Entschließungsantrag - B9-0370/2020Entschließungsantrag
B9-0370/2020

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Überprüfung der Handelspolitik der EU

19.11.2020 - (2020/2761(RSP))

eingereicht im Anschluss an die Anfrage zur mündlichen Beantwortung B9-0024/2020
gemäß Artikel 136 Absatz 5 der Geschäftsordnung

Bernd Lange
im Namen des Ausschusses für internationalen Handel


Verfahren : 2020/2761(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0370/2020
Eingereichte Texte :
B9-0370/2020
Angenommene Texte :

B9-0370/2020

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Überprüfung der Handelspolitik der EU

(2020/2761(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 17. Mai 2020 mit dem Titel „Angepasstes Arbeitsprogramm 2020 der Kommission“ (COM(2020)0440 ) und die Absichtserklärung der Präsidentin Ursula von der Leyen gegenüber dem Präsidenten David Maria Sassoli und der Bundeskanzlerin Angela Merkel vom 16. September 2020 zur „Lage der Union 2020“,

 unter Hinweis auf das Konsultationspapier der Kommission vom 16. Juni 2020 mit dem Titel „Eine überarbeitete Handelspolitik für ein stärkeres Europa“,

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 27. Mai 2020 mit dem Titel „Die Stunde Europas – Schäden beheben und Perspektiven für die nächste Generation eröffnen“ (COM(2020)0456),

 unter Hinweis auf das Weißbuch zum Thema „Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen bei Subventionen aus Drittstaaten“ (COM(2020)0253),

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 14. Oktober 2015 mit dem Titel „Handel für alle – Hin zu einer verantwortungsbewussteren Handels- und Investitionspolitik“ (COM(2015)0497),

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. März 2020 mit dem Titel „Eine neue Industriestrategie für Europa“ (COM(2020)0102),

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. März 2020 mit dem Titel „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ (COM(2020)0103),

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2020 mit dem Titel „Gestaltung der digitalen Zukunft Europas“ (COM(2020)0067),

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640),

 unter Hinweis auf die Gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin/Vizepräsidentin vom 9. März 2019 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer umfassenden Strategie mit Afrika“ (JOIN(2020)0004),

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „,Vom Hof auf den Tisch‘ – eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem“ (COM(2020)0381),

 unter Hinweis auf das Übereinkommen, das auf der 21. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen geschlossen wurde (Übereinkommen von Paris),

 unter Hinweis auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und die Ziele für nachhaltige Entwicklung,

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Juli 2016 zu einer auf die Zukunft ausgerichteten innovativen Strategie für Handel und Investitionen[1], seine Entschließung vom 12. Dezember 2017 zu dem Thema „Auf dem Weg zu einer Strategie für den digitalen Handel“[2], seine Entschließung vom 28. November 2019 zum Klima- und Umweltnotstand[3], seine Entschließung vom 16. September 2020 zu der Rolle der EU beim Schutz und der Wiederherstellung der Wälder in der Welt[4], seine Entschließung vom 7. Oktober 2020 zur Umsetzung der gemeinsamen Handelspolitik – Jahresbericht 2018[5], seine Entschließung vom ... über eine neue Industriestrategie für Europa[6] und seine Entschließung vom ... über eine neue Strategie für europäische KMU[7],

 unter Hinweis auf die Erklärung der Kommission vom [...]. November 2020[8],

 unter Hinweis auf die Anfrage an die Kommission betreffend die Überprüfung der Handelspolitik der EU (O-000070/2020 – B9-0024/2020),

 gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

 unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für internationalen Handel,

A. in der Erwägung, dass es nach dem COVID-19-Ausbruch im Jahr 2020 zu Störungen bei den weltweiten Lieferketten und Fertigungslinien kam, was die Abhängigkeit der Europäischen Union von Bezugsquellen außerhalb der EU verdeutlicht hat, insbesondere in strategisch wichtigen Wirtschaftszweigen wie der Medizin- und Arzneimittelbranche;

B. in der Erwägung, dass Handelsregeln und -vorteile sowohl in Drittstaaten als auch in den Mitgliedstaaten auf den Prüfstand gestellt werden, und in der Erwägung, dass mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung neue Herausforderungen, etwa die Bekämpfung des Klimawandels, in der gesamte Außen- und Innenpolitik der EU durchgängige Berücksichtigung erfahren müssen;

C. in der Erwägung, dass die EU bei der Wettbewerbsfähigkeit bereits vor der Pandemie gegenüber anderen Volkswirtschaften zurückgefallen war; in der Erwägung, dass die durch die COVID-19-Pandemie verursachte Störung des internationalen Handels zwischenzeitlich die bereits erheblichen wirtschaftlichen Verluste verschärft hat;

D. in der Erwägung, dass die Europäische Union ein ressourcenarmer Kontinent und zugleich größter Handelsblock der Welt ist und sich somit in einer einzigartigen Position mit Blick auf eine weltweite Zusammenarbeit befindet, wenn es darum geht, im Einklang mit dem europäischen Grünen Deal eine nachhaltige Erholung der Weltwirtschaft zu erreichen;

E. in der Erwägung, dass die Überprüfung der Handelspolitik der EU und die Entwicklung einer bestimmteren EU-Handelsagenda zu einer Zeit erfolgen, in der weltweit zahlreiche von der Politik gelenkte Maßnahmen in den Bereichen Handel, Wirtschaft und Finanzen durchgeführt werden, die mit langfristigen Auswirkungen einhergehen;

Handel und offene strategische Autonomie

1. begrüßt die rechtzeitige Einleitung der Überprüfung der Handelspolitik der EU im Jahr 2020, womit auf die COVID-19-Pandemie, das weltweit zunehmende protektionistische Verhalten, das besonders schwierige Umfeld des internationalen Handels und die notwendige Einbeziehung des Handels in den europäischen Grünen Deal und die Ziele für nachhaltige Entwicklung reagiert wird und die damit einhergehende Lehren berücksichtigt werden, damit die wirtschaftliche Zusammenarbeit und der Handel fair, inklusiv und nachhaltig gestaltet werden können; hält es für wesentlich, dass die einschlägigen Generaldirektionen der Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst zu diesem Zweck koordiniert und Synergien zwischen ihnen geschaffen werden, was auch für die Handelspolitik und die Innenpolitik (z. B. Industrie, staatliche Beihilfen, Digitalisierung, Umwelt einschließlich Kreislaufwirtschaft und Soziales) gilt, und dass die Handelspolitik in die weiter gefasste Außenpolitik der EU integriert wird;

2. begrüßt die Debatte über das einzigartige Konzept der EU der „offenen strategischen Autonomie“ und fordert die Kommission auf, ausführlichere Informationen zu dessen Inhalt vorzulegen; stellt in diesem Zusammenhang fest, dass das Konzept mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der EU und ihrem Bekenntnis zu einem regelbasierten Ansatz in ihrer Handelspolitik und zu dem multilateralen Handelssystem, in deren Mittelpunkt die Welthandelsorganisation (WTO) steht, im Einklang stehen sollte; besteht darauf, dass mit der Handelsstrategie der EU die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der EU, was auch die Landwirtschaft einschließt, verbessert wird sowie menschenwürdige, hochwertige Arbeitsplätze geschaffen und die Arbeitnehmer geschützt werden und dass eine inklusive und nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft im Einklang mit dem europäischen Grünen Deal herbeigeführt wird und die Interessen und Werte der EU gefördert werden;

3. betont, dass die EU als einer der größten Handelsblöcke der Welt von einer stärkeren Nutzung des Euro im internationalen Handel profitieren würde, da auf diesem Wege das Wechselkursrisiko und andere währungsbedingte Kosten bei Handelsgeschäften verringert werden würden; hebt hervor, dass es nunmehr umso wichtiger ist, den Handel anzukurbeln, und dass die Handelsstrategie der EU potenziell erheblich zur Erholung nach der gegenwärtigen Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit und der Wirtschaft beitragen kann;

4. fordert die Kommission auf, zu analysieren, wie die Lieferketten der EU widerstandsfähiger gemacht und zugleich die Produktionskapazitäten in der Union ausgebaut werden können, indem mögliche Vorteile ausgelotet werden, die die strategische Bevorratung wesentlicher Güter für Notfälle auf der Ebene der EU mit sich bringt, und indem die Diversifizierung der Bezugsquellen gefördert wird, wobei auch das Konzept der Nahverlagerung und die besondere Funktion, die die Länder in der Nachbarschaft der EU in dieser Hinsicht übernehmen könnten, zu untersuchen sind;

5. betont, dass Rück- und Nahverlagerungen zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der EU beitragen sollten und nicht – wie eine eingehende branchenspezifische Analyse diesbezüglich zeigte – zu höheren Kosten für die Verbraucher führen dürfen; stellt fest, dass Maßnahmen zum Lieferkettenmanagement eine wichtige Aufgabe bei der wirtschaftlichen Erholung übernehmen können und dass Entscheidungen in jedem Fall in den Händen der betreffenden Wirtschaftsakteure verbleiben sollten;

6. fordert die Kommission auf, Wirtschaftszweige und Rohstoffe, die für Europa von strategischer Bedeutung sind, zu ermitteln und Unternehmen, insbesondere KMU, schwerpunktmäßig mit Blick auf die derzeitige Krise und mögliche künftige Entwicklungen aktiv zur Seite zu stehen, indem sie Unterstützung in den Bereichen Klimaneutralität, Rechenschaftspflicht und Nachhaltigkeit globaler Lieferketten sowie digitale Innovation bietet, wobei das Ziel verfolgt wird, die Ernährungssicherheit zu erhöhen, indem sogenannte Green Lanes (Sonderfahrspuren) offen gehalten und Lebensmittelwertschöpfungsketten transparenter gestaltet werden; betont, dass die EU in Bezug auf kritische Rohstoffe, die für den ökologischen und digitalen Wandel erforderlich sind, in hohem Maße von Drittländern abhängig ist; betont in diesem Zusammenhang, dass mit einem voll funktionsfähigen multilateralen Handelssystem in Kombination mit einem umfassenden Netz tragfähiger und gut umgesetzter Freihandelsabkommen am besten und am kostengünstigsten sichergestellt werden kann, dass verschiedene Produktionsquellen verfügbar sind; betont darüber hinaus, dass die Widerstandsfähigkeit durch ungehinderte Handelsströme, den Verzicht auf handelsbeschränkende Maßnahmen und eine engere Zusammenarbeit mit unseren Handelspartnern erhöht werden wird; ist der Ansicht, dass eine Zusammenarbeit mit unseren Handelspartnern auch mit Blick auf die Beseitigung von Handelshemmnissen von Nutzen wäre;

Multilaterales Handelssystem

7. bekräftigt, dass die EU einem offenen, regelbasierten multilateralen Handelssystem mit einer reformierten WTO verpflichtet ist, die als Garant für mehr Effizienz und Stabilität im Mittelpunkt steht; fordert die Kommission auf, ihr Engagement in internationalen Foren in enger Abstimmung mit anderen internationalen Lenkungsinstitutionen wie der Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) und der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zu intensivieren und eine ambitionierte Modernisierung, Stärkung und weitreichende Wiederbelebung der WTO sowie ihrer Verhandlungsfunktion und ihres Regelwerks zu verfolgen, wobei die Ziele für nachhaltige Entwicklung und die Bekämpfung des Klimawandels im Mittelpunkt stehen sollten und auch die Kohärenz mit internationalen Verpflichtungen sicherzustellen ist;

8. fordert nachdrücklich, dass das Berufungsgremium der WTO auf der Grundlage eines voll funktionsfähigen zweistufigen Systems zur Streitbeilegung reformiert wird; hebt hervor, dass die EU die Mehrparteien-Interimsvereinbarung wirksam nutzen und andere WTO-Mitglieder ermutigen sollte, sich an dieser Vereinbarung zu beteiligen, solange das Berufungsgremium nicht ordnungsgemäß funktioniert; fordert die Union auf, die Bestimmungen der Streitbeilegungsvereinbarung der WTO über Vergeltungsmaßnahmen einer Reform zu unterziehen, damit nur die relevanten und betroffenen Wirtschaftszweige bei Streitigkeiten über illegale staatliche Beihilfen berücksichtigt werden;

9. fordert die Kommission auf, ihre internationale Zusammenarbeit mit strategischen Partnern zu vertiefen, und begrüßt in diesem Zusammenhang die laufenden Diskussionen darüber, wie durch Industriesubventionen verursachte Verzerrungen wirksam beseitigt und abgemildert werden können, wobei zu berücksichtigen ist, dass sich marktverzerrende Praktiken äußert nachteilig auf den fairen Wettbewerb und gleiche Wettbewerbsbedingungen auswirken können, und begrüßt ferner Diskussionen über Lösungen, mit denen ein erzwungener Technologietransfer verhindert wird;

10. bringt seine Präferenz für multilaterale Übereinkommen zum Ausdruck; räumt jedoch ein, dass plurilaterale Übereinkommen ein nützlicher Zwischenschritt für den Abschluss multilateraler Übereinkommen sein können; weist in diesem Zusammenhang auf den Wert gemeinsamer Erklärungen hin; betont, dass ein verbindliches und durchsetzbares Übereinkommen über Subventionen für den Fischereisektor zu schließen ist, wobei die Auswirkungen auf die Entwicklungsländer und die am wenigsten entwickelten Länder zu berücksichtigen sind;

11. erneuert seine Forderung nach einem plurilateralen Übereinkommen über den elektronischen Geschäftsverkehr, wodurch die KMU dabei unterstützt würden, die digitale Kluft zu überbrücken und Hindernisse für den digitalen Handel zu beseitigen, und wodurch der kommerzielle grenzüberschreitenden Datenverkehr im Einklang mit den Vorschriften der EU zum Schutz der Privatsphäre und ihrer Datenschutzvorschriften einschließlich der Datenschutz-Grundverordnung erleichtern würde; fordert einen verbesserten Verbraucherschutz im Internet und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen der Kommission, um die Aufdeckung nachgeahmter Waren im elektronischen Handel zu verbessern; sieht in diesem Zusammenhang der zwölften WTO-Ministerkonferenz im Jahr 2021 erwartungsvoll entgegen und fordert, dass bis Ende 2020 ein konsolidierter Text vorgelegt wird; betont, dass die EU eine digitale Handelsstrategie, die auf der Entschließung des Parlaments von 2017 zu diesem Thema aufbaut, vorlegen und nach Wegen suchen muss, wie sie neue internationale Regeln, auch durch spezifische Bestimmungen in Handelsabkommen, schaffen und fördern kann, wozu ein digitales Handelsumfeld für Unternehmen aus der EU geschaffen und Hindernisse in Drittländern beseitigt werden;

12. fordert die Kommission auf, neue Handelshemmnisse, einschließlich Ausfuhrbeschränkungen und anderer Verzerrungen, die wesentliche Güter betreffen, zu überwachen, zu analysieren und auf globaler und bilateraler Ebene mit internationalen Partnern in Angriff zu nehmen und gemeinsame Kriterien für die Gewährung von nachhaltigkeitsorientierten Beihilfen für die Erholung nach der Pandemie auszuarbeiten; fordert die Kommission auf, die Vereinbarung der WTO über die Zollfreiheit für pharmazeutische Erzeugnisse zu aktualisieren und die Möglichkeiten einer umfassenderen plurilateralen Initiative in Bezug auf Gesundheitsprodukte auszuloten; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Flexibilitätsregelungen des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) für wichtige medizinische Produkte optimal genutzt werden können und dass sich die Bestimmungen in bilateralen Abkommen der EU nicht negativ auf diese Flexibilitätsregelungen auswirken;

Beziehungen zu strategischen Partnern

13. betont, dass die Vereinigten Staaten von Amerika der wichtigste Handelspartner der EU sind; stellt fest, dass diese Beziehungen derzeit von Spannungen geprägt sind; betrachtet die Einigung mit den Vereinigten Staaten über ein Paket von Zollsenkungen als positive Entwicklung und fordert die Kommission nachdrücklich auf, diese Dynamik zu nutzen und eine positive Handelsagenda zwischen der EU und den Vereinigten Staaten zu schaffen, die über Zollsenkungen hinausgeht, da sich ein umfassenderes Kooperationsabkommen als besonders nützlich erweisen könnte, um die wirtschaftliche Erholung auf beiden Seiten und die Beseitigung von Handelshemmnissen zu begünstigen und neue Bereiche für eine Zusammenarbeit auszuloten, etwa Handel, Technologien und Besteuerung der digitalen Wirtschaft, auch im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD); fordert die Kommission auf, Fortschritte bei der Bewertung der Rechtsvorschriften zu erzielen, von denen insbesondere KMU profitieren würden; spricht sich nachdrücklich für eine Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten aus, wenn es darum geht, strategische Herausforderungen auf globaler Ebene zu bewältigen; fordert die Vereinigten Staaten nachdrücklich auf, dem Übereinkommen von Paris wieder beizutreten, um die künftige Zusammenarbeit zwischen der EU und den Vereinigten Staaten zu erleichtern; fordert die Vereinigten Staaten auf, die 2017 auferlegten Zölle aufzuheben; nimmt die jüngste, lang erwartete Entscheidung der WTO zum Airbus/Boeing-Streit zur Kenntnis und betont, dass eine Verhandlungslösung gefunden werden muss;

14. fordert, dass bei den Verhandlungen über das umfassende Investitionsabkommen mit China ambitionierte Fortschritte erzielt werden und die Problematik der dringend erforderlichen Gegenseitigkeit angegangen wird, unter anderem in Bezug auf den Zugang zum Markt für die Vergabe öffentlicher Aufträge und andere offene Fragen der gleichen Wettbewerbsbedingungen wie marktverzerrende Praktiken chinesischer Staatsunternehmen oder erzwungene Technologietransfers, Anforderungen bezüglich Gemeinschaftsunternehmen und die diskriminierungsfreie Behandlung; erachtet es als sehr wichtig, ein ambitioniertes Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung aufzunehmen, damit die Menschenrechte, darunter Kernarbeitsnormen, geschützt und die Umweltnormen und die Bekämpfung des Klimawandels im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris gefördert werden; betont die Bedeutung der strategischen Beziehungen der EU zu China, das als Wettbewerber, Partner und systemischer Rivale auftritt; fordert die Mitgliedstaaten und die Organe der EU daher auf, sich geeint zu zeigen; fordert die Kommission in dieser Hinsicht nachdrücklich auf, eine spezielle China-Taskforce nach dem Vorbild der Taskforce für die Beziehungen zum Vereinigten Königreich einzurichten, damit auf allen Ebenen und in allen Formaten Einheit und Kohärenz bei der Botschaft herrscht, womit auf eine gemeinsame einheitliche Politik der EU gegenüber China hingearbeitet wird; betont, dass Handels- und Investitionsbeziehungen mit der EU an die Forderung der uneingeschränkten Achtung der Menschenrechte geknüpft sind; bringt seine tiefe Besorgnis angesichts der Ausbeutung zu Ausdruck, denen Uiguren Berichten zufolge in Fabriken in China ausgesetzt sind, und betont, dass Produkte, die in Umerziehungslagern hergestellt wurden, auf den Märkten der EU verboten sein sollten; fordert die Kommission auf, eine Vorstudie und eine Folgenabschätzung auf den Weg zu bringen, damit die Verhandlungen mit Taiwan möglichst rasch offiziell aufgenommen werden können;

15. vertritt die Ansicht, dass im Kontext der Pandemie auf globaler Ebene, insbesondere in Bezug auf Afrika, und im Lichte der neuen EU-Strategie für Afrika neue Konzepte zur Umgestaltung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen verfolgt werden sollten, die auf der Förderung eines fairen und ethischen Handels auf der Grundlage der Grundsätze der Solidarität, der Zusammenarbeit und der Kohärenz mit der Entwicklungspolitik der EU aufbauen;

Übergreifende Aspekte

16. betont, dass globale Märkte eine wichtige Wachstumsquelle für KMU sind; stellt jedoch fest, dass lediglich 600 000 KMU Waren aus der EU ausführen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die KMU durch die systematische Aufnahme und Umsetzung spezieller KMU-Kapitel in Handelsabkommen, wobei kein erhöhter Verwaltungs- und Regulierungsaufwand verursacht werden darf, zu unterstützen und die Nutzung solcher Abkommen durch KMU in enger Zusammenarbeit mit den Handelskammern und den Handel fördernden Stellen der Mitgliedstaaten zu unterstützen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, sich mit der Frage der Kosten zu befassen, die den KMU durch die Einhaltung der immer komplexeren Rechtsvorschriften, die sich auf den Handel auswirken, entstehen; fordert die Kommission auf, bei der Einrichtung neuer Informationsportale bzw. bei der Verbesserung bestehender zum frühestmöglichen Zeitpunkt mit den Unternehmen in Kontakt zu treten, damit der Informationsbedarf der KMU praxisorientiert gedeckt werden kann; begrüßt in diesem Zusammenhang die Bemühungen der Kommission, ihre gezielte Unterstützung für KMU im Rahmen der KMU-Strategie vom März 2020 zu verstärken; begrüßt den jüngsten Start des Portals Access2Markets und seines Moduls zur Selbstbewertung der Ursprungsregeln und fordert sämtliche Interessenträger auf, der Kommission ihre Rückmeldungen zu übermitteln, damit das Instrument fortlaufend aktualisiert werden kann;

17. ist davon überzeugt, dass Rechtsvorschriften über horizontale Sorgfaltspflichten auf der Ebene der EU benötigt werden, die verbindlich sind und in der gesamten Lieferkette für Unternehmen aus der EU und im Binnenmarkt tätige Unternehmen aus Drittländern gelten, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen, eine verantwortungsvolle Unternehmensführung zu fördern und die Rückverfolgbarkeit und Rechenschaftspflicht in globalen Lieferketten zu verbessern, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der EU durch die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen zu stärken und unfaire Wettbewerbsvorteile von Drittländern, die sich im internationalen Handel aus niedrigeren Schutzstandards sowie aus Sozial- und Umweltdumping ergeben, zu mindern; betont, dass das Schadensrisiko und die Größe des Unternehmens berücksichtig werden müssen, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht außer Acht gelassen werden darf;

18. sieht dem Vorschlag der Kommission über ein CO2-Grenzausgleichssystem, das voll und ganz WTO-kompatibel sein und auf einer Folgenabschätzung basieren sollte, erwartungsvoll entgegen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu sichern, wobei insbesondere die Kosten, Risiken und Ambitionen anderer internationaler Partner zu berücksichtigen sind, und einen transparenten Mechanismus vorzuschlagen, der parallel zu den vorhandenen Maßnahmen gegen die Verlagerung von CO2-Emissionen bestehen kann und gleichzeitig einen stabilen und sicheren Rechtsrahmen für die europäische Industrie bietet; betont, dass weitere ähnliche Vorschläge in unsere Industriestrategie integriert werden sollten, um für die Industrie Anreize mit Blick auf die Herstellung umweltverträglicher und wettbewerbsfähiger Produkte zu schaffen; fordert die Kommission auf, Vorschläge auszuarbeiten und dabei unter anderem das Non-Paper der Niederlande und Frankreichs zu den Themen Handel, sozioökonomische Auswirkungen und nachhaltige Entwicklung zu berücksichtigen; fordert die Kommission auf, die mögliche Nutzung einer Ex-post-Folgenabschätzung und von Überprüfungsklauseln zu prüfen, um bestehende Freihandelsabkommen an dem europäischen Grünen Deal auszurichten, und neue Initiativen vorzuschlagen, mit denen mithilfe der Handelspolitik die Verwirklichung unserer hochgesteckten Klimaziele begünstigt wird, was auch eine neue Initiative zu Klima und Handel im Rahmen der WTO einschließt, die auf dem Mandat des Abkommens über den Handel mit Umweltschutzgütern aufbaut und den Geltungsbereich auf den Handel mit ökologischen Dienstleistungen ausweitet, wodurch die Entwicklung umweltverträglicher Güter gefördert und auf die Unterstützung nicht ökologischer Güter verzichtet wird;

19. fordert die Kommission auf, die bestehenden Freihandelsabkommen darunter die Kapitel zum Handel und zur nachhaltigen Entwicklung umzusetzen, voranzubringen und für ihre wirksame Anwendung zu sorgen sowie sicherzustellen, dass die Vorzüge allen zugutekommen; weist darauf hin, dass die Durchsetzbarkeit der Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung mithilfe verschiedener Durchsetzungsmethoden erheblich verbessert werden könnte und dass die Kommission einen auf Sanktionen beruhenden Mechanismus als letztes Mittel ausloten sollte; unterstützt die Zusage des Exekutiv-Vizepräsidenten der Kommission und des für Handel zuständigen Kommissionsmitglieds Valdis Dombrovskis, die Überprüfung des 15-Punkte-Aktionsplans zu den Kapiteln über Handel und nachhaltige Entwicklung voranzubringen und dabei von Anfang an mit dem Parlament zusammenzuarbeiten; fordert die Kommission auf, die Ideen in dem Non-Paper der Niederlande und Frankreichs sowie andere Möglichkeiten zu prüfen, wie eine größere Detailgenauigkeit bei der Durchsetzung dieser Kapitel erreicht werden kann; begrüßt die Zusage der Kommission, die Einhaltung des Übereinkommens von Paris zu einem wesentlichen Bestandteil aller künftigen Handelsabkommen zu machen; fordert ergänzende Maßnahmen wie das Verbot der Einfuhr von Produkten, die mit schweren Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsarbeit oder Kinderarbeit in Zusammenhang stehen;

20. fordert die Kommission auf, den Vorschlag für die neue Verordnung über die Anwendung eines Allgemeinen Präferenzsystem rechtzeitig anzunehmen, wobei etwa das Ziel verfolgt wird, die Zahl der dem APS+ verpflichteten Länder zu erhöhen;

21. betont, dass mit den wichtigsten Handelspartnern gegen wettbewerbswidrige Praktiken vorgegangen werden muss und gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen zu schaffen sind, um die Voraussetzungen für eine Erholung von der COVID-19-Pandemie zu schaffen und den weltweiten Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu ermöglichen; fordert die Kommission auf, rasch zu handeln und frühzeitig, d. h., sobald eine Schädigung stattfindet, Untersuchungen einzuleiten und sicherzustellen, dass unlautere Handelspraktiken die Wettbewerbsfähigkeit und das Beschäftigungsniveau europäischer Wirtschaftsakteure, nicht beeinträchtigen, wobei besonderes Augenmerk auf die spezifischen Bedürfnisse der KMU zu richten ist;

22. begrüßt den neu ernannten Leitenden Handelsbeauftragten und ist der Ansicht, dass die schlüssige Umsetzung und Durchsetzung der Abkommen der EU und der WTO, darunter der Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung, und der Handelsvorschriften, was auch wirksamere, flexiblere und reaktivere handelspolitische Schutzinstrumente einschließt, unerlässlich sind, um die Glaubwürdigkeit und Werte der EU sowie ihre Agenda für einen faireren Handel zu sichern; fordert den neuen Leitenden Handelsbeauftragten auf, in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament dafür Sorge zu tragen, dass die von den Handelspartnern vor der Ratifizierung eingegangenen Verpflichtungen im Auge behalten werden;

23. legt der Kommission dringend nahe, die Aufgabe der Delegationen bei der Umsetzung der Agenda der EU mit Blick auf Handel und Zusammenarbeit hinsichtlich der Politikkohärenz zu überprüfen und für ein koordiniertes Vorgehen unter Einbeziehung der verschiedenen Dienststellen der Kommission (z. B. branchenübergreifende Handelsmissionen in Drittländern) zu sorgen;

24. fordert die Kommission auf, den Abschluss aller notwendigen Schritte nach eingehenden Untersuchungen zu ermöglichen, um alle ermittelten Defizite bei den Handels- und Investitionsinstrumenten zu beseitigen, was auch die Vorlage eines neuen Gesetzgebungsvorschlags zur Überarbeitung der Blocking-Verordnung mit Blick auf Sanktionen, die die territoriale Souveränität der Mitgliedstaaten erheblich beeinträchtigen, einschließt, und ein neues Instrument zu schaffen, um Drittländer von Zwangsmaßnahmen abzuhalten und darauf zu reagieren, wozu vorab eine Folgenabschätzung vorzulegen ist;

25. fordert, dass die Verhandlungen über das Instrument betreffend das internationale Beschaffungswesen (IPI) voranschreiten, damit die Gegenseitigkeit eine solidere Anwendung erfährt, wenn es um den Zugang von Unternehmen aus der EU zu den internationalen Märkten für die Vergabe öffentlicher Aufträgen geht, wobei zugleich Möglichkeiten gesichert werden müssen, das öffentliche Beschaffungswesens als Mittel für den Erfolg der Klimawende zu nutzen, insbesondere in Entwicklungsländern durch ein erneuertes multilaterales Konzept; begrüßt das Weißbuch zu Subventionen aus Drittstaaten als notwendiges Instrument, das Handelsschutzmaßnahmen ergänzt, und sieht einem Gesetzgebungsvorschlag der Kommission im Januar 2021 erwartungsvoll entgegen, bei dem es um den Schutz von Unternehmen aus der EU vor Verzerrungen auf dem Binnenmarkt und den Weltmärkten geht, während zugleich die Bedeutung des freien und fairen Wettbewerbs herausgestellt wird; fordert ferner die Mitgliedstaaten auf, alle verfügbaren Instrumente einschließlich der Verordnung (EU) 2019/452 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union zu nutzen, um eventuelle Investitionen und Akquisitionen hinsichtlich der Bedrohungen der Sicherheit kritischer Infrastrukturen in der EU zu bewerten, insbesondere in strategischen Bereichen wie dem Gesundheitswesen, Versorgungsunternehmen, der Mobilität sowie der Informations- und Kommunikationstechnologie, um unnötige und schädliche wirtschaftliche Abhängigkeiten zu vermeiden;

26. begrüßt die Fortschritte, die bei den Verhandlungen über den multilateralen Investitionsgerichtshof erzielt wurden; weist darauf hin, dass die Investitionsgerichtsbarkeit als Schritt auf dem Weg zum multilateralen Investitionsgerichtshof vorgesehen ist; bedauert die äußerst langsamen Fortschritte der Mitgliedstaaten beim Abbau bilateraler Investitionsabkommen innerhalb der EU und fordert die Kommission nachdrücklich auf, gegebenenfalls im Einklang mit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union im Fall Achmea einzuschreiten; fordert die Kommission auf, ihre Arbeit an einem Rahmen zum Schutz und zur Erleichterung von EU-internen Investitionen fortzusetzen; unterstützt die laufenden Verhandlungen über den Vertrag über die Energiecharta im Einklang mit dem europäischen Grünen Deal, der die Verwirklichung der Klimaneutralität ermöglichen muss, indem der Schutz von Investitionen in herkömmliche Technologien für fossile Brennstoffe schrittweise eingestellt wird; bringt seine Besorgnis über die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten und die Zahl der Fälle im Zusammenhang mit dem Vertrag über die Energiecharta zum Ausdruck;

27. hebt die Bedeutung von Gleichstellungsfragen hervor; betont, dass die Freihandelsabkommen der EU die Chance bieten, die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern, die wirtschaftliche Stellung von Frauen in Drittländern zu stärken und den Lebensstandard von Frauen in allen Wirtschaftszweigen, die unter die Freihandelsabkommen der EU fallen, zu verbessern; stellt fest, dass weniger als zwei Fünftel der Vorteile aus freien und fairen Handelsabkommen in Bezug auf die geschaffenen Arbeitsplätze Frauen zugutekommen, und betont, dass Frauen unter Umständen unverhältnismäßig stark von der derzeitigen Wirtschaftskrise betroffen sind; fordert die Kommission und den Rat auf, sich für die Aufnahme eines spezifischen Kapitels zur Geschlechtergleichstellung in die Handels- und Investitionsabkommen der EU auszusprechen und einzusetzen;

28. fordert die Kommission auf, für Folgemaßnahmen zu den Vorschlägen zu sorgen, die die internen Beratungsgruppen zur Verbesserung unserer internationalen Handelspolitik unterbreiten, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Vorteile und Auswirkungen, die die der Handelspolitik der EU für alle hat, besser zu kommunizieren, um mehr Transparenz zu schaffen und die Bürger, nichtstaatliche Organisationen, Gewerkschaften und Unternehmen, insbesondere KMU, dafür zu sensibilisieren, zumal es wichtig ist, allen Interessenträgern korrekte Informationen zur Verfügung zu stellen; weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Rechte des Europäischen Parlaments, wie sie in den Artikeln 207 und 218 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankert sind, und des interinstitutionellen Dialogs hin, wenn es darum geht, zu den laufenden Diskussionen beizutragen und zu einem positiven Ergebnis zu gelangen; weist auf die Aufgabe des Parlaments als Mitgesetzgeber in der Handelspolitik und seine Rolle bei der genauen Beobachtung der Verhandlungen und bei der wirksamen Umsetzung von Handelsabkommen hin sowie auf die Zusagen, die die Präsidentin der Kommission zur Unterstützung der Entschließungen zu Gesetzesinitiativen, die das Parlament gemäß Artikel 225 AEUV angenommen hat, gegeben hat;

29. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

 

Letzte Aktualisierung: 24. November 2020
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