ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Venezuela nach der unrechtmäßigen Wahl des neuen Vorsitzes und des neuen Präsidiums der Nationalversammlung („parlamentarischer Staatsstreich“)
13.1.2020 - (2020/2507(RSP))
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Esteban González Pons, Antonio Tajani, Michael Gahler, Dolors Montserrat, Sandra Kalniete, David McAllister, Željana Zovko, Leopoldo López Gil, Antonio López-Istúriz White, Pilar del Castillo Vera, Javier Zarzalejos, Francisco José Millán Mon, Juan Ignacio Zoido Álvarez, Nuno Melo, Paulo Rangel, Isabel Wiseler-Lima, Ivan Štefanec, Vladimír Bilčík, Stelios Kympouropoulos, Esther de Lange, Cláudia Monteiro de Aguiar
im Namen der PPE-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0048/2020
B9-0048/2020
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Venezuela nach der unrechtmäßigen Wahl des neuen Vorsitzes und des neuen Präsidiums der Nationalversammlung („parlamentarischer Staatsstreich“)
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Venezuela, insbesondere auf die Entschließung vom 31. Januar 2019[1], in der es Juan Guaidó als Interimspräsident Venezuelas anerkannt hat,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) vom 5. Januar 2020 zu den Ereignissen in der Nationalversammlung Venezuelas,
– unter Hinweis auf die Erklärung des HR/VP vom 9. Januar 2020 zu den jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit der Nationalversammlung,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Generalsekretariats der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) vom 5. Januar 2020 zur Lage in Venezuela,
– unter Hinweis auf die Erklärung der internationalen Kontaktgruppe für Venezuela vom 9. Januar 2020,
– unter Hinweis auf die Verfassung Venezuelas,
– unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs,
– gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Abgeordneten gemäß der Verfassung Venezuelas jährlich am 5. Januar ihren Vorsitzenden und ihr Präsidium für eine Amtszeit von einem Jahr wählen;
B. in der Erwägung, dass das rechtswidrige Maduro-Regime im Zusammenhang mit der geplanten Wahl des Präsidenten der Nationalversammlung Venezuelas am 5. Januar 2020 den Versuch eines parlamentarischen Staatsstreichs unternahm und die Wahl von schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten und Angriffen auf die demokratische und verfassungsmäßige Arbeitsweise der Nationalversammlung gekennzeichnet war;
C. in der Erwägung, dass der Präsident der Versammlung, Juan Guaidó, von Sicherheitskräften gewaltsam davon abgehalten wurde, den Vorsitz der Sitzung zu führen, und dass zahlreichen Abgeordneten der Zutritt zur Nationalversammlung und der lokalen sowie der internationalen Presse der Zutritt zum Gebäude verwehrt wurde;
D. in der Erwägung, dass die Versuche zur Ernennung eines Maduro wohlgesonnenen neuen Präsidiums scheiterten, da die Sitzung nie formell eröffnet wurde und keinen Vorsitz hatte, keine Ermittlung der Beschlussfähigkeit stattfand und keine formelle namentliche Abstimmung abgehalten wurde, was nach den Artikeln 7, 8 und 11 der Geschäftsordnung der Nationalversammlung und Artikel 221 der Verfassung Venezuelas vorgeschrieben ist;
E. in der Erwägung, dass eine überwältigende Mehrheit der Abgeordneten unter dem Zwang der Umstände einige Stunden später eine außerordentliche Sitzung im Hauptsitz der Zeitung El Nacional abhielt, die mit der Verfassung Venezuelas und der Geschäftsordnung der Nationalversammlung, gemäß denen die Abhaltung von Sitzungen außerhalb der Räumlichkeiten der Legislative erlaubt ist, im Einklang stand; in der Erwägung, dass 100 der 167 Abgeordneten für die Wiederwahl Juan Guaidós und seines Präsidiums als Vorsitzende für das letzte Jahr der Wahlperiode 2015–2020 gestimmt haben, womit die Anforderungen an das erforderliche Quorum und die namentliche Abstimmung nach Artikel 221 der Verfassung Venezuelas erfüllt wurden;
F. in der Erwägung, dass die formelle Sitzung der Nationalversammlung vom 7. Januar 2020 mit der Vereidigung Juan Guaidó als Präsident abgeschlossen wurde, obwohl die Streitkräfte des Maduro-Regimes versuchten, die Sitzung zu verhindern, unter anderem indem sie den Eingang zum Gebäude blockierten und den Strom im Gebäude abstellten;
G. in der Erwägung, dass die anhaltenden Angriffe gegen die gewählten Mitglieder der Nationalversammlung, einschließlich Folter, Schikanierung, Fälle von Verschwindenlassen und willkürliche Festnahmen, die Nationalversammlung an ihrer verfassungsmäßigen Arbeit hindern;
H. in der Erwägung, dass sich die politische, wirtschaftliche, institutionelle, soziale und multidimensionale humanitäre Krise bedenklich verschlimmert hat; in der Erwägung, dass der sich verschärfende Mangel an Arznei- und Nahrungsmitteln, massive Verstöße gegen die Menschenrechte, eine Hyperinflation, politische Unterdrückung, Korruption und Gewalt das Leben von Menschen gefährden und sie zwingen, aus dem Land zu fliehen;
1. erkennt Juan Guaidó nach der transparenten und demokratischen Abstimmung der Nationalversammlung erneut als rechtmäßigen Präsidenten der Nationalversammlung Venezuelas und als rechtmäßigen Interimspräsidenten der Bolivarischen Republik Venezuela im Einklang mit Artikel 223 der Verfassung Venezuelas an;
2. verurteilt den versuchten parlamentarischen Staatsstreich des Maduro-Regimes und seiner Verbündeten und deren Versuche, die Nationalversammlung – das einzige rechtmäßige demokratische Organ Venezuelas – daran zu hindern, das ihr von der venezolanischen Bevölkerung verliehene verfassungsmäßige Mandat ordnungsgemäß auszuüben, aufs Schärfste;
3. bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung für die Nationalversammlung, die das einzige rechtmäßig gewählte demokratische Organ Venezuelas ist und deren Befugnisse, einschließlich der Vorrechte und der Sicherheit ihrer Mitglieder, geachtet werden müssen; beharrt darauf, dass nur dann eine friedliche und politische Lösung erzielt werden kann, wenn die verfassungsmäßigen Vorrechte der Nationalversammlung uneingeschränkt geachtet werden;
4. verweist darauf, dass die Achtung der demokratischen Institutionen und Grundsätze sowie die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit grundlegende Voraussetzungen dafür sind, dass eine Lösung der Krise in Venezuela im Interesse der Bevölkerung des Landes erzielt werden kann;
5. fordert den Übergang zur Demokratie mittels des Fahrplans, der darin besteht, dass der gesetzeswidrigen Machtergreifung ein Ende gesetzt wird, eine Übergangsregierung eingesetzt wird und Bedingungen geschaffen werden, die zu freien, transparenten und glaubwürdigen Präsidentschaftswahlen auf der Grundlage eines festgelegten Zeitplans, fairer Bedingungen für alle Akteure, von Transparenz und der Anwesenheit glaubwürdiger internationaler Beobachter führen;
6. fordert jene Mitgliedstaaten, die das rechtmäßige Mandat Präsident Guaidós noch nicht anerkannt haben, auf, dies nachzuholen, und begrüßt, dass der Hohe Vertreter ihn als die einzige von der EU anerkannte demokratische Führungsperson anerkannt hat;
7. fordert die Entsendung einer Delegation zu einer Informationsreise in das Land, damit sie die Lage bewertet;
8. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem rechtmäßigen Interimspräsidenten der Republik und der Nationalversammlung der Bolivarischen Republik Venezuela, den Regierungen und Parlamenten der Länder der Lima-Gruppe, der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika und dem Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten zu übermitteln.
- [1] Angenommene Texte, P8_TA(2019)0061.