Entschließungsantrag - B8-0181/2019Entschließungsantrag
B8-0181/2019

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu einer europäischen Regelung für Sanktionen bei Verstößen gegen die Menschenrechte

11.3.2019 - (2019/2580(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Elena Valenciano, Victor Boştinaru, Knut Fleckenstein, Soraya Post, Ana Gomes, Pier Antonio Panzeriim Namen der S&D-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-0177/2019

Verfahren : 2019/2580(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-0181/2019
Eingereichte Texte :
B8-0181/2019
Aussprachen :
Angenommene Texte :

B8-0181/2019

Entschließung des Europäischen Parlaments zu einer europäischen Regelung für Sanktionen bei Verstößen gegen die Menschenrechte

(2019/2580(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen gemäß Artikel 135, in denen die Verhängung gezielter Sanktionen gegen Einzelpersonen gefordert wurde, die an schweren Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren, darunter die Entschließung vom 19. Januar 2017 zur Lage in Burundi[1], die Entschließung vom 25. Oktober 2018 zur Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul[2] und die Entschließung vom 14. Februar 2019 zur Lage in Tschetschenien und dem Fall Ojub Titijew[3],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. September 2017 zu Korruption und Menschenrechten in Drittstaaten[4],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Dezember 2018 zu dem Jahresbericht 2017 über Menschenrechte und Demokratie in der Welt und der Politik der Europäischen Union in diesem Bereich[5],

–  unter Hinweis auf die Studie mit dem Titel „Targeted sanctions against individuals on grounds of grave human rights violations – impact, trends and prospects at EU level“ (Gezielte Sanktionen gegen Einzelpersonen wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen – Wirkung, Trends und Aussichten auf EU-Ebene), die am 26. April 2018 von seiner Generaldirektion Externe Politikbereiche veröffentlicht wurde[6],

–  unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2018/900 des Rates vom 25. Juni 2018 zur Änderung des Beschlusses 2013/184/GASP betreffend restriktive Maßnahmen gegen Myanmar/Birma[7],

–  unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 2. Februar 2012 an den Rat zu einer kohärenten Politik gegenüber Regimen, gegen die die EU restriktive Maßnahmen anwendet, wenn deren Machthaber ihre persönlichen und kommerziellen Interessen innerhalb der Grenzen der EU verfolgen[8],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. September 2008 zur Evaluierung der EU-Sanktionen als Teil der Aktionen und Maßnahmen der Europäischen Union im Bereich der Menschenrechte[9],

–  unter Hinweis auf die Entschließung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 27. Januar 2014 zur Ablehnung der Straflosigkeit der Mörder von Sergei Magnitski und vom 22. Januar 2019 zu Sergei Magnitski und darüber hinaus sowie zur Bekämpfung der Straflosigkeit durch gezielte Sanktionen,

–  gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention und die dazugehörigen Protokolle,

–  gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Union sich gemäß Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) bei ihrem Handeln von den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der universellen Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Achtung der Menschenwürde, den Grundsätzen der Gleichheit und Solidarität sowie der Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts leiten lässt;

B.  in der Erwägung, dass die EU gehalten ist, Sanktionen, die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gemäß Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen verhängt wurden, systematisch umzusetzen, und zugleich in Ermangelung eines Mandats des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen eigene Sanktionen verhängt, soweit dieser nicht zu entsprechenden Maßnahmen befugt ist oder nicht dazu in der Lage ist, weil unter seinen Mitgliedern keine Einigung erzielt werden kann;

C.  in der Erwägung, dass Sanktionen der EU zu einem festen Bestandteil des Instrumentariums für die Außenbeziehungen der EU geworden sind; in der Erwägung, dass Sanktionen in den letzten beiden Jahrzehnten zu einem festen Bestandteil des Instrumentariums für die Außenbeziehungen der EU geworden sind und dass derzeit mehr als 40 unterschiedliche restriktive Maßnahmen gegen 34 Länder in Kraft sind; in der Erwägung, dass schätzungsweise zwei Drittel der länderspezifischen Sanktionen der EU zur Unterstützung von Zielen im Bereich der Menschenrechte und der Demokratie verhängt wurden;

D.  in der Erwägung, dass sich die bestehenden EU-Sanktionen sowohl gegen staatliche Akteure als auch gegen nichtstaatliche Akteure wie etwa den Islamischen Staat und Al-Qaida richten;

E.  in der Erwägung, dass die EU dafür kritisiert wird, dass sie ihre Sanktionspolitik in Drittländern mit einer ähnlichen Geschichte von Menschenrechtsverletzungen uneinheitlich anwendet;

F.  in der Erwägung, dass das Europäische Parlament wiederholt die Einführung einer globalen Regelung der EU für Sanktionen bei Verstößen gegen die Menschenrechte gefordert hat;

G.  in der Erwägung, dass die niederländische Regierung im November 2018 eine Diskussion unter den EU-Mitgliedstaaten darüber angestoßen hat, ob eine Regelung für gezielte Sanktionen bei Verstößen gegen die Menschenrechte auf EU-Ebene politisch machbar ist; in der Erwägung, dass die Vorgespräche in einer Arbeitsgruppe des Rates fortgesetzt werden;

H.  in der Erwägung, dass der Einsatz von gezielten Sanktionen Berichten zufolge dem Einsatz von allgemeinen Sanktionen vorzuziehen ist und wirksamer ist, da durch gezielte Sanktionen die negativen Folgen und die humanitären Kosten für weite Kreise der Bevölkerung vermieden werden, sie die unmittelbar Verantwortlichen treffen und abschreckend wirken;

1.  verurteilt sämtliche Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt aufs Schärfste; fordert die Einführung einer flexiblen und reaktionsfähigen globalen EU-Regelung für Sanktionen bei Verstößen gegen die Menschenrechte, die auf alle Einzelpersonen in einer bestimmten Hierarchie abzielen würde, die für schwere Menschenrechtsverletzungen weltweit verantwortlich ist;

2.  vertritt die Ansicht, dass die Regelung die Möglichkeit bieten sollte, Einzelpersonen sowohl bei staatlichen als auch bei nichtstaatlichen Akteuren ins Visier zu nehmen;

3.  betont, dass dieser Mechanismus die Außenpolitik der EU stärken und ihr bestehendes Instrumentarium für die Menschenrechte stärken wird, wenn es darum geht, Menschenrechtsverletzungen anzugehen und zu verhindern; bekräftigt seine Forderung an den Rat, seine Arbeit zu diesem Thema umgehend fortzusetzen;

4.  fordert, dass eine solche Regelung umfassend ist, kohärent mit bestehenden Maßnahmen im Bereich der Menschenrechte und anderen restriktiven Maßnahmen wirkt und diese ergänzt;

5.  betont, dass alle EU-Mitgliedstaaten die Anwendung von Sanktionen in der gleichen Weise kohärent auslegen müssen; ist der Auffassung, dass jedes Versäumnis, in Situationen, die durch anhaltende Menschenrechtsverletzungen gekennzeichnet sind, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die Menschenrechtsstrategie, die Sanktionspolitik und die Glaubwürdigkeit der EU untergraben würde; ist davon überzeugt, dass eine einheitliche globale EU-Regelung für Sanktionen bei Verstößen gegen die Menschenrechte die derzeitigen Unterschiede innerhalb der Sanktionspolitik der EU verringern, die Transparenz erhöhen und die Rolle der EU als globaler Akteur im Bereich der Menschenrechte stärken wird;

6.  betont, dass schwere Menschenrechtsverletzungen eine Grundlage für die Anwendung individueller gezielter Sanktionen darstellen sollten; fordert den Rat und die Kommission auf, bei der Festlegung des Anwendungsbereichs der Regelung zu bestimmen und eindeutig darzulegen, was einen schweren Verstoß gegen die Menschenrechte darstellt, darunter grenzüberschreitende Verstöße und Verstöße, die vorsätzliche und irreversible Umweltschäden in großem Maßstab betreffen; weist in diesem Zusammenhang auf die Menschenrechtsabkommen hin, die für den APS+-Status erforderlich sind, das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs und die wichtigsten Genfer Konventionen;

7.  betont, dass gezielte Sanktionen Visumsperren und das Einfrieren von Vermögenswerten in Bezug auf Personen umfassen sollten, die schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben, sowie in Bezug auf alle durch Anstiftung, Aufwiegelung, Begünstigung oder Vorschub an der Tat beteiligten Personen und erforderlichenfalls ihre unmittelbaren Familienangehörigen;

8.  hebt hervor, dass die Kriterien, die die Aufnahme auf eine schwarze Liste für die Verhängung gezielter Sanktionen ermöglichen, rechtlich fundiert, klar und transparent sein und auf gut dokumentierten und überzeugenden Nachweisen, festgestellten Tatsachen und überprüften Informationen aus transparenten, seriösen, unabhängigen Quellen beruhen sollten; betont ferner, dass das Recht auf ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren, gerichtliche Überprüfung und Rechtsmittel aller betroffenen Personen in höchstem Maße geschützt werden sollte; fordert die systematische Einbeziehung klarer und spezifischer Benchmarks sowie eine Methode zur Aufhebung der Sanktionen und zur Streichung von der Liste;

9.  betont, dass gezielte Sanktionen darauf abzielen müssen, wirksame und dauerhafte Ergebnisse zu erzielen; fordert die Kommission auf, regelmäßig Folgenabschätzungen und Überprüfungen durchzuführen, sobald die Regelung in Kraft getreten ist, und Aufnahmen auf die Liste sowie Streichungen von der Liste genau zu überwachen; beharrt darauf, dass das Parlament diesbezüglich eine strenge Kontrolle ausübt;

10.  fordert die Kommission auf, angemessene Ressourcen und Fachkenntnisse einzusetzen, um diese Regelung durchzusetzen und zu überwachen, sobald sie in Kraft ist, und der öffentlichen Kommunikation über die Aufnahme auf die Liste sowohl in der EU als auch in den betroffenen Ländern besondere Aufmerksamkeit zu widmen;

11.  unterstützt die Bemühungen zivilgesellschaftlicher Aktivisten, eine solche Regelung einzuführen, und regt an, dass über den Vorschlag für die mögliche Einrichtung eines unabhängigen beratenden Ausschusses auf EU-Ebene diskutiert wird;

12.  stellt fest, dass mehrere Mitgliedstaaten des Europarates, darunter Estland, Lettland, Litauen, das Vereinigte Königreich, Kanada und die Vereinigten Staaten Instrumente eingeführt haben, die es ihren Regierungen ermöglichen, gezielte Sanktionen zu verhängen, wenn schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen begangen wurden;

13.  fordert, in Erwägung zu ziehen, dass das Mandat des Europäischen Bürgerbeauftragten so ausgeweitet wird, dass es die globale Regelung der EU für Sanktionen bei Verstößen gegen die Menschenrechte umfasst;

14.  betont, dass eine multilaterale Zusammenarbeit und ein koordiniertes Vorgehen mit den Vereinten Nationen erforderlich sind, um zu verhindern, dass Sanktionen umgangen werden, und die Umsetzung der Regelung im Einklang mit dem Völkerrecht zu maximieren;

15.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und dem Generalsekretär des Europarates zu übermitteln.

Letzte Aktualisierung: 11. März 2019
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