Entschließungsantrag - B9-0114/2021/REV1Entschließungsantrag
B9-0114/2021/REV1

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu anstehenden Herausforderungen mit Blick auf die Frauenrechte in Europa: mehr als 25 Jahre nach der Erklärung und Aktionsplattform von Peking

3.2.2021 - (2021/2509(RSP))

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung

María Soraya Rodríguez Ramos, Samira Rafaela, Karen Melchior, Hilde Vautmans, Chrysoula Zacharopoulou, Sylvie Brunet, Radka Maxová, Susana Solís Pérez, Irène Tolleret
im Namen der Renew-Fraktion
Sirpa Pietikäinen, Frances Fitzgerald, Elżbieta Katarzyna Łukacijewska, Cindy Franssen, Elissavet Vozemberg Vrionidi, Maria da Graça Carvalho, Ewa Kopacz
im Namen der PPE-Fraktion
Vilija Blinkevičiūtė
im Namen der S&D-Fraktion
Ernest Urtasun
im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Eugenia Rodríguez Palop
im Namen der Fraktion The Left


Verfahren : 2021/2509(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0114/2021
Eingereichte Texte :
B9-0114/2021
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Abstimmungen :
Angenommene Texte :

B9-0114/2021

Entschließung des Europäischen Parlaments zu anstehenden Herausforderungen mit Blick auf die Frauenrechte in Europa: mehr als 25 Jahre nach der Erklärung und Aktionsplattform von Peking

(2021/2509(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf die Erklärung und Aktionsplattform von Peking (Beijing) vom 15. September 1995 sowie die Ergebnisse ihrer Überprüfungskonferenzen,

 gestützt auf die Artikel 21 und 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

 unter Hinweis auf die europäische Säule sozialer Rechte, insbesondere die Grundsätze 2, 3, 9 und 15,

 unter Hinweis auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, den Grundsatz, niemanden zurückzulassen, und insbesondere Ziel 1, die Armut zu beenden, Ziel 3, ein gesundes Leben für alle Menschen zu gewährleisten, Ziel 5, die Geschlechtergleichstellung zu erreichen und die Lebensbedingungen von Frauen zu verbessern, Ziel 8, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erreichen, und Ziel 13, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um den Klimawandel und seine Auswirkungen zu bekämpfen;

 unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW),

 unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul), das am 1. August 2014 in Kraft trat,

 unter Hinweis auf das Übereinkommen (Nr. 100) der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über die Gleichheit des Entgelts von 1951, das IAO-Übereinkommen (Nr. 190) zur Beendigung von Gewalt und Belästigung von 2019 und das IAO-Übereinkommen (Nr. 189) über Hausangestellte von 2013,

 unter Hinweis auf die „Regionale Überprüfung der Fortschritte: regionale Synthese“ der VN-Wirtschaftskommission für Europa vom 20. August 2019,

 unter Hinweis auf den am 5. März 2020 veröffentlichten Bericht von UN Women mit dem Titel „Gender Equality: Women’s rights in review 25 years after Beijing“ (Gleichstellung der Geschlechter: Überblick über Frauenrechte 25 Jahre nach Peking),

 unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen an die Kommission für die Rechtsstellung der Frau, 64. Tagung, mit dem Titel „Review and appraisal of the implementation of the Beijing Declaration and Platform for Action and the outcomes of the twenty-third special session of the General Assembly“ (Überprüfung und Bewertung der Umsetzung der Erklärung und Aktionsplattform von Peking und der Ergebnisse der 23. Sondertagung der Generalversammlung) vom 13. Dezember 2019,

 unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen an die Kommission für die Rechtsstellung der Frau, 65. Tagung, mit dem Titel „Women’s full and effective participation in decision making in public life, as well as the elimination of violence, for achieving gender equality and the empowerment of women and girls“ (Uneingeschränkte und wirksame Teilhabe von Frauen am Treffen von Entscheidungen im öffentlichen Leben sowie Beseitigung von Gewalt, um die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Teilhabe von Frauen und Mädchen zu erreichen) vom 21. Dezember 2020,

 unter Hinweis auf den am 9. April 2020 veröffentlichten Kurzbericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen mit dem Titel „The Impact of COVID-19 on Women“ (Die Auswirkungen von COVID-19 auf Frauen),

 unter Hinweis auf den Bericht von UN Women mit dem Titel „From Insights to Action: Gender Equality in the Wake of COVID-19“ (Von Einsichten zu Taten: Geschlechtergleichstellung nach COVID-19), der am 2. September 2020 veröffentlicht wurde,

 unter Hinweis auf den am 5. März 2020 veröffentlichten Bericht des EIGE mit dem Titel „Beijing +25: the fifth review of the implementation of the Beijing Platform for Action in the EU Member States“ (Peking +25: fünfte Überprüfung der Umsetzung der Aktionsplattform von Peking in den EU-Mitgliedstaaten),

 unter Hinweis auf die Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments mit dem Titel „Beijing Platform for Action, 25-year review and future priorities“ (Aktionsplattform von Peking Überblick nach 25 Jahren und künftige Prioritäten, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Europäisches Parlament, 2020),

 unter Hinweis auf den am 27. April 2020 veröffentlichten Bericht des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) mit dem Titel „Impact of the COVID-19 Pandemic on Family Planning and Ending Gender-based Violence, Female Genital Mutilation and Child Marriage“ (Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Familienplanung und die Beendigung der geschlechtsspezifischen Gewalt, der Verstümmelung weiblicher Genitalien und der Kinderheirat),

 unter Hinweis auf die am 28. April 2020 veröffentlichte Erklärung des UNFPA mit dem Titel „Millions more cases of violence, child marriage, female genital mutilation, unintended pregnancy expected due to the COVID-19 pandemic“ (Millionen weiterer Fälle von Gewalt, Kinderheirat, Verstümmelung weiblicher Genitalien, unerwünschter Schwangerschaft aufgrund der COVID-19-Pandemie erwartet),

 unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 9./10. Dezember 2019 zu dem Thema „Gleichstellungsorientierte Volkswirtschaften in der EU: Der Weg in die Zukunft“,

 unter Hinweis auf die Gemeinsame Mitteilung der Europäischen Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 25. November 2020 über den EU-Aktionsplan für die Gleichstellung (GAP) III,

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Februar 2020 zu den Prioritäten der EU für die 64. Tagung der Kommission der Vereinten Nationen für die Rechtsstellung der Frau[1],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu der EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter[2] und auf die Strategie der Kommission für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025,

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu der geschlechtsspezifischen Sichtweise in der COVID-19-Krise und der Zeit danach[3],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2020 zu der De-facto-Abschaffung des Rechts auf Abtreibung in Polen[4],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 30. Januar 2020 zu den Einkommensunterschieden zwischen Frauen und Männern[5],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Oktober 2020 zur Gleichstellung von Frauen und Männern im Rahmen der Außen- und Sicherheitspolitik der EU[6],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Dezember 2020 zur Notwendigkeit einer gesonderten Ratsformation „Gleichstellung der Geschlechter“[7],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Februar 2019 zur Erfahrung von Gegenreaktionen gegen die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter in der EU[8],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. März 2012 zu Frauen in politischen Entscheidungsprozessen – Qualität und Gleichstellung[9],

 unter Hinweis auf den mehrjährigen Finanzrahmen der Union für den Zeitraum 2021–2027 und die darin enthaltene horizontale Priorität der durchgängigen Berücksichtigung der Geschlechtergleichstellung,

 gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass sich 189 Regierungen weltweit, darunter die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten, auf der Vierten Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking dazu verpflichtet haben, auf die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Teilhabe aller Frauen und Mädchen hinzuarbeiten;

B. in der Erwägung, dass die auf der Konferenz angenommene Erklärung und Aktionsplattform von Peking die umfassendste weltweite Agenda zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter ist und als der internationale Rechtekatalog für Frauen gilt, in dem die Rechte der Frauen als Menschenrechte definiert werden und eine Vision von gleichen Rechten, Freiheit und Chancen für alle Frauen weltweit artikuliert wird, und dass sie 2015 mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bekräftigt wurde, indem Ziele und konkrete Maßnahmen für eine Reihe von Themen, die Frauen und Mädchen betreffen, aufgestellt wurden;

C. in der Erwägung, dass es seit der Annahme der Aktionsplattform von Peking 1995 Fortschritte für Frauen und Mädchen insbesondere in Europa gegeben hat, dass aber insgesamt die Fortschritte inakzeptabel langsam verlaufen und bei hart erkämpften Fortschritten die Gefahr besteht, dass sie rückgängig gemacht werden;

D. in der Erwägung, dass aufgrund der COVID-19-Pandemie das Forum Generation Gleichberechtigung bis in das erste Halbjahr 2021 aufgeschoben wurde;

E. in der Erwägung, dass seit der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (ICPD) in Kairo, auf der 179 Regierungen das ICPD-Aktionsprogramm angenommen haben, in dem sie gemäß der Aktionsplattform von Peking ein weltweites Bekenntnis zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und damit verbundenen Rechten abgelegt haben, 25 Jahre vergangen sind;

F. in der Erwägung, dass das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vor etwas mehr als 40 Jahren in Kraft getreten ist und dass es zwar alle EU-Mitgliedstaaten ratifiziert haben, dass aber die Gleichstellung von Frauen und Männern, wie das EIGE betont hat, nur langsam vorankommt;

G. in der Erwägung, dass das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul), das umfassendste Instrument zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in Europa, vor zehn Jahren zur Unterzeichnung aufgelegt wurde, dass es aber noch nicht alle EU-Mitgliedstaaten ratifiziert haben und auch die EU ihm noch nicht beigetreten ist;

H. in der Erwägung, dass 2021 das Übereinkommen von Istanbul des Europarats zehn Jahre alt geworden ist;

I. in der Erwägung, dass es gilt, schädliche Strukturen und Stereotype, die die Ungleichheit zementieren, zu zerschlagen, um die Gleichstellung der Geschlechter voranzubringen; in der Erwägung, dass ein Vorankommen bei der Gleichstellung der Geschlechter nicht nur der Gesellschaft als Ganzem zugutekommt, sondern auch ein Ziel an sich darstellt;

J. in der Erwägung, dass sich das Geschlechtergefälle auf alle Aspekte des Arbeitsmarktes erstreckt, darunter die Beschäftigungslücke, das Lohn-, Renten- und Pflegegefälle, mangelnder Zugang zu Sozialleistungen und Sozialschutz, zunehmend prekäre Arbeitsplätze und höhere Armutrisiken für Frauen;

K. in der Erwägung, dass sich die Finanzkrise und die Zeit danach für Frauen, die Rechte von Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter als schädlich erwiesen haben und langfristige Folgen nach sich ziehen; in der Erwägung, dass bei wirtschaftlichen Maßnahmen in der Zeit nach der COVID-19-Krise die geschlechtsspezifische Dimension und die soziale Gleichstellung Berücksichtigung finden müssen;

L. in der Erwägung, dass die Auswirkungen der COVID-19-Krise geschlechtsspezifisch sind, da die COVID-19-Krise und ihre Folgen eine deutliche geschlechtsspezifische Perspektive aufweisen, da Frauen und Männer unterschiedlich davon betroffen sind und sich bestehende Gefälle verschärft haben; in der Erwägung, dass Frauen unverhältnismäßig stark von der Krise betroffen sind, während die Reaktion auf die COVID-19-Krise weitgehend geschlechtsblind gewesen ist; in der Erwägung, dass diese Auswirkungen von einer besorgniserregenden Zunahme geschlechtsspezifischer Gewalt und Belästigung bis zu unbezahlten und ungleichen Betreuungs- und Haushaltsverpflichtungen sowie einem eingeschränkten Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten und massiven wirtschaftlichen und arbeitsbezogenen Auswirkungen auf Frauen, insbesondere Gesundheits- und Pflegepersonal, reichen;

M. in der Erwägung, dass von Frauen dominierte Branchen und Berufe (z. B. Gesundheitsfürsorge, Pflege- und Rettungsdienste, Sozialarbeit, Bildung, Einzelhandel, Kassenpersonal, Reinigungskräfte usw.) und die informelle Wirtschaft von der Pandemie besonders stark betroffen waren; in der Erwägung, dass Frauen, die im Gesundheitswesen arbeiten, potenziell stärker infektionsgefährdet sind als Männer, weil sie in der EU 76 % der Beschäftigten im Gesundheitswesen stellen[10];

N. in der Erwägung, dass Frauen aufgrund der vorhandenen gläsernen Decke nicht in gleichem Maße an der Entscheidungsfindung beteiligt sind wie Männer; in der Erwägung, dass in den meisten EU-Mitgliedstaaten in den Regierungen, Parlamenten, öffentlichen Verwaltungen, COVID-19-Arbeitsgruppen und in den Leitungsorganen von Unternehmen noch keine gleiche Machtverteilung zwischen Männern und Frauen erreicht worden ist;

O. in der Erwägung, dass Frauen mit Ungleichheiten und Diskriminierung unter anderem aus rassistischen Beweggründen und wegen ihrer ethnischen oder sozialen Herkunft, ihrer sexuellen Ausrichtung, ihrer Geschlechtsidentitäten und ihres Geschlechtsausdrucks, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihres Aufenthaltsstatus und ihrer Behinderung konfrontiert sind und dass Bemühungen Maßnahmen gegen sämtliche Formen von Diskriminierung umfassen müssen, um die Gleichstellung der Geschlechter für alle Frauen zu erreichen; in der Erwägung, dass es gilt, in den Bereichen der EU-Politik den intersektionalen Ansatz zu verstärken, um die institutionelle, die strukturelle und die historische Dimension der Diskriminierung zu bewältigen; in der Erwägung, dass es uns die Herangehensweise einer intersektionalen Analyse nicht nur ermöglicht, strukturelle Hemmnisse zu verstehen, sondern auch Erkenntnisse liefert, die es uns ermöglichen, Orientierungsgrößen zu erarbeiten und einen Weg zu einer strategischen und wirksamen Politik gegen systemische Diskriminierung, Ausgrenzung und soziale Ungleichheiten aufzuzeigen;

P. in der Erwägung, dass es für Frauen wahrscheinlicher ist, dass sie mit Arbeitslosigkeit konfrontiert sind und einen unsicheren Beschäftigungsstatus (zum Beispiel aufgrund ihrer Arbeitsverträge) aufweisen, was zu Arbeitsplatzunsicherheit führt; in der Erwägung, dass es sich bei den Beschäftigten im Bereich der Pflege überwiegend um Frauen handelt (76 %)[11] und dass sie in der Regel ein prekäres Arbeitsentgelt erhalten und prekären Arbeitsbedingungen ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass die Mehrheit sowohl der Nutzer als auch der Erbringer von Dienstleistungen im sozialen Bereich Frauen sind, sodass jedes Mal, wenn solche Dienstleistungen nicht in angemessener Weise bereitgestellt werden, Frauen daran gehindert sind, in vollem Umfang am Erwerbsleben teilzunehmen, wodurch bei der Planung, Mittelzuweisung und Erbringung von Dienstleistungen im sozialen Bereich eine Geschlechtsblindheit entsteht;

Q. in der Erwägung, dass das geschlechtsspezifische Lohngefälle in Europa immer noch 14 %[12] und weltweit 20 %[13] und das geschlechtsspezifische Rentengefälle in einigen EU-Mitgliedstaaten sogar 40 % beträgt; in der Erwägung, dass das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu einem Rentengefälle führt, durch das sich wiederum das Risiko von Armut und Ausgrenzung erhöht, insbesondere für ältere und allein lebende Frauen; in der Erwägung, dass sich sowohl Lohnunterschiede als auch prekäre Beschäftigungsverhältnisse unmittelbar auf künftige Renten auswirken;

R. in der Erwägung, dass durch die ungleiche Verteilung unbezahlter Betreuungs-, Pflege- und Hausarbeit die Teilhabe von Frauen am Wirtschaftsleben erheblich eingeschränkt wird; in der Erwägung, dass die unbezahlte Betreuungs- und Pflegearbeit von Frauen während der COVID-19-Krise im Mittelpunkt der Aufrechterhaltung der Gesellschaft stand, dass jedoch durch Betreuungs- und Pflegeverpflichtungen 7,7 Millionen Frauen in Europa außerhalb des Arbeitsmarktes bleiben, jedoch nur 450 000 Männer[14]; in der Erwägung, dass die Merkmale der Beschäftigung von Frauen, die sich aus unbezahlter Betreuung bzw. Pflege ergeben (d. h. Teilzeitarbeit), ein wesentlicher Faktor für das geschlechtsspezifische Lohngefälle sind; in der Erwägung, dass mehr Frauen als Männer mindestens mehrere Tage pro Woche oder jeden Tag Pflichten in der informellen Langzeitbetreuung bzw. -pflege übernehmen und dass insgesamt 62 % aller Menschen, die in der EU informelle Langzeitbetreuung bzw. -pflege leisten, Frauen sind[15];

S. in der Erwägung, dass weltweit 35 % der Frauen körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch Intimpartner oder sexuelle Gewalt durch eine andere Person erlebt haben; in der Erwägung, dass Gewalt in der Partnerschaft während der COVID-19-Pandemie dramatisch zugenommen hat, was die Vereinten Nationen als „Schattenpandemie“ bezeichnen, wobei die unter den Mitgliedstaaten des WHO-Regionalbüros für Europa gemeldeten Notrufe von Frauen, die Gewalt seitens ihres Intimpartners ausgesetzt waren, um 60 % zunahmen[16];

T. in der Erwägung, dass Frauen den Folgen des Klimawandels stärker ausgesetzt sind[17]; in der Erwägung, dass Frauen zwar in ihrem Verhalten anscheinend mehr Interesse am Klima an den Tag legen als Männer, Frauen aber in Entscheidungsfunktionen, die mit der Bekämpfung der Klimakrise befasst sind, nach wie vor unterrepräsentiert sind und weltweit nur 32 % der Arbeitskräfte im Bereich der erneuerbaren Energieträger ausmachen[18];

U. in der Erwägung, dass in allen Bereichen digitaler Technologien, insbesondere in innovativen Technologien wie etwa den Bereichen KI und Cybersicherheit, ein geschlechtsspezifisches Gefälle besteht; in der Erwägung, dass durch Geschlechterstereotypen, kulturell bedingte Abschreckung, mangelnde Sensibilisierung und mangelnde Förderung weiblicher Rollenvorbilder die Chancen von Mädchen und Frauen in den MINT-Fächern und -Berufslaufbahnen erschwert werden;

V. in der Erwägung, dass in manchen Mitgliedstaaten Gegenreaktionen zu beobachten sind und die Gefahr besteht, dass die Gleichstellung der Geschlechter auf der Agenda der Mitgliedstaaten weiter ins Hintertreffen geraten könnte;

1. bedauert, dass die Staats- und Regierungschefs aus 100 Ländern auf der hochrangigen Tagung zum Thema „Schnellere Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter und der Stärkung der Rolle aller Frauen und Mädchen“, die am 1. Oktober 2020 während der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Gedenken an das Pekinger Übereinkommen stattfand, anerkannt haben, dass die allgemeinen Fortschritte bei den Rechten der Frauen weit unter dem liegen, zu dem sie sich im Rahmen des Pekinger Übereinkommens im Jahr 1995 verpflichtet haben;

2. hebt hervor, dass in dem Bericht von UN Women mit dem Titel „Gender Equality: Women’s rights in review 25 years after Beijing“ (Gleichstellung der Geschlechter: Überblick über Frauenrechte 25 Jahre nach Peking)[19] aufgezeigt wird, dass auf dem Weg hin zur Gleichstellung der Geschlechter in der Realität keine weiteren Fortschritte gemacht und bereits mühsam erzielte Fortschritte weltweit rückgängig gemacht werden;

3. stellt mit Besorgnis fest, dass in der 2020 vom EIGE veröffentlichten fünften Überprüfung der Aktionsplattform von Peking hervorgehoben wurde, dass kein EU-Mitgliedstaat die 1995 im Pekinger Übereinkommen festgelegten Ziele erreicht hat; bedauert, dass der Gleichstellungsindex des EIGE für 2020 gezeigt hat, dass die Fortschritte bei der Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern zum Stillstand gekommen sind und dass trotz der Bemühungen zur Verbesserung der Gleichstellung der Geschlechter, die zu einigen Ergebnissen geführt haben, in der EU Ungleichheiten und geschlechtsspezifische Unterschiede in allen in der Aktionsplattform von Peking erfassten Bereichen fortbestehen;

4. hebt hervor, dass Frauen und Mädchen von den sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 unverhältnismäßig stark betroffen sind, wodurch bereits bestehende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern verschärft werden und die Gefahr entsteht, dass die bisher erzielten Fortschritte rückgängig gemacht werden; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass durch die Pandemie Schätzungen von UN Women[20] zufolge weltweit weitere 47 Millionen Frauen und Mädchen unter die Armutsgrenze geraten werden, wodurch sich ihre Gesamtzahl auf 435 Millionen erhöht, während die geschlechtsspezifische Gewalt exponentiell zugenommen hat und Frauen ihren Arbeitsplatz und ihre Lebensgrundlagen schneller verlieren werden, da sie stärker von besonders stark betroffenen Wirtschaftszweigen abhängen;

5. erkennt an, dass mehr Frauen gewählt und in Führungspositionen ernannt werden, bedauert jedoch, dass nur langsam Fortschritte erzielt werden und dass nur in wenigen EU-Mitgliedstaaten Parität erreicht wurde;

6. weist erneut auf seinen Standpunkt vom 17. Dezember 2020 hin und fordert den Rat auf, eine spezielle Formation für die Gleichstellung der Geschlechter einzurichten, um gemeinsame und konkrete Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen im Bereich der Rechte von Frauen und der Gleichstellung der Geschlechter zu ergreifen und sicherzustellen, dass Fragen der Gleichstellung der Geschlechter auf höchster politischer Ebene erörtert werden;

7. bedauert, dass die Geschlechtergleichstellung nicht durchgängig und systematisch in allen Politikbereichen und Finanzierungsprogrammen der EU berücksichtigt wird; begrüßt die Aufnahme der durchgängigen Berücksichtigung der Geschlechtergleichstellung als horizontale Priorität in den Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die durchgängige und systematische Berücksichtigung der Geschlechtergleichstellung als Schlüsselstrategie zur Förderung der Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter umgesetzt wird, und in Abstimmung mit Experten für die Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts bei der Haushaltsplanung eine geschlechtergerechte Haushaltsplanung, Verfahren und Fahrpläne umzusetzen, damit sichergestellt ist, dass Frauen und Männer  auf allen Ebenen der Haushaltsplanung gleichermaßen von öffentlichen Ausgaben profitieren und dass die Perspektiven von Frauen in allen Bereichen durchgängig berücksichtigt werden, wobei spezifische Mittel bereitgestellt werden, um gegen Faktoren von Ungleichheiten wie Gewalt gegen Frauen und Mädchen vorzugehen, auch bei der Umsetzung des Programms „Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“, das für die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter vorgesehen ist;

8. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, auf der Grundlage der zwölf Problembereiche, die in der Aktionsplattform von Peking festgelegt sind, insbesondere in Bezug auf Frauen und Armut, Frauen und Wirtschaft, Macht und Entscheidungsfindung, Frauen und Gewalt, Frauen und Gewalt, Frauen und Umwelt sowie Frauen und Gesundheit, mit Blick auf das bevorstehende Forum zur Gleichstellung der Generationen konkrete Pläne und ein Bündel von Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, die mit angemessenen zweckgebundenen Mitteln ausgestattet sind, um die Rechte der Frauen und die Agenda zur Gleichstellung der Geschlechter voranzubringen;

9. bedauert, dass sich die Tendenz zu Rückschritten, die in einigen Ländern in Bezug auf die Infragestellung des Übereinkommens von Istanbul, die Rückschläge im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte von Frauen und Männern sowie auf die Herausforderungen im Hinblick auf die körperliche Autonomie und die Kontrolle der Fruchtbarkeit zutage getreten ist, in den letzten Jahren verschärft hat; verurteilt nachdrücklich das Urteil des polnischen Verfassungsgerichtshofs, mit dem ein faktisches Verbot von Abtreibungen eingeführt wird, und den anschließenden Rückschlag im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte von Frauen in Polen sowie die ungerechtfertigten übermäßigen Einschränkungen des Zugangs zu Abtreibung;

10. erinnert daran, dass die Rechte der Frauen Menschenrechte und ein unveräußerlicher, integraler und unteilbarer Bestandteil der universellen Menschenrechte sind, wie auf der Vierten Weltfrauenkonferenz festgestellt wurde;

11. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Erhebung vergleichbarer Daten über Alter, Rasse und ethnische Herkunft sowie nach Geschlecht aufgeschlüsselter Daten zu überwachen und zu verbessern, um die quantitative Analyse zu verbessern und EU-Maßnahmen zu konzipieren und umzusetzen, mit denen eine geschlechterübergreifende Perspektive besser integriert würde; betont, wie wichtig das EIGE als Anbieter zuverlässiger und angemessener nach Geschlecht aufgeschlüsselter Daten für die Grundlage der legislativen Analyse und Entscheidungsfindung ist, und betont, wie wichtig es ist, die Finanzierung und die Kapazitäten des EIGE sicherzustellen und auszuweiten; fordert das EIGE und alle anderen einschlägigen Organe und Agenturen der EU ferner nachdrücklich auf, an neuen Indikatoren wie Armut trotz Erwerbstätigkeit, Zeitarmut oder dem Wert der Betreuungsarbeit zu arbeiten und neue Indikatoren aufzustellen;

12. weist erneut darauf hin, dass 46 Millionen Frauen und Mädchen mit Behinderungen in der Europäischen Union leben und dass die Hälfte aller Frauen im erwerbsfähigen Alter mit Behinderungen nicht erwerbstätig ist; hebt die besonderen Probleme hervor, mit denen Frauen mit Behinderungen konfrontiert sind, und weist darauf hin, dass der Anteil von Frauen mit Behinderungen, die unter materieller Deprivation leiden, in allen Mitgliedstaaten hoch ist; bekräftigt daher, dass die Geschlechterperspektive weiter in die künftige Strategie zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen für 2021 aufgenommen werden muss;

13. fordert den Rat und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Antidiskriminierungsrichtlinie zu billigen und umzusetzen und sicherzustellen, dass die mehrfachen und sich überschneidenden Formen der Diskriminierung in allen EU-Mitgliedstaaten beseitigt werden;

Frauen und Armut

14. hebt hervor, dass das Geschlecht nach wie vor ein wichtiger Faktor bei den Armutsmustern in der EU ist und dass zwar die Ausgrenzungsquoten und die Unterschiede zwischen den Geschlechtern von Land zu Land sehr unterschiedlich sind, aber 23,3 % der Frauen im Vergleich zu 21,6 % der Männer von Armut bedroht sind;[21] betont, dass dieses Risiko mit zunehmendem Alter erheblich zunimmt und sich mit der Zusammensetzung des Haushalts, der Rasse oder der ethnischen Herkunft, einer Behinderung und dem Beschäftigungsstatus überschneidet; betont, dass das geschlechtsspezifische Lohn-, Renten- und Betreuungsgefälle ein wesentlicher Faktor bei der Feminisierung der Armut ist;

15. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Feminisierung von Armut in all ihren Ausprägungen, einschließlich der Altersarmut, anzugehen, insbesondere indem sie bei der Verfügbarkeit von und dem Zugang zu angemessenen Rentenansprüchen die Geschlechterperspektive berücksichtigen, sodass das geschlechtsspezifische Rentengefälle beseitigt wird, und indem sie die Arbeitsbedingungen in Branchen und Berufen verbessern, in denen Frauen den Großteil der Arbeitskräfte stellen; hält es für geboten, die gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Unterbewertung von Berufen, in denen in erster Linie Frauen tätig sind, anzugehen und derartige Stereotype sowie die Überrepräsentation von Frauen in atypischen Beschäftigungsformen zu bekämpfen;

16. betont, dass es neben der Überwindung der Ungleichheiten bei den Renten und der allgemeinen Sicherung und Erhöhung der Renten unerlässlich ist, dass die Systeme der sozialen Sicherheit weiterhin im öffentlichen Bereich bestehen und auf den Grundsätzen der Solidarität und der Umverteilung fußen und dass äußerst entschiedene Anstrengungen unternommen werden, um gegen prekäre und ungeregelte Beschäftigungsverhältnisse vorzugehen;

17. fordert die Kommission auf, eine Strategie zur Armutsbekämpfung vorzulegen, um die Feminisierung der Armut zu bekämpfen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf Einelternhaushalten unter der Leitung von Frauen liegen sollte; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, spezifische soziale Maßnahmen umzusetzen, um das Risiko von sozialer Ausgrenzung und Armut im Hinblick auf den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum, Verkehr und Energie zu bekämpfen;

18. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, spezifische Maßnahmen zur Bekämpfung des Risikos der Altersarmut zu ergreifen, und fordert die Kommission auf, die geschlechtsspezifische Dimension der Armut in ihren Rahmen für Wirtschaftswachstum und Sozialpolitik aufzunehmen; begrüßt die nach Geschlecht aufgeschlüsselten Indikatoren im Rahmen des Mechanismus zur Überwachung der Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte; betont, dass die Geschlechterperspektive durch einen bereichsübergreifenden Ansatz im Einklang mit den Grundsätzen 2 und 3 der Säule durchgängig berücksichtigt werden muss, und fordert eine bessere Koordinierung zwischen der europäischen Säule sozialer Rechte und dem Europäischen Semester; fordert die Kommission, einen Gleichstellungsindex zu entwickeln und in das Europäische Semester aufzunehmen, damit die geschlechtsspezifischen Auswirkungen makroökonomischer Maßnahmen sowie des grünen und des digitalen Wandels überwacht werden können.

19. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Frauen in den Mittelpunkt des Aufschwungs nach der Pandemie zu stellen, um der Erosion der Fortschritte beim Abbau geschlechtsspezifischer Armutsunterschiede infolge der COVID-19-Krise entgegenzuwirken;

Frauen und Umwelt

20. begrüßt die Anerkennung der geschlechtsspezifischen Dimension des Klimawandels sowohl im Aktionsplan für die Gleichstellung der Geschlechter III als auch in der Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025; betont, dass die Gleichstellung der Geschlechter für die Bewältigung der Klimakrise von entscheidender Bedeutung ist;

21. hebt hervor, dass Frauen einflussreiche Akteurinnen des Wandels sind; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, das geschlechtsspezifische Gefälle in Entscheidungspositionen im Zusammenhang mit Klimaschutzmaßnahmen auf allen Ebenen der Gesellschaft zu beseitigen;

22. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, geschlechtersensible Ziele, Vorgaben und Indikatoren zu entwickeln und zu fördern sowie nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Daten bei der Planung, Umsetzung, Überwachung und Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen, -programmen und -projekten zu erheben und Anlaufstellen für Gleichstellungsfragen und Klimawandel in allen Regierungsinstitutionen einzurichten;

Frauen und die Wirtschaft, Frauen und Macht- und Entscheidungspositionen

23. betont, wie wichtig es ist, Frauen in allen Bereichen der Gesellschaft und der Wirtschaft gleichberechtigt mit Männern vollständig zu integrieren und eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung aktiv zu fördern; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die Blockade der Richtlinie über Frauen in Aufsichtsräten im Europäischen Rat zu beenden;

24. fordert die EU auf, Ziele, Aktionspläne, Zeitpläne und zeitweilige Sondermaßnahmen festzulegen, um Geschlechterparität zu erreichen und sich in Richtung einer ausgewogenen Vertretung bei allen Exekutiv-, Gesetzgebungs- und Verwaltungsfunktionen zu bewegen;

25. betont, dass die vollständige Eingliederung von Frauen in den Arbeitsmarkt und die Förderung des Unternehmertums von Frauen entscheidende Faktoren für ein langfristiges integratives Wirtschaftswachstum, die Bekämpfung von Ungleichheiten und die Förderung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frauen sind;

26. fordert die EU auf, ihre Bemühungen zur Beseitigung des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern zu verstärken und den Grundsatz des gleichen Entgelts durchzusetzen, indem sie Rechtsvorschriften zur Verbesserung der Lohntransparenz erlässt, die auch verbindliche Maßnahmen für alle Unternehmen umfassen; bedauert, dass der Vorschlag der Kommission für verbindliche Maßnahmen für mehr Lohntransparenz noch nicht wie geplant eingebracht wurde;

27. begrüßt die Zusage der Kommission, die Umsetzung der Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bis 2022 in nationales Recht zu überwachen und ihre uneingeschränkte Anwendung durch die Mitgliedstaaten im Benehmen mit Frauenrechtsorganisationen und zivilgesellschaftlichen Organisationen sicherzustellen; ersucht außerdem die Mitgliedstaaten, über die in der Richtlinie vorgesehenen Mindestnormen hinauszugehen; nimmt die Ausweitung der für die Elternschaft geltenden Bestimmungen auf die Langzeitpflege von Familienangehörigen mit Behinderungen und älteren Menschen als guten Ansatzpunkt zur Kenntnis und fordert die Kommission auf, eine weitere Ausweitung in Erwägung zu ziehen, um den Verlust von Arbeitskräften, insbesondere Frauen, zu verhindern;

28. betont, dass Veränderungen der Arbeitsbedingungen wie die Einführung von Telearbeit die Fähigkeit, von der Arbeit abzuschalten, beeinträchtigen und mit einer höheren Arbeitsbelastung einhergehen können, wobei Frauen deutlich stärker betroffen sind als Männer, weil ihnen die Hauptrolle oder eine traditionelle Rolle im Haushalt und bei der Familienbetreuung zukommt;

29. fordert die Kommission auf, einen Vorschlag vorzulegen, in dem ein ganzheitlicher und das gesamte Leben umfassender Ansatz für Betreuung und Pflege zum Tragen kommt, der den Bedürfnissen sowohl der Betreuenden bzw. Pflegenden als auch jener, die betreut bzw. gepflegt werden, Rechnung trägt, und in dem Mindestnormen sowie Qualitätsleitlinien für die Betreuung und Pflege von Menschen aller Altersstufen, einschließlich Kindern, älterer Menschen und langfristig pflegebedürftiger Menschen, festgelegt werden;

30. fordert die Kommission auf, die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt zu prüfen und die sinnvolle Mitwirkung von Frauen in wichtigen Entscheidungsgremien und ihre Beteiligung an der Ausarbeitung geschlechtersensibler Aufbau- und Konjunkturpakete im Rahmen des MFR und des Aufbauplans „NextGenerationEU“ sicherzustellen; stellt fest, dass auf den Arbeitsmärkten angesichts des Anstiegs der Frauenarbeitslosigkeit Frauen in besonderem Maße von der COVID-19-Krise betroffen sind; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um das Beschäftigungsgefälle bei Frauen durch eine gezielte Verteilung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität anzugehen, wobei die EU-Mitgliedstaaten konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit von Frauen, der Frauenarmut und der Zunahme der Fälle von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die Hindernisse für die uneingeschränkte Teilhabe von Frauen in allen Lebensbereichen einschließlich der Beschäftigung darstellen, vorlegen sollten;

31. betont, dass das Recht weiblicher Hausangestellter auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen und gleichen Sozialschutz sichergestellt werden muss, indem die Ratifizierung und Umsetzung des IAO-Übereinkommens Nr. 189 über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte sichergestellt wird;

32. stellt mit Besorgnis fest, dass Frauen lediglich 18 %[22] der acht Millionen IKT-Fachkräfte in der EU ausmachen und Gefahr laufen, weiter von der digitalen Agenda der EU ausgeschlossen zu werden; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Maßnahmen zur Förderung einer stärkeren Beteiligung von Frauen an Berufen und Studiengängen im MINT-Bereich zu verstärken, und betont, dass Frauen in aufstrebende Wirtschaftsbereiche, die für eine nachhaltige Entwicklung wichtig sind, einschließlich der Bereiche IKT, Digitalwirtschaft und künstliche Intelligenz, einbezogen werden und darin vertreten sein müssen;

33. fordert die europäischen Organe auf, verbindliche Maßnahmen wie Quoten einzuführen, um die Geschlechterparität in gewählten Gremien sicherzustellen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern sowohl im Europäischen Parlament als auch in den nationalen Parlamenten sicherzustellen; fordert außerdem Strategien, durch die eine sinnvolle Vertretung von Frauen mit unterschiedlichem Hintergrund in Entscheidungspositionen in den europäischen Organen sichergestellt wird;

Frauen und Gewalt: Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt

34. begrüßt die von der Kommission in der Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter eingegangene Verpflichtung, geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen, und bekräftigt die Forderung, die Ratifizierung des Übereinkommens von Istanbul durch die EU auf der Grundlage eines umfassenden Beitritts abzuschließen und dafür einzutreten, dass es von allen Mitgliedstaaten ratifiziert und umgesetzt wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Empfehlungen der GREVIO zu berücksichtigen und die Rechtsvorschriften zu verbessern, um sie stärker mit den Bestimmungen des Übereinkommens von Istanbul in Einklang zu bringen, und so für eine ordnungsgemäße Umsetzung und Durchsetzung zu sorgen;

35. begrüßt die Initiative zur Ausweitung der Kriminalitätsbereiche gemäß Artikel 83 Absatz 1 AEUV auf bestimmte Formen geschlechtsspezifischer Gewalt und fordert die Kommission auf, anschließend einen Vorschlag für eine ganzheitliche, auf die Bedürfnisse der Opfer ausgerichtete EU-Richtlinie vorzulegen, um sämtlichen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt vorzubeugen und sie zu bekämpfen; weist erneut darauf hin, dass diese neuen Legislativmaßnahmen in jedem Fall ergänzend zur Ratifizierung des Übereinkommens von Istanbul getroffen werden sollten;

36. fordert die EU auf, sich dringend mit der Zunahme geschlechtsspezifischer Gewalt während der COVID-19-Pandemie zu befassen; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, ein Protokoll der Europäischen Union zu geschlechtsspezifischer Gewalt in Krisenzeiten auszuarbeiten und an die Opfer gerichtete Schutzangebote wie Beratungsstellen, sichere Unterkünfte und Gesundheitsdienste als in den Mitgliedstaaten bereitgestellte „grundlegende Dienste“ aufzunehmen, um in Zeiten von Krisen wie der COVID-19-Pandemie geschlechtsspezifischer Gewalt vorzubeugen und Opfer häuslicher Gewalt zu unterstützen; stellt mit Besorgnis fest, dass es an Daten über Gewalt gegen Frauen und Mädchen mangelt, mit denen der Anstieg der Zahl der Fälle während der COVID-19-Pandemie erfasst werden könnte;

37. hebt die Bedeutung der Bildung hervor und fordert, dass Geschlechterstereotype, die geschlechtsspezifischer Gewalt den Weg bereiten, bekämpft werden; fordert die EU auf, dafür zu sorgen, dass alle öffentlichen Institutionen der EU über Verhaltenskodizes, mit denen die Nichtduldung von Gewalt, Diskriminierung und Missbrauch etabliert wird, sowie über interne Melde- und Beschwerdemechanismen verfügen und diese anwenden;

38. hält es für geboten, für alle Formen geschlechtsspezifischer Gewalt in den Mitgliedstaaten nach Geschlecht und Alter aufgeschlüsselte Daten zu erheben und zu organisieren; begrüßt die Ankündigung einer neuen EU-weiten Erhebung der FRA über die Verbreitung und Dynamik aller Formen von Gewalt gegen Frauen;

39. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um Gewalt im Internet, einschließlich Belästigung im Internet, Cybermobbing und frauenfeindlicher Hetze, von denen Frauen und Mädchen unverhältnismäßig stark betroffen sind, zu beseitigen und insbesondere gegen die Zunahme dieser Formen geschlechtsspezifischer Gewalt während der COVID-19-Pandemie vorzugehen; fordert die Kommission auf, einschlägige Vorschriften und andere mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Hetze und Belästigung im Internet vorzulegen;

40. fordert die Mitgliedstaaten auf, das kürzlich angenommene Übereinkommen Nr. 190 der IAO über Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz umgehend zu ratifizieren und umzusetzen;

41. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer wirksam umzusetzen und gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um Gewalt gegen Frauen und geschlechtsspezifische Ungleichheiten, die grundlegende Ursachen des Menschenhandels sind, zu bekämpfen; fordert die Kommission auf, die Richtlinie nach einer gründlichen Folgenabschätzung zu überarbeiten, um die Maßnahmen zur Verhütung und Verfolgung aller Formen des Menschenhandels zu verbessern, insbesondere was sexuelle Ausbeutung anbelangt, da es sich hierbei um den Bereich handelt, in dem Menschenhandel am stärksten verbreitet ist und am häufigsten gemeldet wird, wobei sich 92 % der Frauen und Mädchen in Europa, die Opfer von Menschenhandel sind, in diesem Bereich wiederfinden; fordert die Kommission ferner auf, die Richtlinie dahingehend zu ändern, dass die Mitgliedstaaten die wissentliche Inanspruchnahme aller von Opfern des Menschenhandels angebotenen Dienstleistungen ausdrücklich unter Strafe stellen;

Frauen und Gesundheit

42. ruft in Erinnerung, dass der universelle Zugang zur Gesundheitsversorgung ein Menschenrecht ist, das nur durch ein System garantiert werden kann, das universell und unabhängig vom sozialen und wirtschaftlichen Hintergrund für alle zugänglich ist; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, für eine angemessene Gesundheitsversorgung zu sorgen und einen gleichberechtigten Zugang dazu zu gewährleisten;

43. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, in robuste und belastbare öffentliche Gesundheitssysteme zu investieren und dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten des Gesundheitswesens, von denen die meisten in der Regel weiblich sind und schlechter bezahlte Stellen haben, angemessen vergütet werden und ihre Arbeitsbedingungen menschenwürdig sind;

44. fordert die universelle Achtung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte und den universellen Zugang dazu, wie im Aktionsprogramm der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung und der Aktionsplattform von Peking vereinbart;

45. betont, dass der Zugang zu Familienplanung, zu Gesundheitsdiensten für Mütter und zu Abtreibungen unter sicheren und legalen Bedingungen wichtige Faktoren sind, mit denen die Rechte der Frauen gewährleistet und Leben gerettet werden können;

46. fordert die Mitgliedstaaten auf, jungen Menschen eine umfassende Sexualerziehung sowie den Zugang zu Versorgung im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit – einschließlich Empfängnisverhütung, Familienplanung und sicherer und legaler Abtreibung – anzubieten;

47. weist darauf hin, wie wichtig es ist, die Geschlechterperspektive bei der Erstellung medizinischer Diagnosen und der Planung von Behandlungen besser zu berücksichtigen, damit alle Menschen eine angemessene Behandlung von hoher Qualität erhalten; betont, dass Krankheiten und Grunderkrankungen von Frauen nach wie vor oft nicht diagnostiziert, behandelt und erforscht werden;

Auf dem Weg zum „Generation Equality Forum“

48. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre Anstrengungen zur Umsetzung der Agenda 2030 und der Ziele für nachhaltige Entwicklung, insbesondere der Ziele 3 und 5, zu verstärken, damit keine Frau und kein Mädchen Opfer von Diskriminierung, Gewalt oder Ausgrenzung wird und keiner Frau und keinem Mädchen der Zugang zu Gesundheit, Nahrung, Bildung und Beschäftigung verwehrt wird;

49. bekräftigt, wie wichtig das Bekenntnis der EU zur Aktionsplattform von Peking und den Überprüfungskonferenzen ist, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre übergeordneten Verpflichtungen in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frauen einzuhalten;

50. begrüßt die Beteiligung der Mitgliedstaaten und der Kommission an den Aktionsbündnissen und ihre gemeinsame Führungsrolle dabei;

51. weist auf die Bedeutung eines ehrgeizigen Ergebnisses des künftigen „Generation Equality Forum“ unter anderem in Form der Annahme einer Reihe zukunftsweisender, ehrgeiziger Verpflichtungen und Maßnahmen hin, die mit der Bereitstellung eigens dafür vorgesehener Mittel durch die Kommission und die Mitgliedstaaten – auch im Rahmen der Aktionsbündnisse – einhergehen;

52. fordert alle Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die jährliche Nachverfolgung und die nationale Berichterstattung im Rahmen des Fortschrittsberichts über die Aktionsbündnisse durchzuführen;

53. fordert die EU nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass das Parlament und sein Ausschuss für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter vollständig in den Entscheidungsprozess hinsichtlich des von der EU beim „Generation Equality Forum“ vertretenen Standpunkts einbezogen werden;

54. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

 

Letzte Aktualisierung: 9. Februar 2021
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