ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Myanmar
8.2.2021 - (2021/2540(RSP))
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Michael Gahler, Billy Kelleher, Isabel Wiseler‑Lima, Miriam Lexmann, Daniel Caspary, Antonio Tajani
im Namen der PPE-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0116/2021
B9-0128/2021
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Myanmar
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) vom 10. Dezember 1948,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Myanmar, insbesondere diejenigen vom 19. September 2019[1], 14. Juni 2018[2], 14. Dezember 2017[3], 22. November 2012[4], 20. April 2012[5],20. Mai 2010[6] und vom 25. November 2010[7],
– unter Hinweis auf Artikel 18 und 21 der AEMR,
– unter Hinweis auf Artikel 25 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) von 1966,
– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der diplomatischen Vertretungen in Myanmar vom 29. Januar 2021 zur Unterstützung des demokratischen Wandels und zu den Bemühungen um die Förderung von Frieden, Menschenrechten und Entwicklung in Myanmar,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) vom 1. Februar 2021 zu Myanmar,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Außenminister der G7 vom 3. Februar 2021, in der der Staatsstreich in Myanmar verurteilt wurde,
– unter Hinweis auf die Presseerklärung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 5. Februar 2021 zu Myanmar,
– unter Hinweis auf die Presseerklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen António Guterres vom 4. Februar 2021,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Vorsitzenden des Verbands südostasiatischer Staaten (ASEAN) vom 1. Februar 2021 zu den Entwicklungen in der Republik der Union Myanmar,
– unter Hinweis auf den IPBPR,
– unter Hinweis auf die Erklärungen des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Myanmar, Tom Andrews,
– gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass das unter der Bezeichnung Tatmadaw bekannte Militär von Myanmar am 1. Februar 2021 den Präsidenten Win Myint und die Staatsberaterin Aung San Suu Kyi sowie führende Mitglieder der Regierung festgenommen, durch einen Staatsstreich die Macht an sich gerissen und einen einjährigen Ausnahmezustand verhängt hat, was ein eindeutiger Verstoß gegen die Verfassung des Landes ist;
B. in der Erwägung, dass es als Reaktion auf den Putsch in mehreren Städten Myanmars zu Protesten gekommen ist; in der Erwägung, dass sich am 7. Februar 2021 in Rangun etwa 100 000 Menschen friedlich an einer Demonstration gegen den Staatsstreich beteiligt haben; in der Erwägung, dass seit dem 1. Februar 2021 etwa 164 Politiker, Regierungsbeamte, Vertreter der Zivilgesellschaft, Mönche und Schriftsteller widerrechtlich festgenommen oder unter Hausarrest gestellt wurden;
C. in der Erwägung, dass am 8. November 2020 eine Parlamentswahl in Myanmar abgehalten wurden, bei der die Nationale Liga für Demokratie (NLD) als Wahlsieger 396 von 476 Sitzen (etwa 83 % aller wählbaren Sitze) gewann; in der Erwägung, dass die vom Militär unterstützte „Union Solidarity and Development Party“ (USDP) nur 33 Sitze erringen konnte; in der Erwägung, dass die NLD gegenüber der Wahl von 2015, der ersten demokratischen Wahl in Myanmar seit 1990, bei der auf sie 360 und auf die USDP 41 Sitze entfallen waren, ihre parlamentarische Mehrheit ausbauen konnte; in der Erwägung, dass sich das Militär bereits 1990 geweigert hatte, das Wahlergebnis anzuerkennen, als die NLD 392 der 492 Sitze gewonnen hatte;
D. in der Erwägung, dass die Wahlbeteiligung bei allen demokratischen Wahlen konstant bei etwa 70 % lag, was davon zeugt, dass die Bürger Myanmars für die Demokratie eintreten;
E. in der Erwägung, dass das neugewählte Parlament am Tag des Staatsstreits zum ersten Mal zusammentreten sollte; in der Erwägung, dass der Militärputsch tatsächlich darauf abzielt, den demokratisch zum Ausdruck gebrachten Willen der Bevölkerung von Myanmar zu missachten, und dass dies die Absicht des Militärs widerspiegelt, erneut die totale Kontrolle über Myanmar zu übernehmen, so wie es während der Militärherrschaft der Fall war, die offiziell 2012 vorbei war, jedoch in Wirklichkeit nie endete; in der Erwägung, dass das Militär erklärt hat, nach dem für ein Jahr verhängten Ausnahmezustand werde es Neuwahlen geben, was bedeutet, dass das Land bis dahin ohne parlamentarische Vertretung sein wird;
F. in der Erwägung, dass 70 gewählte Abgeordnete am 4. Februar 2021 trotz des Militärputsches den parlamentarischen Amtseid abgelegt und gelobt haben, die Funktionsweise des Parlaments fortzuführen und ihr Mandat als Volksvertreter auszuüben;
G. in der Erwägung, dass das Militär, das sich der geringen Unterstützung vonseiten der Bevölkerung sehr wohl bewusst ist, nicht bereit war, das Wahlergebnis zu akzeptieren, und dem Vernehmen nach auf weitverbreiteten Wahlbetrug verwiesen hat, ohne entsprechende Beweise vorzulegen; in der Erwägung, dass die Wahlkommission und die Wahlbeobachter von Myanmar diese Vorwürfe des Militärs nicht bestätigt haben;
H. in der Erwägung, dass nach der Verfassung von Myanmar allein der Präsident die zivile Herrschaft tatsächlich beenden kann; in der Erwägung, und dass der Militärputsch vom 1. Februar 2021 somit verfassungswidrig war, da Präsident Win Myint widerrechtlich verhaftet wurde;
I. in der Erwägung, dass das Militär General Myint Swe als vorläufigen Präsidenten eingesetzt hat; in der Erwägung, dass der Oberbefehlshaber des Militärs, General Min Aung Hlaing, der wegen seiner Beteiligung an der Verfolgung der muslimischen Minderheit auf internationalen Sanktionslisten steht, wahrscheinlich weiterhin das Sagen hat;
J. in der Erwägung, dass das Militär seit dem Staatsstreich den Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft und der Medien stark eingeschränkt hat, wozu die vollständige Abschaltung des Internets und von Plattformen der sozialen Medien gehört; in der Erwägung, dass das Militär von internationalen Beobachtern beschuldigt wird, gezielte Falschmeldungen zu verbreiten, um die öffentliche Meinung in Bezug auf den Staatsstreich zu manipulieren;
K. in der Erwägung, dass das Militär dafür bekannt ist, politische Rivalen und Kritiker mithilfe abstruser Straftatbestände kaltzustellen, in der Erwägung, dass Aung San Suu Kyi festgenommen und anschließend angeklagt wurde, mindestens zehn tragbare Funksprechgeräte illegal eingeführt zu haben; in der Erwägung, dass Präsident Win Myint am 1. Februar 2021 inhaftiert wurde, weil er gegen die Coronavirus-Notverordnung verstoßen haben soll, und dass er beschuldigt wird, während des Wahlkampfes im vergangenen Jahr ein vollbesetztes Auto gegrüßt zu haben, in dem seine Anhänger saßen; in der Erwägung, dass Aung San Suu Kyi und Win Myint bis zu drei Jahre Haft drohen, sollten sie für schuldig befunden werden; in der Erwägung, dass dann ihre Vorstrafen sie daran hindern könnten, erneut ein öffentliches Amt zu bekleiden;
L. in der Erwägung, dass das Militär infolge der jahrzehntelangen Militärherrschaft, die 2015 nur teilweise endete, in der Öffentlichkeit schlecht angesehen ist und wegen seiner Grausamkeit gefürchtet wird; in der Erwägung, dass sich etwa 100 Gruppen der Bewegung für zivilen Ungehorsam (CDM) angeschlossen haben, die zu Streiks unter anderem im Gesundheitswesen aufgerufen hat;
M. in der Erwägung, dass Myanmar auf eine lange Geschichte des demokratischen Kampfes und der Unterdrückung durch das Militär zurückblicken kann; in der Erwägung, dass das Militär seit der Unabhängigkeit des Landes von Großbritannien im Jahr 1948, insbesondere über den langen Zeitraum von 1962 bis 2015, die Macht fest in seinen Händen hielt, jeden demokratischen Fortschritt, unter anderem in Form zivilgesellschaftlicher Organisationen, weitgehend unterbunden, die Menschenrechte beschnitten und Oppositionelle inhaftiert hat, darunter die Friedensnobelpreisträgerin des Jahres 1991 Aung San Suu Kyi, die im Zeitraum von 1989 bis 2010 überwiegend unter Hausarrest stand;
N. in der Erwägung, dass die geltende Verfassung 2008 in Kraft getreten ist und gravierende demokratische Mängel aufweist, da durch sie 25 % der Parlamentssitze dem Militär zugesprochen werden, wodurch es jegliche Verfassungsänderungen mit einem Veto verhindern kann, für die 75 % der Stimmen erforderlich sind; in der Erwägung, dass mit der Verfassung außerdem die uneingeschränkte Kontrolle des Militärs über die Sicherheitskräfte, die Polizei sowie über das Innen-, Verteidigungs- und Grenzschutzministerium zementiert wird;
O. in der Erwägung, dass sich das Land nach wiederkehrenden Protesten und internen Auseinandersetzungen Anfang der 2010er Jahre allmählich in Richtung einer demokratischen Öffnung bewegte, wodurch immer mehr bürgerliche Freiheiten gewährt und allmählich demokratische Fortschritts sichtbar wurden, was sich auch in der Parlamentswahl von 2015 sowie einer Reihe von Nachwahlen niederschlug, die alle größtenteils von der Oppositionspartei NLD gewonnen wurden;
P. in der Erwägung, dass es in dieser heiklen Gemengelage in Myanmar zwar seit 2015 eine halbdemokratische Zivilregierung gab, sich das Land aber weiterhin in einem fragilen und angespannten Zustand befand, da die prodemokratischen Kräfte und das Militär sich zwar weitgehend über bestimmte Projekte zur wirtschaftlichen Entwicklung und Wirtschaftsreformen ausgetauscht haben, jedoch jeweils grundlegend unterschiedliche Auffassungen vom künftigen Weg des Landes haben;
Q. in der Erwägung, dass die demokratische Öffnung Myanmars seit den 2010er Jahren weitgehend auf der Notwendigkeit beruhte, das Land wirtschaftlich zu entwickeln, da es wegen der Militärherrschaft und der verheerenden Menschenrechtsbilanz unter strengen internationalen Sanktionen litt; in der Erwägung, dass im Zuge der zaghaften demokratischen Reformen bestimmte internationale Sanktionen langsam aufgehoben wurden, was wiederum eine wirtschaftliche Entwicklung ermöglichte, von der große Teile der Bevölkerung von Myanmar profitieren konnten;
R. in der Erwägung, dass die Menschenrechtsverletzungen, insbesondere an der muslimischen Minderheit des Landes, und zwar vor allem an den Rohingya, die von der Regierung von Myanmar nicht als einheimische ethnische Gruppe anerkennt werden, auch nach der demokratischen Öffnung anhielten und 2017 in tragischer Weise in Gräueltaten kulminierten, die von den Vereinten Nationen als ethnische Säuberung eingestuft wurden und eine Massenflucht in das Nachbarland Bangladesch auslösten; in der Erwägung, dass die Minderheit der Rohingya trotz zahlreicher Appelle der internationalen Gemeinschaft in Myanmar bis zum heutigen Tag nach wie vor verfolgt wird;
S. in der Erwägung, dass internationale Aufrufe, die gegen Rohingya gerichteten ethnischen Säuberungen einzustellen und deren Lage zu verbessern, von der Regierung von Myanmar weitgehend ignoriert wurden; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament infolgedessen im September 2019 schließlich Aung San Suu Kyi, die zu dem Zeitpunkt Staatsberaterin und Außenministerin von Myanmar war, bis auf weiteres von der Gemeinschaft der Sacharow-Preisträger ausschloss, weil sie gegen diese gut dokumentierten Menschenrechtsverletzungen nichts unternommen hatte; in der Erwägung, dass wegen dieser Menschenrechtsverletzungen seither internationale Sanktionen gegen das Militär und unter anderem gegen den amtierenden Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing verhängt wurden;
T. in der Erwägung, dass es in Myanmar 135 ethnische Gruppen gibt, darunter die Rohingya, Karen, Arakanesen, Schan und Chin; in der Erwägung, dass interne Konflikte in den letzten Jahrzehnten zum tragischen Verlust von Tausenden von Menschenleben geführt haben; in der Erwägung, dass seit Dezember 2020 wegen der jüngsten gewaltsamen Auseinandersetzungen im Kayin-Staat 4 000 Menschen vertrieben wurden;
U. in der Erwägung, dass die Europäische Union den demokratischen Wandel in Myanmar seit 2013 politisch und finanziell unterstützt und enorme Anstrengungen unternommen hat, um Frieden, Menschenrechte und Entwicklung in dem Land zu fördern; in der Erwägung, dass die EU im Oktober 2015 als internationaler Beobachter das landesweite Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet hat, was ein Zeichen für ihre Schlüsselrolle bei der Unterstützung des Friedensprozesses ist; in der Erwägung, dass die EU im Zeitraum von 2014 bis 2020 Entwicklungshilfe für Myanmar in Höhe von 688 Mio. EUR bereitgestellt hat; in der Erwägung, dass Myanmar im Rahmen der Regelung „Alles außer Waffen“ Handelspräferenzen genießt, die einen zoll- und kontingentfreien Zugang zum EU-Binnenmarkt ermöglichen;
V. in der Erwägung, dass Myanmar strategisch im Golf von Bengalen verortet ist und seit langem versucht, internationale Investitionen und Finanzmittel aus den USA, Europa, China und anderen Ländern anzuziehen und davon zu profitieren;
W. in der Erwägung, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) in der Woche vor dem Staatsstreich 350 Mio. USD an Coronavirus-Soforthilfe an Myanmar überwiesen hat;
X. in der Erwägung, dass das Militär und seine Generäle mit weit verbreiteten Korruptionsvorwürfen konfrontiert und stark mit der Wirtschaft von Myanmar verwoben sind, da sie mächtige Großkonzerne besitzen, den Handel mit wertvoller Jade und Holz kontrollieren, Infrastruktur wie Häfen und Dämme verwalten sowie Banken, Versicherungen, Krankenhäuser, Fitnessstudios und Medienunternehmen betreiben; in der Erwägung, dass die Fortsetzung internationaler Investitionen, des Tourismus und von Finanzierungen durch den Militärputsch gefährdet ist;
Y. in der Erwägung, dass der Staatsstreich von einer breiten Palette internationaler Akteure wie den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Japan, Indien, Australien und Kanada verurteilt, kritisiert und mit Besorgnis aufgenommen wurde; in der Erwägung, dass der ASEAN-Vorsitzende eine Erklärung abgegeben hat, in der er sich für „Dialog, Aussöhnung und die Rückkehr zur Normalität“ ausgesprochen hat;
Z. in der Erwägung, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen den Staatsstreich als „absolut inakzeptabel“ bezeichnet hat; in der Erwägung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Presseerklärung abgegeben hat, in der er seine „tiefe Besorgnis“ über die Machtübernahme durch das Militär in Myanmar zum Ausdruck brachte und die unverzügliche Freilassung der gewählten führenden Politikerin Aung San Suu Kyi und des Präsidenten Win Myint forderte; in der Erwägung, dass China und Russland die Annahme eines schärfer formulierten Textes im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhindert haben; in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Myanmar, Tom Andrews, am 7. Februar 2021 eine Erklärung veröffentlicht hat, in der unter anderem der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen nachdrücklich aufgefordert wird, unverzüglich eine Sondersitzung einzuberufen;
1. bringt sein Mitgefühl und seine Unterstützung für die Bevölkerung von Myanmar in ihrem friedlichen und legitimen Kampf für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte zum Ausdruck;
2. verurteilt den Militärputsch in Myanmar aufs Schärfste und fordert das Militär auf, das Ergebnis der demokratischen Wahl vom November 2020 uneingeschränkt zu respektieren und, um nicht alle in den vergangenen Jahren erzielten demokratischen Fortschritte zu gefährden, unverzüglich die Zivilregierung wiedereinzusetzen, den Ausnahmezustand zu beenden und allen gewählten Parlamentsabgeordneten die Ausübung ihres Mandats zu ermöglichen, damit die verfassungsmäßige Ordnung und demokratische Normen wiederhergestellt werden;
3. fordert die unverzügliche und bedingungslose Freilassung von Präsident Win Myint, Staatsberaterin Aung San Suu Kyi und allen anderen Personen, die unter dem Vorwand der Wahlfälschung oder anderer grotesker Vorwürfe, die jeder Grundlage entbehren, widerrechtlich festgenommen wurden; erinnert das Militär daran, dass seine nationale und internationale Glaubwürdigkeit durch diese Art von Vorwürfen weiter erschüttert wird; betont, dass das Militär von Myanmar klarstellen muss, auf welcher Rechtsgrundlage diese Personen inhaftiert wurden, und dafür sorgen muss, dass deren Rechte uneingeschränkt geachtet werden, wozu auch der Schutz vor Misshandlung und der Zugang zu Rechtsanwälten ihrer Wahl und zu ihren Familien gehören;
4. bekräftigt das Angebot des HR/VP, wonach die Europäische Union bereit ist, den Dialog mit allen wichtigen Interessenträgern zu unterstützen, die den Konflikt in gutem Glauben lösen und eine Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung erreichen wollen;
5. kritisiert aufs Schärfste die Beschneidung der Bürger- und Menschenrechte sowie die Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit und verurteilt außerdem nachdrücklich die Einschränkung der Medienfreiheit durch die Abschaltung des Internets und die Einschränkung und Sperrung sozialer Medien wie Facebook und Twitter;
6. betont, dass die Unterbrechung der Telekommunikation neben der weiterhin grassierenden COVID-19-Pandemie eine zusätzliche Gefahr für die Bevölkerung darstellt ebenso wie der anhaltende interne Konflikt, an dem bewaffnete Gruppen beteiligt sind und unter dem die Zivilbevölkerung in mehreren Landesteilen zu leiden hat; betont daher, dass die Telefon- und Internetverbindungen unverzüglich und vollständig wiederhergestellt werden müssen;
7. weist auf die Erklärung des HR/VP hin, der zufolge die Europäische Union erwartet, dass jederzeit für die Sicherheit der Bürger von Myanmar und der EU-Bürger gesorgt wird, und dass die EU alle ihr zur Verfügung stehenden Optionen prüfen wird, um sicherzustellen, dass die Demokratie fortbesteht;
8. zollt der Bevölkerung von Myanmar Anerkennung, die jahrzehntelange Militärherrschaft erdulden musste und die, obwohl sie nur begrenzte demokratische Freiheiten genießen konnte, weiter nach einem demokratischen Myanmar strebt; lobt sie außerdem für die beeindruckende Wahlbeteiligung von rund 70 % im Jahr 2020, die höher als bei den meisten Wahlen in europäischen Ländern und ein klarer Beleg für den Wunsch der Bürger ist, an den demokratischen Entscheidungsprozessen ihres Landes mitzuwirken;
9. bekräftigt seine entschiedene Unterstützung der Zivilgesellschaft und der Demokratiebefürworter in Myanmar und fordert die EU und ihre Organe auf, die Bemühungen um Fortschritte im Bereich der Zivilgesellschaft trotz derzeitiger und möglicherweise andauernder Einschränkungen durch die herrschende Militärregierung fortzusetzen;
10. bekräftigt seine grundlegende Überzeugung, dass Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte von grundlegender Bedeutung sind, um nachhaltiges und wirklich inklusives Wirtschaftswachstum und Wohlstand zu erreichen;
11. bekräftigt, dass Aung San Suu Kyi, obwohl sie die Menschenrechtsverletzungen gegen Minderheiten in Myanmar nicht angemessen verurteilt hat, weiterhin das Symbol des Volkes von Myanmar ist, wenn es um demokratische Bestrebungen und Ambitionen für eine gerechtere und demokratischere Zukunft geht; bekräftigt in diesem Zusammenhang die frühere Forderung nach ihrer sofortigen Freilassung, zollt ihrem persönlichen Lebensweg Anerkennung und ist der festen Überzeugung, dass sie weiterhin mit der weiteren Entwicklung ihres Heimatlands eng verbunden sein wird;
12. ist besorgt über die Zunahme gefälschter und manipulierter Informationen, die vom Militär in Myanmar verbreitet werden, und stellt fest, dass solche gezielten Falschmeldungen nicht nur in Myanmar, sondern auch in anderen Konfliktregionen auf der ganzen Welt anzutreffen sind; betrachtet dies als einen besorgniserregenden Trend, auf den die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten zusammen mit ihren internationalen Verbündeten angemessen reagieren sollten;
13. weist darauf hin, dass Myanmar seinen Verpflichtungen und Zusagen in Bezug auf die demokratischen Grundsätze und die Menschenrechte nachkommen muss, die ein wesentlicher Bestandteil der Handelsregelung „Alles außer Waffen“ sind; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Druck auf das Militär zu erhöhen und alle ihnen zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu ergreifen, um die Wiedereinsetzung der gewählten Staatsorgane zu erreichen; fordert die Kommission auf, angesichts der jüngsten Entwicklungen zu prüfen, ob zusätzliche Schutzmaßnahmen ergriffen werden sollten, wobei die positiven Auswirkungen der zuvor gewährten Handelspräferenzen auf die Zivilgesellschaft und die zivile Wirtschaft zu berücksichtigen sind;
14. fordert die EU-Organe und internationale Finanzorganisationen auf, die Finanzgeschäfte des Militärs und ihrer Angehörigen genau zu prüfen und zu erkunden, welche geeigneten Maßnahmen ergriffen werden könnten, sollte sich die Lage in Myanmar nicht verbessern oder gar verschlechtern;
15. erinnert das Militär daran, dass die jüngste Coronavirus-Soforthilfe des IWF dazu verwendet werden muss, die wirtschaftlichen Rückschläge und die Mängel im Gesundheitsbereich im Zusammenhang mit der Pandemie anzugehen, und bekräftigt, dass der IWF und andere internationale Institutionen dies genau beobachten werden; betont, dass sich die Maßnahmen des Militärs auf die künftigen Entscheidungen dieser internationalen Institutionen auswirken werden;
16. fordert den HR/VP auf, eng mit gleichgesinnten Partnern wie den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Japan, Indien, Australien, Kanada, aber auch mit den ASEAN-Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten und sich mit ihnen bei den Initiativen abzustimmen, die auf eine möglichst baldige Rückkehr zu einer zivilen Herrschaft abzielen;
17. unterstützt den Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Myanmar Tom Andrews und begrüßt die enge Zusammenarbeit zwischen der EU und den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen in Myanmar;
18. fordert den HR/VP ferner auf, einen Kommunikationskanal mit den Regierungen von China und Russland einzurichten, um sich auf gemeinsame Interessen und Standpunkte in Bezug auf Myanmar zu verständigen; fordert China und Russland ferner auf, sich aktiv an der internationalen Diplomatie zu beteiligen und ihrer Verantwortung als ständige Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gerecht zu werden, und erwartet, dass sie bei der Prüfung der Lage in Myanmar eine konstruktive Rolle spielen;
19. begrüßt die Erklärung des ASEAN-Vorsitzenden zu den „Entwicklungen in der Republik der Union Myanmar“, in der die Bedeutung des „Festhaltens an den Prinzipien der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und einer verantwortungsvollen Regierungsführung sowie an der Achtung und dem Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ hervorgehoben wurde;
20. weist auf die multiethnische Beschaffenheit von Myanmar hin und fordert das Militär nachdrücklich auf, die unveräußerlichen Rechte aller Volksgruppen uneingeschränkt zu achten, und betont, dass die Europäische Union die Maßnahmen der Militärführung in Bezug auf ihre Minderheiten, insbesondere die Rohingya, die in der Vergangenheit bereits unter enormen Grausamkeiten gelitten haben, weiterhin genau überwachen wird; bekundet der Regierung und der Bevölkerung Bangladeschs in dieser Hinsicht seinen Dank und seinen Respekt, die etwa eine Million Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar aufgenommen haben und dies auch weiterhin tun; betont nachdrücklich, dass Myanmar letztlich die Verantwortung für diese Flüchtlinge hat und für ihre sichere, humane und geordnete Rückkehr und Wiedereingliederung in Myanmar sorgen muss;
21. fordert den HR/VP und die EU-Mitgliedstaaten auf, die Lage in Myanmar aufmerksam zu verfolgen, und fordert den HR/VP auf, dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments regelmäßig Bericht zu erstatten, damit ein angemessener parlamentarischer Dialog über diese wichtige und besorgniserregende Situation sichergestellt wird;
22. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs, Japans, Indiens, Australiens und Kanadas, den Mitgliedstaaten des ASEAN und des Asien-Europa-Treffens (ASEM), dem Sekretariat der Interparlamentarischen Versammlung des ASEAN (AIPA), dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Unterhaus (Pyidaungsu Hluttaw) der Union Myanmar, dem Präsidenten, der Staatsberaterin und dem Militär von Myanmar zu übermitteln.