Entschließungsantrag - B8-0482/2018Entschließungsantrag
B8-0482/2018

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Zunahme neofaschistischer Gewalttaten in Europa

17.10.2018 - (2018/2869(RSP))

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Soraya Post im Namen der S&D-Fraktion
Ana Miranda, Ernest Urtasun, Bodil Valero, Terry Reintke, Ska Keller, Molly Scott Cato, Jordi Solé, Josep-Maria Terricabras im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Eleonora Forenza, Merja Kyllönen, Patrick Le Hyaric, Marie-Pierre Vieu, Marie-Christine Vergiat, Miguel Urbán Crespo, Tania González Peñas, Xabier Benito Ziluaga, Estefanía Torres Martínez, Lola Sánchez Caldentey, Marina Albiol Guzmán, Cornelia Ernst, Sabine Lösing, Kateřina Konečná, Jiří Maštálka, Neoklis Sylikiotis, Takis Hadjigeorgiou, Martin Schirdewan, Stefan Eck, Malin Björk, Ángela Vallina, Marisa Matias, Paloma López Bermejo, Stelios Kouloglou, Dimitrios Papadimoulis im Namen der GUE/NGL-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-0481/2018

Verfahren : 2018/2869(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-0482/2018
Eingereichte Texte :
B8-0482/2018
Aussprachen :
Angenommene Texte :

B8-0482/2018

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Zunahme neofaschistischer Gewalttaten in Europa

(2018/2869(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

–  unter Hinweis auf das Internationale Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen über die Förderung von Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Garantien der Nichtwiederholung vom 27. August 2014,

–  unter Hinweis auf den jüngsten Bericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen über zeitgenössische Formen des Rassismus, der Rassendiskriminierung, der Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz vom 9. Mai 2017;

–  unter Hinweis auf die Resolution 71/179 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 19. Dezember 2016 zur „Bekämpfung der Verherrlichung des Nazismus, des Neonazismus und anderer Praktiken, die zum Schüren zeitgenössischer Formen des Rassismus, der Rassendiskriminierung, der Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz beitragen“,

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–  gestützt auf die Artikel 2, 3, 6 und 7 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft[1] (Richtlinie über die Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse),

–  unter Hinweis auf den Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit[2],

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI[3],

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen[4],

–  unter Hinweis auf die Einrichtung der hochrangigen EU-Gruppe zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und anderen Formen der Intoleranz im Juni 2016,

–  unter Hinweis auf den EU-Verhaltenskodex für den Bereich der Desinformation

–  unter Hinweis auf den Verhaltenskodex zur Bekämpfung illegaler Hassreden im Internet,

–  gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Charta der Vereinten Nationen Werte und Grundsätze verankert sind, die allen Mitgliedstaaten gemeinsam sind; in der Erwägung, dass der Neofaschismus diesen Werten und Grundsätzen zuwiderläuft;

B.  in der Erwägung, dass gemäß Artikel 2 EUV die Werte, auf die sich die Europäische Union gründet, die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören, sind; in der Erwägung, dass diese Werte allen Mitgliedstaaten gemein sind;

C.  in der Erwägung, dass der gegenwärtige Anstieg der Fremdenfeindlichkeit in Europa dadurch ermöglicht wurde, dass keine ernsthaften Maßnahmen gegen faschistische und rechtsextreme Bewegungen ergriffen wurden;

D.  in der Erwägung, dass offen neofaschistische, neonazistische, rassistische und fremdenfeindliche Gruppen und politische Parteien in der Gesellschaft Hass und Gewalt gegen vermeintliche Feinde schüren;

E.  in der Erwägung, dass das für Sicherheit zuständige Kommissionsmitglied, Sir Julian King, laut Europol[5] auf einer Veranstaltung am 22. März 2017 zum Gedenken an die Anschläge von Brüssel im Jahr 2016 auf die wachsende Bedrohung durch den gewalttätigen Rechtsextremismus hinwies und erklärte, dass ihm kein einziger EU-Mitgliedstaat bekannt sei, der von diesem Phänomen nicht in irgendeiner Weise betroffen sei, wobei er ausdrücklich auf das Breivik-Massaker in Norwegen, die Ermordung der britischen Parlamentsabgeordneten Jo Cox sowie Anschläge auf Asylunterkünfte und Moscheen in ganz Europa verwies und dies mit der Mahnung verband, dass dies ein Sicherheitsrisiko sei, über das „weniger berichtet“ werde;

F.  in der Erwägung, dass sich neofaschistische und neonazistische Organisationen in einer Vielzahl von Formen offenbaren; in der Erwägung, dass sich die meisten neofaschistischen und neonazistischen Organisationen auf den Grundsatz der Meinungsfreiheit berufen; in der Erwägung, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht absolut ist;

G.  in der Erwägung, dass Artikel 30 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte eindeutig besagt, dass „keine Bestimmung dieser Erklärung [...] dahin ausgelegt werden [darf], dass sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person irgendein Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, welche die Beseitigung der in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten zum Ziel hat“;

H.  in der Erwägung, dass in Artikel 4 des Internationalen Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung bekräftigt wird, dass die Vertragsstaaten jede Propaganda und alle Organisationen, die auf Ideen oder Theorien hinsichtlich der Überlegenheit einer Rasse oder einer Personengruppe bestimmter Hautfarbe oder Volkszugehörigkeit beruhen, verurteilen;

I.  in der Erwägung, dass Europol berichtet, dass sich die Zahl der Personen, die 2017 wegen rechtsextremer Straftaten verhaftet wurden, nahezu verdoppelt hat[6];

J.  in der Erwägung, dass bei den Anschlägen in Norwegen vom 22. Juli 2017 77 Menschen getötet und 151 weitere verletzt wurden;

K.  in der Erwägung, dass am 16. Juni 2016 Jo Cox, Abgeordnete im Unterhaus des Vereinigten Königreichs, in Birstall, Vereinigtes Königreich, von einem Menschen brutal ermordet wurde, der rechtsextreme Ansichten vertrat und am 23. November 2016 des Mordes an ihr für schuldig gesprochen und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde;

L.  in der Erwägung, dass drei ungarische Extremisten wegen der Ermordung von sechs Roma, darunter ein Kleinkind, und der Körperverletzung an mehreren weiteren Roma in den Jahren 2008 und 2009 zu lebenslanger Haft verurteilt wurden;

M.  in der Erwägung, dass Mitglieder der deutschen Vereinigung Nationalsozialistischer Untergrund zwischen 2000 und 2006 neun türkisch- bzw. griechischstämmige Immigranten sowie eine deutsche Polizistin ermordeten; in der Erwägung, dass ein Ausschuss des Deutschen Bundestages mehrere Fälle aufdeckte, in denen Sicherheitsdienste offenbar verheimlichten, was sie über die Gruppe wussten, was dazu führte, dass es jahrelang nicht gelang, das Vorgehen dieser Gruppe zu unterbinden;

N.  in der Erwägung, dass laut dem Verfassungsschutzbericht 2017 des deutschen Bundesamts für Verfassungsschutz 1 054 rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten im Jahr 2017 verübt wurden;

O.  in der Erwägung, dass Europol im Jahr 2017 vom Vereinigten Königreich fünf vereitelte, fehlgeschlagene oder verübte Terroranschläge, die rechtsextremen Tätern zur Last gelegt werden, gemeldet worden sind[7];

P.  in der Erwägung, dass in Griechenland der Prozess gegen die neonazistische Partei Goldene Morgenröte, der die Bildung einer kriminellen Vereinigung und der Mord an Pavlos Fyssas sowie weitere Verbrechen, darunter versuchter Mord, vorgeworfen werden, noch andauert;

Q.  in der Erwägung, dass Griechenland in letzter Zeit einen Anstieg rechtsextremer Anschläge gegen soziale Einrichtungen, Aktivisten, Parlamentsmitglieder, Flüchtlinge, Migranten und Rechtsanwälte, unter anderem den Rechtsanwalt der Familie Fyssas, erlebt; in der Erwägung, dass das Racist Violence Recording Network (Netz zur Erfassung rassistischer Gewalt, RVRN) 2017 durch Gespräche mit Opfern 102 Fälle von Gewaltanwendung gegen Flüchtlinge, Einwanderer, LGBTQI-Personen und ihre Verteidiger dokumentiert hat[8];

R.  in der Erwägung, dass am 21. September 2018 der LGBTQI-Aktivist Zak Kostopoulos mitten in Athen brutal ermordet wurde; in der Erwägung, dass einer der Beschuldigten mutmaßlich mit rechtsextremen Kräften in Verbindung steht; in der Erwägung, dass das Ministerium für öffentliche Ordnung und die griechische Polizei ein disziplinarrechtliches Ermittlungsverfahren gegen mehrere Polizisten anordnete, nachdem in einem neuen Video Gewalttaten gegen einen bewegungslos und verwundet am Boden liegenden Mann enthüllt wurden; in der Erwägung, dass in mehreren Medien diskriminierende und beleidigende Äußerungen über das Opfer nach dessen Tod zu vernehmen waren und dass rechtsextreme Gruppierungen am Ort seines Todes mit homophoben und Gewalt verherrlichenden Parolen demonstrierten[9];

S.  in der Erwägung, dass ein Italiener zu zwölf Jahren Haft verurteilt wurde, weil er bei einem rassistisch motivierten Anschlag in der mittelitalienischen Stadt Macerata auf sechs afrikanische Migranten geschossen und sie verletzt hatte;

T.  in der Erwägung, dass am 3. August 2018 antirassistische Gruppen in Italien vor einer Beschleunigung der Anschläge auf Einwanderer warnten, nachdem in einem Zeitraum von zwei Monaten zwölf Schießereien, zwei Morde und 33 körperliche Angriffe verzeichnet wurden[10];

U.  in der Erwägung, dass am 21. September 2018 nach einer antifaschistischen und antirassistischen Demonstration in Bari (Italien) militante Mitglieder der neofaschistischen Partei CasaPound eine Gruppe von Aktivisten angriffen, zu der auch Eleonora Forenza, MdEP, und ihr Assistent Antonio Perillo gehörten, der schwere Verletzungen erlitt;

V.  in der Erwägung, dass sieben Mitglieder einer rechtsextremen „Bürgerwehr“, die Mitte September 2018 in Chemnitz wegen Landfriedensbruch festgenommen wurden, vor Kurzem unter dem Verdacht der Bildung einer terroristischen Vereinigung, die sich selbst „Revolution Chemnitz“ nennt, vor Gericht gestellt wurden; in der Erwägung, dass nach Angaben der Bundesanwaltschaft die Ermittler nach Überprüfung der internen Kommunikation der Gruppe den Tatvorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung auf den der Bildung einer terroristischen Vereinigung verschärften;

W.  in der Erwägung, dass 2018 rechtsextreme Gruppen eine Reihe von Anschlägen in Frankreich verübt haben, etwa am 16. März gegen eine selbstverwaltete Hochschule in Paris, am 3. April gegen die Juristische Fakultät von Montpellier, am 7. April an der Tolbiac-Universität in Paris, am 22. April, um Migranten in den Alpen daran zu hindern, nach Frankreich zu gelangen, und am 5. Oktober gegen die Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée;

X.  in der Erwägung, dass in Frankreich am 7. Dezember 2017 fünf Mitglieder der Bewegung Génération identitaire wegen Aufstachelung zu rassistischem und religiösem Hass verurteilt wurden[11]; in der Erwägung, dass am 24. Juni 2018 zehn Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung Action des forces opérationnelles (AFO) festgenommen wurden, weil sie eine Reihe von Anschlägen gegen Mitglieder der muslimischen Gemeinde planten[12]; in der Erwägung, dass am 14. September 2018 zwei ehemalige Skinheads des Mordes an Clément Méric, einem jungen Studenten und antifaschistischen Aktivisten, im Juni schuldig gesprochen wurden;

Y.  in der Erwägung, dass der französische Nachrichtendienst mit Besorgnis auf die wachsende Zahl von Angehörigen des Militärs und der Ordnungskräfte verwiesen hat, die sich rechtsextremen militanten Gruppen angeschlossen haben[13];

Z.  in der Erwägung, dass Einzelpersonen, die mit rechtsextremen Gruppen, auch der Action française, in Verbindung stehen, während des Präsidentschaftswahlkampfs 2017 einen terroristischen Anschlag gegen eine Reihe französischer Politiker und Moscheen planten; in der Erwägung, dass wiederholt beantragt wurde, die Räumlichkeiten der Action française zu schließen; in der Erwägung, dass sich die meisten Mitglieder der Gruppierung zuerst der Nationalen Front anschlossen[14];

AA.  in der Erwägung, dass in Spanien gegen zwölf Mitglieder der neonazistischen Organisation Hogar Social Madrid wegen Aufstachelung zu Hass ermittelt wird; in der Erwägung, dass Mitglieder der spanischen faschistischen Gruppierungen Falange, Alianza Nacional und Democracia Nacional festgenommen und vom Obersten Gerichtshof in Spanien verurteilt wurden, nachdem sie 2013 während der Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag Kataloniens das Kulturzentrum Blanquerna in Madrid angegriffen hatten; in der Erwägung, dass 2016 die antirassistische NGO SOS Racismo 309 Fälle fremdenfeindlicher Gewalt dokumentierte[15]; in der Erwägung, dass der Vorsitzende dieser Organisation nach der Meldung dieser Fälle Todesdrohungen erhielt und sich darüber beklagt hat, dass es an wirksamen Verfahren zur Meldung dieser Verbrechen mangle;

AB.  in der Erwägung, dass 19 Personen von der Francisco-Franco-Stiftung, einer Organisation, die eine Diktatur und ihre Verbrechen verherrlicht, und der Familie Franco mehrerer Straftaten beschuldigt wurden, auf die 13 Jahre Haft stehen, nachdem sie eine friedliche und symbolische Aktion durchgeführt hatten, bei der sie unter anderem am Anwesen Pazo de Meirás zwei große Banner ausgerollt hatten, auf denen die Staatsorgane aufgefordert wurden, dieses Grundstück für das galicische Volk zurückzufordern;

AC.  in der Erwägung, dass die neonazistische Nordic Resistance Movement (Bewegung Nordischer Widerstand, NMR) regelmäßig Zusammenkünfte in ganz Skandinavien veranstaltet, auf denen Parolen skandiert und die grün-weißen Flaggen der Organisation geschwenkt werden; in der Erwägung, dass mehrere Mitglieder der NMR wegen gewaltsamer Angriffe auf Zivilisten und die Polizei verurteilt wurden; in der Erwägung, dass einer der Anführer der NMR wegen eines gewaltsamen Angriffs auf ein vom schwedischen Nationalen Verband für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und queeren Menschen organisierten Eurovision-Fest verurteilt wurde; in der Erwägung, dass Mitglieder der NMR in Almedalen drei Frauen mit einer Regenbohnenflagge angriffen;

AD.  in der Erwägung, dass Schweden einen Anstieg gewaltsamer Angriffe von rechtsextremen Gruppierungen und Einzelpersonen verzeichnet; in der Erwägung, dass die zahlreichen Brandstiftungen gegen Aufnahmezentren für Flüchtlinge die schwedische Regierung 2015 dazu veranlassten, die Standort von für die Unterbringung von Flüchtlingen vorgesehenen Gebäuden zu verheimlichen;

AE.  in der Erwägung, dass die vom Europarat eingerichtete Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) in ihrem am 15. Mai 2018 herausgegebenen Bericht ihre große Besorgnis über den Anstieg des Rechtsextremismus und Neofaschismus in Kroatien zum Ausdruck gebracht hat[16];

AF.  in der Erwägung, dass offen rassistische, fremdenfeindliche und intolerante Parteien derzeit im Europäischen Parlament vertreten sind, die während der verschiedenen Parlamentssitzungen und darüber hinaus Hass verbreiten;

AG.  in der Erwägung, dass jedes Jahr am 16. März Tausende Menschen in Riga zum Tag der lettischen Legion zusammenkommen, um Letten zu ehren, die in der Waffen-SS dienten;

AH.  in der Erwägung, dass ein Video einer bewaffneten Miliz in Slowenien, das in den sozialen Netzen verbreitet wurde, kürzlich zur Festnahme des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten und Anführer der rechtsextremen Bewegung Vereintes Slowenien, Andrej Šiško, führte, der in dem Video eindeutig als Anführer der Truppe erkennbar war;

AI.  in der Erwägung, dass der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán in seiner Rede vom 21. Juni 2017 den Nazi-Kollaborateur Miklós Horthy als „außergewöhnlichen Staatsmann“ würdigte;

AJ.  in der Erwägung, dass Cécile Kyenge, MdEP, von der italienischen Partei La Lega verklagt wurde, weil sie die Partei rassistisch genannt hatte;

AK.  in der Erwägung, dass am 25. Oktober 2017 der stellvertretende Ministerpräsident Bulgariens, Waleri Simeonow, von einem regionalen Gericht in Bulgarien in einem von den bulgarischen Journalisten Kremena Budinowa und Ognjan Issaew angestrengten Zivilverfahren wegen Hetze verurteilt wurde;

AL.  in der Erwägung, dass am 4. September 2018 der Präsident des ukrainischen Parlaments, Andrej Parubij, im Fernsehen erklärte, Adolf Hitler sei „ein großer Mensch, der direkte Demokratie praktizierte“, gewesen; in der Erwägung, dass seit Anfang 2018 die C14 und weitere rechtsextreme Gruppierungen in der Ukraine wie die mit dem Regiment Asow assozierte Nationale Miliz, der Rechte Sektor, Karpatska Sich und andere mehrfach Roma-Gruppe sowie antifaschistische Demonstrationen, Stadtratssitzungen, eine von Amnesty International ausgerichtete Veranstaltung, Kunstausstellungen, LGBTQI-Veranstaltungen und Umweltaktivisten angriffen; in der Erwägung, dass das Ministerium für Jugend und Sport der Ukraine die neonazistische Gruppierung C14 finanziert, um „nationale Projekte für patriotische Bildung“ im Land zu fördern; in der Erwägung, dass Anmesty International davor gewarnt hat, dass die Ukraine in einem Chaos unkontrollierter Gewalt durch radikale Gruppen und ihrer vollkommenen Straflosigkeit versinke und dass sich unter diesen Bedingungen praktisch niemand im Land sicher fühlen könne[17];

1.  verurteilt und bedauert in aller Schärfe die Terroranschläge, Morde, gewaltsamen körperlichen Angriffe und Aufmärsche neofaschistischer und neonazistischer Organisationen, die in mehreren Mitgliedstaaten stattgefunden haben;

2.  ist zutiefst besorgt darüber, dass Faschismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und andere Formen der Intoleranz in der Europäischen Union zunehmend als normal empfunden werden, und ist besorgt über Berichte über Absprachen zwischen führenden Politikern, politischen Parteien und Strafverfolgungsbehörden mit Neofaschisten und Neonazis in einigen Mitgliedstaaten;

3.  erinnert an die schrecklichen Folgen des Nationalsozialismus und Faschismus in Europa;

4.  fordert die Mitgliedstaaten auf, den Entzug sämtlicher offizieller Ehrungen, die Neofaschisten zuerkannt wurden, zu prüfen;

5.  ist besonders besorgt über die neofaschistische Gewalt gegen bestimmte Gruppen wie Afroeuropäer/Menschen afrikanischer Abstammung, Juden, Muslime, Roma, Drittstaatsangehörige, LGBTI-Personen, Menschen mit Behinderungen, Obdachlose und Feministinnen;

6.  ist zutiefst besorgt darüber, dass neofaschistische Parteien und Bewegungen den Begriff „Gender-Ideologie“ verwenden, womit Gewalt und Hass gegen die feministische Bewegung geschürt und gleichzeitig ein Missverstehen der wahren Bedeutung von Feminismus erzeugt werden soll, der auf Gleichheit und Rechten beruht;

7.  unterstreicht, dass die von neofaschistischen Gruppen in Europa begangene Gewalt mit einer Zunahme antidemokratischer Maßnahmen, Einschränkungen von Rechten, Verfolgung und Kriminalisierung des Vorgehens und der Kämpfe von sozialen Bewegungen, Gewerkschaften und fortschrittlichen und demokratischen Kräften einhergeht;

8.  weist darauf hin, dass die faschistische Ideologie und Intoleranz stets mit einem Angriff gegen die Demokratie selbst in Verbindung stehen;

9.  ist zutiefst besorgt über die Straflosigkeit, mit der neofaschistische und neonazistische Gruppen in einigen Mitgliedstaaten agieren, und betont, dass dieses Gefühl der Straflosigkeit zu den Gründen gehört, mit denen der alarmierende Anstieg von Gewalttaten durch bestimmte rechtsextreme Organisationen zu erklären ist;

10.  ist der Auffassung, dass zu den ursprünglichen Ursachen der Zunahme neofaschistischer Ideologien und Gruppierungen Folgendes gehört: Politik zum Nachteil der wirtschaftlichen und sozialen Stellung von Arbeitnehmern und die Zunahme sozialer Gefälle, Missachtung des Völkerrechts und der Charta der Vereinten Nationen, die Ausbreitung rassistischer und fremdenfeindlicher Gedanken in der offiziellen Politik, insbesondere in der EU;

11.  ist der Auffassung, dass Demokratie, Toleranz, Kultur und Solidarität die Grundlage für eine gesunde Koexistenz und für die Stärkung freundschaftlicher Bindungen zwischen Ländern und Völkern in Europa bilden;

12.  nimmt den besorgniserregenden Trend zur Kenntnis, dass neofaschistische und neonazistische Gruppen soziale Medien und das Internet nutzen, um sich in der gesamten Europäischen Union zu organisieren und Strategien zu entwickeln;

13.  verurteilt nachdrücklich den Anschlag faschistischer Trupps von CasaPound gegen Eleonora Forenza, MdEP, ihren Assistenten Antonio Perillo und andere, die am 21. September 2018 an einer antifaschistischen und antirassistischen Demonstration in Bari (Italien) teilnahmen;

14.  fordert, dass die griechische Polizei eine umfassende Ermittlung des Mordes und der Misshandlung von Zak Kostopoulos durchführt, damit alle Verantwortlichen, ob Zivilisten oder Polizeibeamte, vor Gericht gestellt werden; fordert die griechischen Staatsorgane dazu auf, unverzüglich alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um dafür zu sorgen, dass sich Polizisten jederzeit an das Gesetz halten;

15.  begrüßt die in Finnland ergangene Gerichtsentscheidung, die Bewegung Nordischer Widerstand zu verbieten;

16.  begrüßt die Tatsache, dass der deutsche Bundesrat das oberste Gericht Deutschlands ersucht hat, die Finanzierung der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands zu verbieten;

17.  begrüßt den Beschluss des spanischen Kongresses, einem Antrag stattzugeben, Francisco Franco aus seinem Grab an der Kriegsgedenkstätte im Valle de los Caídos (Tal der Gefallenen), einer Pilgerstätte der extremen Rechten, umzubetten; fordert die spanischen Staatsorgane auf, tatsächlich alle verbleibenden Symbole oder Denkmäler zu entfernen, die den militärischen Aufstand, den Bürgerkrieg und die Diktatur Francos verherrlichen, und fordert, dass diejenigen, die nicht entfernt werden können, in den notwendigen Zusammenhang gesetzt und neu interpretiert werden, damit sie zum öffentlichen Bewusstsein und zur Erinnerung an die Vergangenheit beitragen;

18.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Hassverbrechen, Hetze und ungerechtfertigte Schuldzuweisungen durch Politiker und Amtsträger auf allen Ebenen und in allen Mediengattungen nachdrücklich zu verurteilen und zu sanktionieren, da diese Hass und Gewalt in der Gesellschaft hoffähig machen und weiter verstärken;

19.  fordert die Mitgliedstaaten auf, weitere Maßnahmen zu ergreifen, mit denen Hassreden und Hassverbrechen unterbunden, verurteilt und bekämpft werden;

20.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Hassverbrechen zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen sowie bewährte Verfahren der Erkennung und Untersuchung von Hassverbrechen auszutauschen, zu denen auch fremdenfeindlich motivierte Straftaten in allen ihren Ausprägungen gehören;

21.  fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Opfer von rassistischen, von Hass geprägten oder fremdenfeindlichen Straftaten und Hassverbrechen in angemessener Weise rechtlich, psychologisch und materiell unterstützt und alle Zeugen, die gegen die Täter – ob Zivilisten oder Polizeibeamte – aussagen, geschützt werden;

22.  fordert die Mitgliedstaaten auf, eigens Polizeieinheiten zur Bekämpfung von Hassverbrechen einzurichten; fordert die Polizeibehörden auf, dafür Sorge zu tragen, dass sich ihre Mitarbeiter an keinen rassistischen, fremdenfeindlichen oder diskriminierenden Handlungen beteiligen und dass andernfalls diese Taten zu Ermittlungen führen und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden;

23.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Hetze und Hasskriminalität zu bekämpfen und bei der Ermittlung und Bekämpfung von Hetze und Hasskriminalität eng mit Organisationen der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten;

24.  unterstützt, begrüßt und fordert den Schutz von Bürgerinitiativen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich gegen Faschismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und andere Formen der Intoleranz engagieren;

25.  fordert konsolidierte EU-Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Diskriminierung, darunter die Umsetzung/Anwendung geltender und den Erlass neuer Rechtsvorschriften wie der Gleichbehandlungsrichtlinie;

26.  erinnert daran, dass der Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit eine Rechtsgrundlage für die Verhängung von Strafen gegen Rechtssubjekte bietet, die zu Gewalt gegen eine Minderheit aufrufen oder Hass gegen diese schüren; weist darauf hin, dass diese Sanktionen folgende sind: der Ausschluss von öffentlichen Zuwendungen, das Verbot einer Handelstätigkeit, die richterliche Aufsicht und die richterlich angeordnete Auflösung; weist darauf hin, dass der Rahmenbeschluss des Rates von den Mitgliedstaaten bis zum 28. November 2010 hätte umgesetzt werden müssen;

27.  fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihren Bericht von 2014 über die Umsetzung des oben genannten Rahmenbeschlusses zu aktualisieren und Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedstaaten einzuleiten, die den Bestimmungen dieses Beschlusses bislang nicht nachgekommen sind;

28.  fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass sie die Vorschriften des Rahmenbeschlusses des Rates weiterhin erfüllen, gegen Organisationen, die Gewalt an öffentlichen Orten verbreiten und online dazu aufstacheln, die in dem Rahmenbeschluss des Rates genannten Sanktionen zu verhängen und neofaschistische und neonazistische Gruppierungen und jegliche sonstige Stiftung oder Vereinigung, die den Nationalsozialismus und Faschismus verherrlicht, unter Achtung der innerstaatlichen Rechtsordnung und Rechtsprechung wirksam zu verbieten;

29.  fordert nationale Aktionspläne gegen Faschismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und andere Formen der Intoleranz;

30.  fordert eine umfassende und baldige Kooperation zwischen den Strafverfolgungsbehörden, der Justiz und zivilgesellschaftlichen Organisationen bei der Bekämpfung von Faschismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und anderen Formen der Intoleranz;

31.  fordert die Mitgliedstaaten auf, im Kampf gegen Faschismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und andere Formen der Intoleranz zusammenzuarbeiten;

32.  fordert die Mitgliedstaaten auf, obligatorische zielgerichtete innerbehördliche Menschenrechtsschulungen für Angehörige der Strafverfolgungsbehörden und Mitarbeiter im Justizwesen aller Ebenen einzuführen;

33.  fordert die Mitgliedstaaten auf, verpflichtende Schulungen für Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Medien anzubieten, damit deren Bewusstsein für die Herausforderungen und Diskriminierungen geschärft wird, denen die Opfer neofaschistischer und neonazistischer Organisationen ausgesetzt sind;

34.  fordert die Mitgliedstaaten auf, nationale „Aussteigerprogramme“ aufzulegen, um Menschen dabei zu helfen, militante neofaschistische und neonazistische Gruppierungen zu verlassen; betont, dass solche Programme keineswegs nur aus Einzelmaßnahmen bestehen, sondern die langfristige Unterstützung bei der Arbeitssuche, dem Zurechtfinden in einer neuen Umgebung und dem Knüpfen neuer und sicherer sozialer Kontakte umfassen sollten;

35.  weist darauf hin, dass fundierte Geschichtskenntnisse eine der Grundvoraussetzungen für die Verhinderung künftiger Verbrechen dieser Art sind und bei den Bildungsanstrengungen für die jüngere Generation eine wichtige Rolle spielen; weist ferner darauf hin, dass die Verharmlosung der Naziverbrechen der erste Schritt bei der erneuten Verbreitung von Gedankengut aus dieser Zeit ist;

36.  fordert eine gemeinsame Erinnerungskultur, in deren Rahmen faschistische Verbrechen aus der Vergangenheit abgelehnt werden; ist zutiefst darüber besorgt, dass die jüngere Generation in Europa und auch anderswo sich immer weniger für die Geschichte des Faschismus interessiert und somit die Gefahr besteht, dass sie gegenüber neuen Bedrohungen gleichgültig wird;

37.  legt den Mitgliedstaaten nahe, die Aufklärung der Mehrheitsgesellschaften über die Vielfalt unserer Gesellschaft und unsere gemeinsame Geschichte zu fördern, wozu auch die Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs wie der Holocaust und der Prozess der über Jahre hinweg praktizierten systematischen Entmenschlichung seiner Opfer gehören;

38.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und dem Rat sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und dem Europarat zu übermitteln.

Letzte Aktualisierung: 22. Oktober 2018
Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen