Entschließungsantrag - B8-0362/2018Entschließungsantrag
B8-0362/2018

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu autonomen Waffensystemen

5.9.2018 - (2018/2752(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Ana Gomes, Arne Lietz, Clare Moody, Victor Boştinaru, Knut Fleckenstein im Namen der S&D-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-0308/2018

Verfahren : 2018/2752(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-0362/2018
Eingereichte Texte :
B8-0362/2018
Angenommene Texte :

B8-0362/2018

Entschließung des Europäischen Parlaments zu autonomen Waffensystemen

(2018/2752(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf Titel V Artikel 21 und Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

–  unter Hinweis auf die Martens’sche Klausel, die 1977 in das Zusatzprotokoll I zu den Genfer Konventionen aufgenommen wurde,

–  unter Hinweis auf Teil IV der Agenda der Vereinten Nationen zur Abrüstung mit dem Titel „Sicherung unserer gemeinsamen Zukunft“ (Securing Our Common Future)[1],

–  unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 3. Juli 2018 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Europäischen Programms zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich[2], seine Entschließung vom 13. Dezember 2017 zu dem Jahresbericht 2016 über Menschenrechte und Demokratie in der Welt und die Politik der Europäischen Union in diesem Bereich[3] und seine Entschließung vom 27. Februar 2014 zum Einsatz von bewaffneten Drohnen[4],

–  unter Hinweis auf seine Empfehlung an den Rat vom 5. Juli 2018 zur 73. Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen[5],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Februar 2017 mit Empfehlungen an die Kommission zu zivilrechtlichen Regelungen im Bereich Robotik[6],

–  unter Hinweis auf seine Studie von 2013 zu den Folgen des Einsatzes von Drohnen und unbemannten Robotern in der Kriegsführung für die Menschenrechte und seine Studie von 2017 zur Festlegung eines gemeinsamen Standpunkts der EU zum Einsatz bewaffneter Drohnen;

–  unter Hinweis auf die Erklärungen der EU zu letalen autonomen Waffensystemen (LAWS), die gegenüber der Gruppe von Regierungssachverständigen der Vertragsstaaten des Übereinkommens über bestimmte konventionelle Waffen auf deren Sitzungen abgegeben wurden, die vom 7. bis 13. April 2018[7] und vom 27. bis 31. August 2018[8] in Genf stattfanden, und unter Hinweis auf die Zusammenfassung der bei diesen Sitzungen geführten Diskussionen,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 31. Mai 2017 zum Thema „Künstliche Intelligenz“[9], in dem ein Verbot autonomer Waffen gefordert wurde,

–  unter Hinweis auf den offenen Brief vom 28. Juli 2015 zu künstlicher Intelligenz[10], den mehr als 3 900 im Bereich der künstlichen Intelligenz und Robotik tätige Forscher unterzeichnet haben und mit dem ein Verbot autonomer Angriffswaffen gefordert wurde, auf den offenen Brief vom 21. August 2017[11], den 116 Gründer von im Bereich der Robotik und der künstlichen Intelligenz tätigen Unternehmen aus 26 Ländern unterzeichnet haben und in dem gefordert wurde, ein Wettrüsten bei letalen autonomen Waffensystemen zu verhindern, und auf die Verpflichtungserklärung zu letalen autonomen Waffen[12], mit der sich 240 Organisationen und 3 049 Personen verpflichtet haben, sich zu keinem Zeitpunkt an der Entwicklung oder Herstellung von letalen autonomen Waffen oder dem Handel damit zu beteiligen oder dies zu unterstützen,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und Initiativen der Zivilgesellschaft, wie etwa die Kampagne „Stop Killer Robots“, die 70 Organisationen aus 30 Ländern repräsentiert, darunter Human Rights Watch, Article 36, PAX und Amnesty International,

–  gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die politischen Strategien und Maßnahmen der EU auf den Grundsätzen der Menschenrechte, der Achtung der Menschenwürde und den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen und dem Völkerrecht basieren; in der Erwägung, dass diese Grundsätze Anwendung finden sollten, um den Frieden zu wahren, Konflikte zu verhindern und die internationale Sicherheit zu stärken;

B.  in der Erwägung, dass neu entwickelte Technologien, die das Völkerrecht nicht abdeckt, an dem Prinzip der Menschlichkeit und dem moralischen Kompass der Gesellschaft gemessen werden sollten;

C.  in der Erwägung, dass tiefgreifende rechtliche, ethische und moralische Fragen aufgeworfen werden, wenn Maschinen die Entscheidung darüber und auch die Möglichkeit eingeräumt wird, menschliches Leben zu beenden; in der Erwägung, dass Maschinen und Roboter nicht wie Menschen Entscheidungen auf der Grundlage rechtlicher Prinzipien, etwa nach Maßgabe der Unterscheidung zwischen zivilen und militärischen Zielen, der Verhältnismäßigkeit und gebotenen Vorsicht, treffen können;

D.  in der Erwägung, dass durch den möglichen Einsatz von letalen autonomen Waffensystemen die Frage aufgeworfen wird, ob internationale Menschenrechtsnormen und das humanitäre Recht überhaupt angewendet und geachtet werden können; in der Erwägung, dass die Kontrolle über Waffen weiterhin in menschlicher Hand liegen sollte und Menschen die Verantwortung für die Anwendung tödlicher Gewalt und Entscheidungen über Leben und Tod tragen sollten;

E.  in der Erwägung, dass das Parlament wiederholt gefordert hat, dringend einen gemeinsamen Standpunkt zu autonomen Waffensystemen auszuarbeiten und anzunehmen, die Entwicklung, Herstellung und den Einsatz vollautonomer Waffen, die Angriffe ohne nennenswertes menschliches Zutun ermöglichen, zu untersagen und wirkungsvolle Verhandlungen über ihr Verbot aufzunehmen;

F.  in der Erwägung, dass immer mehr Staaten ein vorbeugendes Verbot letaler autonomer Waffensysteme und ein Moratorium für den Einsatz und die Herstellung solcher Systeme fordern;

G.  in der Erwägung, dass sich Wissenschaftler, Ingenieure und im Bereich der Robotik und der künstlichen Intelligenz tätige Forscher und Unternehmer gegen ein militärisches Wettrüsten im Bereich der künstlichen Intelligenz ausgesprochen und dabei auf die Gefahren hingewiesen haben, die mit der militärischen Nutzung von künstlicher Intelligenz und autonomen Systemen verbunden sind;

1.  weist erneut auf den Anspruch der EU hin, weltweit für Frieden einzutreten, und fordert, dass sich die EU stärker für weltweite Abrüstung engagiert und ihre Bemühungen um Nichtverbreitung intensiviert, dass sie bei ihren Maßnahmen und politischen Strategien darauf bedacht ist, den Frieden und die Sicherheit auf der Welt zu wahren, und dabei für die Achtung des humanitären Völkerrechts und der internationalen Menschenrechtsnormen sowie für den Schutz der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastrukturen sorgt;

2.  hebt hervor, dass eine international akzeptierte Arbeitsdefinition „letaler autonomer Waffensysteme“ benötigt wird, und fordert die Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR), die Mitgliedstaaten und den Rat auf, vor dem Treffen der Vertragsstaaten des Übereinkommens über bestimmte konventionelle Waffen im November 2018 einen gemeinsamen Standpunkt zu autonomen Waffensystemen anzunehmen, durch den eine sinnvolle menschliche Kontrolle über kritische Funktionen von Waffensystemen, auch während des Einsatzes, gewährleistet wird; fordert, dass internationale Verhandlungen über ein rechtsverbindliches Instrument aufgenommen werden, mit dem vollautonome Waffen untersagt werden;

3.  bekräftigt seine Unterstützung für die Arbeit zu letalen autonomen Waffensystemen, die von der Gruppe von Regierungssachverständigen der Vertragsstaaten des Übereinkommens über bestimmte konventionelle Waffen geleistet wird, die nach wie vor das wichtigste internationale Forum für die Diskussion und Verhandlung über die gesellschaftlichen, ethischen und rechtlichen Herausforderungen autonomer Waffensysteme sind; fordert die Vereinten Nationen auf, den Dialog zwischen den Mitgliedstaaten, Forschern, Wissenschaftlern, zivilgesellschaftlichen Akteuren im Bereich der humanitären Hilfe und dem Privatsektor zu fördern, um integrative politische Entscheidungsprozesse zu entwickeln, die auf die Ausarbeitung neuer internationaler Bestimmungen ausgerichtet sind, mit denen die Entwicklung, der Einsatz und die Verbreitung von letalen autonomen Waffensystemen verhindert wird; fordert, dass alle laufenden multilateralen Anstrengungen intensiviert werden, damit der normative und regulatorische Rahmen nicht hinter den technologischen Entwicklungen und neuen Methoden der Kriegsführung zurückbleibt;

4.  weist erneut auf seinen Standpunkt zum Verbot der Entwicklung, der Herstellung und des Einsatzes vollautonomer Waffen hin, die Angriffe ohne nennenswertes menschliches Zutun ermöglichen;

5.  weist darauf hin, dass für das Europäische Programm zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich keine Produkte oder Technologien in Frage kommen, deren Einsatz, Entwicklung oder Herstellung durch das Völkerrecht untersagt ist; betont, dass bis zur Annahme eines rechtsverbindlichen internationalen Instruments Forschungsarbeiten zu Verteidigungsgütern und -technologien, die speziell darauf ausgelegt sind, ohne menschliche Kontrolle über Einsatzentscheidungen tödliche Angriffe durchzuführen, vorbeugend untersagt werden müssen;

6.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, den Mitgliedstaaten, der NATO und den Vereinten Nationen zu übermitteln.

Letzte Aktualisierung: 7. September 2018
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