Entschließungsantrag - B9-0250/2021Entschließungsantrag
B9-0250/2021

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu Russland, dem Fall Alexei Nawalny, dem militärischen Aufmarsch an der Grenze zur Ukraine und den von Russland orchestrierten Anschlägen in der Tschechischen Republik

26.4.2021 - (2021/2642(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Marek Belka, Włodzimierz Cimoszewicz, Tonino Picula
im Namen der S&D-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0236/2021

Verfahren : 2021/2642(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0250/2021
Eingereichte Texte :
B9-0250/2021
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

B9-0250/2021

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Russland, dem Fall Alexei Nawalny, dem militärischen Aufmarsch an der Grenze zur Ukraine und den von Russland orchestrierten Anschlägen in der Tschechischen Republik

(2021/2642(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Fall Alexei Nawalny, insbesondere die vom 21. Januar 2021 zur Festnahme von Alexei Nawalny[1], sowie seine weiteren Entschließungen zu Russland und zur Ukraine,

 unter Hinweis auf die im Namen der Europäischen Union abgegebenen Erklärungen des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, insbesondere die vom 21. April 2021 als Ausdruck der Solidarität mit der Tschechischen Republik angesichts der kriminellen Machenschaften in deren Hoheitsgebiet und die vom 18. April 2021 zu dem sich verschlechternden Gesundheitszustand von Alexei Nawalny,

 unter Hinweis auf die gemeinsamen Erklärungen der Außenminister der G7 und des Hohen Vertreters vom 12. April 2021 zur Lage an der Grenze zur Ukraine und vom 18. März 2012 zu den anhaltenden Handlungen Russlands, die die Souveränität, territoriale Unversehrtheit und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben,

 unter Hinweis auf Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen,

 unter Hinweis auf die Schlussakte von Helsinki der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und das Wiener Dokument 2011 der Verhandlungen über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen,

 unter Hinweis auf die Minsker Vereinbarungen vom September 2014 und Februar 2015,

 gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass man Alexei Nawalny, Russlands bekanntesten Korruptionsbekämpfer und Oppositionspolitiker, der am 17. Januar 2021 festgenommen und am 2. Februar 2021 zu einer Gefängnisstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt wurde, am 12. März in eine Strafkolonie in Pokrow überstellt hat, wo er vor mehr als drei Wochen in den Hungerstreik getreten ist;

B. in der Erwägung, dass die schlimmsten Befürchtungen seiner Familie, Freunde und Unterstützer sowie der internationalen Gemeinschaft hinsichtlich seiner persönlichen Sicherheit und die Sorge um sein Leben durch die jüngsten alarmierenden Berichte über die rapide Verschlechterung seines Gesundheitszustands bestätigt wurden und dass er anschließend in ein Gefängniskrankenhaus in der Nähe von Moskau verlegt wurde, wo sein Leben nach wie vor in Gefahr ist;

C. in der Erwägung, dass die Russische Föderation im März 2014 die Autonome Republik Krim und die Stadt Sewastopol rechtswidrig annektierte und gleichzeitig einige Gebiete der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk von von Russland unterstützten Kräften besetzt wurden;

D. in der Erwägung, dass die Minsker Vereinbarungen vom September 2014 und Februar 2015 von allen Seiten uneingeschränkt und unverzüglich umgesetzt werden müssen, damit die Ukraine die vollständige Kontrolle über ihr gesamtes Hoheitsgebiet innerhalb international anerkannter Grenzen wiedererlangt und für dauerhaften Frieden gesorgt wird;

E. in der Erwägung, dass auf dem letzten Gipfeltreffen im Normandie‑Format am 9. Dezember 2019 in Paris mehrere Maßnahmen vereinbart wurden, insbesondere in Bezug auf einen erneuten Waffenstillstand und den Rückzug der Truppen;

F. in der Erwägung, dass die Russische Föderation vor kurzem an der Grenze zur Ukraine Truppen stationiert und militärische Aufrüstung betrieben, ihre militärischen Aktivitäten auf der rechtswidrig besetzten Krim erheblich ausgeweitet und an der Grenze zur Ukraine ihre militärische Schlagkraft massiv erhöht hat, was auf die Absicht einer Offensive in der Ukraine hindeutet;

G. in der Erwägung, dass das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation am 23. April angekündigt hat, dass Truppen und Einheiten, die in der Nähe der ukrainischen Grenze stationiert sind, bis zum 1. Mai 2021 an ihre ständigen Standorte zurückkehren werden;

H. in der Erwägung, dass die OSZE-Teilnehmerstaaten einander unter anderem über die Einsatzpläne informieren, einander rechtzeitig über bedeutende militärische Aktivitäten wie Manöver unterrichten und sich im Falle außergewöhnlicher militärischer Aktivitäten oder zunehmender Spannungen gegenseitig konsultieren und miteinander zusammenarbeiten müssen;

I. in der Erwägung, dass die Ukraine darum ersucht hat, Kapitel III Ziffer 16.3 des Wiener Dokuments 2011 der Verhandlungen über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen in Anwendung zu bringen, und eine Erklärung für die außergewöhnlichen militärischen Aktivitäten der Russischen Föderation in der Nähe der Grenze der Ukraine und auf der besetzten Krim gefordert hat;

J. in der Erwägung, dass gemäß den Grundsätzen des Völkerrechts und der Charta der Vereinten Nationen alle Staaten „in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete [...] Androhung oder Anwendung von Gewalt“ unterlassen;

K. in der Erwägung, dass die rechtswidrigen Handlungen von Agenten des russischen Militärgeheimdienstes GRU auf dem Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik 2014 zu Explosionen in einem Munitionsdepot in dem Ort Vrbětice, zum Tod von zwei tschechischen Staatsbürgern, zu einer erheblichen Bedrohung für die Zivilbevölkerung geführt und enormen Sachschaden verursacht haben;

L. in der Erwägung, dass die Tschechische Republik am 17. April 2021 Mitarbeiter der russischen Botschaft ausgewiesen hat, woraufhin Russland 20 Diplomaten der tschechischen Botschaft in Moskau ausgewiesen hat;

1. bringt seine tiefe Besorgnis über die Gesundheit und das Leben von Alexei Nawalny zum Ausdruck und fordert die russischen Staatsorgane nachdrücklich auf, ihm Zugang zu ärztlicher Behandlung durch medizinisches Fachpersonal zu gewähren, dem er, seine Familie und die internationale Gemeinschaft vertrauen;

2. fordert die umgehende und bedingungslose Freilassung von Alexei Nawalny und aller Personen, die bei Protesten, bei denen sie sich für seine Freilassung einsetzten oder seine Kampagne gegen Korruption unterstützten, festgenommen wurden; fordert den Rat auf, mit den Vorbereitungen für zusätzliche restriktive Maßnahmen gegen russische Amtsträger zu beginnen, die für die Sicherheit und Gesundheit von Alexei Nawalny in der Strafkolonie, in der er inhaftiert ist, verantwortlich sind, damit gegen alle Personen, die an der Verfolgung, Verurteilung und Misshandlung von Alexei Nawalny beteiligt sind, restriktive Maßnahmen im Rahmen der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte verhängt werden;

3. fordert die Staatsorgane Russlands auf, der Drangsalierung, Einschüchterung und Gewalt gegen politische Gegner, Vertreter der Zivilgesellschaft und der Medien und Demonstranten ein Ende zu setzen und die Repressionen einzustellen, mit denen jegliche politische Oppositionstätigkeit im Land vor der bevorstehenden Parlamentswahl im Herbst 2021 durch Abschreckung unterbunden werden soll;

4. ist zutiefst besorgt über den großangelegten russischen militärischen Aufmarsch an der Grenze zur Ukraine und auf der rechtswidrig besetzten Autonomen Republik Krim; verurteilt die von der Russischen Föderation ausgehenden Drohgebärden und Destabilisierungsmaßnahmen und würdigt die entsprechende Reaktion der Ukraine;

5. fordert die Russische Föderation nachdrücklich auf, von einer feindseligen Drohgebärden Abstand zu nehmen und stattdessen ihren Verpflichtungen gemäß dem Wiener Dokument 2011 nachzukommen;

6. nimmt die Ankündigung der Russischen Föderation zur Kenntnis, dass Truppen und Einheiten, die in der Nähe der Grenzen der Ukraine stationiert sind, an ihren Stützpunkt zurückkehren werden; besteht darauf, dass dies uneingeschränkt und unverzüglich zu geschehen hat, und fordert Russland auf, bei weiteren Deeskalationsmaßnahmen uneingeschränkt zusammenzuarbeiten;

7. bekräftigt sein unerschütterliches Bekenntnis zur Unabhängigkeit, Souveränität und territorialen Unversehrtheit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen sowie seine Forderung an die Russische Föderation, endlich ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen, indem sie insbesondere alle ihre Streitkräfte aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine, einschließlich der gesamten Regionen Donezk und Luhansk, abzieht;

8. fordert alle Konfliktparteien und insbesondere die Russische Föderation auf, die im Rahmen der Minsker-Vereinbarungen und der Gipfeltreffen im Normandie‑Format vereinbarten Maßnahmen einzuhalten und entschlossen auf eine friedliche Beilegung des Konflikts hinzuarbeiten; fordert alle Konfliktparteien auf, konstruktiv im Normandie-Format und in der trilateralen Kontaktgruppe mitzuwirken;

9. betont erneut, dass der Konflikt in der Ostukraine politisch gelöst werden muss und dass ein politischer Dialog nach wie vor die einzige Grundlage für die Beilegung des Konflikts ist; betont, dass das Vertrauen zwischen den Parteien wiederhergestellt werden muss, und fordert daher den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) auf, gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten die Bemühungen um Vermittlung, vertrauensbildende Maßnahmen und Konfliktlösung zu verstärken;

10. fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass sich der Rat trotz des angekündigten Rückzugs der russischen Streitkräfte weiterhin mit den militärischen Entwicklungen befasst und auch künftig bereit ist, sich auf weitere gemeinsame Maßnahmen zu einigen; fordert in diesem Zusammenhang eine gründliche Bewertung der möglichen Reaktionen auf Drohungen und Verstöße vonseiten der Russischen Föderation, die sich gegen die Sicherheit Europas, die Demokratie und die Sicherheit der Bürger richten;

11. fordert die EU auf, Störmanövern der russischen Nachrichtendienste auf dem Hoheitsgebiet der EU rasch und entschlossen zu begegnen und sich bei ihren entsprechenden Gegenmaßnahmen eng mit den transatlantischen Partnern abzustimmen;

12. fordert die Kommission, den Rat, den HR/VP und die Mitgliedstaaten auf, zusammen mit den transatlantischen Partnern alle auf internationaler Ebene zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, mit denen Russlands fortgesetzten Einmischungsversuchen, immer aggressiveren Desinformationskampagnen und groben Völkerrechtsverletzungen, durch die Sicherheit und Stabilität in Europa gefährdet werden, wirksam entgegengewirkt wird;

13. fordert den HR/VP auf, für einen kontinuierlichen Zusammenhalt gemäß der fünf Grundsätze der EU-Politik gegenüber Russland zu sorgen und eine umfassende Strategie gegenüber Russland mit einer festen und grundsätzlichen Position zu entwickeln, die auf der Notwendigkeit beruht, das Völkerrecht und die Menschenrechtsnormen zu achten, und die darauf abzielt, Frieden und Sicherheit zu stärken und Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Zivilgesellschaft zu unterstützen;

14. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Europarat und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sowie dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation zu übermitteln.

Letzte Aktualisierung: 28. April 2021
Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen