Entschließungsantrag - B9-0129/2019Entschließungsantrag
B9-0129/2019

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum türkischen Militäreinsatz im Nordosten Syriens und seinen Folgen

21.10.2019 - (2019/2886(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung des Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Kati Piri, Nacho Sánchez Amor
im Namen der S&D-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0123/2019

Verfahren : 2019/2886(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0129/2019
Eingereichte Texte :
B9-0129/2019
Angenommene Texte :

B9-0129/2019

Entschließung des Europäischen Parlaments zum türkischen Militäreinsatz im Nordosten Syriens und seinen Folgen

(2019/2886(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 17. Oktober 2019 zur Türkei, zu den rechtswidrigen Bohrungen und zum Flug MH17,

 unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Tagung des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 14. Oktober 2019 zu Syrien,

 unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 9. Oktober 2019 im Namen der EU zu den jüngsten Entwicklungen im Nordosten Syriens,

 unter Hinweis auf die Vereinbarung zwischen den Vereinigten Staaten und der Türkei vom 17. Oktober 2019,

 unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 und andere Menschenrechtsverträge und -instrumente der Vereinten Nationen, darunter das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes,

 unter Hinweis auf die Genfer Konventionen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle,

 unter Hinweis auf das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 und das Zusatzprotokoll zu diesem Abkommen aus dem Jahr 1967,

 unter Hinweis auf den NATO-Vertrag von 1949,

 unter Hinweis auf das Übereinkommen über das Verbot chemischer Waffen von 1993,

 unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung von der Kommission und der Hohen Vertreterin vom 14. März 2017 mit dem Titel „Elemente einer EU-Strategie für Syrien“ (JOIN(2017)0011) und die Schlussfolgerungen des Rates vom 3. April 2017 zu Syrien, die zusammen die neue EU-Strategie für Syrien bilden,

 unter Hinweis auf die Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Syrien, insbesondere die Resolution 2254 (2015) vom 18. Dezember 2015, die Resolution 2393 (2017) vom 19. Dezember 2017 zur Ermächtigung zum grenz- und konfliktlinienüberschreitenden humanitären Zutritt nach Syrien und die Resolution 2401 (2018) vom 24. Februar 2018 zu einer 30-tägigen Einstellung der Kampfhandlungen in Syrien zur Bereitstellung humanitärer Hilfe,

 unter Hinweis auf die Resolution 71/248 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 21. Dezember 2016 zur Einrichtung eines internationalen, unparteiischen und unabhängigen Mechanismus zur Unterstützung der Ermittlungen gegen die Verantwortlichen für die seit März 2011 in der Arabischen Republik Syrien begangenen schwersten völkerrechtlichen Verbrechen und ihrer strafrechtlichen Verfolgung,

 unter Hinweis auf das Römische Statut und die Gründungsdokumente des Internationalen Strafgerichtshofs sowie von Ad-hoc-Gerichten wie dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda und dem Sondergerichtshof für Libanon,

 unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Syrien,

 unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zur Türkei,

 gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass US-Präsident Donald Trump am 6. Oktober während eines Telefongesprächs mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan erklärte, dass die Vereinigten Staaten einer türkischen Offensive im Nordosten Syriens, wie sie Präsident Erdoğan einige Tage zuvor angekündigt hatte, nicht im Weg stehen würden; in der Erwägung, dass die Vereinigten Staaten in einer anschließenden Erklärung den Abzug ihrer Truppen aus den betreffenden Gebieten angekündigt und damit de facto den Weg für eine türkische Offensive freigemacht haben; in der Erwägung, dass die türkische Armee im Anschluss an diese Ankündigung am 9. Oktober mit Unterstützung der syrisch-arabischen Milizen im Zuge von Artillerie- und Luftangriffen Stellungen entlang der türkisch-syrischen Grenze bombardiert und mit einem Einmarsch im Nordosten Syriens begonnen hat; in der Erwägung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen noch keine Maßnahmen als Reaktion auf die Krise ergriffen hat;

B. in der Erwägung, dass die türkische Regierung die Demokratischen Kräfte Syriens (Syrian Democratic Forces – SDF) als Hauptziel ihrer Militäroperation im Nordosten Syriens ausgemacht hat; in der Erwägung, dass die SDF in der internationalen Allianz gegen die terroristische Vereinigung Da’esh eine zentrale Rolle gespielt haben; in der Erwägung, dass die SDF etwa 11 000 Kämpfer im Zuge des Kriegs gegen Da’esh verloren haben; in der Erwägung, dass die SDF von den Volksverteidigungseinheiten (YPG) angeführt werden, bei denen es sich nach Auffassung der Türkei um einen Ableger der kurdischen Arbeiterpartei handelt, die ihrerseits auf der Liste terroristischer Vereinigungen der Türkei und der EU steht;

C. in der Erwägung, dass die Gesundheitsbehörde der von Kurden geführten Verwaltung im Nordosten Syriens am 17. Oktober berichtet hat, dass seit Beginn der türkischen Offensive in Syrien mindestens 218 Zivilisten, darunter 18 Kinder, getötet worden sind; in der Erwägung, dass den türkischen Behörden zufolge in der Türkei seit dem 15. Oktober infolge von Mörserangriffen durch in Syrien operierende kurdische Streitkräfte 18 Zivilisten getötet und 150 verletzt worden sind;

D. in der Erwägung, dass nach Angaben der Vereinten Nationen seit Beginn der türkischen Offensive über 130 000 Menschen vertrieben worden sind; in der Erwägung, dass die Türkei behauptet, fast 600 „Terroristen“ getötet zu haben, und dass Berichten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge Dutzende Zivilisten getötet worden sind; in der Erwägung, dass die türkische Armee und die mit ihnen verbündeten syrisch-arabischen Milizen Gräueltaten gegen Kämpfer der SDF, lokale Politiker und Aktivisten sowie die Zivilbevölkerung verübt haben;

E. in der Erwägung, dass von der Türkei unterstützte Streitkräfte angeblich mit weißem Phosphor befüllte Munition eingesetzt haben; in der Erwägung, dass in Krankenhäusern in Tall Tamr und Al-Hassaka aufgenommene Fotos und Videos Kinder mit schweren chemischen Verätzungen zeigen; in der Erwägung, dass die Türkei die Anschuldigungen zurückgewiesen hat; in der Erwägung, dass die SDF internationale Organisationen aufgefordert haben, Sachverständige zu entsenden, um den Fall zu untersuchen; in der Erwägung, dass Chemiewaffeninspektoren der Vereinten Nationen mitgeteilt haben, dass sie damit begonnen haben, Informationen im Zusammenhang mit den Anschuldigungen zu sammeln;

F. in der Erwägung, dass Berichten zufolge hunderte Da’esh-Mitglieder, darunter einige EU-Bürger, im Zuge der türkischen Offensive aus dem Gewahrsam der SDF entkommen sind; in der Erwägung, dass ihr Aufenthaltsort noch unbekannt ist; in der Erwägung, dass die SDF behaupten, etwa 10 000 Kämpfer des Islamischen Staates in ihrer Gewalt zu haben;

G. in der Erwägung, dass es in mehreren Provinzen glaubwürdige Berichte darüber gibt, dass die türkischen Behörden seit Juli 2019 willkürlich zahlreiche Syrer festhalten und unter Zwang in den Norden Syriens zurückgeführt haben, was einen Verstoß gegen die internationale Verpflichtung der Türkei darstellt, niemanden an einen Ort zurückzubringen, an dem er einem realen Risiko von Verfolgung, Folter oder anderen Formen der Misshandlung ausgesetzt ist oder an dem sein Leben bedroht ist;

H. in der Erwägung, dass die Einrichtung von Sicherheitszonen in Syrien Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von im Zuge des Konflikts vertriebenen Menschen bzw. Menschen, die aus der Türkei umgesiedelt werden könnten, gibt; in der Erwägung, dass die Einrichtung solcher Zonen die Rechte der lokalen Bevölkerung verletzten, einen grundlegenden demografischen Wandel in diesem Gebiet bewirken und vor Ort auf Ablehnung und Widerstand stoßen würde; in der Erwägung, dass Sicherheitszonen im Zusammenhang mit militärischen Konflikten für Zivilisten oft zu „Kriegsgebieten“ werden;

I. in der Erwägung, dass der Rat den türkischen Militäreinsatz verurteilt und zugesagt hat, mit Blick auf den Verkauf von Waffen an die Türkei Schritte einzuleiten; in der Erwägung, dass einige EU-Mitgliedstaaten den Verkauf von Waffen an die Türkei gemäß den Bestimmungen des Gemeinsamen Standpunkts 2008/944/CFSP des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern bereits offiziell ausgesetzt haben;

J. in der Erwägung, dass die Zollunion zwischen der Türkei und der EU 1995 in Kraft trat und seitdem unverändert fortbesteht; in der Erwägung, dass sich der Wert des bilateralen Handels seither um mehr als das Vierfache gesteigert hat; in der Erwägung, dass die Türkei im Jahr 2018 noch immer der fünftgrößte Handelspartner der EU war und dass die EU der mit Abstand wichtigste Handelspartner der Türkei und ihre wichtigste Quelle ausländischer Direktinvestitionen (ADI) ist; in der Erwägung, dass die EU die Initiative zur Modernisierung der Zollunion im Jahr 2018 aufgrund der beunruhigenden politischen Entwicklungen in der Türkei ausgesetzt hat;

K. in der Erwägung, dass die EU-Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei umfangreiche zusätzliche Mittel zur Unterstützung von Flüchtlingen in der Türkei bereitstellt und insgesamt Mittel in Höhe von 6 Mrd. EUR verwaltet; in der Erwägung, dass die Türkei infolge eines noch nie dagewesenen Zustroms von Menschen, die Zuflucht vor dem Krieg in Syrien suchen, derzeit mehr als 3,6 Millionen syrischen Flüchtlingen Zuflucht bietet; in der Erwägung, dass die Türkei lobenswerte Anstrengungen unternimmt, um diesen Flüchtlingen humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe zukommen zu lassen;

L. in der Erwägung, dass die Türkei nach wie vor ein wichtiger Partner der EU, ein Mitglied der NATO und ein wichtiger Akteur im Rahmen der syrischen Krise und in der Region ist; in der Erwägung, dass die Vertragsparteien gemäß Artikel 1 des NATO-Vertrags verpflichtet sind, alle internationalen Streitigkeiten, an denen sie beteiligt sind, mit friedlichen Mitteln beizulegen, ohne den Weltfrieden, die internationale Sicherheit und die internationale Gerechtigkeit zu gefährden, und in ihren internationalen Beziehungen von jeglicher Androhung oder Anwendung von Gewalt, die mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbar ist, abzusehen;

M. in der Erwägung, dass der offizielle Standpunkt der Europäischen Union nach wie vor darin besteht, sich für die Einheit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit des syrischen Staates einzusetzen; in der Erwägung, dass diese Ziele nur im Wege eines echten politischen Übergangs im Einklang mit der Resolution 2254 des UN-Sicherheitsrates und dem Genfer Kommuniqué von 2012, das von den syrischen Parteien im Rahmen des von den Vereinten Nationen geleiteten Genfer Prozesses ausgehandelt wurde, sichergestellt werden können;

N. in der Erwägung, dass die Regierung der Arabischen Republik Syrien und das syrische Verhandlungskomitee unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen eine Einigung über die Schaffung eines glaubwürdigen, ausgewogenen und inklusiven Verfassungsausschusses erzielt haben, der eine politische Lösung für den Krieg in Syrien erleichtern sollte;

O. in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft sowie die Einzelstaaten dazu verpflichtet sind, diejenigen, die für während des Syrien-Konflikts verübte Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte verantwortlich sind, zur Verantwortung zu ziehen, und zwar auch nach dem Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit und nach einzelstaatlichem Recht; in der Erwägung, dass dies entweder im Rahmen bestehender nationaler und internationaler Rechtsmittel, auch vor einzelstaatlichen Gerichten und internationalen Gerichtshöfen, oder vor noch einzurichtenden internationalen Ad-hoc-Strafgerichtshöfen geschehen kann; in der Erwägung, dass nicht nur die Täter strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können, sondern dass unter bestimmten Bedingungen auch Staaten für Verletzungen der nach den internationalen Verträgen und Abkommen geltenden Verpflichtungen belangt werden können, die in die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs fallen, darunter das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984 und die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948;

1. verurteilt die Invasion der Türkei im Nordosten Syriens entschieden als einen Verstoß gegen das Völkerrecht, der eine ernsthafte Bedrohung für die relative Stabilität und Sicherheit in der Region darstellt, zur massenhaften Vertreibung von Zivilisten führt und zum Wiedererstarken von Da’esh beitragen könnte, der nach wie vor eine Bedrohung für die Bürger in Syrien, der Türkei, der gesamten Region und der EU, aber auch weltweit darstellt; bedauert die Unzuverlässigkeit der Vereinigten Staaten als Verbündete, die sich in der Art und Weise niedergeschlagen hat, in der sie ihren Rückzug aus dem Nordosten Syriens angekündigt und vollzogen haben;

2. fordert die Türkei auf, ihrem Militäreinsatz im Nordosten Syriens unverzüglich und endgültig ein Ende zu setzen, einen dauerhaften Waffenstillstand zu verkünden und ihre gesamten Streitkräfte aus syrischem Hoheitsgebiet abzuziehen;

3. erkennt die SDF, insbesondere die ihnen angehörenden Frauen, an und würdigt sie für ihren entscheidenden Beitrag als Verbündete im Kampf gegen Da’esh und dafür, dass sie die Bedeutung der Freiheit und der bürgerlichen Rechte bei der Entwicklung des sozialen, politischen und kulturellen Lebens der mehrheitlich von Kurden bewohnten Region in Syrien bekräftigen;

4. in der Erwägung, dass sich die Vereinigten Staaten und die Türkei am 17. Oktober auf eine vorläufige Waffenruhe geeinigt haben; lehnt jedoch die in der Einigung enthaltenen Bestimmungen ab, durch die türkische Besetzung der „Sicherheitszone“ im Nordosten Syriens legitimiert wird; ist darüber hinaus zutiefst besorgt darüber, dass die Einigung nicht nur die Vertreibung der lokalen Bevölkerung, die sich aus Kurden, Jesiden und Assyrern sowie aus turkmenischen, armenischen, arabischen und anderen Minderheiten zusammensetzt, sondern auch deren Umsiedlung in die Gebiete mit arabischer Mehrheit vorsieht, was zu neuen Spannungen und Bedrohungen für die Sicherheit der Zivilbevölkerung führen würde; betont, dass es im Rahmen der Resolution 2254 des UN-Sicherheitsrates und des Genfer Kommuniqués von 2012 – das von den syrischen Parteien im Rahmen des von den Vereinten Nationen geleiteten Genfer Prozesses ausgehandelt wurde und die Grundlage für einen echten politischen Übergang bildet – eine umfassende politische Lösung für den syrischen Konflikt basierend auf der Anerkennung der Einheit, Souveränität und territorialen Integrität des syrischen Staates geben sollte, wobei die Rechte aller ethnischen und religiösen Gruppen der syrischen Gesellschaft uneingeschränkt zu achten sind;

5. begrüßt in diesem Zusammenhang die Einrichtung des Verfassungsausschusses und die Anstrengungen von Geir O. Pedersen, Sonderbeauftragter des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Syrien, was eine glaubwürdige, ausgewogene und inklusive Grundlage für den politischen Prozess zwischen Syrern, frei von externer Einflussnahme, bilden sollte; fordert, dass die SDF in diesen Prozess einbezogen werden; weist erneut darauf hin, dass eine nachhaltige Lösung des Konflikts nicht auf militärischem Wege erreicht werden kann, und fordert alle involvierten Parteien auf, den Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen umfassend Rechnung zu tragen und dementsprechend den Verpflichtungen nachzukommen, die Kampfhandlungen umgehend einzustellen, alle Belagerungen aufzuheben, den humanitären Helfern landesweit umfassenden, ungehinderten Zugang zu gewähren und ihnen den Schutz aller Parteien zukommen zu lassen;

6. lehnt die Pläne der Türkei, entlang der Grenze im Nordosten Syriens eine sogenannte Sicherheitszone einzurichten, entschieden ab; betont, dass jede Überführung syrischer Flüchtlinge oder Binnenvertriebener in diese Zone unter Zwang eine schwerwiegende Verletzung des vertraglich verankerten internationalen Flüchtlingsrechts, des humanitären Völkerrechts und des Grundsatzes der Nichtzurückweisung darstellen würde; weist erneut darauf hin, dass die Rückführung von Flüchtlingen sicher, freiwillig und in Würde erfolgen muss und dass derartige Maßnahmen angesichts der derzeitigen Umstände kategorisch ausgeschlossen sind; bekräftigt, dass die EU in diesen Gebieten keinerlei Stabilisierungs- oder Entwicklungshilfe leisten darf;

7. fordert die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, im Einklang mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/CFSP des Rates für die Dauer des türkischen Militäreinsatzes in Syrien im Rat eine für alle EU-Mitgliedstaaten geltende Initiative zur unverzüglichen und vollständigen Aussetzung aller Genehmigungen für Lieferungen von Waffen, einschließlich Technologien mit doppeltem Verwendungszweck, an die Türkei und andere an dem Konflikt in Syrien beteiligte Parteien, gegen die glaubwürdige Anschuldigungen in Bezug auf schwere Verstöße gegen das Völkerrecht vorliegen, einzubringen; begrüßt, dass einige Mitgliedstaaten bereits entsprechende Maßnahmen ergriffen haben;

8. fordert den Rat auf, individuelle und gezielte restriktive Maßnahmen, insbesondere das Einfrieren von Vermögenswerten und EU-Einreiseverbote, gegen jede Einzelperson oder Einheit zu verhängen, die für die Planung, Steuerung oder Begehung schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Militäreinsatz im Nordosten Syriens verantwortlich ist bzw. daran beteiligt war oder diese Taten unterstützt bzw. finanziert oder dazu beigetragen hat;

9. fordert den Rat auf, zur Verhinderung einer Eskalation im Nordosten Syriens als Abschreckungsmaßnahme die Aussetzung der Handelspräferenzen im Rahmen des Abkommens über landwirtschaftliche Erzeugnisse und als letztes Mittel die Aussetzung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei in Erwägung zu ziehen;

10. fordert den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit Nachdruck auf, rasch alle verfügbaren Instrumente einzusetzen, um die betroffenen Zivilisten zu schützen;

11. fordert die türkische Regierung und andere an dem Konflikt beteiligte Parteien auf, sich an das humanitäre Völkerrecht zu halten, wonach die einschlägigen Akteure alle erforderlichen Vorkehrungen treffen müssen, um zivile Opfer zu vermeiden, mutmaßliche rechtswidrige Angriffe zu untersuchen, vertriebene Menschen ausreichend zu unterstützen, sicherzustellen, dass Bodentruppen Anwohner, die sich zum Bleiben entschließen, nicht belästigen, willkürlich festnehmen oder misshandeln, und die Sicherheit des im Rahmen der humanitären Hilfe eingesetzten Personals zu gewährleisten;

12. verurteilt nachdrücklich die berichtete außergerichtliche Hinrichtung der bekannten kurdischen Politikerin Hevrîn Xelef durch Kämpfer der mit der Türkei verbündeten Gruppe Ahrar al-Scharqija; fordert, dass ihre Ermordung und weitere außergerichtliche Tötungen untersucht und die für diese Straftaten Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden;

13. ist äußerst besorgt über Vorwürfe, wonach türkische Streitkräfte und/oder ihre Stellvertretertruppen weißen Phosphor gegen Zivilpersonen eingesetzt haben, was nach dem Völkerrecht untersagt ist; unterstützt vorbehaltlos die Bemühungen der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW), die mit der Untersuchung des möglichen Einsatzes von weißem Phosphor begonnen hat; fordert, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden;

14. fordert die türkischen Staatsorgane mit Nachdruck auf, nicht gegen Journalisten und Menschenrechtsverteidiger vorzugehen, die bei der Berichterstattung über die Durchführung des Militäreinsatzes eine kritische Haltung einnehmen, und keine Repressalien gegen Akteure in der Türkei, wie etwa demokratisch gewählte kurdische Bürgermeister sowie Politiker und friedliche Aktivisten, zu ergreifen;

15. ersucht alle am Konflikt beteiligten Parteien – darunter die Türkei sowie die syrische Regierung und die kurdischen Streitkräfte –, lokalen und internationalen humanitären Organisationen ungehinderten Zugang gewähren;

16. fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, Notfallpläne für die Sicherheitsbedrohungen auszuarbeiten, die von der möglichen Rückkehr ausländischer Kämpfer von Da’esh ausgehen, und die Strafverfolgung dieser Personen für die von ihnen begangenen Gräueltaten im Einklang mit internationalen Normen fortzusetzen; hebt darüber hinaus die humanitäre Pflicht zur sicheren Rückführung der Kinder von EU-Bürgern hervor;

17. befürwortet die Zusage der EU, den Nachbarländern Syriens, die noch immer Millionen Flüchtlingen Zuflucht bieten, insbesondere der Türkei, auch künftig humanitäre Hilfe bereitzustellen; hält es für nicht hinnehmbar, dass Präsident Erdoğan Flüchtlinge als Waffe einsetzt um die EU zu erpressen; fordert die Mitgliedstaaten auf, sich viel stärker für eine gemeinsame Übernahme der Verantwortung einzusetzen, damit Flüchtlinge aus den syrischen Kriegsgebieten im Zuge von Neuansiedlungsmaßnahmen, der Schaffung humanitärer Korridore, Maßnahmen zur Aufnahme aus humanitären Gründen, einer vereinfachten Familienzusammenführung sowie flexibleren Visumregelungen auch über die unmittelbaren Nachbarstaaten hinaus Schutz erhalten können; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, der kurdischen Regionalregierung im Irak zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie in der Lage ist, den Zustrom von Flüchtlingen aus Syrien zu bewältigen;

18. stellt fest, dass die Sicherheitsbedenken der Türkei legitim sind, weist jedoch mit Nachdruck darauf hin, dass diesen Bedenken im Einklang mit dem Völkerrecht, einschließlich des humanitären Rechts, mit politischen und diplomatischen Mitteln, nicht jedoch mit militärischen Maßnahmen zu begegnen ist;

19. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Sondergesandten der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga für Syrien sowie den am Konflikt in Syrien beteiligten Parteien zu übermitteln.

 

 

Letzte Aktualisierung: 23. Oktober 2019
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