Entschließungsantrag - B9-0206/2020Entschließungsantrag
B9-0206/2020

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu einer umfassenden Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung – der Aktionsplan der Kommission und andere aktuelle Entwicklungen

1.7.2020 - (2020/2686(RSP))

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Gunnar Beck, Hélène Laporte, Herve Juvin, Marco Zanni
im Namen der ID-Fraktion

Verfahren : 2020/2686(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0206/2020
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B9-0206/2020

Entschließung des Europäischen Parlaments zu einer umfassenden Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung – der Aktionsplan der Kommission und andere aktuelle Entwicklungen

(2020/2686(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 7. Mai 2020 zu einem Aktionsplan für eine umfassende Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (COM(2020)2800),

 unter Hinweis auf die Antwort der Kommission auf die Anfrage zur schriftlichen Beantwortung E‑002805/2019,

 unter Hinweis auf die Antwort, die von der Kommission in der Sitzung seines Ausschusses für Wirtschaft und Währung vom 5. September 2019 zur Frage der Prüfung nichtstaatlicher Organisationen auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung formuliert wurde,

 unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 24. Juli 2019 über die Bewertung der mit grenzüberschreitenden Tätigkeiten im Zusammenhang stehenden Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung für den Binnenmarkt (COM(2019)0370),

 unter Hinweis auf die von der Financial Action Task Force (FATF) im Juni 2015 ausgesprochene Empfehlung VIII zur Bekämpfung des Missbrauchs gemeinnütziger Einrichtungen,

 unter Hinweis auf den Jahresbericht 2017 des maltesischen Kommissars für ehrenamtlich tätige Einrichtungen,

 unter Hinweis auf den Sonderbericht Nr. 35/2018 des Europäischen Rechnungshofs vom 18. Dezember 2018 mit dem Titel „Transparenz der von NRO verwendeten EU-Mittel: weitere Anstrengungen erforderlich“, in dem gefordert wird, dass die EU eine Legaldefinition für nichtstaatliche Organisationen abfasst,

 unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C‑78/18, Europäische Kommission/Ungarn[1],

 unter Hinweis auf die Erklärung des Rates und der Kommission vom 8. Juli 2020 zu einer umfassenden Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung – der Aktionsplan der Kommission und andere aktuelle Entwicklungen,

 gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) nichtstaatliche Organisationen im Rahmen der Bekämpfung der Geldwäsche als risikobehaftet einstufen – sei es, weil sie terroristischen Vereinigungen als Tarnung für die Beschaffung und den Transfer von Geldern dienen, oder weil sie als gesetzeskonform handelnde Unternehmen die Ziele terroristischer Vereinigungen indirekt unterstützen;

B. in der Erwägung, dass die Europäische Union strenge Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verabschiedet hat;

1. bedauert, dass nichtstaatliche Organisationen nach der fünften Geldwäscherichtlinie und den internationalen Standards der FATF nach wie vor nicht als Verpflichtete gelten und dass sie als Kunden von Banken, Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern nur am Rande der Kundensorgfaltspflicht unterliegen, obwohl Europol und Eurojust aufgrund ihrer Erkenntnisse zu dem Schluss kommen, dass diese Organisationen im Rahmen der Geldwäschebekämpfung risikobehaftet sind;

2. ist besorgt über die Bemerkungen, die von der Kommission am 5. September 2019 vor seinem Ausschuss für Wirtschaft und Währung vorgetragen wurden und wonach „sie nicht den Eindruck erwecken wollte, dass Organisationen dieser Art illegalen Aktivitäten nachgehen“, was den Eindruck erweckt, dass diese Organisationen eine Vorzugsbehandlung vonseiten der Regulierungs- und Aufsichtsbehörden genießen und dass Wirtschaftssubjekte, die im Rahmen der Geldwäschebekämpfung bereits von den Aufsichtsbehörden kontrolliert werden, in gewisser Weise kriminalisiert werden; betont, dass sich dieser Eindruck leicht vermeiden ließe, wenn ein geeignetes System zur Bekämpfung der Geldwäsche für nichtstaatliche Organisationen bestünde;

3. bedauert, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C‑78/18 entschieden hat, dass die ungarischen Transparenzanforderungen für nichtstaatliche Organisationen, die ein nützliches Instrument zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung hätten sein können, gegen EU-Recht verstoßen; betont, dass der in Artikel 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankerte freie Kapitalverkehr und Artikel 7, 8 und 12 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht so ausgelegt werden sollten, dass Geldwäsche erleichtert wird; ist erstaunt über die Argumentation des Gerichtshofs betreffend die Auslegung von Artikel 65 Absatz 1 Buchstabe b AEUV, wonach Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung an sich keine hinreichend schwere Gefährdung darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.; bedauert, dass diesem Urteil zufolge nichtstaatliche Organisationen offenbar über dem Gesetz stehen;

4. erinnert daran, dass aus dem Jahresbericht 2017 des maltesischen Kommissars für ehrenamtlich tätige Einrichtungen, der von MONEYVAL unterstützt wird, eindeutig hervorgeht, dass gemeinnützige Organisationen anfällig für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sind, was im Widerspruch zu der Behauptung der Kommission in ihrer Antwort auf die Anfrage zur schriftlichen Beantwortung E‑002805/2019 zu stehen scheint, dass das Ausmaß der Bedrohung durch Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und die diesbezügliche Anfälligkeit solcher Organisationen als „weniger bedeutend“ eingestuft werden;

5. fordert die Kommission auf, eine offizielle Definition für nichtstaatliche Organisationen vorzulegen, weil das Fehlen einer solchen Definition die Bemühungen vereitelt, die Transparenz und die finanzielle Rechenschaftspflicht nichtstaatlicher Organisationen wirksam zu reglementieren;

6. begrüßt die Absicht der Kommission, zu prüfen, ob das derzeitige Spektrum privater Akteure, die den Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung unterliegen, angemessen ist, und aus den Erfahrungen der Mitgliedstaaten zu lernen; bedauert, dass die Erfahrungen Ungarns nicht berücksichtigt werden; fordert die Kommission auf, nichtstaatliche Organisationen in die Begriffsbestimmung für Verpflichteten gemäß der Geldwäscherichtlinie einzubeziehen, ihre Finanzierung und ihre Ausgaben gründlich zu prüfen und weitreichende Transparenzvorschriften zu erlassen;

7. ist der Ansicht, dass nichtstaatliche Organisationen die Empfehlungen der FATF zur Verhinderung von Aktivitäten zur Terrorismusfinanzierung befolgen sollten und dass die Mitgliedstaaten die Angemessenheit ihrer Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Bezug auf Einrichtungen, die für Zwecke der Terrorismusfinanzierung missbraucht werden könnten, einschließlich nichtstaatlicher Organisationen, überprüfen müssen, wie es von Marco Letizi, dem Sachverständigen der Kommission für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, vorgeschlagen wurde;

8. fordert die Kommission nachdrücklich auf, bei Beratungen über Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und bei deren Formulierung nicht mit nichtstaatlichen Organisationen zusammenzuarbeiten, die nicht genau überprüft worden sind und die keine Angaben zur Herkunft ihrer Mittel und zu ihren Ausgaben gemacht haben;

9. ist besorgt darüber, dass die für das erste Quartal 2021 angekündigte Annahme eines Legislativvorschlags zur Einführung einer Aufsicht über die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf EU-Ebene die Zuständigkeit der nationalen Aufsichtsbehörden weiter aushöhlt; ist der Ansicht, dass das Scheitern einer begrenzten Zahl nationaler Aufsichtsbehörden bei der Bekämpfung der Geldwäsche keine EU-weite Übertragung von Zuständigkeiten von der nationalen auf die europäische Ebene rechtfertigt; ist erstaunt darüber, dass die Kommission angesichts der anhaltenden Staatsschulden- und Bankenkrise in der EU die Funktionsweise des einheitlichen Aufsichtsmechanismus und des Einheitlichen Abwicklungsausschusses als vorbildlich darlegt; lehnt die Einrichtung eines weiteren Aufsichtsorgans auf EU-Ebene ab; ist der Ansicht, dass sich Leitlinien zur Anwendung des EU-Rechts für die Aufgabe, die Geldwäschebekämpfung in ihrer praktischen Umsetzung zu harmonisieren, viel besser eignen;

10. betont, dass die EU-Liste der Drittländer mit hohem Risiko, die in ihren Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung strategische Mängel aufweisen, nicht glaubwürdig ist, und betont in diesem Zusammenhang, dass mehrere Länder, bei denen es sich laut den Empfehlungen der FATF um Risikostaaten handelt, vermutlich aufgrund starken politischen Drucks nicht in diese Liste aufgenommen wurden, wohingegen andere Länder, die eine positive Bewertung erhielten, in die Liste aufgenommen wurden;

11. stellt fest, dass jüngsten Untersuchungen zufolge Geldtransferdienste, die häufig von Einwanderern genutzt werden, um Geld in ihre Heimatländer zu schicken, eine ernsthafte Bedrohung insofern darstellen, als nachgewiesen wurde, dass diese Dienste zu Zwecken der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung genutzt werden; stellt ferner fest, dass Quellen aus dem Bereich der Strafverfolgung den für die Überwachung der Geldtransfernetze zuständigen Behörden vorgeschlagen haben, einen auf Freiwilligkeit beruhenden sanften Ansatz zu verfolgen, da diese Unternehmen üblicherweise im Eigentum von Einwanderergemeinschaften stehen und von diesen genutzt werden und ein strengerer Ansatz Kritik im Zusammenhang mit Rassismus und Diskriminierung hätte hervorrufen können;

12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Rat, dem Rat, der Kommission und der Financial Action Task Force zu übermitteln.

 

Letzte Aktualisierung: 6. Juli 2020
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