesetzt ist und Berichten zufolge Hunderte in dem Gebiet durch Giftgas ums Leben gekommen sind; in der Erwägung, dass es zuletzt am 14. Februar 2018 einem einzigen Konvoi gelungen ist, allein 7 200 der 400 000 in dem Gebiet lebenden Menschen zu erreichen, und dass die Menschen in Ost-Ghuta seitdem durch die Blockade von jeglicher Hilfe abgeschnitten sind; in der Erwägung, dass die Unterstützung für humanitäre Hilfe inzwischen mehr denn je zur Priorität geworden ist und in diesem Rahmen als magerer Erfolg zu werten ist, dass es einem Hilfskonvoi der VN am 5. März schließlich gelang, Duma zu erreichen, um 27 500 Menschen mit dringend benötigten Nahrungsmitteln und medizinischen Hilfsgütern zu versorgen;

L.  in der Erwägung, dass diese Hilfe bei Weitem nicht alle erreicht, die in Ghuta Hilfe benötigen, da die Bevölkerung größtenteils in unterirdischen Schutzräumen lebt und kaum oder gar keinen Zugang zu Grundbedarfsgütern, Wasser und Sanitäranlagen hat; in der Erwägung, dass das Assad-Regime und seine Verbündeten die Lieferung und Verwaltung der von den VN, der EU, nichtstaatlichen Organisationen und lokalen Akteuren in ganz Syrien bereitgestellten lebenswichtigen medizinischen Hilfsgüter, Nahrungsmittel und Güter der humanitären Hilfe nach wie vor aktiv behindern;

M.  in der Erwägung, dass weitere Berichte über die Lage in Ost-Ghuta darauf schließen lassen, dass in den letzten Wochen auf Krankenhäuser, Schulen und Märkte – also vor allem von unschuldigen Zivilisten frequentierte Orte – fortwährend gezielte Luftangriffe verübt wurden; in der Erwägung, dass das Team des Sondergesandten festgestellt hat, dass zwischen dem 18. und dem 22. Februar 2018 insgesamt 14 Krankenhäuser, 3 Polikliniken und 2 Krankenwagen angegriffen wurden; in der Erwägung, dass nur wenige Tage später, am 25. Februar, berichtet wurde, dass in Schifunija mehrere Zivilisten, auch Kinder, die mit Giftstoffen in Kontakt gekommen waren, unter Atemnot litten; in der Erwägung, dass beim VN-Sicherheitsrat für den 20. März ein interaktiver Dialog mit dem Generaldirektor der Organisation für das Verbot chemischer Waffen und der VN-Untergeneralsekretärin Izumi Nakamitsu anberaumt ist;

N.  in der Erwägung, dass das Assad-Regime auf die Taktik der Zwangsumsiedlung zurückgreift, um die konfessionelle Zusammensetzung von Städten, Ortschaften und Regionen zu verändern und einen demografischen Wandel herbeizuführen; in der Erwägung, dass diese Taktik in Städten wie Darajja und Mu’addamijat asch-Scham in der Nähe von Damaskus und im Stadtteil Al-Wa’ir in der Stadt Homs genutzt wurde;

O.  in der Erwägung, dass die EU aufgrund der wachsenden Zahl von Menschenrechtsverletzungen in Syrien am 26. Februar 2018 mit dem Informationsminister und dem Industrieminister zwei weitere Minister in die Sanktionsliste aufgenommen hat; in der Erwägung, dass der in der Sanktionsliste der EU geführte Chef des syrischen Nachrichtendienstes, Ali Mamluk, Berichten zufolge in Rom den Innenminister Italiens und den Direktor der italienischen Agentur für Informationen und externe Sicherheit getroffen hat, was einen eklatanten Verstoß gegen den Beschluss 2011/273/GASP des Rates darstellt;

P.  in der Erwägung, dass das Vereinigte Königreich im April 2017 im Rahmen der G7 vorgeschlagen hat, nach dem tödlichen Giftgasangriff in Chan Schaichun weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen; in der Erwägung, dass Italien ein Veto gegen den Vorschlag eingelegt hat;

Q.  in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft sowie die Staaten dazu verpflichtet sind, diejenigen, die für während des Syrien-Konflikts verübte Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte verantwortlich sind, zur Verantwortung zu ziehen, und zwar auch nach dem Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit und nach dem einzelstaatlichen Recht; in der Erwägung, dass das entweder im Rahmen bestehender nationaler und internationaler Rechtsmittel, auch vor einzelstaatlichen Gerichten und internationalen Gerichtshöfen, oder vor internationalen Ad-hoc-Strafgerichtshöfen geschehen kann, die noch einzurichten sind; in der Erwägung, dass nicht nur die Täter strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können, sondern dass unter bestimmten Bedingungen auch Staaten für Verletzungen der nach den internationalen Verträgen und Abkommen geltenden Verpflichtungen belangt werden können, die in die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs fallen, darunter das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984 und die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948;

R.  in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft der demokratischen und säkularen Opposition nicht genügend zur Seite gestanden ist; in der Erwägung, dass die demokratische und säkulare Opposition in der gegenwärtigen Situation geschwächt ist und die Zivilbevölkerung zwischen dschihadistischen Terroristen und islamischen Fundamentalisten auf der einen und den Unterstützern des Assad-Regimes auf der anderen Seite gefangen ist;

S.  in der Erwägung, dass die EU wiederholt erklärt hat, dass es für den Syrien-Konflikt keine militärische Lösung gibt und dem unerträglichen Leid der syrischen Bevölkerung nur durch einen von Syrien geführten, inklusiven Übergangsprozess unter der Führung der VN ein Ende gesetzt werden kann; in der Erwägung, dass der Krieg in Syrien in der Praxis von Militäroperationen bestimmt wird, was dazu geführt hat, dass die Konditionen vor Ort von externen Akteuren wie Russland, dem Iran und der Türkei diktiert werden; in der Erwägung, dass die Genfer Verhandlungen auch nach der neunten Verhandlungsrunde in Wien vom 25./26. Januar 2018 keine konkreten Fortschritte in Bezug auf eine friedliche Lösung der Krise in Syrien bewirkt haben; in der Erwägung, dass Russland, der Iran und die Türkei am 4. Mai 2017 in Kasachstan die Einrichtung von vier Schutzzonen vereinbart haben, dass diese Schutzzonen aber von den Garantiegebern nicht geachtet und geschützt werden; in der Erwägung, dass der Syrische Kongress des Nationalen Dialogs vom 30. Januar 2018 in Sotschi die Einrichtung eines Verfassungsausschusses angekündigt hat, diesem Vorhaben allerdings nicht alle Parteien zugestimmt haben;

T.  in der Erwägung, dass die zweite Ministerkonferenz zu dem Thema „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“ unter dem gemeinsamen Vorsitz der VP/HR und der Vereinten Nationen am 24. und 25. April in Brüssel stattfinden wird; in der Erwägung, dass die Konferenz wie bereits im vergangenen Jahr darauf ausgerichtet sein wird, dass das Augenmerk der internationalen Gemeinschaft weiter auf Syrien gerichtet bleibt und auf alle mit der Krise in dem Land und in der Region (Libanon, Jordanien und Türkei) verbundenen wichtigen Fragen (humanitäre, finanzielle und politische) eingegangen wird; in der Erwägung, dass die Unterstützung und das Engagement der internationalen Gemeinschaft nach wie vor die Voraussetzung dafür sind, dass Syrien und der Region eine friedliche Zukunft ermöglicht werden kann;

U.  in der Erwägung, dass die Bemühungen der EU, humanitäre Hilfe bereitzustellen und Vorbereitungen für die Zukunft Syriens zu treffen, Anerkennung verdienen; in der Erwägung, dass die EU den Wiederaufbau eines von Assad und seinen Verbündeten, Russland und Iran, geführten Syriens jedoch keinesfalls bedingungslos unterstützen sollte; in der Erwägung, dass Assad, dem Russland Putins und dem Iran nicht gestattet werden darf, sich der Verantwortung für die wirtschaftlichen Folgen ihrer Militärinterventionen zu entziehen; in der Erwägung, dass Wiederaufbauverpflichtungen dem Frieden und der Einforderung von Rechenschaft dienen müssen;

V.  in der Erwägung, dass der Wiederaufbau Syriens von der Basis ausgehen und lokalen Akteuren die Verantwortung übertragen werden sollte, sodass bekannte terroristische Gruppen ausgeschlossen werden;

1.  bedauert zutiefst die sich dramatisch verschlechternde Lage in Syrien, die direkte Folge der andauernden Offensive und der Einsätze des syrischen Regimes und seiner Verbündeten, Russland und Iran, ist und bereits mehr als 400 000 Todesopfer gefordert sowie dazu geführt hat, dass 6,1 Millionen Menschen in Syrien vertrieben wurden und 5 Millionen aus Syrien geflohen sind; ist über die Spirale der Gewalt in vielen Teilen des Landes, beispielsweise in Ost-Ghuta, Afrin und Idlib, zutiefst besorgt;

2.  verurteilt aufs Schärfste, dass die Gewalt in Ost-Ghuta trotz einstimmiger Verabschiedung der Resolution 2401 durch den VN-Sicherheitsrat andauert, und fordert alle Parteien, insbesondere das Assad-Regime, Russland und den Iran, nachdrücklich auf, diese Resolution uneingeschränkt und umgehend umzusetzen und zu achten; erinnert die Regimes Syriens, Russlands und des Iran daran, dass sie für die in Syrien verübten abscheulichen Verbrechen nach dem Völkerrecht die Verantwortung tragen und dass jeder, der derartige Verbrechen begeht, unabhängig davon, ob es sich um Staaten oder Einzeltäter handelt, schließlich zur Verantwortung gezogen werden; bedauert, dass Russland gegen alle Resolutionen des VN-Sicherheitsrats, in denen die Angriffe verurteilt und entsprechende Untersuchungen gefordert werden, ein Veto einlegt;

3.  begrüßt, dass es einem VN-Hilfskonvoi am 5. März 2018 zum ersten Mal seit vier Monaten gelungen ist, Duma in Ost-Ghuta zu erreichen; hebt jedoch hervor, dass eine so sporadische und eingeschränkte Hilfe nicht ausreicht; fordert das syrische Regime und seine Verbündeten auf, der Gewalt in Ost-Ghuta und anderen Gebieten Syriens sofort ein Ende zu setzen und die Belagerung aufzugeben sowie die vorsätzlich exzessiven, unverhältnismäßigen und wahllosen Bombardierungen und Chemiewaffenangriffe auf die Zivilbevölkerung, einschließlich Kinder, auf Konvois mit Evakuierten, humanitären Helfern und medizinischem Personal sowie auf zivile Infrastrukturen wie Schulen und Krankenhäuser einzustellen;

4.  unterstützt uneingeschränkt die in der Resolution 2401 des VN-Sicherheitsrats formulierte, an alle Konfliktparteien gerichtete Forderung, die Kampfhandlungen unverzüglich für mindestens 30 aufeinanderfolgende Tage einzustellen; fordert alle Parteien, insbesondere die syrische Regierung, erneut auf, ihrer Verantwortung für den Schutz der syrischen Bevölkerung nachzukommen und alle gegen die Zivilbevölkerung Syriens gerichteten Angriffe unverzüglich einzustellen; fordert die Garantiegeber des Waffenstillstands in den Schutzzonen auf, ihrer Verantwortung für die Einstellung der Gewalt und der verübten Verbrechen Folge zu leisten und zu diesen Gebieten ungehinderten Zugang zu gewähren und zu garantieren;

5.  verurteilt erneut auf das Schärfste die in dem Konflikt verübten Gräueltaten und weit verbreiteten Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht sowie insbesondere die von den Streitkräften des Assad-Regimes unter anderem mit der Unterstützung seiner Verbündeten, Russland und Iran,tr sowie von der Türkei und von nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen, insbesondere IS/Da‘esh und Jabhat Fateh asch-Scham, begangenen Vergehen; unterstreicht seinen Standpunkt, dass jeder, der für Verletzungen des humanitären Völkerrecht und der Menschenrechte verantwortlich ist, zur Rechenschaft gezogen werden muss; bekräftigt, dass Täter nach dem Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit von nationalen Gerichten für schwere Verstöße gegen das Völkerrecht belangt werden können; begrüßt die Maßnahmen, die eine Reihe von Mitgliedstaaten gestützt auf diesen Grundsatz getroffen haben, und fordert alle anderen Mitgliedstaaten auf, diesem Beispiel zu folgen; begrüßt darüber hinaus Initiativen von Mitgliedstaaten, Täter nach dem einzelstaatlichen Recht zur Verantwortung zu ziehen; fordert alle Mitgliedstaaten auf, im Rahmen des einzelstaatlichen Rechts festzulegen, dass schwere Verstöße gegen das Völkerrecht als Straftat gelten; fordert die Mitgliedstaaten auf, den syrischen Staat wegen Verstößen gegen das Übereinkommen gegen Folter, dessen Vertragspartei Syrien ist, vor den Internationalen Strafgerichtshof zu bringen, damit die Staatshaftung festgestellt und somit mittelbar die Voraussetzung dafür geschaffen wird, dass später die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit festgestellt werden kann; bedauert, dass Versuche, die Lage in Syrien vor den Internationalen Strafgerichtshof zu bringen, stets blockiert werden; bekräftigt seine Forderung, dass die EU und die Mitgliedstaaten in enger Abstimmung mit gleichgesinnten Ländern die Einrichtung eines syrischen Kriegsverbrechertribunals prüfen sollten;

6.  ist nach wie vor davon überzeugt, dass eine wirkliche Beilegung des Konflikts oder ein tragfähiger Frieden in Syrien nur erreicht werden kann, wenn die Täter für die Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden; unterstützt die von der VN eingerichtete unabhängige internationale Untersuchungskommission bei der Durchführung umfassender unabhängiger Ermittlungen bezüglich der in Syrien verübten Verbrechen einschließlich des Einsatzes von Chemiewaffen; begrüßt die Einrichtung eines internationalen, unparteiischen und unabhängigen Mechanismus zur Unterstützung der Ermittlungen gegen die Verantwortlichen für die seit März 2011 in der Arabischen Republik Syrien begangenen schwersten völkerrechtlichen Verbrechen und ihrer strafrechtlichen Verfolgung; bedauert, dass nach wie vor nicht genügend Mittel zur Finanzierung dieses Mechanismus zur Verfügung stehen; fordert alle Mitgliedstaaten auf, ihren diesbezüglichen Zusagen nachzukommen; ist der Ansicht, dass auch die EU den Mechanismus mit einem höheren Beitrag unterstützen sollte;

7.  unterstreicht die entscheidende Rolle nichtstaatlicher Organisationen sowie lokaler und internationaler Organisationen der Zivilgesellschaft bei der Dokumentation – auch mit digitalen Mitteln – von Beweisen für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere Verbrechen, darunter auch die Zerstörung von Kulturerbe; fordert die EU auf, gezielt nach solchen Organisationen zu suchen und diese zu finanzieren;

8.  würdigt den Einsatz humanitärer Helfer, durch den Konflikt eingeschlossenen Menschen die dringend benötigte Hilfe zu leisten und sie mit Nahrungsmitteln, Wasser und Arzneimitteln zu versorgen, und fordert alle am Konflikt beteiligten Parteien erneut nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass humanitäre Hilfsorganisationen sicher und ungehindert zu der vom Krieg betroffenen Zivilbevölkerung gelangen können; bedauert, dass bei internationalen Hilfsorganisationen in verschiedenen Fällen sexueller Missbrauch und Fehlverhalten festgestellt wurde und es in diesem Rahmen auch zur sexuellen Ausbeutung syrischer Flüchtlinge durch Personen gekommen ist, die im Auftrag der VN und bekannter internationaler Organisationen Hilfe leisten;

9.  weist darauf hin, dass die Genfer Verhandlungen unter der Führung der Vereinten Nationen nach wie vor Vorrang haben, und unterstützt den Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, Staffan de Mistura, in seinen Bemühungen um einen echten, inklusiven politischen Übergang im Einklang mit der Resolution 2254, die von allen Parteien des Syrien-Konflikts mit der Unterstützung wichtiger internationaler und regionaler Akteure ausgehandelt wurde; hebt den Stellenwert einer politischen Lösung des Konflikts hervor;

10.  fordert die HR/VP auf, alles daran zu setzen, dass die von den Vereinten Nationen geführten Friedensverhandlungen wieder in Gang kommen, und Bezug nehmend auf die finanziellen Kapazitäten und die Bereitschaft der EU, beträchtliche Ressourcen für den Wiederaufbau in Syrien bereitzustellen, eine aktivere Rolle bei diesen Verhandlungen einzufordern; fordert die HR/VP nachdrücklich auf, die syrische Zivilbevölkerung und alle, die für ein demokratisches, pluralistisches und inklusives Syrien sind, ab der zweiten Brüsseler Konferenz am 24./25. April 2018 enger einzubeziehen und stärker in ihren Bestrebungen für die Zukunft des syrischen Volkes zu unterstützen; fordert die HR/VP auf, mit der syrischen Bevölkerung zusammenzuarbeiten, um für den Wiederaufbau in den Regionen Syriens den Bedingungen vor Ort entsprechende Strategien zu erarbeiten; hebt hervor, dass die EU alle verfügbaren Optionen der Zusammenarbeit mit ihren internationalen Partnern, darunter auch den Abwurf von Hilfsgütern und die Einrichtung von Flugverbotszonen, prüfen sollte;

11.  begrüßt, dass die von der EU veranstaltete zweite Brüsseler Konferenz darauf ausgerichtet ist, die uneingeschränkte politische und wirtschaftliche Unterstützung der internationalen Gemeinschaft für die Genfer Verhandlungen zum Ausdruck zu bringen und diese Unterstützung für die hilfebedürftige syrische Bevölkerung und die Länder, die syrische Flüchtlinge aufgenommen haben, praktisch umzusetzen; warnt, dass mit dem Wiederaufbau erst begonnen werden kann, wenn eine von den Vereinten Nationen ausgehandelte politische Vereinbarung mit allen Parteien besteht; fordert die VP/HR auf, Organisationen der Zivilgesellschaft bei dieser Konferenz umfassender einzubeziehen;

12.  unterstreicht die grundlegende Erfordernis, Kinder zu schützen, den Zugang von Kindern, auch von Flüchtlingskindern in den Nachbarländern, zu Bildung vorrangig zu behandeln und die psychische Genesung dieser traumatisierten Kinder zu fördern; fordert die internationale Gemeinschaft auf, ausstehenden Zusagen im Bereich der humanitären Hilfe in Syrien und den Nachbarländern nachzukommen;

13.  fordert die Mitgliedstaaten auf, sich stärker an der gemeinsamen Verantwortung zu beteiligen, damit Flüchtlinge aus den syrischen Kriegsgebieten über die unmittelbaren Nachbarstaaten hinaus, auch im Rahmen von Neuansiedlungsprogrammen oder Programmen der Aufnahme aus humanitären Gründen, Zuflucht finden; ist besorgt über die zunehmend flüchtlingsfeindliche Stimmung in den Nachbarländern Syriens; weist erneut darauf hin, dass Flüchtlinge nicht gegen ihren Willen oder aufgrund von Gefälligkeitsvereinbarungen mit Konfliktparteien nach Syrien zurückgeschickt werden dürfen;

14.  begrüßt die jüngste Überarbeitung der restriktiven Maßnahmen der EU gegen Syrien, in deren Rahmen zwei weitere Personen, die für die Unterdrückung der Zivilbevölkerung im Land mitverantwortlich sind, in die Liste der betroffenen Personen aufgenommen wurden; ist besorgt darüber, dass der Chef des syrischen Nachrichtendiensts Meldungen zufolge unlängst zu Sicherheitsverhandlungen mit dem italienischen Innenminister und dem Direktor der italienischen Agentur für Informationen und externe Sicherheit nach Rom gereist ist, was einen eklatanten Verstoß gegen die Sanktionsliste der EU bedeutet; fordert die italienische Regierung und die VP/HR auf, diesen Besuch aufs Schärfste zu verurteilen; fordert die VP/HR auf, umgehend eine Untersuchung einzuleiten, um die Umstände, die zu dieser Situation geführt haben könnten, zu ergründen; fordert alle Mitgliedstaaten auf, den Beschluss 2011/273/GASP des Rates zu achten; fordert, dass gegen Russland und den Iran nach ihren gezielten, vorsätzlichen Angriffen auf die Zivilbevölkerung in Ost-Ghuta und anderen Gebieten Syriens weitere Sanktionen verhängt werden;

15.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Vereinten Nationen, den Mitgliedern der Internationalen Unterstützungsgruppe für Syrien und allen am Konflikt beteiligten Parteien zu übermitteln und für die Übersetzung dieses Textes ins Arabische zu sorgen.

Letzte Aktualisierung: 14. März 2018
Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen