Entschließungsantrag - B9-0309/2020Entschließungsantrag
B9-0309/2020

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu der Rechtsstaatlichkeit und den Grundrechten in Bulgarien

2.10.2020 - (2020/2793(RSP))

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Juan Fernando López Aguilar
im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres


Verfahren : 2020/2793(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0309/2020
Eingereichte Texte :
B9-0309/2020
Angenommene Texte :

B9-0309/2020

Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Rechtsstaatlichkeit und den Grundrechten in Bulgarien

(2020/2793(RSP))

Das Europäische Parlament,

 gestützt auf die Artikel 2, 3, 4, 6, 7, 9 und 10 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und Artikel 20 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

 unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

 unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte,

 unter Hinweis auf die Entscheidung der Kommission vom 13. Dezember 2006 zur Einrichtung eines Verfahrens für die Zusammenarbeit und die Überprüfung der Fortschritte Bulgariens bei der Erfüllung bestimmter Vorgaben in den Bereichen Justizreform und Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens[1], die entsprechenden Jahresberichte für den Zeitraum 2007–2019 und den Bericht der Kommission vom 22. Oktober 2019 über Bulgariens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens (COM(2019)0498),

 unter Hinweis auf die am 20. Mai 2020 im Rahmen des Europäischen Semesters veröffentlichten länderspezifischen Empfehlungen zu Bulgarien (COM(2020)0502),

 unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 5. November 2009 in der Rechtssache Kolevi / Bulgarien[2],

 unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 1. Juli 2014 in der Rechtssache Dimitrov und andere / Bulgarien[3],

 unter Hinweis auf die Stellungnahme der Venedig-Kommission vom 9. Dezember 2019 zu dem Entwurf von Änderungen an der Strafprozessordnung und dem Gerichtsverfassungssystem Bulgariens hinsichtlich strafrechtlicher Ermittlungen gegen hochrangige Richter,

 unter Hinweis auf die Stellungnahme der Venedig-Kommission vom 9. Oktober 2017 zum Gerichtsverfassungsgesetz Bulgariens,

 unter Hinweis auf die gemeinsame Stellungnahme der Venedig-Kommission und des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der OSZE vom 19. Juni 2017 zum bulgarischen Wahlgesetz,

 unter Hinweis auf die Stellungnahme der Venedig-Kommission vom 23. Oktober 2015 zu dem Entwurf des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Verfassung (im Bereich der Justiz) der Republik Bulgarien,

 unter Hinweis auf die Entscheidung des Ministerkomitees des Europarats vom 3. September 2020 über die Vollstreckung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Rechtssachen S. Z. / Bulgarien und Kolevi / Bulgarien,

 unter Hinweis auf den Jahresbericht 2020 der Partnerorganisationen der Plattform des Europarats zur Förderung des Schutzes des Journalismus und der Sicherheit von Journalisten,

 unter Hinweis auf die Resolution 2296 (2019) der Parlamentarischen Versammlung des Europarats vom 27. Juni 2019 zum Dialog mit Bulgarien über die Nachbegleitung,

 unter Hinweis auf das Vorgehen des Europarats gegen Wirtschaftskriminalität und Korruption („Action against Economic Crime and Corruption“),

 unter Hinweis auf den zweiten Bericht der Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO) des Europarats über die Einhaltung der Regeln durch Bulgarien vom 6. Dezember 2019,

 unter Hinweis auf die Erklärung der Menschenrechtskommissarin des Europarats vom 3. September 2020 zur Polizeigewalt gegen Journalisten in Bulgarien und ihren im Anschluss an ihren Besuch in Bulgarien vom 25. bis 29. November 2019 verfassten Bericht,

 unter Hinweis auf die Erklärung des OSZE-Beauftragten für Medienfreiheit vom 18. März 2020 zu dem brutalen Angriff auf den bulgarischen Journalisten Slavi Angelov,

 unter Hinweis auf die Erklärung des Vorsitzes der Konferenz der internationalen nichtstaatlichen Organisationen des Europarats vom 9. Juli 2020 zu den vorgeschlagenen Änderungen am bulgarischen Gesetz über gemeinnützige juristische Personen,

 unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für Rassismus und des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Minderheitenfragen vom 13. Mai 2020,

 unter Hinweis auf die Erklärung der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über Gewalt gegen Frauen, deren Ursachen und deren Folgen vom 21. Oktober 2019,

 unter Hinweis auf die abschließenden Bemerkungen der Vertragsorgane der Vereinten Nationen zu Bulgarien,

 unter Hinweis auf den am 17. August 2020 unterbreiteten Vorschlag für eine neue Verfassung der Republik Bulgarien,

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. Mai 2018 zu Freiheit und Pluralismus der Medien in der Europäischen Union[4],

 unter Hinweis auf seine Aussprache vom 5. Oktober 2020 über Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte in Bulgarien,

 unter Hinweis auf die am 10. September 2020 im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres erfolgte Erörterung des Sachstands in Bezug auf das Kooperations- und Kontrollverfahren,

 unter Hinweis auf die Aussprachen, die von der Gruppe zur Beobachtung der Wahrung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte seit ihrer Einsetzung durch den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres am 5. September 2019 durchgeführt wurden, insbesondere die Aussprache vom 28. August 2020 zur Lage in Bulgarien,

 gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass sich die Europäische Union auf folgende Werte gründet: Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören; in der Erwägung, dass diese Werte allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam sind, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet (Artikel 2 EUV);

B. in der Erwägung, dass die Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Demokratie, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten sowie der in den Verträgen der EU und völkerrechtlichen Übereinkünften auf dem Gebiet der Menschenrechte verankerten Werte und Grundsätze für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten bindende Wirkung haben und eingehalten werden müssen;

C. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 6 Absatz 3 EUV die Grundrechte, wie sie in der EMRK verankert sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts sind;

D. in der Erwägung, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und die darin verankerten Grundsätze zum Primärrecht der Union gehören;

E. in der Erwägung, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie die Freiheit und Pluralität der Medien in Artikel 11 der Charta der Grundrechte und Artikel 10 der EMRK festgeschrieben sind;

F. in der Erwägung, dass die Unabhängigkeit der Justiz eine wesentliche Voraussetzung des demokratischen Grundsatzes der Gewaltenteilung ist und in Artikel 19 Absatz 1 EUV, Artikel 47 der Charta der Grundrechte und Artikel 6 der EMRK verankert ist;

G. in der Erwägung, dass die Union auf dem gegenseitigen Vertrauen in Bezug darauf beruht, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und den Grundrechten handeln, wie dies in der EMRK und der Charta der Grundrechte verankert ist;

H. in der Erwägung, dass die Rechtsstaatlichkeit einer der gemeinsamen Werte ist, auf die sich die Union gründet, und eine Voraussetzung für das wirksame Funktionieren der gesamten Union; in der Erwägung, dass gemäß den Verträgen die Kommission gemeinsam mit dem Parlament und dem Rat dafür zu sorgen hat, dass das Rechtsstaatsprinzip als grundlegender Wert der Union gewahrt wird und das Unionsrecht sowie die Werte und Grundsätze der Union geachtet werden;

I. in der Erwägung, dass sich die systematische Weigerung eines Mitgliedstaats, die Grundwerte der Europäischen Union und die Verträge, denen er freiwillig beigetreten ist, zu achten, auf die Union als Ganzes auswirkt und diese bedroht; in der Erwägung, dass eine mangelnde Reaktion auf eine solche Situation die Glaubwürdigkeit der Union beschädigen würde;

J. in der Erwägung, dass die Venedig-Kommission und das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der OSZE festgestellt haben, dass das bulgarische Wahlgesetz die sprachliche Vielfalt und das Wahlrecht der im Ausland lebenden Bürger beeinträchtigt[5];

K. in der Erwägung, dass es in den letzten Jahren zu einer Reihe von Vorfällen im Zusammenhang mit Hassreden gegen Minderheiten, auch von Regierungsmitgliedern, gekommen sein soll; in der Erwägung, dass die parlamentarische Immunität systematisch genutzt wird, um Mitglieder der bulgarischen Volksversammlung vor der Rechenschaftspflicht für Hassreden zu schützen[6];

L. in der Erwägung, dass sich die Berichte über den Missbrauch von EU-Geldern in Bulgarien in den letzten Jahren gehäuft haben und gründlich untersucht werden sollten; in der Erwägung, dass die bulgarischen Bürger in den letzten Monaten Zeugen einer großen Zahl an Vorwürfen hinsichtlich Korruption auf hoher Ebene geworden sind, von denen einige unmittelbar den Ministerpräsidenten betreffen; in der Erwägung, dass auch in den letzten Monaten in den internationalen Medien wiederholt über mögliche Verbindungen zwischen kriminellen Gruppen und öffentlichen Stellen in Bulgarien berichtet wurde;

M. in der Erwägung, dass diese Enthüllungen zu großen Demonstrationen und Protesten der Zivilgesellschaft geführt haben, die seit mehr als drei Monaten ununterbrochen andauern und bei denen die Bulgaren Gerechtigkeit, die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und eine unabhängige Justiz fordern und gegen die Aushöhlung der Demokratie und die grassierende Korruption protestieren; in der Erwägung, dass zu den Forderungen der Demonstranten der Rücktritt der Regierung und des Generalstaatsanwalts sowie sofortige Neuwahlen des Parlaments gehören; in der Erwägung, dass diesen Protesten angeblich mit unverhältnismäßiger Gewalt seitens der Strafverfolgungsbehörden begegnet worden ist;

N. in der Erwägung, dass der Minister des Innern, der Minister der Finanzen, der Minister für Wirtschaft und die Ministerin für Tourismus am 15. Juli 2020 und der Minister der Justiz am 26. August 2020 zurückgetreten sind;

O. in der Erwägung, dass der Ministerpräsident angekündigt hat, dass er nach den Wahlen zur Großen Nationalversammlung zurücktreten wird[7];

P. in der Erwägung, dass nach wie vor ernste Bedenken hinsichtlich der Korruptionsbekämpfung in Bulgarien bestehen; in der Erwägung, dass dies das Vertrauen der Bürger in die öffentlichen Institutionen zu untergraben droht;

Q. in der Erwägung, dass nach einer Eurobarometer-Sonderumfrage über die Ansichten der Unionsbürger zur Korruption, die im Juni 2020 veröffentlicht wurde, 80 % der befragten Bulgaren die Korruption in ihrem Land für weit verbreitet halten und 51 % der Auffassung sind, dass die Korruption in den letzten drei Jahren zugenommen hat;

R. in der Erwägung, dass Bulgarien auf dem Rechtsstaatlichkeitsindex 2020 des World Justice Project von insgesamt 128 Ländern den 53. Platz und innerhalb der Union den vorletzten Platz einnimmt; in der Erwägung, dass Bulgarien auf dem Anfang dieses Jahres veröffentlichten Korruptionswahrnehmungsindex 2019 von Transparency International auf der Liste derjenigen Region, die auch die Mitgliedstaaten der EU umfasst, an letzter Stelle steht und weltweit Platz 74 belegt;

S. in der Erwägung, dass eine lebendige Zivilgesellschaft und pluralistische Medien eine zentrale Rolle bei der Förderung einer offenen und pluralistischen Gesellschaft und der Beteiligung der Öffentlichkeit am demokratischen Prozess sowie beim Ausbau der Rechenschaftspflicht von Regierungen spielen; in der Erwägung, dass sich die Medienfreiheit in Bulgarien verschlechtert hat, wie das Ranking des Landes in den von Reporter ohne Grenzen veröffentlichten Berichten belegt; in der Erwägung, dass Bulgarien auf der Rangliste der Pressefreiheit 2020, die Ende April 2020 veröffentlicht wurde, weltweit auf Platz 111 rangiert und zum dritten Mal in Folge den letzten Platz unter den EU-Mitgliedstaaten belegt; in der Erwägung, dass die Plattform des Europarats zur Förderung des Schutzes des Journalismus und der Sicherheit von Journalisten drei Warnmeldungen der Stufe 1 enthält, bei denen vor schweren und schädlichen Verletzungen der Medienfreiheit gewarnt wird und auf die eine Antwort der staatlichen Stellen Bulgariens noch aussteht;

T. in der Erwägung, dass Bulgarien nach wie vor zahlreiche institutionelle Mängel aufweist, insbesondere im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Justiz, was auch von der Kommission im Laufe der Jahre in ihren Berichten im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens bestätigt wurde; in der Erwägung, dass die Kommission jedoch im letzten, am 22. Oktober 2019 veröffentlichten Bericht über das Kooperations- und Kontrollverfahren festgestellt hat, dass die Fortschritte, die Bulgarien im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens erzielt hat, ausreichend sind, um den Verpflichtungen nachzukommen, die das Land bei seinem Beitritt zur Union eingegangen ist, und daher die Aufhebung des Überwachungsmechanismus empfohlen hat; in der Erwägung, dass die Kommission, nachdem sie die Bemerkungen des Parlaments und des Rates berücksichtigt hat, noch eine endgültige Entscheidung über die Beendigung des Kooperations- und Kontrollverfahrens treffen muss; in der Erwägung, dass in einem Schreiben von Präsident Sassoli Unterstützung für die Beendigung des Kooperations- und Kontrollverfahrens ausgedrückt, jedoch auch betont wurde, dass die Verpflichtungen und Reformen umgesetzt bzw. durchgesetzt werden müssen, sowie besonders auf die Lage in Bezug auf die Unabhängigkeit der Justiz, die Korruption und die Medienfreiheit hingewiesen wurde;

U. in der Erwägung, dass der neue umfassende Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte, wie er vom Parlament befürwortet wird, mit seinem jährlichen Überwachungszyklus, der für alle Mitgliedstaaten gleichermaßen gelten würde, alle in Artikel 2 EUV verankerten Werte abdecken und letztlich die Kooperations- und Kontrollverfahren für Rumänien und Bulgarien ersetzen sollte;

1. bedauert zutiefst, dass die Entwicklungen in Bulgarien zu einer erheblichen Verschlechterung im Hinblick auf die Achtung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Grundrechte – einschließlich der Unabhängigkeit der Justiz, der Gewaltenteilung, der Korruptionsbekämpfung und der Medienfreiheit – geführt haben; bringt seine Solidarität mit dem bulgarischen Volk hinsichtlich dessen legitimen Forderungen und Bestrebungen nach Gerechtigkeit, Transparenz, Rechenschaftspflicht und Demokratie zum Ausdruck;

2. betont, wie überaus wichtig es ist, dafür zu sorgen, dass die in Artikel 2 EUV aufgeführten Werte uneingeschränkt geachtet werden und dass die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundrechte garantiert sind; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, die uneingeschränkte und bedingungslose Achtung dieser Werte und Rechte sicherzustellen;

3. nimmt den Vorschlag zur Kenntnis, die Große Nationalversammlung einzuberufen, um eine neue Verfassung anzunehmen; betont, dass jede Verfassungsreform Gegenstand einer gründlichen und inklusiven Debatte sein, auf angemessenen Konsultationen mit allen Interessenträgern, insbesondere der Zivilgesellschaft, gründen und mit einem möglichst breiten Konsens angenommen werden sollte; nimmt das Schreiben des Präsidenten der Volksversammlung an den Präsidenten der Venedig-Kommission vom 18. September 2020 zur Kenntnis, in dem ein offizielles Ersuchen um die Bereitstellung von Expertenunterstützung und die Abgabe einer Stellungnahme der Venedig-Kommission zu dem Entwurf einer neuen Verfassung der Republik Bulgarien unterbreitet wird; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, sich vor der endgültigen Annahme der entsprechenden Maßnahmen proaktiv um deren Bewertung durch die Venedig-Kommission und andere einschlägige Gremien internationaler Organisationen zu bemühen;

4. nimmt die Annahme von Änderungen des bulgarischen Wahlgesetzes in zweiter Lesung zur Kenntnis; nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass das bulgarische Parlament dabei ist, ein neues Wahlgesetz anzunehmen, wo doch in spätestens sieben Monaten ordentliche Parlamentswahlen stattfinden müssen; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, dafür zu sorgen, dass die Wahlgesetzgebung allen Empfehlungen der Venedig-Kommission und des BDIMR der OSZE in vollem Umfang entspricht, insbesondere was die Beständigkeit der grundlegenden Elemente des Wahlgesetzes betrifft, die weniger als ein Jahr vor einer Wahl nicht mehr geändert werden sollten;

5. ist zutiefst davon überzeugt, dass das bulgarische Parlament eine zentrale Rolle bei der Sicherstellung der Rechenschaftspflicht der Exekutive spielen sollte und Teil des Systems von Kontrolle und Gegenkontrolle ist, das notwendig ist, damit die Rechtsstaatlichkeit gewahrt werden kann; ist besorgt über die Praxis der Regierungsmehrheit, Rechtsvorschriften übereilt zu erlassen, oft ohne eine angemessene Debatte oder Konsultation von Interessenträgern; nimmt das äußert geringe Vertrauen der Öffentlichkeit in das bulgarische Parlament zur Kenntnis[8]; bedauert die jüngsten Einschränkungen, die Journalisten in den Räumlichkeiten der Volksversammlung auferlegt wurden, wodurch ihr Zugang zu den Mitgliedern des Parlaments und damit die Möglichkeit der Medien, die Arbeit der Legislative zu kontrollieren, eingeschränkt wird;

6. ist zutiefst besorgt darüber, dass einige systemische Probleme im Justizsystem, die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und von der Venedig-Kommission ermittelt wurden, nach wie vor ungelöst sind, insbesondere was die Bestimmungen über den Obersten Justizrat und den Generalstaatsanwalt betrifft, vor allem das Fehlen wirksamer Mechanismen für die Rechenschaftspflicht oder eine funktionierendes System von Kontrolle und Gegenkontrolle im Zusammenhang mit deren Tätigkeit; beharrt darauf, dass die staatlichen Stellen Bulgariens die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und die justizbezogenen Empfehlungen der Venedig-Kommission und der GRECO, insbesondere in Bezug auf den Obersten Justizrat und den Status des Generalstaatsanwalts, uneingeschränkt befolgen müssen, um die Unabhängigkeit der Justiz sicherzustellen; stellt fest, dass in dem Bericht der Kommission vom 22. Oktober 2019 über die Fortschritte in Bulgarien im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens erwähnt wird, dass in den Medien eine breit angelegte Debatte stattgefunden hat, bei der einige Interessenträger Bedenken hinsichtlich des Ernennungsverfahrens und des Hauptkandidaten für den Posten des Generalstaatsanwalts geäußert haben, und dass von Organisationen der Zivilgesellschaft Straßenproteste organisiert wurden;

7. ist besorgt darüber, dass Untersuchungen in Bezug auf Korruption auf hoher Ebene nicht zu greifbaren Ergebnissen führen; stellt fest, dass Korruption, Ineffizienz und mangelnde Rechenschaftspflicht in der Justiz weiterhin allgegenwärtige Probleme darstellen und dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Justizsystem nach wie vor gering ist, da die Ansicht herrscht, dass Richter anfällig für politischen Druck sind und in der Rechtsprechung mit zweierlei Maß messen; nimmt zur Kenntnis, dass die Zahl der gegen hochrangige Beamte und Personen von hohem öffentlichen Interesse eingeleiteten Untersuchungen zu Korruption auf hoher Ebene, einschließlich Fällen mit grenzübergreifenden Aspekten, gestiegen ist; verweist besorgt auf die Diskrepanzen zwischen den Entscheidungen der Gerichte der niedrigen und der höheren Instanzen, die auch dazu beitragen, dass keine rechtskräftigen und wirksamen Verurteilungen zustande kommen; weist darauf hin, dass ernsthafte, unabhängige und aktive Ermittlungen durchgeführt und Ergebnisse in den Bereichen Korruptionsbekämpfung, organisierte Kriminalität und Geldwäsche erzielt werden müssen, und dass die Vorwürfe der Korruption auf hoher Ebene infolge der im Sommer 2020 aufgetauchten Tonaufnahmen sowie im Zusammenhang mit den Skandalen „Apartment-Gate“ und „Guesthouse-Gate“, der Tankeraffäre, dem Fall „Rosenets Seaside Estate“ und dem Skandal um den mutmaßlich rechtswidrigen Transfer von Geldern aus der bulgarischen Entwicklungsbank – die allesamt darauf hindeuten, dass bei der Rechtsstaatlichkeit und den Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung in Bulgarien tiefgreifende und systemische Mängel herrschen – gründlich untersucht werden müssen; ist ferner besorgt über weniger prominente Beispiele für Defizite bei der Rechtsstaatlichkeit in Bulgarien, etwa den Umgang mit Eigentümern von Wohnungen in der Anlage „Sunset Resort“ in der Stadt Pomorie; begrüßt die Einrichtung einer neuen einheitlichen Agentur für Korruptionsbekämpfung in Bulgarien; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, dafür zu sorgen, dass die Agentur in der Lage ist, ihren umfassenden Zuständigkeitsbereich, zu dem die Verhinderung der Bildung illegaler Vermögenswerte sowie deren Untersuchung und Einziehung gehören, wirksam wahrzunehmen;

8. ist zutiefst besorgt über die gravierende Verschlechterung der Medienfreiheit in Bulgarien in den vergangenen zehn Jahren; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, ein günstiges Umfeld für die Meinungsfreiheit zu fördern, indem insbesondere die Transparenz der Eigentumsverhältnisse im Medienbereich erhöht und einer übermäßigen Konzentration des Eigentums an Medien und Vertriebsnetzen vorgebeugt wird, unter anderem indem der geltende Rechtsrahmen ordnungsgemäß angewendet wird und die strafrechtlichen Bestimmungen gegen Verleumdungsdelikte aufgehoben werden; betont, dass die Zusammensetzung und das Mandat des Rates für elektronische Medien unabhängiger und wirksamer gestaltet werden müssen; ist besorgt über die Berichte über die anhaltende Praxis der Einflussnahme auf die Medien, in deren Rahmen regierungsfreundliche Medien bei der Verteilung von EU-Mitteln bevorzugt behandelt werden;

9. weist darauf hin, dass der Schutz von Journalisten im ureigensten Interesse der Gesellschaft ist; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, den Schutz von Journalisten jederzeit sicherzustellen und somit deren Unabhängigkeit zu wahren; verurteilt aufs Schärfste die Fälle, in denen regierungskritische Journalisten zum Ziel von Verleumdungskampagnen wurden, und fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, diese undemokratischen Praktiken einzudämmen; bedauert die gewaltsamen Übergriffe auf Reporter und die Zerstörung ihrer technischen Ausrüstung; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens nachdrücklich auf, eine umfassende Untersuchung aller im Zusammenhang mit den Protesten stehenden Fälle von Gewalt gegen Journalisten einzuleiten; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, dafür zu sorgen, dass Polizeibeamte und andere Beamte die Pressefreiheit achten und Journalisten und Medienschaffenden ermöglichen, sicher über Demonstrationen zu berichten; betont, dass Gewalt durch Staatsbedienstete einen Verstoß gegen die Pflicht der Mitgliedstaaten darstellt, die Pressefreiheit zu wahren und für die Sicherheit von Journalisten zu sorgen[9];

10. fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, sämtlichen Warnungen, die auf der Plattform des Europarats zur Förderung des Schutzes des Journalismus und der Sicherheit von Journalisten übermittelt werden, vollständig und umfassend nachzugehen und den Empfehlungen der Menschenrechtskommissarin des Europarats uneingeschränkt nachzukommen, um ein sicheres Umfeld für Journalisten in Bulgarien zu schaffen;

11. bekundet der bulgarischen Bevölkerung seine uneingeschränkte Unterstützung für ihre berechtigten Forderungen und Bestrebungen nach Gerechtigkeit, Transparenz, Rechenschaftspflicht und Demokratie; ist fest davon überzeugt, dass friedliche Demonstrationen in jedem demokratischen Land ein Grundrecht sind, und unterstützt das Recht der Menschen, friedlich zu protestieren; verurteilt jegliche Form von Gewalt gegen friedliche Demonstrationen; betont, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit jederzeit geachtet werden müssen; betont, dass die Anwendung von Gewalt und die Ausübung unverhältnismäßiger Gewalt nicht hinnehmbar sind; ist bestürzt über die Vorwürfe der Anwendung von Gewalt gegen Frauen und Kinder, einschließlich Kindern mit Behinderungen; ist besorgt über die unrechtmäßigen und übermäßigen Kontrollen bei Privatunternehmen, die öffentlich ihre Unterstützung für die Proteste zum Ausdruck gebracht haben; verurteilt das gewaltsame und unverhältnismäßige Vorgehen der Polizei im Rahmen der Demonstrationen vom Juli, August und September 2020; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, für eine umfassende, transparente, unparteiische und wirkungsvolle Untersuchung der Polizeieinsätze zu sorgen;

12. verurteilt die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten unmenschlichen Bedingungen in bulgarischen Gefängnissen, darunter Überbelegung, schlechte sanitäre und materielle Bedingungen, begrenzte Möglichkeiten für Tätigkeiten außerhalb der Zelle, unzureichende medizinische Versorgung und die anhaltende Anwendung restriktiver Strafvollzugsregelungen[10];

13. bringt seine tiefe Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die staatlichen Stellen Bulgariens nach über 45 Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen Bulgarien ihrer Verpflichtung zur Durchführung wirksamer Ermittlungen nicht nachgekommen sind; ist der Ansicht, dass diese immer wieder auftretenden Mängel das Bestehen eines systemischen Problems offenbaren[11]; hebt hervor, dass dem Jahresbericht 2019 des Europarats über die Überwachung der Vollstreckung von Urteilen und Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zufolge bei 79 Grundsatzurteilen gegen Bulgarien die Umsetzung noch aussteht;

14. ist besorgt darüber, dass die Verfahrensrechte in Bulgarien trotz der verschiedenen EU-Richtlinien über Verfahrensrechte für Verdächtige und Beschuldigte, wie sie im Fahrplan von 2009 festgelegt sind, nicht ausreichend gewahrt werden; ist der Ansicht, dass dies tiefgreifende Auswirkungen auf die Grundrechte hat[12];

15. verurteilt alle Fälle von Hetze, Diskriminierung und Feindseligkeit gegen Menschen mit Roma-Hintergrund, Frauen, LGBTI-Personen und Angehörige anderer Minderheiten, die nach wie vor Anlass zu großer Sorge geben; fordert die staatlichen Stellen auf, energisch auf Fälle von Hetze – auch vonseiten hochrangiger Politiker – zu reagieren, den rechtlichen Schutz vor Diskriminierung und Hassverbrechen zu verbessern und derartige Verbrechen wirksam zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen; begrüßt das gerichtliche Verbot des jährlichen neonazistischen „Lukov-Marsches“ und die Einleitung einer Untersuchung gegen die dahinterstehende Organisation „BNU“; fordert die bulgarische Regierung auf, die Zusammenarbeit mit internationalen und lokalen Menschenrechtsbeobachtern zu verstärken und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechte von Minderheiten wirksam zu schützen, insbesondere das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Vereinigungsfreiheit, auch durch die Umsetzung der einschlägigen Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte[13]; fordert die staatlichen Stellen und Staatsbediensteten Bulgariens auf, alle Akte der Gewalt und der Hetze gegen Minderheiten aufs Schärfste zu verurteilen;

16. bedauert das Klima der Feindseligkeit gegen Menschen mit Roma-Hintergrund in einigen Gemeinschaften, in denen Roma leben, insbesondere gegen diejenigen, die ihr Zuhause infolge von Kundgebungen, die gegen ihre Gemeinschaften gerichtet waren, verlassen mussten; bedauert die Schikanierung und gewaltsame Vertreibung von Roma im Gebiet Voivodinovo; fordert die staatlichen Stellen auf, sich dringend mit der Lage der Betroffenen zu befassen; ist der Ansicht, dass entschlossene Maßnahmen zur Verbesserung der allgemeinen Wohnsituation von Menschen mit Roma-Hintergrund weitergeführt werden sollten; ist der Ansicht, dass die schulische Segregation von Kindern mit Roma-Hintergrund vollständig beseitigt werden muss; fordert die staatlichen Stellen auf, COVID-19-bedingter Hetze und Rassendiskriminierung gegen Menschen aus der Roma-Minderheit Einhalt zu gebieten und Polizeieinsätze gegen Roma-Viertel während der Pandemie einzustellen;

17. nimmt das Urteil des Verfassungsgerichts vom 27. Juli 2018 zur Kenntnis, das die Unvereinbarkeit des Übereinkommens von Istanbul mit der Verfassung Bulgariens betrifft; bedauert, dass diese Entscheidung Bulgarien daran hindert, das Übereinkommen zu ratifizieren; ist zutiefst besorgt über den anhaltenden negativen und auf Falschdarstellungen beruhenden öffentlichen Diskurs über das Übereinkommen, der durch eine breit angelegte Desinformations- und Verleumdungskampagne geprägt ist, nachdem mehrere Medien mit angeblichen Verbindungen zu Regierungs- und Oppositionsparteien negativ über das Thema berichtet hatten, wobei sich die Angelegenheit angesichts der Beteiligung von im bulgarischen Parlament vertretenen Politikern und politischen Parteien noch besorgniserregender darstellt; ist besorgt darüber, dass die anhaltend negative Haltung gegenüber dem Übereinkommen weiter zur Stigmatisierung von von geschlechtsspezifischer Gewalt bedrohten schutzbedürftigen Gruppen beiträgt – deren Lage sich durch die COVID-19-Maßnahmen und den Lockdown in ganz Europa, auch in Bulgarien, besonders verschärft hat – und dass das bei denjenigen, die geschlechtsspezifische Straftaten begehen, vorherrschende Gefühl der Straflosigkeit durch diese negative Haltung weiter befeuert und verstärkt wird; bedauert, dass sich die jüngsten Änderungen des Strafgesetzbuchs, mit denen härtere Strafen für geschlechtsspezifische Gewalt eingeführt wurden, als unzureichend erwiesen haben, um die Komplexität des Problems anzugehen und vor allem um derartiger Gewalt vorzubeugen; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens daher auf, die Prävention und Bekämpfung häuslicher Gewalt zu verstärken, das Notwendige zu tun, um die Ratifizierung des Übereinkommens von Istanbul zu ermöglichen, diejenigen Elemente des Übereinkommens umzusetzen, die mit der bulgarischen Verfassungsordnung im Einklang stehen, und gleichzeitig eine umfassendere Lösung für die verbleibenden Elemente anzustreben sowie die Zahl der Unterkünfte und anderen sozialen Dienste zu erhöhen, die für die Unterstützung der Opfer häuslicher Gewalt erforderlich sind;

18. vertritt die Auffassung, dass die Diskriminierung von Personen aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung oder Geschlechtsidentität sowohl rechtlich als auch praktisch in allen Bereichen beseitigt werden muss; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, das Gesetz zum Schutz vor Diskriminierung dahingehend zu ändern, dass die Geschlechtsidentität ausdrücklich als Diskriminierungsgrund aufgenommen wird; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, das derzeitige Strafgesetzbuch dahingehend zu ändern, dass auch Hassverbrechen und Hetze aufgrund der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität und des Ausdrucks der Geschlechtlichkeit sowie der Geschlechtsmerkmale einbezogen werden; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umzusetzen und in diesem Zusammenhang die Lage von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und Eltern zu berücksichtigen, damit ihr Recht auf gesetzliche und tatsächliche Freiheit von Diskriminierung umgesetzt wird, sowie einen angemessenen Rechtsrahmen einzurichten, der gleiche Rechte für alle Partnerschaften vorsieht;

19. ist besorgt darüber, dass Personen, die möglicherweise internationalen Schutz benötigen, an der Einreise in das bulgarische Hoheitsgebiet gehindert oder in einigen Fällen mit Gewalt ausgewiesen wurden, ohne dass ihnen die Möglichkeit gegeben wurde, Asyl oder eine individuelle Prüfung zu beantragen[14]; ist besonders besorgt über die beunruhigende Abschiebung von Mitgliedern der türkischen Opposition, die gegen internationale Verträge verstößt und ungeachtet gültiger Gerichtsbeschlüsse der zuständigen bulgarischen Gerichte durchgeführt wurde[15]; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, dafür zu sorgen, dass das Asylrecht und die Asylpraxis uneingeschränkt mit dem Besitzstand im Bereich Asyl und der Charta der Grundrechte in Einklang gebracht werden; fordert die Kommission auf, das Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien vorrangig zu behandeln;

20. bringt seine tiefe Besorgnis über die vorgeschlagenen Änderungen des Gesetzes über gemeinnützige juristische Personen zum Ausdruck, die ein äußerst feindliches Umfeld für zivilgesellschaftliche Organisationen mit gemeinnützigem Status, die ausländische Finanzmittel erhalten, schaffen würden und womöglich dem Grundsatz der Vereinigungsfreiheit und dem Recht auf Privatsphäre zuwiderlaufen würden[16]; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens nachdrücklich auf, die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gebührend zu berücksichtigen;

21. stellt fest, dass Bulgarien im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens gewisse Fortschritte erzielt hat; fordert die bulgarische Regierung auf, mit der Kommission gemäß dem im EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zusammenzuarbeiten und seinen Verpflichtungen fortwährend nachzukommen; fordert die staatlichen Stellen Bulgariens auf, von einseitigen Reformen abzusehen, die die Achtung der Rechtsstaatlichkeit, insbesondere die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung, gefährden würden; stellt fest, dass die Kommission erklärt hat, dass sie das Kooperations- und Kontrollverfahren für Bulgarien noch nicht beenden wird; fordert die Kommission auf, die Reform des Justizwesens und die Korruptionsbekämpfung in Bulgarien im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens weiterhin zu überwachen, solange noch kein für alle Mitgliedstaaten gleichermaßen anwendbarer vollständig funktionierender Mechanismus zur Überwachung der Achtung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechten vorhanden ist; fordert die Kommission darüber hinaus auf, gegebenenfalls auch weitere verfügbare Instrumente zu nutzen, etwa Vertragsverletzungsverfahren, den Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips und Haushaltsinstrumente, sobald sie zur Verfügung stehen;

23. betont, dass die bulgarische Regierung in Zusammenarbeit mit der Kommission dafür sorgen muss, dass die Verwendung von EU-Mitteln strenger kontrolliert wird, sowie unverzüglich den Bedenken nachgehen muss, wonach sich bestimmte mit der Regierungspartei in Verbindung stehende Kreise am Geld der Steuerzahler bereichern;

24. bekräftigt seinen Standpunkt zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz des Haushalts der Union im Fall von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten[17] sowie die Notwendigkeit, die Rechte der Begünstigten zu schützen, und fordert den Rat auf, so rasch wie möglich interinstitutionelle Verhandlungen aufzunehmen;

25. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und den Vereinten Nationen zu übermitteln.

 

 

Letzte Aktualisierung: 6. Oktober 2020
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